Unterwegs bei der CSU in Bayern. Der Mann, der mich vom Bahnhof abholt und zum Hotel kutschiert, fragt mich vor dem Einsteigen ins Auto: „Seehofer weg oder nicht?“ Ich antworte: „Seehofer weg!“ Nicht, weil der Mann als Ministerpräsident einen schlechten Job gemacht hätte, aber wenn eine Partei zehn Prozent verliert, kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Das gilt übrigens auch für andere Parteien bei neun Prozent Verlust…

Das Thema Seehofer ist den ganzen Tag über allgegenwärtig, jedenfalls in CSU-Kreisen. Am Abend eine Veranstaltung, es geht um die Frage, ob man unseren Medien noch vertrauen kann, um Facebook und Fake-News. Bevor ich reden darf, drängeln sich noch Kamerateams von RTL und der ARD in den Saal. Es geht um Seehofer. Medien wollen in diesen Tagen die Stimme der Basis hören. Niemand nimmt ein Blatt vor den Mund, ob Funktionär oder einfacher Wähler. „Horst, es ist Zeit“, wird überall rezitiert. Peter Gauweiler hat diese Mahnung vor ein paar Tagen an seinen Vorsitzenden gerichtet. Und Peter Gauweiler hat recht…

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Dieser Artikel wurde 6 mal kommentiert

  1. Klaus Beck Antworten

    Lieber Herr Kelle,

    auch das ist ein Beleg für die abtrainierte Sicht der Vernunft in der Bevölkerung:
    Auch die alten Ägypter mögen wohl daran geglaubt haben, dass sich mit dem nächsten Pharao irgendetwas an der „Tagesordnung“ ändert.
    Egal ob man Söders Zügel lockert, den Plagiateur exhumiert oder ein anderen Bierzelt-Verzauberer nach oben drückt: Es bleibt die immer gleiche politische Sauce.

    Herr Dr. Maaz hat wohl doch recht, wenn er in einer Zeit der missratenen Sozialisation die zunehmende Sehnsucht des „Bürgers“ nach möglichst schillernden, möglichst alle inidividuellen Wünsche befriedigenden und genau deshalb auch nie klar positionierten Politkern als das führende Symptom einer tief narzisstisch erkrankten, vieltausendfach gespaltenen Gesellschaft einordnet.

    Und auch Herr Gauweiler irrt: Es ist nicht Zeit für den Horst, nein, es ist Zeit für den Michel.

    • S v B Antworten

      Ja, Herr Beck, es fehlt tatsächlich an Politikern mit Format, die u. a. fähig und willens sind, das Aufzeigen der ermüdend oft zitierten klare Kante nicht nur gebetsmühlenartig anzumahnen, sondern dies auch selbst sehr konkret zu praktizieren.

      Dass sich eine couragierte, glaubwürdige, prinzipientreue und verlässliche Persönlichkeit aus dem stets größer werdenden Heer meist ziemlich profilloser, karrieresüchtiger Nachwuchspolitiker absetzen und in die Fußstapfen eines Politikers z. B. vom Schlage eines Helmut Schmidt treten könnte, bleibt vorerst wohl ein frommer Wunsch.

      Schönes Wochenende!

  2. colorado 07 Antworten

    Wo ist der seinem Gewissen und dem Gesamtwohl seines Landes verpflichtete Politiker? Sind sie tatsächlich alle aus dem gleichen Holze geschnitzt, so dass es eigentlich egal ist, wer an der Spitze einer Partei steht? Bleibt es immer die gleiche politische Sauce? Ich will`s nicht glauben und gebe die Hoffnung nicht auf.
    Vielleicht sind die Leute mit den zündenden Ideen da, nur kommen sie durch die verkrusteten Parteistrukturen, die nur den Konformisten pflegen, nicht nach oben.

  3. wkrueger Antworten

    Mit „Seehofer weg“ macht man sich die Sache wirklich zu einfach!

    Die Leute haben einen Hass auf Merkel und ihr „Flüchtlinge Herbeiwinken“. Hätte Seehofer das effektiv verhindern können? Wohl nicht. Denn er allein gegen das gesamte politische Establishment kann die Kanzlerin nicht auf einen anderen Kurs zwingen.

    Ich rechne ihm immerhin hoch an, dass er in der Hochphase der Flüchtlingskrise die Probleme ansprach (und dafür medial abgeschossen wurde).

    Das ist ja das Hauptproblem, dass kaum jemand vor einem halben Jahr sagte: „Merkel es ist Zeit.“

    Seehofer hat eine Reihe von Fehlern gemacht. Aber gegen Merkels Versagen sind seine zu vernachlässigen

  4. W. Lerche Antworten

    Anders als Herr Tillich in Dresden hält Seehofer seinen Stuhl fest, egal was kommt.
    Dass der Tillich hinschmeißt, kann ich gut nachvollziehen. Mit seiner so unvernünftigen, uneinsichtigen Partei ist es so, als habe man einen Betonklotz am Bein und soll damit Verantwortung wie ein Bademeister im Freibad übernehmen.

  5. Wolfgang Andreas Antworten

    WIE SEEHOFER ZU DREHHOFER WURDE – zwei Geschichtchen…
    eines einigermaßen wachen Bürgers, der sie hautnah miterlebte.

    Auf dem CSU-Parteitag hielten die Delegierten den Atem an, als S. die Angela stramm stehen ließ. Ein Schlag nach dem anderen. Wer hätte es besser machen können, die gefährliche Lage unseres Landes auf den Punkt zu bringen – als einziger vielleicht Friedrich Merz, fällt mir da ein – aber, der wurde ja entsorgt!

    Danach, in einem niederbayerischen Wirtshaus bei Traunstein, Stammtisch gestandener Mannsbilder: Also, was S. mit unserm Ramses machte und seinen Wahlkampfspezi aus Weilheim zum Verkehrsminister machte. „War a Sauerei“ Oa Telefongespräch, weg warer!“ Der kriagt´s aber!
    Und er „kriagte“ es auch: Ramsauer, immer führender CSU-Stimmensammler, lag noch mit überdurchschnittlichem Ergebnis, weit vor der wichtigeren Zweitstimme.

    Aschermittwoch in Passau, niederbayerischer Feiertag, nicht einmal die Metzger für das Schwarzgeräucherte haben auf!: Die CSU- Granden am runden Tisch, auch im Dirndl, bei Krügen und Brezeln. Söder sitzt links, zwei harte Biertischbänke weiter, demonstrativ mit dem Rücken zum „Runden Tisch!“
    Nach Passau folgte dann eine S- Todesspirale nach der anderen auf dem Berliner Parkett. Gauweiler hat Recht! „Herr, es ist Zeit! Der Sommer war sehr groß…“, schrieb Rilke.

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