AfD-Bundesparteitag: Kandidatenkarussell ohne entscheidende Machtverschiebungen

Der Bundesparteitag der AfD am Wochenende in Braunschweig hat nicht für die großen Schlagzeilen gesorgt und war dennoch höchst aufschlussreich für Beobachter, die sich für das Innenleben dieser Partei interessieren. Selbst gemäßigte Kandidaten, die bei Wahlen unterlegen sind, wollten nicht von einem „Rechtsruck“ sprechen oder von einem steigenden Einfluß des völkischen-nationalistischen Flügels. Und das, obwohl Exponenten des realpolitischen Teils der Partei wie Georg Pazderski aus Berlin, Uwe Junge aus Rheinland-Pfalz und Dana Guth aus Niedersachsen bei den Delegierten durchfielen.

Beatrix von Storch schaffte es als dritte stellvertretende Bundesvorsitzende nur knapp wieder ins Leitungsgremium, Flügel-Frontmann Andreas Kalbitz ist wieder drin, gewann gegen Kay Gottschalk, der jüngst zu 100 AfD-Politikern gehörte, die einen Appell gegen Rechtsaußen Björn Höcke unterzeichnet hatten. Nach der Niederlage trat  Gottschalk noch einmal zur Wahl an. Und verlor dann erneut  gegen Flügel-Mann Stephan Protschka.

Dennoch ist nicht erkennbar, dass der Flügel die Partei im Griff hat. Die Mehrheitsverhältnisse im Bundesvorstand haben sich nicht entscheidend verschoben. Bundessprecher Jörg Meuthen und Gaulands Kandidat Tino Chrupalla stehen an der Spitze der Partei, beide erscheinen großer Rechtslastigkeit unverdächtig. Pazderski ist raus, aber mit dem Hamburger Alexander Wolf ist nun ein neuer Realpolitiker eingezogen. So what?

Der AfD-Parteitag verlief erstmals strukturiert und sachlich, ohne Chaos wie früher, so wie halt bei anderen etablierten Parteien auch. Das wird Manche beim Flügel beunruhigen, die auf keinen Fall wollen, dass die AfD auch so wird wie die anderen. So eine „Systempartei“ eben…

Laut wurde es nur einmal, als der erklärte Antisemit Wolfgang Gedeon als Kandidat für den ersten Bundessprecher ans Rednerpult trat. Laute Pfiffe und Buhrufe begleiteten den gespenstigen Auftritt, viele Delegierte drehten ihm den Rücken zu oder zeigten Rote Karten. Einer stellte die Frage, die sich geradezu aufdrängte, an Gedeon: „Schämen Sie sich nicht?“ Wahrscheinlich schämt er sich nicht. Immerhin 22 Delegierte stimmten dennoch für Gedeon, über den Tino Chrupalla, der neue Mann in der Doppelspitze, hinterher sagte, er werde dafür sorgen, dass der nie wieder auf einem Bundesparteitag der AfD sprechen könne.