AfD-Spitzenkandidat Krah verliert seinen Posten im Bundesvorstand

Der skandalverdächtige AfD-Spitzenkandidat für die EU-Wahl (9. Juni), Maximilian Krah (47), hat nach einem erneuten Auftrittsverbot im Wahlkampf seinen Platz im Bundesvorstand aufgegeben.

Der hatte vorher beschlossen, Krahs dürfe bei allen Wahlkampfveranstaltungen der AfD und anderen Veranstaltungen der Bundespartei nicht mehr auftreten. Ein beispielloser Vorgang in der deutschen Parteiengeschichte.

Immerhin: Der Antrag eines West-Landesverbandes der AfD, Krah komplett die Mitgliedsrechte zu entziehen, wurde abgelehnt. So kurz vor der Europawahl wäre das ein noch größeres Desaster geworden.

Die aktuellen Vorgänge fallen zusammen mit Aussagen der französischen Rechten, die Zusammenarbeit mit der AfD einzustellen. Auch wenn das nicht unerwartet kommt, ist es ein Paukenschlag für die Rechten in Europa, die zuletzt von Wahlsieg zu Wahlsieg eilten. Die Partei Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen bricht endgültig mit der deutschen AfD. Parteichef und Spitzenkandidat Jordan Bardella habe das entschieden, sagte Wahlkampfleiter Alexandre Loubet gestern in Interviews mit der französischen Zeitung „Libération“ und die Nachrichtenagentur AFP.

Der Zwist hatte schon vor einiger Zeit begonnen, von Europaabgeordneten aus der rechten ID-Fraktion ist schon länger zu hören, dass der Abgeordnete Maximilian Krah, der zur Europawahl als Spitzenkandidat der AfD antritt, bereits mehrfach Stein des Anstoßes war, und das nicht nur bei Le Pen, sondern auch bei Parlamentariern anderer rechter Parteien in der ID-Fraktion. Dabei ging es u. a. um Ermittlungen gegen Krah wegen ungewöhnlicher Ausschreibungen für eine Auftragsvergabe, dabei geht es um seine offensichtliche Moskau-Nähe und dass vor Wochen ein jahrelanger enger Mitarbeiter Krahs verhaftet worden ist, weil er für den chinesischen Geheimdienst spioniert haben soll, macht die Sache nicht besser.

Im Februar gab es ein Spitzengespräch, zu dem Marine Le Pen die deutsche AfD-Chefin Alice Weidel eingeladen hatte. Dabei ging es um ein angebliches „Geheimtreffen“ in Potsdam am 25. November vergangenen Jahres, bei dem sich Unternehmer und Politiker der CDU und der AfD getroffenen hatten. Mit dabei war auch Martin Sellner, Chef der rechten Identitären Bewegung (IB) aus Österreich. Angeblich sei dabei über „Remigration“ gesprochen worden, massenhafte Abschiebung auch von Menschen mit deutschem Pass. Hunderttausende zogen daraufhin empört durch die Straßen deutscher Städte und demonstrierten gegen eine vermeintlich bevorstehende Machtübernahme der Rechten. Die meisten der Vorwürfe entpuppten sich bei näherer Betrachtung jedoch als an den Haaren herbeigezogen.

Dennoch war man bei Le Pens RN beunruhigt. Seit Jahrzehnten arbeitet die Partei daran, in Frankreich politische Verantwortung übernehmen zu können. Marine Le Pen ist dabei auch als Person die überragende Figur. Im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 traf ich mich in Düsseldorf unweit der Kö mit einem damals hochrangigen AfD-Politiker, dessen Namen Sie alle kennen. Ich fragte ihn, wie er die führenden Köpfe der europäischen parlamentarischen Parteien persönlich einschätze, und er sagte: „Eindeutig die Klügste ist Marine…“ Sie hat Ausstrahlung, sie ist klug, sie hat eine Strategie, und sie scheute sich auch nicht, ihre Partei – vormals Front National (FN) ihres Vaters Jean-Marie Le Pen – von einer rechten Maulhelden-Truppe in die Realpolitik der Neuzeit und nahe an die Macht zu führen.

Nun kommt es zum endgültigen Bruch

In einem Interview mit der italienischen „La Repubblica“ hat Krah nun wissen lassen, er werde nicht sagen, dass „jeder, der eine SS-Uniform trägt, automatisch ein Verbrecher ist“. Jeder – das ist ein großes Wort, man müsste ja alle kennen, um das beurteilen zu können. Aber fest steht: Der Nazi-Kampfverband SS (für „Schutzstaffel“) war ein wichtiges Unterdrückungsinstrument der NSDAP, SS-Männer bewachten die Vernichtungslager der Nazis und begingen erwiesenermaßen zahlreiche schwere Kriegsverbrechen. Bei den Nürnberger Prozessen nach dem Krieg wurde die SS zur „verbrecherischen Organisation“ erklärt.

Es bleibt Krahs Geheimnis, warum es ihm anscheinend schwerfüllt, sich beim Nazi-Thema mit einem eindeutigen Satz klar abzusetzen. Aber: Nicht jeder, der eine SS-Uniform trage, sei automatisch ein Verbrecher. Das ist schon speziell.

Maximilian Krah ist nicht erst jetzt eine Belastung für seine Partei. Viele Beobachter waren konsterniert, dass man ihn zum AfD-Spitzenkandidaten wählte, statt den schon bisherigen EU-Parlamentarier still und leise auf Platz 3 oder 4 der Liste zu setzen. Dann wäre er sicher wieder drin, aber er stünde nicht dermaßen im Fokus wie jetzt. Die AfD lag noch vor vier Monaten in Meinungsumfragen bei 22 Prozent, nun sind es noch 15. Diesen Einbruch hätte sich die Partei ersparen können, wenn sie einen realpolitischen Weg wie den von Marie Le Pen gehen würde.