Am Fall Maaßen kann jeder erkennen, wie Realpolitik funktioniert

„Noch zwei Fehltritte und Maaßen ist Bundeskanzler…“ las ich heute morgen in einem Tweet auf Twitter. Für mich schon jetzt der Spruch der Woche. Das Hickhack um den – bis gestern – Präsidenten des Verfassungsschutzes in Deutschland hätte den englischen Dramatiker William Shakespeare zweifellos zu einer weiteren Tragödie animiert. Oder zu einer Komödie…

Hans-Georg Maaßen ist ein Fachmann und – nach allem, was man weiß – ein vorbildlicher Staatsdiener. Er kennt sich gut aus in der Flüchtlingsmaterie, und weil er sich gut auskennt und das Beste für sein Land will, ist er ein entschiedener Gegner der verhängnisvollen Flüchtlingspolitik dieser Bundeskanzlerin. Die hat jetzt den Daumen über ihren Mitarbeiter gesenkt und – über Bande gespielt – seine Absetzung als obersten Chef des deutschen Inlandsgeheimdienstes durchgesetzt. Das war gar nicht so einfach, denn Frau Merkel kann nicht einfach eine Kündigung rausschicken. Der Instanzenweg muss eingehalten werden, das heißt: zuständig für die Entlassung Maaßens ist sein oberster Dienstherr, also der Bundesinnenminister. Und der heißt Horst Seehofer, im Nebenberuf CSU-Chef, also Vorsitzender einer der drei Koalitionsparteien, die diese Bundesregierung zumindest vorerst noch tragen.

Seehofer ist kein Fan der Bundeskanzlerin und Maaßen auch nicht. Und so sprach der Bayer seinem Verfassungsschutzchef vor dem Krisengipfel sein vollstes Vertrauen aus. Es ist bekannt, dass in Deutschland eine politische Karriere beendet ist, wenn Frau Merkel jemandem ihr „volles Vertrauen“ ausspricht. Bei Seehofer ist das augenscheinlich anders, auch wenn AfD-Wahlkämpfer in einer Art Pawlowschem Reflex gestern das Internet mit den üblichen Schmähungen seiner Person fluteten.

Die Wahrheit ist:

1) Seehofer hat Maaßen nicht fallengelassen. Damit Merkel und die – ja, gibt’s noch – SPD wenigstens halbwegs ihr Gesicht wahren konnten, wurde Maaßen als Verfassungsschutzpräsident abgelöst…und zum Staatssekretär BEFÖRDERT! Der neunte in seinem Ministerium übrigens. „Einen typischen großkoalitionären Kompromiss, bei dem der Sachverstand auf der Strecke bleibt“, nennt AfD-Chef Alexander Gauland das. Und damit hat er recht.

2) Sigmar Gabriel (SPD) twitterte im Zusammenhang mit Maaßen von „Unfähigkeit im Amt“. Hä? Wenn Gabriel den ausgewiesenen Sicherheitsexperten Maaßen für unfähig hält – wie bewertet er dann seine eigene Parteivorsitzende Nahles? Oder seinen Parteifreund Ralle Stegner, der derzeit auf Wahlkampftour für die CSU in Bayern unterwegs ist?

3) Angela Merkel hat auch in dieser Causa für jeden sichtbar gezeigt, wie überfordert diese Frau im Kanzleramt beim Krisenmanagement inzwischen ist. Starke Führungspersönlichkeiten umgeben sich mit Leuten, die loyal sind, selbständig denken und auch mal widersprechen. Schwache Anführer beißen jeden weg, der es wagt, die Wahrheit auszusprechen oder zu widersprechen.

4) Einen ehrlichen Glückwunsch an dieser Stelle an Hans-Georg Maaßen! Sein monatliches Salär steigt mit der gestrigen Degradierung, die eine Beförderung ist, von 11.577 auf 14.175 Euro. Hoffentlich geben sie ihm im Ministerium einen Job, bei dem er weiterhin segensreich für unser Land arbeiten kann….