Herr Tsipras nervt nur noch

Regelmäßige Leser meiner Beiträge wissen, dass ich im Kern die Griechenland-Rettung immer verteidigt habe. Ja, die Griechen haben viele Jahre lang über ihre Verhältnisse gelebt, und ich habe auch keine Lust, das zu bezahlen. Ja, das Land hätte überhaupt nicht in die Euro-Zone aufgenommen werden dürfen. Es war eine rein politisch gewollte Entscheidung. Ja, EU und Euro-Zone haben bei der Einführung des Euro Fehler gemacht. Aber inzwischen ist viel Zeit vergangen. Mit Einführung des ESM wurden viele Fehler korrigiert. Es gibt nun bessere Möglichkeiten, zu kontrollieren und vor allem zu sanktionieren, wenn ein Land die Spielregeln nicht einhält. Das ist wichtig. Und das Rettungssystem hat ja auch bisher funktioniert. Wie viele Leute haben mir vor drei, vier Jahren erzählt, wer alles unrettbar verloren ist. Spanien zum Beispiel, Portugal oder Irland. Alle sind längst wieder im ruhigen Fahrwasser und zahlen ihre Verbindlichkeiten pünktlich und mit Zinsen zurück. Auch Griechenland hat erhebliche Anstrengungen unter der vorherigen Regierung unternommen. Massiver Stellenabbau im öffentlichen Sektor, Gehaltkürzungen um bis zu 30 Prozent für öffentlich Bedienstete, Verbesserungen im System der Eintreibung von Steuern, Verkauf von wenigstens ein bisschen Tafelsilber. Aber jeder sieht, dass es bei weitem noch nicht reicht. Und jeder weiß, dass es Jahrzehnte dauern wird, bis Griechenland seine Schulden abzahlen kann – wenn überhaupt. Die Hoffnung ist nicht groß. Grund genug also für eine griechische Regierung, zu kooperieen, ja dankbar für die großzügige Unterstützung vieler Länder zu sein, deren Regierungen dafür daheim mächtig Prügel einstecken mussten und müssen.
Doch nun regiert der fabelhafte Herr Tsipras die Hellenen, ein Mann mit mächtiger Chuzpe, wenigen Ideen und überhaupt keinem Benehmen. Die Art und Weise, wie der Mann sich gegenüber den anderen Regierungen und der EU aufführt, ist nicht tolerabel. Ein arroganter Trickser, der seinem eigenen Volk offenbar nicht die Wahrheit sagt. Der zu Verhandlungen im Stile eines Hoppla-jetzt-komme-ich erscheint und offenbar nicht die geringste Lust verspürt, ernsthaft an der Sanierung seines Landes mitzuarbeiten. Er will frisches Geld und einen Schuldenschnitt für Griechenland, alles andere interessiert ihn scheinbar nicht. Das darf er, denn sein Volk hat ihn ja gewählt. Aber das bedeutet nicht, dass EU und Euro-Länder und schon gar nicht Hauptrisikoträger Deutschland diese Schmierenkomödie mitmachen müssen. Am 28. Juni um 24 Uhr ist Feierabend, hat Bundesfinanzminister Schäuble gerade erst gesagt. Ich denke, diese Aussage sollte jetzt unverrückbar stehen. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. 70 Prozent der Griechen haben in einer aktuellen Umfrage gesagt, sie möchten den Euro behalten. Na, schön, aber dann tut auch etwas dafür. Und am Besten, ihr jagt als erstes euren Vorturner aus dem Amt. Oder wie ein bekannter Fußballtrainer es formulieren würde: Tsirpas habe fertig.




Die Wahlbeteiligung kann man leicht wieder erhöhen

CDU/CSU, SPD, Grüne, FDP und Linke haben beschlossen, etwas gegen die zunehmende Wahlverweigerung im Land zu unternehmen. Sie wollen jetzt erstmal untersuchen, warum immer weniger Menschen an Wahlen teilnehmen. Ich kann einen Beitrag zur Aufklärung leisten: Wenn man keine echte Wahl zwischen unterschiedlichen Politikansätzen und Konzepten hat, braucht man nicht mehr wählen. Ob es um die alternativlose Euro-Rettung geht, den Atomausstieg und die damit verbundene Energiewende, um die Verstaatlichung der Kindererziehung oder die Homo-„Ehe“ – egal, wen man von den genannten Parteien wählt (Linke und Euro nicht), man erhält im Grundsatz die gleiche Politik. Gestern hat die NRW-CDU die völlige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der Ehe beschlossen (immerhin ohne Adoptionsrecht, bin gespannt, ob sie das durchhalten). Mein Rat für eine bessere Wahlbeteiligung wäre also: Nicht voneinander abschreiben, sondern eigene Konzepte entwickeln und dann gegeneinander um die besten Lösungen kämpfen. Dann klappt’s auch mit der Wahlbeteiligung wieder.




Nicht unsere Feinde sind das Problem, sondern die gnadenlose Realitätsverweigerung

In der Frage, ob Deutschland für die Wiederherstellung der staatlichen Souveränität der Ukraine in den Krieg ziehen würde, herrscht quer durch alle politischen Lager und gesellschaftlichen Millieus Einigkeit. Nein, niemand von uns würde für die Ukraine in den Krieg ziehen, und müsste es auch nicht, denn das gebeutelte Land gehört nicht zum westlichen Bündnis, der NATO. Aber bereits vor einigen Wochen habe ich an dieser Stelle einmal die Frage aufgeworfen, ob wir bereit wären, in den Krieg zu ziehen, um zum Beispiel die baltischen Staaten im Falle eines Angriffs zu verteidigen. Meine Antwort war Nein, und sie hat nun dramatische Bestätigung erhalten. Eine aktuelle Umfrage ergab jetzt, dass 58 Prozent der Deutschen der Meinung sind, auch wenn ein anderes NATO-Land angegriffen würde, sollten wir nicht militärisch eingreifen. Das ist ein Offenbarungseid und belegt schonungslos, dass wir Deutschen aus dem Zweiten Weltkrieg eben nichts gelernt haben. Die Erziehung zu einem Volk, in dem sich Mehrheiten lieber mit Mülltrennung, Gartenzäunen und Homo-„Ehe“ beschäftigen, als den eigenen Selbsterhaltungstrieb und die Solidarität mit anderen zu pflegen, ist beispiellos in der Geschichte.
Nun mag der ein oder andere denken: Ist doch gut und richtig, wenn wir uns schwer damit tun, mit Panzern auszurücken und singend in die Schlacht zu ziehen. Ja, das ist gut, nichts liegt mir ferner als Hurra-Patriotismus und „Germans to the front“-Geschrei. Aber wir reden hier davon, dass eine Mehrheit offenbar inzwischen bereit ist, sich wem und was auch immer zu unterwerfen, wenn man nur nicht kämpfen muss. Besetzt uns, plündert uns aus, nehmt Euch, was ihr wollt, aber lasst uns bitte die gesetzliche Krankenversicherung, die Umwelt-Plakette und das „Dschungelcamp“ auf RTL! Die Umfrageergebnisse sind umso schlimmer, als die Deutschen mit ihrer Haltung Schlusslicht in der NATO sind. Unsere europäischen Partner im Osten und Westen, Amerikaner und Kanadier sowieso, sind abwehrbereiter und solidarischer. Und nahezu grotesk wird es, wenn 56 Prozent der Befragten in Deutschland sagen: Wenn ein NATO-Land angegriffen wird, sollen die USA auf jeden Fall militärisch zur Hilfe kommen. Also: Wenn es wirklich ernst wird, erwarten wir, dass die Amis kommen und helfen. Wir selbst warten so lange im Keller, bis alles vorbei ist. Und wenn wir wieder rauskommen, demonstrieren wir gegen diese bösen, kriegslüsternen Amerikaner.
Mich ekelt eine solche Haltung an, und ich meine das wörtlich. Unser Wohlstand und unsere sozialen Sicherheiten und all‘ die Lappalien und Idiotien, mit denen sich die Politik hierzulande oftmals beschäftigt – alles das beruht auf dem Grundprinzip Freiheit. Vielleicht sollte das mal wieder ein Lehrer in der Schule oder ein Professor in der Universität oder sogar ein meinungsführendes Medium deutlich aussprechen. Selbst die Ostermarsch-Hanseln, die Jahr für Jahr Bratwürste gegen Bundeswehr und USA grillen, können das nur tun, weil genau die ihre (Meinungs-)Freiheit sicherstellen.
Doch es kommt ein zweiter Aspekt hinzu. Neben dem Unwillen einer Mehrheit, unsere Freiheit und meinetwegen unseren Wohlstand im Ernstfall zu verteidigen, kommt offenbar eine hanebüchene Unfähigkeit hinzu. Jeder Zeitungleser weiß inzwischen, dass die militärischen Fähigkeiten unserer Armee offenbar einer ernsthaften Herausforderung nicht gewachsen sind. Damit meine ich ganz ausdrücklich nicht unsere Soldaten, also die schrumpfende Zahl junger Männer und Frauen, die bereit sind, für wenig Geld und reichlich Verachtung mit ihrem Leben für unsere satte, prinzipienlose und feige Gesellschaft einzustehen. Ich rede von Transportflugzeugen, die nicht bereit stehen, von Schnellfeuergewehren, die bei Wärme nicht mehr treffen, von Drohnen, die nicht starten dürfen, von Kampfflugzeugen, die nicht einsatzbereit sind, von Marine-Hubschraubern, die nicht über Wasser fliegen können, und, und, und…. Was macht eigentlich Frau von der Leyen beruflich? (natürlich muss bei dieser Frage auch ihr Amtsvorgänger genannt werden und dessen Amtsvorgänger auch)
Man könnte die Liste des Grauens ausdehnen auf weitere Bereiche. Das Handy der Bundeskanzlerin wurde von einem US-Geheimdienst abgehört. Und nun legt ein Hackerangriff das komplette Netzwerk des Deutschen Bundestages lahm. Alle Daten liegen offen, der Angriff läuft weiter und kann von unseren Herrschaften im IT- und Sicherheitsbereich offenbar nicht aufgehalten werden. Schon ist die Rede davon, dass 20.000 Rechner ausgetauscht und ein komplettes Netzwerk neu angelegt werden muss. Das kostet Millionen und dauert wahrscheinlich Monate, in denen es effektive Geheimhaltung wohl nur noch für Abgeordnete gibt, die irgendwo im Keller eine alte Kugelkopfschreibmaschine stehen haben. Nicht der Angriff ist der Skandal, so etwas passiert ständig, fragen Sie einmal deutsche Banken! Und niemand erwartet, dass jetzt ein Botschafter einbestellt oder ein Untersuchungsausschuss eingerichtet wird, denn der Angriff kommt, wie man aus gewöhnlich gut unterrichteten Quellen hören kann, wohl aus Russland, und die sind ja jetzt angeblich unsere tollen, neuen Freunde. Nein, der Skandal ist die völlige Unfähigkeit dieses Landes, derartiges zu verhindern. „Nationales Cyber Abwehrzentrum“ klingt geil, oder? Was machen die, was können die? Die Linke im Bundestag will nicht, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz im Fall des Hackerangriffs hinzugezogen wird. Ja, wofür haben wir den dann? Was kommt morgen? Diskutieren wir dann über den CO2-Ausstoß bei Hackerangriffen oder Elektro-Autos für James Bond? Man könnte irre werden angesichts der Realitätsverweigerung, die in diesem Land – Volk ebenso wie Regierende – herrscht.
Niemand, der wenigstens halbwegs bei Verstand ist, will Krieg führen. Wäre ich begeistert, wenn einer meiner Söhne später Soldat werden möchte? Wohl nur verhalten, wenngleich ich es akzeptieren würde. Nicht, dass er seinem Land dienen möchte, würde mich stören, sondern dass er es für ein Land tun müsste, dessen Bevölkerung den Wert eines solchen Dienstes schlicht ignoriert, und dessen Regierende unwillig oder unfähig sind, die Sicherheit Deutschlands und seiner Verbündeten überzeugend zu organisieren.




Warum soll man sich denn anstrengen?

Gespräch mit dem Leiter eines der nach PISA-Erfordernissen besten Gymnasien Nordrhein-Westfalens. Er erzählt mir, dass seit Bekanntwerden der hohen Leistungsstandards seiner Schule die Zahl der jährlichen Neuanmeldungen stagniert. Viele Eltern würden nämlich sagen: Da werden unsere Kinder zu sehr gefordert, auf der Schule ist es zu anstrengend – und melden ihre Kinder dann auf Schulen an, wo es vermeintlich leichter ist, einen Abschluss zu erhalten. Eine kleine Geschichte, die ich Ihnen erzähle, weil sie symptomatisch für den Zustand unseres Landes ist. Ja, es geht uns gut, besser als den allermeisten Menschen auf diesem Planeten. Deutschland brummt, die Wirtschaft schreib Rekordumsätze und Gewinne. Aber offenbar ist einem großen Teil der Bevölkerung gar nicht klar, was die Grundlagen unseres Wohlstands sind: Wissen und Fleiß. Wenn das nicht mehr gepflegt wird, ist es irgendwann vorbei mit diesem Lebensstandard. Und dann wird das Gejammer groß sein, größer noch als heutzutage im bereits jetzt schlechtgelauntesten Volk der Erde.




Günther Jauch hört auf – schade

Die sonntäglichen Fernsehdiskussionen mit Günther Jauch enden zum Jahresende 2015. Das wurde soeben bekannt. Nach vier Jahren wird dann wahrscheinlich jemand anders diesen angestammten Sendeplatz nach dem „Tatort“ als Talkmaster(in) der Nation übernehmen. Auch wenn es noch zu früh für einen Nachruf ist und auch, wenn viele Menschen diese Form des Meinungsaustausches nicht mehr sehen können und wollen: Ich finde es schade. Günther Jauch hat es meistens gut gemacht, unaufgeregt. Er hat seine Gäste zu Wort kommen lassen, er hat nur sehr selten den moralischen Zeigefinger erhoben. Meistens hatte man den Eindruck, es interessierte ihn wirklich, was sein Gegenüber zu sagen hatte. Klar, es gab Tiefpunkte – für mich war das eine Sendung mit dem katholischen Publizisten Martin Lohmann. Aber es gab auch sehr gute Sendungen, etwa eine zum Thema Auschwitz, die mir noch in guter Erinnerung ist. Und ob es Herr Ponader von den „Piraten“ war oder Frau Oertel von der Gilde der Verschwörungstheoretiker(innen) – sie konnten sagen, was sie wollten, ohne ständig unterbrochen zu werden. Jauchs Sendung wurde von der Profi-Kritik regelmäßig verrissen, vom linken Mainstream sowieso. Was ist dieser Kerl so normal? Warum lässt er seine Gäste einfach ausreden? Doch seine Einschaltquoten waren top. Wenn die politischen Debatten der Republik schon vom Parlament ins Fernsehen verschoben worden sind, dann ist es gut, wenn sie wenigstens zivilisiert ausgetragen werden. Und das kann man von den anderen Sendungen dieses Genres beileibe nicht immer sagen.




Annegret und die Schmuddelkinder

Ich kann nicht sagen, was mich in dieser Woche mehr überrascht hat: der Rücktritt vom ewigen FIFA-Boss Sepp Blatter vier Tage nach seiner erneuten Wahl in dieses Amt, oder die Aussage der saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer zur Forderung nach der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zur Ehe. Die CDU-Politikerin lehnte in einer Eindeutigkeit die sogenannte Homo-„Ehe“ und ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare ab, dass es mir kurz den Atem verschlug. Zum einen, weil nach der Aufforderung von Präsidiumsmitglied Jens Spahn am Vortag, doch die Lesben und Schwulen nicht weiter zu verärgern, alles darauf hindeutete, dass die CDU das nächste Umfallen strategisch vorbereitete. Zum anderen, weil Frau Kramp-Karrenbauer – kurz AKK – stets zum liberalen Flügel einer spürbar sozialdemokratisierten Union gezählt wird. Damit ist es nun wohl vorbei. Liebe Frau Ministerpräsidentin: Willkommen im Kreis der Schmuddelkinder, willkommen bei den homophoben Rechtspopulisten! Bereits unmittelbar nach Bekanntwerden ihres Interviews in der Saarbrücker Zeitung ergoss sich der inzwischen unvermeidliche „Shitstorm“ über ihr aus, auf ihrem Facebook-Profil ebenso wie beim Shitstorm-Medium Nummer 1, auch Twitter genannt. Die Freunde der Toleranz zogen alle Register, beschimpften und beleidigten die Politikerin, übelster Sexismus inklusive. Ja, wenn es um Toleranz geht, kennen sie keine Gnade, da wird auf jeden, der auch Toleranz einfordern könnte, draufgehauen, dass die Schwarte kracht. Jeder, der – und sei es noch so feinfühlig und sachlich begründet – gegen die Gleichstellung argumentiert, kennt das und hat es schon erlebt. Dieses Mal hat es allerdings eine andere Qualität, denn AKK ist gewählte Ministerpräsidentin eines Bundeslandes. Sie kann man nicht ohne weiteres zur Aussätzigen und zum Paria erklären, wie das ja sonst bei Konservativen und Christen immer so wunderbar klappt. Rechtspopulist, Fundamentalist, Homphob – Klappe zu, Affe tot. Mit Annegret Kramp-Karrenbauer hat die Diskussion um die Homo-„Ehe“ noch einmal an Fahrt aufgenommen und eine – wie ich meine – im Grundsatz richtige (über Formulierungen oder Vergleiche kann man immer streiten) Haltung auf die etablierte Agenda gefunden. Dafür bin ich ihr dankbar, egal, in welcher Partei sie ist und für welche Politik sie sonst steht.




Der Berg ruft

Der G7-Gipfel, also das Treffen der Staatschefs der führenden Wirtschaftsnationen die Welt, findet am Wochenende im malerischen Elmau im noch malerischeren Bayern statt. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel empfängt ihre Kollegen Barack Obama (USA), Francois Hollande (Frankreich), Matteo Renzi (Italien), David Cameron (Großbritannien) Stephen Harper (Kanada) und Shinzo Abe (Japan) in angemessenem Rahmen, auch wenn sich im Internet wieder das übliche Rumgenörgel über das Ambiente findet, so als wäre es am besten, wenn die Staatschefs dort oben zelten und jeder ein paar Dosensuppen fürs leibliche Wohl selbst mitbringt. Der ein oder andere sozialdemokratische Ex-Kanzler liefert zusätzliche Begleitmusik, in dem der Ausschluss des russischen Möchtegern-Imperators Wladimir Putin beklagt wird. Helmut Schmidt, zum Beispiel, analysierte zwischen zwei Lungenzügen, Putin fühle sich beleidigt. Na und? Wenn er seine Waffen und Söldner aus der Ostukraine abzieht und die Krim wenigstens für eine völkerrechtlich akzeptable Autonomie-Entscheidung wieder aus Russland ausgliedert, wird der Westen schon dafür sorgen, dass sich seine Laune wieder aufhellt. Aber einfach zur Tagesordnung übergehen, wenn russische Soldaten mit russischen Waffen in der Ukraine auf Ukrainer schießen? Das geht überhaupt nicht.

Themen haben die Staatschefs auch ohne Putin in Hülle und Fülle, angefangen von der endlosen Griechenland-Posse über das Freihandelsabkommen TTIP mit den Vereinigten Staaten, das Flüchtlingsdrama im Mittelmeer, die NSA-Abhörpraktiken und die Folgen für die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terror. Langweilig wird den Herrschaften bei ihrem rund 30-stündigen Treffen sicher nicht. Bleiben Aufwand und Kosten. 17.000 Polizisten sollen das Gipfeltreffen sichern, im benachbarten Österreich stehen weitere 2.000 bereit. Ein 4,5 Quadratmeter großer Sicherheitsbereich um Schloss Elmau ist mit einem bis zu drei Meter hohen Zaun abgesperrt, eine Flugverbotszone von 55 Quadratkilometer wurde eingerichtet, 30 Hubschrauber stehen ebenso bereit wie Zellen für 200 mögliche Häftlinge. 150 Millionen Euro kostet das Spektakelt angeblich, wobei ich bei solchen Berechnungen immer zur Vorsicht und zum genauen Hinschauen rate, was da so summiert wird. Die 17.000 Polizeibeamten, um ein Beispiel zu nennen, werden ja nicht für die G7 eingestellt. Sie sind sowieso angestellt und bekommen ihr Gehalt, auch wenn sie Merkel und Obama nicht schützen müssten. Aber geschenkt, das Gipfeltreffen kostet viel Geld, keine Frage.

Und deshalb meldet sich auch Volkes selbsternannte Stimme zu Wort. Wie schlimm steht es um diese Demokratie, wenn man Regierungschefs mit so großem Aufwand vor ihrem Volk schützen muss, las ich im Internet. So viele Millionen, um sieben Leute zu bewachen. Können die sich nicht einfach irgendwo auf einem Flugzeugträger treffen, schrieb jemand anders. Klar, klingt ja auch gut: die da oben verprassen die Millionen, und wir hier unten hungern und versinken im Elend. Klingt immer toll, hat aber mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Nicht nur sieben Statschefs kommen zu dem Gipfel zusammen, sondern alles in allem rund 7.000 Delegationsmitglieder – eine ganze Menge, allerdings nur ein Drittel der Teilnehmerzahl der alljährlichen nutzlosen Welt-Klimakonferenz. Und es wohnen auch noch Menschen, da rund um Schloss Elmau. Angesichts der tausenden Demonstranten, auch und besonders aus dem linksextremistischen Spektrum ganz Europas, fürchten viele Menschen Zustände, wie zuletzt rund um die EZB-Zentrale in Frankfurt. Nicht „das Volk“ fürchten die Staatschefs, sondern den gewalttätigen linken Pöbel, der international bestens vernetzt, offenbar finanziell gut ausgestattet, zu jedem G7-Treffen anreist. Das trägt man sich früh in Outlook ein und bucht günstige Flüge, damit man auf jeden Fall mit von der Partie ist, wenn Steine und Molotowcocktails geworfen, Zäune niedergerissen, und Polizisten angegriffen werden. Einmal in jedem Jahr spielen die Irren der Welt Revolution. Sie sind es, die diesen ganzen Aufwand nötig machen. Sie allein.




114.077 Mal Danke!

Liebe Leserinnen und Leser,

in den rund neun Monaten seid Gründung dieses Blogs haben – Stand heute – 114.077 Menschen hier Beiträge gelesen. Manche waren nur zu einem Thema da, viele kommen immer mal wieder, andere fast täglich. Dafür meinen herzlichen Dank. Es zeigt sich, dass es tatsächlich eine erhebliche Nachfrage nach politisch unkorrekten Ansichten in Deutschland gibt, die aus der berühmten Mitte der Gesellschaft geäußert werden. Das Potential, davon bin ich überzeugt, ist noch weit größer. Vielleicht auch noch interessant aus der aktuellen Analyse: Diesen Blog lesen mehr Männer (54%) als Frauen (46%) und vor allem eher jüngere Leute. 61 Prozent der Besucher waren jünger als 34 Jahre, nur 11 Prozent älter als 55. Leider ist das Konzept Freiwilligkeit bei der Finanzierung eher ein Fehlschlag. Ich möchte deshalb ganz besonders denjenigen von Ihnen danken, die mit Einmal-Spende oder Dauerauftrag einen Beitrag geleistet haben. Vielleicht drückt ja der ein oder andere meiner Leser nun doch nochmal auf die orangefarbene Leiste auf der Startseite und hilft auch noch ein wenig mit?

Herzliche Grüße und vergelt’s Gott!

Ihr Klaus Kelle




Wie der Faktor „Jeföhl“ die Konservativen endgültig erledigte

Versucht man, mit einem Kölner über den bisweilen trostlosen Zustand seiner Stadt zu sprechen, kommt früher oder später der Hinweis, dass die Domstadt a) die schönste Stadt der Welt und b) „Kölle en Jeföhl“ sei. Ja, „en Jeföhl“. Während also der eine mit Schulden, Kriminalität, Schmutz, einstürzenden Stadtarchiven oder jüngst falsch ausgezählten Stimmzetteln anfängt, redet der andere davon, wie schön es „im Veedel“ ist, wo „wir all he hinjekumme“ sind. Manchmal bewundere ich die Ur-Kölner sogar für ihre einzigartige Fähigkeit, aus lokalem Patriotismus die Wirklichkeit komplett auszublenden. Problematisch wird es, wenn das „Jeföhl“ in Deutschland den politischen Diskurs bestimmt.
Während man oft schon bei leiser Erwähnung der Probleme mit der Integration von Menschen aus anderen Kulturen in unsere Gesellschaft als Rechtsaußen gebrandmarkt wird, haben wir ein gutes „Jeföhl“ jeden erst einmal aufzunehmen und selbst, wenn er oder sie als Asylbewerber abgelehnt worden sind, bei uns im Land zu behalten. Wir haben sogar ein gutes „Jeföhl“, wenn die Landschaft mit Unmengen von subventionierten Windkraftanlagen verschandelt wird, wenn man dafür Schneisen in die Wälder schlägt, damit das bisschen Wind die Flügel erreicht und gleichzeitig ganze Vogelarten vom Himmel gemetzelt werden, denn wir haben auch das „Jeföhl“, dass die an sich saubere und wirtschaftliche Kernenergie ganz gefährlich ist (was außer uns in Deutschland allerdings niemanden davon abhält, Atomkraftwerke zu bauen – derzeit weltweit rund 90 neue). Und beim Streit um die Homo-„Ehe“ ist das „Jeföhl“ besonders doll. Nie wurde mir das so deutlich, wie gestern Abend am Radiogerät. Im WDR gab’s eine Diskussion über die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der traditionellen Ehe aus Mann und Frau. Meine Frau durfte mitdiskutieren und versuchte darzulegen, was es mit dem Artikel 6 unseres Grundgesetzes auf sich hat, in dem die Ehe privilegiert und als besonders schutzwürdig definiert wird. Und dazwischen las der Moderator ungerührt zahlreiche postings aus dem Forum vor, postings über das „Jeföhl“. Wenn sich Menschen doch lieben, wenn sie zärtlich und füreinander da sind, wenn sie sich ewig treu sind, was ist dann schlecht daran, fragten Hörer um Hörer. Nichts, ist die einfache Antwort. Nur: darum geht es gar nicht bei dieser ganzen Debatte. Natürlich können Homosexuelle genauso lieben, auch genau so hingebungsvolle Eltern sein, wie Heterosexuelle. Wer bestreitet das? Das Thema heißt demografischer Wandel, das Thema heißt Förderung der Beziehung, aus der Kinder hervorgehen KÖNNEN. Das Thema heißt Öffnung der Ehe auch für weitere Formen des Zusammenlebens. Wenn Ehe auch anders als bisher definiert werden darf, mit welchem Recht will man etwa einem Muslim mit zwei oder drei Frauen den Status als Ehe in diesem Land noch verweigern? Wenn sie sich doch lieben, zärtlich und immer füreinander da sind, um nur ein Beispiel zu nennen. Die Diskussion wird völlig am Thema vorbei geführt, „Jeföhl“ ist wichtiger als Ratio. Fragte man früher bei politischen Debatten, warum dies oder das entschieden werden soll, sind wir inzwischen in vielen Bereichen beim – ich bleibe mal in Köln – „woröm denn nit“? Warum sollen denn Kinder nicht wählen dürfen? Warum soll man denn nicht nackt durch die Fußgängerzone laufen dürfen? Warum sollen Priester denn nicht heiraten? Warum soll man nicht Kiffen dürfen? Und so weiter…. Man kann das alles sachlich beantworten, aber viele wollen es gar nicht hören, wenn bloß das „Jeföhl“ stimmt.
Das bringt mich noch zu einem anderen Gedanken. Vor einigen Monaten schrieb ein Facebook-Freund (oder -Freundin) einen Satz, der mir seither nicht mehr aus dem Kopf gegangen ist. Und der hieß: „Konservative verlieren immer.“ Ich habe immer mal wieder darüber nachgedacht, ob das tatsächlich so ist, vielleicht sogar so sein muss. Aber mir fallen viele Beispiele aus der Vergangenheit ein, wo das nicht so war. Es wurde damals mit harten Bandagen und guten Argumenten gekämpft. Mal haben die einen Recht gehabt und gewonnen (Willy Brandt zum Beispiel mit seiner Politik der Öffnung nach Osten), mal haben die anderen Recht gehabt und gewonnen (Reagan, Thatcher, Schmidt und Kohl mit der NATO-Nachrüstung). Doch inzwischen gibt es das nicht mehr. Der Grund ist meines Erachtens der Faktor „Jeföhl“. Argumente spielen kaum noch eine Rolle. Drängen sie sich auf, werden sie als rechtspopulistisch, fundamentalistisch oder was-auch-immer-phob aus dem Diskurs geschossen. Und die Strategie ist erfolgreich, denn inzwischen verlieren die Konservativen in Deutschland immer.




Vergessen Sie nicht Ihren Schaumstoffring um den Kopf!

Und weiter geht’s mit der Vollkasko-Republik. Ab 1. Juni tritt eine neue Verordnung in Kraft, die sich das Bundesarbeitsministerium von Andrea Nahles (SPD) ausgedacht hat. In einer „Betriebssicherheitsverordnung“ wird festgelegt, dass nur noch geschultes Personal die historischen Umlaufaufzüge benutzen darf. Alle anderen bitte auf Treppe oder einen modernen Lift umsteigen! Die deutsche Politik arbeitet in Bund und Land weiter mit Hochdruck daran, uns vor uns selbst zu schützen. Sicher erinnern Sie sich noch an den „Veggie Day“, der Gott sei’s gedankt, bisher nicht vorgeschriebene Realität ist, aber dennoch von besonders fortschrittlichen Einrichtungen schon mal eingeführt wurde. Schließlich weiß man doch, was gut für uns ist. Wir sollen kein Fleisch essen. Oder noch besser: Gar nichts mehr vom Tier. Wir sollen auch nicht rauchen, selbst da, wo wir nur und ausschließlich unter Rauchern sind und uns treffen, um zu rauchen. Natürlich sollen wir Energie sparen, und wer im eigenen Garten ein Feuer ohne Erlaubnis anzündet, hat schnell die Polizei vor der Haustür. Apropos Garten: Wer im eigenen Garten einen Baum fällen möchte, muss vorher beim Amt fragen. Wer das nicht macht – Bußgeld. Wer das doch macht, bekommt die Anweisung, was dafür an welcher Stelle neu zu pflanzen ist. Ja, der Staat weiß, was gut für uns ist. Er sagt uns, dass wir Energie sparen müssen und auch wie oder was es andernfalls kostet. Er sagt uns, dass wir uns anschnallen müssen oder wenigstens einen Helm aufsetzen, wenn wir aus dem Haus gehen – könnte ja mal irgendwo irgendetwas runterfallen. Oder wir selbst um-, etwa mit dem Fahrrad. Und nun sagt er uns, dass wir ohne entsprechenden Führerschein nicht mehr Paternoster fahren dürfen, weil es zu gefährlich ist. Was kommt als Nächstes? Ich schlage vor: Grillen nur noch im feuerabweisenden Ganzkörper-Schutzanzug. Spielen auf dem Kinderspielplatz nur noch vorschriftsmäßig mit Schutzhelm und Schienbeinschonern. Und wer in Bürogebäuden mit viel Glas arbeitet, bitte immer einen großen Schaumstoffring um den Kopf tragen, damit sich keiner verletzt, wenn er mal gegen eine Glastür läuft. Wenigstens wollen sie uns jetzt das Kiffen erlauben….

Zur Paternoster-Groteske empfehle ich denjenigen unter Ihnen, die gern herzlich lachen, einen schönen Text aus dem Blog Ruhrbarone. Sie finden ihn hier