Der Streit um die ARD-App kratzt nur an der Oberfläche

Der Bundesgerichtshof hat heute ein vielleicht bahnbrechendes Urteil gesprochen. Auf Antrag der Zeitungsverleger kassierte es ein vorheriges Urteil des OLG Köln, das praktisch grünes Licht für die Nachrichten-App der ARD-Tagesschau gegeben hatte. Diese Tagesschau-App ist für die Nutzer kostenlos und beinhaltet ein hochwertiges journalistisches Angebot. Die Crux dabei: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird per Zwangsabgabe von allen Haushalten in Deutschland finanziert. Und: Tageszeitungsverlage versuchen seit langer Zeit, ein App-Nachrichtenangebot zu verkaufen, was aber faktisch unmöglich ist, so lange ihnen unsere Staatssender kostenlos Konkurrenz machen. Mit dem BGH-Urteil kehrt das Thema Grundversorgung auf die Agenda zurück. Was ist die Aufgabe zwangsfinanzierter Sender in Deutschland? Sollen sie Privatunternehmen Konkurrenz machen und das Geschäft vermiesen? Von Apps und Internetangeboten steht nichts im Staatsvertrag. Und ich würde noch weiter gehen: Ist es Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, um jeden Preis Fußball zu ersteigern? Könnte die Bundesliga nicht auch im Free TV bei RTL oder Sat.1 laufen? Hunderte von Millionen Euro geben ARD und ZDF jedes Jahr nur für Sport aus. Wenn die Bundesliga-Übertragungsrechte versteigert werden, haben Privatsender keine Chance, weil die Geldtöpfe durch uns alle praller gefüllt sind, als ein Privatsender das jemals erträumen könnte. Hier geht es um Marktwirtschaft, um Wettbewerb. Genau so, wie Kommunen nach meiner Auffassung zum Beispiel keine gastrononomischen Betriebe betreiben sollten, sollten staatlich gesicherte Sender Privatunternehmen keine Konkurrenz machen dürfen. Privat vor Staat gilt nicht immer, aber in solchen Fällen ganz sicher.




Ein Anfang, der für Viele gleich wieder Abschied ist

Letzlich war es dann doch eine recht würdige Feier, heute in unserer Kirchengemeinde. Die Erstkommunion ist, wie regelmäßige Leser meiner Beiträge wissen, immer eine zwiespältige Sache für mich. Natürlich freue ich mich, wenn da 100 Kinder erstmals zum Tisch des Herrn eingeladen werden. Und ich liebe geradezu das Bild, wenn all die Mädchen dort in weißen Kleidchen und die Jungs in ihren ersten dunklen Anzügen und Krawatten vorn im Altarraum stehen, die Paten mit Kerze neben sich, alle mit angemessen ernstem Blick, der dokumentiert: Hier geht es um etwas wirklich Wichtiges. Weniger erfreut bin ich beim Anblick vieler der mitgekommenen Verwandten, die man sonst nie in der Kirche sieht – den ein oder anderen vielleicht mal an Weihnachten – und von denen einige den Eindruck machen, gar nicht zu wissen, wo sie da sind, um was es geht und überhaupt: was redet der da vorn immer von Erlösung? Sei’s drum, wenigstens hat dieses Mal kein Handy geklingelt, und man muss auch für solche Fortschritte dankbar sein.

Rund 100 Kinder, verteilt auf zwei Messen, gehören nun also vollkommen zu unserer Kirche, und unwillkürlich musste ich bei ihrem Anblick daran denken, wie ihr Lebensweg weiter aussehen wird. Für einen beträchtlichen Teil von ihnen war’s das mit dem heutigen Tag. Es gibt eine Menge Geschenke, wahrscheinlich viele Geldscheine, wenn’s gut läuft auch ein Kreuz für die Kinderzimmer-Wand. Vielleicht ein Dutzend von ihnen wird sich den Messdienern anschließen und für die nächsten zwei, drei Jahre so den Kontakt zu ihrer Gemeinde halten. Der ein oder andere übernimmt vielleicht hin und wieder eine Aufgabe beim alljährlichen Gemeindefest. Vielleicht nehmen auch einige zukünftig mal an einem Sommercamp teil. Die wenigsten werden in Zukunft regelmäßig die Heilige Messe besuchen.

In fünf, sechs Jahren sind die meisten dann zum ersten Mal verliebt. Nichts interessiert sie dann weniger als Kirche, denn die ist „uncool“. Und die Empfehlung, vor der Ehe keinen Sex zu haben, werden nicht einmal die, die es sich vorgenommen haben, durchhalten. Unsere Gesellschaft, unsere Medien, das Internet, die Freundinnen und Freunde lassen keinen Raum für solch extravagantes Verhalten. Einzelne werden vielleicht ungewollt schwanger und suchen den Rat von Freunden oder Pro Familia zu ihrer „Notlage“. Wer hört auf die Kirche? Zwischendurch gibt es vielleicht noch mal ein Gebet, vor der Abschlussarbeit in Mathematik zum Beispiel. Oder die Messe am Heiligen Abend vor dem Geschenkeverteilen. Die meisten werden vermutlich irgendwann heiraten. Dann könnte die Kirche kurz interessant werden, weil es so schön feierlich ist und Fotos am Altar gern ins Album geklebt werden. Und so weiter. Erst später wird der Glaube dann wieder interessant, wenn ein naher Angehöriger stirbt oder wenn man selbst krank wird oder in Not gerät. Und je näher das eigene irdische Leben rückt, desto intensiver werden die Versuche, zu begreifen, dass es ja doch irgendwie weitergehen könnte und dass da „noch jemand ist“.

Das ist er, der Kreislauf des geistlichen (Er-)Lebens in einer Wohlstandsgesellschaft. Die Kirchen wissen das. Warum tun sie bloß nichts, um diese scheinbaren Unabänderlichkeiten zu durchbrechen?




Jeder bekommt Zusatzlohn: Wie sich Politiker mit Aufsichtsratsposten versorgen

Focus online




Da legen wir gern noch etwas Geld drauf

„Für den Mathematikunterricht benötigt Ihr Kind ab dem kommenden Schuljahr einen graphikfähigen Taschenrechner…“ So beginnt ein aktueller Brief der Schule, die unser Sohn besucht. Mit dem „Taschenrechner-Erlass“ vom 27. Juni 2012 werde die Nutzung solcher Taschenrechner in der Oberstufe verbindlich, erfahren meine Frau und ich und denken: kein Problem, wir haben ja Lernmittelfreiheit. Wenn unser Sohn das so als zwingend notwendig vorgeschrieben bekommt, wird die Schule ihm schon den entsprechenden Rechner zur Verfügung stellen. Doch weit gefehlt. Uns wird mitgeteilt, dass wir entweder exakt diesen Rechner besorgen sollen oder uns einer Sammelbestellung der Schule anschließen könnten. Dann kostet es uns nur 85 Euro. Das Prinzip Lernmittelfreiheit scheint hierzulande einige Dellen bekommen zu haben, und gleich fällt mir ein, was zwischendurch sonst immer noch so zu kaufen ist, Bastelmaterial für den Kunstunterricht etwa, Reclam-Heftchen für das Verständnis der Weltliteratur, und natürlich gibt es auch immer mal die Umlage namens „Kopiergeld“. Bei mehreren Kindern summiert sich das und wirft die Frage auf: Warum müssen wir Bürger, die mit unseren Steuern ohnehin den ganzen Staatsapparat finanzieren, immer zusätzlich berappen, wenn wir etwas brauchen? Warum schließt die angebliche Lernmittelfreiheit nicht alle Lernmittel ein? Oder nehmen Sie etwas, das alle betrifft. Jeder Deutsche muss ein amtliches Ausweispapier haben, ich glaube ab 16 Jahren. Gehe ich zum Einwohnermeldeamt und beantrage einen Personalausweis, muss ich Gebühren zahlen. Mein Sohn hat jetzt seinen Reisepass verlängern lassen, nicht neu beantragt, sondern verlängert. Kostet 59 Euro. Und wie üblich fragt niemand in Deutschland, mit welcher Berechtigung eigentlich die staatlichen Einrichtungen und Mitarbeiter, die wir finanzieren, uns Geld abknöpfen, wenn wir eine Leistung von ihnen haben wollen.
Eine Unternehmerin am Niederrhein erzählte mir einmal, dass sie eine neue Halle für ihren Betrieb gebaut hat. Mehr als 15 Prozent der gesamten vorgesehenen Summe für den Bau ging für gesetzlich vorgeschriebene Gutachter drauf. Zitat: „Da kommen zwei Mann für zehn Minuten, übergeben mit ein Ringbuch mit Formblättern, die ich lesen und beachten soll. Nach zehn Minuten waren sie wieder weg. Dafür musste ich 1.500 Euro bezahlen.“ Wie meistens in Deutschland stellt dieses System niemand in Frage. Es wird schon alles seine Ordnung haben, wir sind ja in Deutschland.




Die Zukunft des WDR und ein bemerkenswerter Beitrag aus der Politik

NRW.jetzt




Kleiner Nachtrag zum „Boy’s Day“

Unser neunjähriger Sohn kam heute Mittag direkt vom Schulsport nach Haus. Die Klasse hatte für die Bundesjugendwettspiele trainiert und dabei erfahren, dass die Mädchen beim Weitwurf für 18 Meter schon Gold bekommen, die Jungen aber für Gold den Ball mindestens 28 Meter weit werfen müssen. „Das finde ich total unfair“, regte er sich auf. Ich könnte ihm natürlich erklären, warum das so ist. Wenn ich das aber sage, handele ich politisch unkorrekt, denn zwischen den Geschlechtern gibt es ja angeblich keine Unterschiede mehr. Nun bin ich in einem Dilemma…




Netter Versuch, wenn auch völlig wirkungslos

Heute ist übrigens wieder „Boys & Girls Day“, falls Sie noch nicht an diese überaus wichtige Veranstaltung gedacht haben, mit der staatlicherseits versucht wird, Mädchen zu vermitteln, wie schön doch typische Männerjobs sind, und neuerdings Jungs, wie toll es doch ist, Kindergärtner (ja, ja, Erzieher), Friseur oder Krankenbruder zu werden, auch wenn das – leider, leider – schlecht bezahlt wird. Mehr als zehn Millionen Euro hat sich die Bundesregierung bisher diese gut gemeinte Volkserziehung kosten lassen. Erfolge oder wenigstens die Aussicht auf Erfolge gibt es nicht, wie die offiziellen Statistiken gnadenlos belegen. Die Mädchen finden den „Girl’s Day“ toll, sie schauen, wie spannend es in einer Kfz-Werkstatt zugeht, klettern in einen Feuerwehr-Löschzug und dürfen den Blaulicht-Knopf drücken oder bewundern den Chefsessel in der Versicherungs-Hauptverwaltung. Dann beenden sie ihre Schullaufbahn und werden, was Mädchen fast immer werden wollten: Lehrerin, Erzieherin, Pflegerin und Verkäuferin. Und die Jungs finden es auch toll, denn sie haben einen Tag lang keinen regulären Unterricht. Anschließend werden sie dann, was Jungs eben immer so werden.




Die Frage nach dem Ob stellt sich nicht einmal

Schon wieder! Auch heute befindet sich ein Flüchtlingskahn im Mittelmeer in akuter Seenot. Mindestens 300 Menschen sollen an Bord sein, darunter wie jedes Mal Frauen, Kinder und Alte. Nicht erst seit dem Tod von 900 Flüchtlingen am vergangenen Wochenende im Mittelmeer ist klar, dass die Situation unhaltbar geworden ist. Wenn wir hier das christliche Abendland hochhalten wollen, wenn die EU nicht wieder bei einer internationalen Krise versagen will, dann muss jetzt sofort, ohne jegliche Zeitverzögerung, massiv eingegriffen und geholfen werden. Die Frage, ob Europa, ob der Westen und damit auch Deutschland den Flüchtlingen helfen sollte, stellt sich nicht einmal. Was wären wir für Zyniker, was wären wir für erbärmliche Unmenschen, wenn wir dem Sterben auf hoher See ungerührt zuschauten? Rupert Neudeck, Mitbegründer von „Cap Anamur/Deutsche Notärzte“, hat gestern im Fernsehinterview Stellung bezogen: Die EU-Länder müssen Schiffe ihrer jeweiligen Marine vor die Küste Nordafrikas entsenden, Handelsschiffe müssen aufgefordert werden, einzugreifen und Flüchtline zu retten – vielleicht sogar gegen Prämienzahlungen im konkreten Hilfsfall. Das Sterben muss beendet werden – das hat oberste Priorität, das ist die allererste Aufgabe. Doch damit ist es wahrlich nicht getan.
Selbst wenn die reichen Länder des Westens vorübergehend mehr Flüchtlinge aufnehmen, löst das die Probleme nicht. Offiziellen Schätzungen zu Folge sind derzeit auf dem afrikanischen Kontinent rund 18 Millionen Menschen auf der Flucht in Richtung Mittelmeer. Ihr Ziel und ihre einzige Hoffnung auf ein menschenwürdiges Leben ist Europa. Eine Hoffnung, die wir nicht erfüllen können, selbst wenn wir es wollten. Um das Problem zu lösen, müssen Hoffnung und Zukunft nach Afrika gebracht werden. Das ist ein langwieriger Prozess, aber die reichen Länder könnten mehr tun, noch viel mehr. Es müssen menschenwürdige Wohnräume dort entstehen, es müssen Nahrung und sauberes Wasser her, und es muss Bildung her. Ja, Bildung. Es klingt so nach Klischee, wenn immer von Brunnen bohren und Schulen bauen geredet wird, aber genau darum geht es. Auch. Wenn wir keine Mauer errichten wollen, um uns von Elend und Hoffnungslosigkeit abzuschotten, gibt es nur diesen Weg: den Leuten in Afrika wirklich zu helfen, eine menschenwürdige Zukunft aufzubauen. Und ihnen zu sagen, dass wir bei weitem nicht alle, die zu uns kommen wollen, aufnehmen können.
Über die Flüchtlingsproblematik habe ich verschiedentlich geschrieben. Ja, wir müssen helfen – ohne Wenn und Aber. Und wenn wir helfen wollen, dann muss die Politik auch klare Kante für diejenigen zeigen, die wirklich Hilfe brauchen, die sich in die Hände gewissenloser Schleuserbanden und in Lebensgefahr begeben haben, um Europa oder Deutschland zu erreichen. Es ist unerträglich, dass noch immer 90 Prozent der in Deutschland abgelehnten Asylbewerber bleiben dürfen. Und für diejenigen, die in diesen Tagen und Wochen aus Angst um ihr nacktes Überleben dem Wahnsinn im Nahen Osten entkommen sind und zu uns fliehen, wird der Platz knapp.




Das widerwärtige Geschäft mit den Gebärsklavinnen boomt

Im Strand Palace Hotel in London fand am 21. März wieder die alljährliche Surrogacy Conference statt, also ein Kongress, der sich mit dem Thema Leihmutterschaft beschäftigt. Ärzte und Geschäftemacher informierten dort darüber, wie sich Paare auf diesem Weg ein Kind organisieren können, und Paare erzählten wort- und tränenreich, wie toll das alles bei ihnen gelaufen ist. Ja, Paare, die auf natürlichem Weg selbst keine Kinder zeugen können, sind oft verzweifelt und zu fast allem bereit, sich den Kinderwunsch zu erfüllen. Manche wählen den Weg über die künstliche Befruchtung, andere adoptieren Kinder, und manche mieten sich eben eine Gebärmutter mit einer Frau drumherum. Moderne Zeiten könnte man meinen. In den USA gibt es eine richtige Industrie mit Leihmütter-Agenturen dafür, und es wird viel Geld mit der Not von Paaren verdient. Zu den Kunden dieser Agenturen gehört stark anwachsend auch die Gruppe der gleichgeschlechtlichen Paare. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete jüngst darüber, dass „ein Fertilitätszentrum in Kanada“ dokumentiert habe, „dass in den Jahren zwischen 2007 und 2011 mehr als zwanzigmal so viele schwule Paare zu seinen Kunden gehörten wie noch in dem halben Jahrzehnt davor“.
Aber die Globalisierung macht auch vor diesem Thema nicht halt. Weil die Kosten niedriger sind, boomt das Leihmuttergeschäft derzeit in Gegenden der Welt, in denen Frauen oftmals in kaum vorstellbarer Armut leben. Länder wie Indien, Nepal oder Mexiko. Für 15.000 Dollar „Flatrate“ werden dort Leihmütter zur Auswahl mit unlimitierten Versuchen angeboten, Zwillinge oder Drillinge ohne Aufpreis möglich, wie die FAZ weiter berichtet. Über was sprechen wir also? Frauen, die in auswegslosen Situationen sind, verkaufen für wenig Geld ihren Körper als Brutkasten. Sie lassen sich in heruntergekommenen Hinterhof-„Kliniken“ Embryos einpflanzen, also mehrere gleichzeitig, von denen dann bei Erfolg die überzähligen „reduziert“, also getötet werden. Manchmal wird nur auf zwei „reduziert“, weil Zwillinge nicht zusätzlich kosten. „Buy one, get two.“ Die FAZ zitiert einen indischen Arzt mit den Worten: „Nein, wir fragen sie (die Leihmütter) nie, und sie werden nicht mal darüber informiert, wie viele übertragen werden. Das sind ungebildete Mädchen, Analphabeten.“
Fassen wir zusammen: Im dritten Jahrtausend gibt es auf diesem Planeten eine neue Art der Sklaverei. Frauen werden als Produktionsmaschinen verwertet, ihre Armut wird von wohlhabenden Paaren aus den westlichen Ländern schäbig ausgenutzt. Was mit ihnen passiert, ist den Bestellern egal. Hauptsache die gewünschte Ware wird geliefert. Vielleicht werden Sie jetzt sagen: Ist alles nicht neu, es gibt Arbeitssklaven in Katar, die Stadien für das Milliardengeschäft Fußball-WM errichten, Todesfälle inklusive. Es gibt Sex-Sklavinnen, die von Menschenhändlern rund um den Erdball transportiert werden, um sich widerspruchslos von Männern vergewaltigen zu lassen (wie manche in Deutschland ja meinen, das sei ein „ganz normaler Beruf“), und es gibt Kinder, die im Alter von 12 Jahren zu Killern und Selbstmordattentätern ausgebildet werden. Diese Welt ist ein grauenhafter Ort, und was das Schlimmste ist: Niemand von den wirklich Mächtigen unternimmt ernsthafte Anstrengungen, all diesem Wahnsinn ein Ende zu bereiten. Das wäre doch gar nicht möglich, sagen Sie? Zu 100 Prozent sicher nicht, da haben Sie recht. Aber wenn Polizei und Justiz massiv gegen diese Strukturen vorgehen würden, wenn Leihmutter-Agenturen geschlossen, Menschenhändler und „Vermittler“ von Arbeits- und Gebärsklaven durch Polizei und Justiz mit großem Aufwand verfolgt und bestraft würden, Prostitution nicht mehr als „ältestes Gewerbe“ romantisch verklärt würde und Staaten, die diesen schäbigen Geschäften eine Basis geben, von der Weltgemeinschaft geächtet würden, könnte sich für viele Menschen etwas zum Besseren wenden. Aber wie gesagt: Es ist für die große Politik wohl nicht wichtig genug.




Endlich Transparenz, doch kaum einen interessiert es

Das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen den Vereinigten Staaten und der EU ruft – mal wieder – heftigen Widerstand in Deutschland hervor. Einer der Hauptvorwürfe neben panischer Angst vor keimfreiem Hühnchenfleisch ist die angebliche Intransparenz. Böse Brüsseler Bürokraten (mit viel zu hohen Gehältern und viel zu großen Dienstwagen) verschleudern da im Verborgenen unsere schönen Sozial- und Verbraucherschutzstandards an die Amis. So lautet die Legende der wackeren Anti-TTIP-Kämpfer. Doch nun ist etwas Seltsames passiert. Anfang des Jahres hat die EU-Kommission auf die Vorwürfe reagiert und die Verhandlungsdokumente zu TTIP am 7. Januar für jeden einsehbar ins Internet gestellt. Nun gibt es die erste Zwischenbilanz: Im Durchschnitt haben monatlich 760 Personen die Dokumente aufgerufen, das entspricht 25 Interessenten am Tag. 500 Millionen potentielle Interessenten in der EU – und 760 nutzen die neue Transparenz im Monat. Selbst wenn auf meinem Blog mal nichts Aktuelles veröffentlicht steht, schauen hier am Tag selten weniger als 400 Leser rein, am Kolumnen-Freitag sind es in der Regel mehrere tausend. Die Nutzerzahlen auf den TTIP-Seiten der EU lassen nur einen Schluss zu. Bei den TTIP-Protesten geht es nicht um die Sache, es geht nicht um den Schutz unserer schönen Gutmenschen-Welt vor der schlimmen Wall Street, es geht einzig und allein um schnöden Antiamerikanismus.