Der Sound unserer Kultur

In Immenstadt im Oberallgäu läuten die Kirchenglocken – so, wie überall in Deutschland, zumindest an den Sonntagen. In Bayern ist das Christentum noch eine relevante gesellschaftliche Größe, und das ist auch gut so. Nun hat eine evangelische Gemeinde das allmorgendliche Läuten von 8 auf 7 Uhr vorverlegt, und ein Bürger läuft dagegen Sturm. So etwas ist keine Seltenheit, und mein erster Gedanke, wie das „Problem“ zu lösen wäre, lautet: Entweder ziehen alle Immenstädter woanders hin, oder der Unzufriedene sucht sich eine andere Stadt oder ein Plätzchen irgendwo fernab von menschlichen Wohnsiedlungen. Aber das wird nicht passieren, wie wir alle wissen. Es ist schon erstaunlich, wie in Deutschland Partikularinteressen zunehmend zum Problem werden, mit dem die große Mehrheit der Bevölkerung drangsaliert werden. Den einen stören die Kirchenglocken, den anderen der Kinderlärm von der benachbarten Kita, den Dritten der nahe Sportplatz. Ich rede hier nicht der Lärmbelästigung das Wort, aber in Immenstadt läuten die Glocken drei Mal am Tag. Drei Mal, immer für ein bis zwei Minuten. Ist es wirklich zu viel verlangt, das zu ertragen? Oder werden wir ein Volk von Gewohnheitsnörglern? In Schleswig, Neumünster und Rendsburg ist neuerdings erlaubt, dass der Muezzin vom Minarett aus fünf Mal am Tag die Muslime zum Gebet ruft. Ich persönlich bevorzuge, wenn vom Kirchturm unserer Gemeinde die Glocken geläutet werden, denn modern ausgedrückt: das ist der Sound unserer Kultur.




Christen in die Politik

Die Tagespost




„Die üblichen Rassisten und Fremdenfeinde“

Pegida ist nicht meine Sache. Vieles, was dort verkündet wird, ist mir zu platt, zu undifferenziert. „Volksverräter“, „Lügenpresse“, „Putin hilf!“ – das ist nicht meine Welt, und das wird sie auch nie sein. Eigentlich interessiert mich an diesen Veranstaltungen nur ein Aspekt: dass sie stattfinden dürfen. In einem freien Land soll jeder öffentlich sagen können, was er oder sie denkt. Das unterscheidet uns von den unfreien Gesellschaften, die es rund um den Erdball zuhauf gibt. Und die Dresdener Demos finden ja statt, so wie gestern wieder mit dem Niederländer Geert Wilders, ein beinharter Islam-Kritiker. Nun höre ich eben im öffentlich-rechtlichen Grundversorger WDR 2 einen „Korrespondentenbericht“, der mir die Nackenhaare hochtreibt. Pegida sei praktisch auf dem absteigenden Ast, höre ich da, weil ja „nur noch“ 10.000 Teilnehmer gekommen sind. Hä? Vor ein paar Tagen zogen hier und da eine Handvoll Altlinke durch die Straßen und stellten nochmal die einst machtvollen „Ostermärsche“ pantomimisch dar. Das war überall in den Medien ein wichtiges Thema, in den Nachrichten der Fernsehsender – toll, die Ostermarschierer sind wieder unterwegs. In Bezug zu dem, was da wirklich stattgefunden hat, war Pegida gestern geradezu ein gewaltiger Aufmarsch. Und wer ist da aufmarschiert? Der WDR-„Korrespondent“ wusste es genau, hat wohl quasi mit allen 10.000 Leuten mal kurz geredet. Seine „Analyse“: „Ein Drittel gehörte zum harten rechten Rand“. Und: „Der Rest waren die üblichen Rassisten und Fremdenfeinde.“ Eine steile These, nicht von Linken-Kipping oder antifa, sondern vom „Korrespondenten“ des WDR. Lieber Herr Kollege, könnten nicht auch ein paar Menschen dabei gewesen sein, die sich Sorgen machen, ob Deutschland die Aufnahme eine Rekordzahl an Flüchtlingen bewältigen kann? Oder gab es vielleicht ein paar Leute, die Angst vor dem Islam haben? Waren vielleicht auch Schaulustige dabei, die einfach mal sehen und hören wollten, was der Wilders so für einer ist? Nein, alles „harter rechter Rand“ und „die üblichen Rassisten und Fremdenfeinde“. Ich rege mich schon lange nicht mehr über politische Agitation und Einseitigkeit in öffentlich-rechtlichen Medien auf. Der Mensch gewöhnt sich an fast alles. Aber ich würde mir wünschen, dass wenigstens in der Berichterstattung korrekt und vorurteilsfrei gearbeitet wird. Lasst sie anschließend kommentieren, was sie wollen, aber wenigstens Nachrichten und Berichte sollten sachlich sein. Das wäre schön.




Ein Händedruck für die Geschichtsbücher

Nach sechs Jahren US-Präsidentschaft von Barack Obama tue ich mich schwer damit, noch zu glauben, seine Amtszeit könnte irgendwelche politischen Spuren in den Geschichtsbüchern hinterlassen. Zu dünn sind die Ergebnisse, die der Mann im Weißen Haus besonders in der Außenpolitik vorweisen kann. Und selbst in der Innenpolitik findet man außer einer halbherzigen Gesundheitsreform, die von weiten Teilen der eigenen Bevölkerung abgelehnt wird, nicht viel Mitreißendes. Umso mehr freue ich mich, dass er nun mit der angelaufenen Aussöhnung zwischen USA und Kuba doch noch eine Initiative gestartet hat, die weltweit für Beifall sorgen wird. Gewiss, ein Händedruck mit Raúl Castro macht noch keinen Sommer. Aber nach jahrzentelanger Eiszeit, nach Blockade und – nicht zuletzt – nach vielen Toten, die bei der Flucht aus dem sozialistischen Sonnenstaat in die Freiheit ertrunken sind, tut sich endlich etwas. Zu Zeiten des Ost-West-Konflikts, als sich die Weltmächte USA und Sowjetunion mit ihren jeweiligen Verbündeten gegenüberstanden, machte die Isolation Kubas durch den Westen durchaus Sinn. Aber heute? Auch die Kubaner wissen, dass es besser ist, die Vereinigten Staaten zum Freund zu haben, mit dem man handeln kann und der für Devisen sorgt. Und auch die USA und ihre starke Latino-Gemeinschaft in Florida haben weder ein strategisches, noch ein wirtschaftliches und schon gar kein militärisches Interesse mehr, die Insel unter der Knute zu halten. Hoffen wir also, dass man sich einigt, dass man Botschaften eröffnet, Handelsbeziehungen zum beiderseitigen Nutzen entwickelt und vor allem Familien zusammenkommen und in Kuba politische Gefangene in die Freiheit entlässt. Es ist schon irre, wie schnell plötzlich alles möglich ist, wenn man wirklich will. Und es bleibt die Frage: Warum eigentlich nicht schon früher?




Mit atomaren Feuer spielt man nicht

Im politisch-publizistischen Meinungskampf gibt es derzeit kaum etwas Zynischeres, Geschichtsvergesseneres, ja bisweilen Widerwärtigeres als die Texte von Jakob Augstein, kleiner Sohn des großen Rudolf Augstein. Heute beschäftigt er sich in seiner spiegel-online-Kolumne mit Israel und Irans Streben nach einer eigenen atomaren Bewaffnung. Und wenn in einem Augstein-Text Israel vorkommt, ist Aufmerksamkeit geboten, hat er es mit seinen Stellungsnahmen zu diesem Thema doch sogar schon einmal auf die Liste des Simon Wiesenthal Centers der „Top Ten Anti-Israel/Anti-Semitic Slurs“, der Top Ten der antiisraelischen oder antisemitischen Verunglimpfungen, geschafft.
Heute erfreut uns der junge Herr Augstein mit der Feststellung: „Die iranische Bombe ist nicht mehr zu verhindern. Aber ist das eine Katastrophe?“ Und er versteigt sich zu der These: „Es ist nicht in erster Linie das iranische Streben nach der Bombe, das der Region die Stabilität raubt – sondern Israels alleinige Verfügung darüber.“ Also in meinen Worten: Nur Israel hat im Nahen Osten Atomwaffen, und das gefährdet den Frieden. Und erst wenn auch arabische Staaten mit der ultimativen Zerstörungswaffe ausgestattet sind, wird es wirklich friedlich. Ist es gutmenschliche Naivität des Autors, oder meint er das wirklich ernst? Ich glaube mit Blick auf Jakob Augsteins Gesamtkunstwerk schreibenden Schaffens, dass es schlimmer ist. Ich glaube, dass er genau weiß, dass nicht Israel seine Nachbarstaaten mit Vernichtung bedroht, sondern einige dieser Nachbarn Israel. Und zwar nicht einfach nur mal so ein bisschen, sondern mit der Drohung totaler Vernichtung, mit der Auslöschung des ganzen Staates. Kaum ein Land hat diese Drohung unverblümter und eindeutiger formuliert, als der Iran. Bis in die jüngste Vergangenheit.
Der einzige Grund, weshalb es Israel überhaupt noch gibt, ist seine militärische Dominanz im Nahen Osten und das Wissen der Feinde um sein nukleares Waffen-Potential. Nur dies und das Bündnis mit den USA sichern bis heute seine Existenz. Benachbarte Staaten, die ebenfalls in den Besitz von Atomwaffen kämen, würden das Risiko eines großen Krieges vervielfachen, besonders wenn instabile Staaten am Drücker sitzen. Instabil ist der Iran nicht, aber er ist unberechenbar, wie wir gerade sehen, wo nur Stunden nach dem staatlicherseits mühsam ausgehandelten Atom-Kompromiss die Mullahs alles wieder in Frage stellen. Wer diesen Leuten Massenvernichtungswaffen in die Hände geben oder auch nur dabei zuschauen will, wie sie sich solche Waffen selbst beschaffen, potenziert die Kriegsgefahr und spielt mit dem atomaren Feuer.




Die Fußkranken der Weltrevolution und die Kameras

Zu dem Lächerlichsten, das es in Sachen politischer Aktionismus in Deutschland gibt, gehören die sogenannten Ostermärsche der sogenannten Friedensbewegung. Als Massendemonstrationen gegen das atomare Wettrüsten mobilisierten die Ostermarschierer in den 80er Jahren Hunderttausende unter dem Banner „Nie wieder Krieg“. Heute sind diese alljährlichen Veranstaltungen eher private Treffen ergrauter 68er-Veteranen, ergänzt durch jeweils eine Handvoll Jungaktivisten aus Linke oder den versprengten Resten von DKP, SDAJ und MLPD, oder wie Helmut Kohl es sagen würde, den „Fußkranken der Weltrevolution“. In Mainz (200.000 Einwohner) kamen dieses Jahr hochgerechnent 200 Demonstranten zusammen, in Mannheim (320.000 Einwohner) waren es sage und schreibe 35 (in Worten: fünfunddreißig) und in Duisburg (480.000 Einwohner) waren es 250. Nun könnte man sagen: Lasst ihnen doch ihren Spaß mit Bratwurst grillen für den Frieden und Radtouren mit bunten Fähnen und Papp-Drohnen! Und das lasse ich ihnen auch, zumal ich Idealisten erstmal immer gut finde in einer weitgehend entpolitisierten und zunehmend hedonistischen Gesellschaft, wenngleich ich befremdlich finde, dass das Thema stets ausschließlich die „Kriegspolitik“ von Bundeswehr, NATO, USA und EU ist, während islamistische Horden halbe Länder im Nahen Osten gewaltsam unter Kontrolle bringen, islamistische Mörderbanden ungehindert mordend und vergewaltigend durch Afrika ziehen und Kreml-Vladi den kleinen „grünen Männchen“ zu ganz neuer Bedeutung verholfen hat. Aber sei’s drum: dies ist eine freie Gesellschaft und Parallelwelten sind nicht verboten.
Was allerdings wirklich ärgerlich ist: die mediale Aufmerksamkeit, die diesen irrelevanten Ostertreffen Jahr für Jahr zugestanden wird. Wenn in Düsseldorf kürzlich 15.000 Jäger gegen ein seltsames Jagdgesetz des grünen Umweltministers demonstrieren, dann ist das selbst dem öffentlich-rechtlichen Lokalsender WDR nur einen Kurzbeitrag im Fernsehen wert. Wenn in Berlin 6.000 Menschen gegen Abtreibung und Sterbehilfe demonstrieren, findet das bundesweit in den Medien nicht statt. Wenn in Stuttgart 2.416 Menschen gegen den rot-grünen Frühsexualisierungsplan demonstrieren, reicht das für 1 Minute in den SWR-Lokalnachrichten, die weitgehend auf die 200 krakeelenden Gegendemonstranten eingehen. Aber wenn irgendwo 35 Leute die USA geißeln, sind die Kamerateams da. Journalisten sollen die Wirklichkeit abbilden, habe ich in meiner Ausbildung zum Redakteur mal gelernt. Irgendwie scheint das nicht mehr modern zu sein.




Wer tanzen kann, der kann auch arbeiten

Der Jurist und Autor Heinrich Schmitz muss wohl gestern immer noch sauer gewesen sein, dass er am (Kar-)Freitagabend auch in diesem Jahr nicht öffentlich tanzen durfte. Und so hat er im Debattenmagazin „The European“ in einem Beitrag mal so richtig gegen das staatliche Tanzverbot abgeledert. Juristisch wie gewohnt bestens begründet und aus meiner Sicht insgesamt zustimmungsfähig. Allerdings fehlen ein paar Gedanken und vor allem eine klare Konsequenz aus dem Geschriebenen. Und weil Heinrich – den ich wirklich immer gern lese – diese paar Kleinigkeiten nicht erwähnt hat, erlaube ich mir auf diesem Weg eine Ergänzung.

Ja, es ist wahr: Genau genommen könnte der Staat das „Tanzverbot“ an stillen Feiertagen abschaffen. Was hindert Christen denn daran, so fragt der Autor, „wenn in den geschlossenen Räumen einer Kneipe Andersgläubige ein Fest feiern? Oder wenn andere in den schalldichten Räumen einer Diskothek abtanzen wollen?“ Die Antwort lautet: Nichts hindert uns. Insofern ist seine Schlussfolgerung auch konsequent. Warum sollen die, die nicht glauben können oder wollen, still sein, wenn (viele) andere Menschen trauern? Allerdings stellen sich aus meiner Sicht auch andere Fragen: Ist es wirklich zu viel verlangt, an ein bis drei Tagen im Jahr mal aufs „öffentliche Tanzen“ zu verzichten? Ich meine, so ein Jahr hat ja 365 Tage, da würde man doch bei ein wenig guten Willen vielleicht noch andere öffentliche Tanzmöglichkeiten finden können als ausgerechnet am Karfreitag? Ist das nicht im Grunde wieder so ein Popanz, den man aufbaut, um der Kirche eins auszuwischen? Sehr schön beschreibt Schmitz die fehlenden Grundkenntnisse beträchtlicher Teile unseres Kulturvolkes, die meinen, Ostern habe ursprünglich irgendwas mit Hasen und Eiern zu tun. Das führt mich dann direkt zum Kern.

Christliche Feiertage wurden einstmals nicht als Urlaubsverlängerung oder zum Grillen erdacht und geschaffen, sondern um den Gläubigen die Möglichkeit zu eröffnen, an den besonderen Hochfesten ausreichend freie Zeit zu haben, diese mit Würde und entsprechend den Traditionen ihres Glaubens zu feiern. Diese staatliche Garantie für Gläubige lässt sich als Privilegierung aus dem Grundgesetz-Artikel 4 begründen. Von mir aus kann man die Regeln für religiös Unmusikalische ändern. Wenn ich bete oder trauere, können andere meinetwegen in der Disco tanzen. Oder „Germany’s next Topmodel“ suchen. Oder sich in einer Kneipe vollaufen lassen. Oder was auch immer. Dies ist ein freies Land, der Staat sollte sich weitgehend raushalten aus dem Leben der Menschen. Das tut er zwar sonst auch nicht, aber wir könnten ja jetzt damit anfangen. Nur eins ist klar: Wenn wir das neu regeln, dann gilt auch der Grundsatz: Wer tanzen geht, der kann auch arbeiten. Warum sollen diejenigen, die christliche Feiertage nicht für Christliches nutzen wollen, an diesen Hochfesten frei haben? Wer Freitagsabends ins Saturday Night Fever startet, der soll Freitagmorgens ins Büro oder die Werkstatt gehen. Die Vorteile mitnehmen, aber nicht einmal bereit sein, an einem bis drei Tagen im Jahr wenigstens Rücksicht auf die Religionen zu nehmen, denen sie die zusätzliche freie Zeit verdanken, das ist dann wirklich nicht mehr logisch.

Man könnte sogar noch weitergehen. Das Weihnachtsgeld wird natürlich nicht von den Kirchen gezahlt, sondern von den (meisten) Arbeitgebern. Es wurde einst erfunden, um Arbeitnehmern mit einer zusätzlichen Gratifikation zu ermöglichen, am Fest der Geburt Jesu Christi mehr Geld in der Tasche zu haben, um diesen besonderen Tag auf ordentlichem Standard feiern zu können – mit Geschenken, mit Weihnachtsbraten oder was auch immer. Der Bezug ist klar, denn genau deshalb heißt es ja „Weihnachtsgeld“ und nicht „Skiurlaubsgeld“. Ich empfehle deshalb allen tapferen Kämpfern gegen christliche Dominanz und staatliche Bevormundung, zukünftig das Weihnachtsgeld zurückzuweisen. Schließlich wollt Ihr euch doch nicht etwa schnöde kaufen lassen, oder? Wenn das Christliche rein privat ist und Nichtgläubige sich nicht vom Staat zwingen lassen wollen, bei all diesen Anlässen mitzumachen – bitte sehr! Geht zu Eurem Arbeitgeber und zeigt, wie konsequent Ihr bei der Ablehnung all dessen seid.

Zwei Bemerkungen noch zum Text von Heinrich Schmitz. Er geht auch auf die anderen Religionsgemeinschaften in Deutschland ein und fragt, ob die nicht auch Anrecht auf eigene Feiertage haben? Gute Frage. Noch besser aber ist die daraus resultierende weitere Frage: Wenn Muslime und Juden in Deutschland gesetzliche Feiertage zusätzlich erhielten – wären die dann auch für alle Nichtgläubigen und für alle Christen in Deutschland wieder Freizeit? Und der zweite Punkt: Der Autor schreibt: „Wäre doch cool, wenn Juden, Christen und Muslime einen gemeinsamen Feiertag feiern könnten.“ Nein, lieber Heinrich, daran wäre nichts „cool“, finde ich. Oder, wie man bei den modernen Menschen so sagt: „Lasst bunte Blumen blühen!“ Da würde ich hinzufügen: Und fahrt nicht mit dem Rasenmäher drüber.




Ausweis vorzeigen? Dann ist unsere Freiheit ganz sicher in Gefahr

Nach dem mutwillig herbeigeführten Absturz der Gemanwings-Maschine in den französischen Alpen haben Ermittler und Terrorfahnder festgestellt, dass es heutzutage gar nicht mehr so einfach ist, herauszufinden, wer tatsächlich an Bord eines Flugzeugs gesessen hat. Die Freizügigkeit zwischen den EU-Ländern, zusammengefasst unter dem Begriff „Schengen“, macht’s möglich. Also als Beispiel: Wenn ich einen Flug nach Rom buche und zu Hause am PC bereits einchecke, dann mein Flugticket aber – sagen wir – Matthias Matussek schenke, der auch gern in Rom ist, dann kann der am Flughafen direkt bis in den Flieger durchgehen, sofern er nur Handgepäck hat. Auf der Passagierliste steht dann „Kelle“, aber im Flugzeug sitzt in Wirklichkeit „Matussek“. Nun sind sowohl Herr Matussek als auch ich keine „Gefährder“ im eigentlichen Sinne, aber Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat erkannt, dass die Situation prinzipiell unhaltbar ist, wenn man ernsthaft mehr Sicherheit schaffen will. Er regt nun an, darüber nachzudenken, die Ausweispflicht wieder einzuführen. Konkret: Jemand, der ein Passagierflugzeug besteigt, soll beim Einsteigen wie früher Boarding-Pass zusammen mit dem Ausweis vorzeigen.
Ich werde mir jetzt Popcorn besorgen, mich in einen bequemen Sessel setzen und darauf warten, wie die politischen Reaktionen auf diesen absolut sinnvollen Vorschlag des Ministers ausfallen. Ich erwarte, ehrlich gesagt, einen ordentlichen Shitstorm der Datenschützer und der Snowden-Fan-Millieus. Den Ausweis vorzeigen? Das ist schließlich ein schwerer Eingriff in das „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“, da wird ja selbst der friedfertigste Bundesbürger unter „Generalverdacht“ gestellt, er könnte Terrorist sein. Und wen das alles nicht überzeugt, werden sie ein gehässiges „Ich will das aber nicht“ entgegenrufen, die tapferen Verteidiger meines überaus wichtigen Grundrechts, einen Ausweis, den ich besitzen muss, nicht vorzeigen zu dürfen.




Befreit euch endlich von politischer und materieller Last!

Als ich heute früh die Aral-Tankstelle meines Vertrauens aufsuchte, um zehn frische Brötchen zu erwerben, wollte ich einen gewohnt lockeren Spruch anbringen. Zu der Dame an der Theke sagte ich mit Blick auf ihre Backwaren: „Na, heute ist für Sie ja wohl der umsatzstärkste Tag des Jahres.“ Fragend schaute sie zurück. Ich setzte nach: „Karfreitag! Da haben die Bäckereien doch alle geschlossen.“ Ihr Gesicht hellte sich auf: „Gut, dass Sie das sagen. Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Dann werde ich gleich noch ein paar Brötchen mehr in den Ofen schieben…“ Manche Erlebnisse im Alltag übersteigen selbst meine Vorstellungskraft. Dazu passt auch meine Suche nach einem passenden Foto zu dieser Kolumne heute Morgen. Bei einer großen internationalen Fotodatenbank mit Millionen von Motiven gab ich als Suchwort „Karfreitag“ ein. Was ich erhielt, waren zunächst unzählige Hasen-Cartoons mit bunten Eiern drumherum. Es ist ein Elend, mit welcher Rasanz der christliche Glaube und das Wissen um die Grundlagen des christlich (-jüdischen) Abendlandes in unserer Wohlstandsgesellschaft überrollt wird.

Über die Gründe muss man nicht groß nachdenken, sie fallen einem wie reife Äpfel vor die Füße. Es ist zum einen der Wohlstand, der viele Menschen glauben lässt, es brauche keinen Gott mehr, um ihr eigenes Schicksal positiv zu beeinflussen. Es sind Elternhäuser, Schulen und Kirchen, die in der Masse jämmerlich dabei versagen, jungen Leuten zu erklären, um was es bei der Lehre Christi geht. Es ist die „Fit for Fun“-Generation, die vor lauter Spaß-Events, Playstations und Supermodels, die zu finden sind, keine Zeit mehr hat, sich mit Nebensächlichkeiten wie der Frage nach dem Wie und vor allem Warum der menschlichen Existenz zu beschäftigen. Es ist die Entscheidung für einen anderen Glauben, sei es den Buddhismus, wo alles so freundlich, nett und ausgeglichen ist, sei es „die Natur“, wo allerdings die Frage unbeantwortet ist, wer die eigentlich gemacht hat, oder sei es der Atheismus, der mit seiner aufgesetzten Überheblichkeit, alles wirklich ganz genau erklären zu können, deutliche Anzeichen einer Sekte trägt.

Der entscheidende Grund allerdings sind unsere Amtskirchen, deren finanzielle Basis unerschütterlich ist und ihnen trotz sinkender Mitgliederzahlen steigende Kirchensteuereinnahmen beschert. Deren Zeugnis durch bisweilen widerwärtige Anpassung an den Zeitgeist verwässert wird. Die gute Geschäfte als Sozialdienstleister mit eigenen Krankenhäusern, Beratungsstellen, Kindergärten und Altenheimen machen. Dafür lassen sie den Herrgott auch mal einen guten Mann sein, etwa wenn sich die Caritas gegen das Betreuungsgeld ausspricht, denn Krippenplätze bringen natürlich auch dieser Unternehmung ordentliche Staatszuschüsse. Die offiziellen Medien der Kirchen lohnen – Ausnahmen gibt es natürlich – nicht einmal mehr einer kritischen Würdigung, so belanglos sind sie geworden. Und die Feigheit vieler deutscher Bischöfe, auch der katholischen, ist erbärmlich. Wo sind die tapferen Kirchenmänner, wenn es um den Kampf gegen Sterbehilfe geht? Warum nimmt nicht ein einziger Bischof an dem alljährlichen 1000-Kreuze-Marsch in Berlin für das Recht auf Leben eines jeden Menschen teil? Wo sind die Kirchen beim verzweifelten Protest Tausender Eltern in Baden-Württemberg gegen den Angriff von rot-grünen Gender-Ideologen auf ihre Kinder und auf die traditionellen Familien? Sie passen sich an, sie wollen nicht anecken, sie wollen auch in Zukunft an die Buffets der Mächtigen eingeladen werden, die ihnen wohlwollend auf die Schultern klopfen, aber in Wahrheit über sie lachen. Lieber Gott, wie wünsche ich mir heute einen Ruhrbischof wie Franz Hengsbach zurück oder Fuldas streitbaren Kirchenführer Johannes Dyba. Wo sind die Kirchenführer bei den Katholiken und bei den Evangelischen, die noch einen – verzeihen Sie! – Arsch in der Hose haben und zu ihren, zu unseren Überzeugungen ohne Wenn und Aber stehen? Jesus Christus hat gesagt, sie und wir sollen rausgehen in alle Welt und seine Botschaft „verkünden“. Er hat nicht gesagt: Geht raus, bildet Stuhlkreise, palavert und passt Euch an!

Alles nicht schön, wenn man auf die deutschen Amtskirchen schaut, in denen viele stolz darauf sind, wie perfekt und ökonomisch erfolgreich sie den Niedergang verwalten. Und dennoch ist es für einen Abgesang auf das Christentum zu früh. Ja, die Kirchen werden in Deutschland weiter schrumpfen. Und sie werden sich verändern, durch strukturelle Maßnahmen wie die Zusammenlegung von Gemeinden, durch Laienorganisationen, die nicht dazu beitragen, den Glauben in die Gesellschaft, sondern den Mainstream und die Belanglosigkeit in die Kirchen zu tragen. Und durch Pfarrer, denen von ihren Bistümern so viele Aufgaben übertragen werden – von der Immobilienverwaltung bis zur Umsetzung von Sparplänen – , dass für Seelsorge und Verkündigung immer weniger Zeit bleibt. Doch überall in den Kirchen gedeihen bunte Pflänzchen, die Hoffnung auf einen neuen Aufbruch und auf eine neue Kirche machen. Die evangelikalen oder freikirchlichen Gemeinschaften mit ihrem lebendigen Gemeindeleben und ihrer großen Anziehungskraft auf junge Menschen sind es im evangelischen Bereich. Die neuen geistigen Gemeinschaften, all die Jugend 2000, Totus Tuus, Gemeinschaft Emmanuel, Nightfever,Regnum Christi u.s.w. sind es bei den Katholiken. Hier findet sich die Glaubensbegeisterung, die einstmals selbstverständlich war. Hier sammeln sich viele junge Menschen. Hier kann man die Zukunft erleben. Dies soll nicht die Leistung der engagierten Gemeindepfarrer schmälern, die es natürlich überall in Deutschland noch gibt, und die vielfach Großartiges unter widrigen Bedingungen leisten. Aber es soll den Blick darauf lenken, was notwendig ist, um wieder Strahlkraft auch auf Kirchenferne zu entwickeln: Das Bekenntnis zur Lehre Jesu und zu einem Gott. Wo das im Mittelpunkt steht, kommen die Menschen und hören zu. Wo aber all das heruntergeleiert wird, was uns der Mainstream tagein tagaus vorkaut, da entwickelt sich kein Feuer mehr. Oder wie es Papst Benedikt XVI. in seiner überragenden Freiburger Rede 2011 formulierte: „Die von ihrer materiellen und politischen Last befreite Kirche kann sich besser und auf wahrhaft christliche Weise der ganzen Welt zuwenden, wirklich weltoffen sein.“




Warum wir – leider – nicht anders konnten, als meine Mutter zu töten…

Kath.net