Der mutige Helfer und die Justiz

Am S-Bahnhof Treptower Park in Deutschlands großartiger Hauptstadt Berlin hat am vergangenen Samstag ein Jugendlicher eine Mutter angepöbelt und mit voller Wucht gegen den Kinderwagen getreten, den sie mitsamt einem Kleinkind schob. Und dann passierte etwas Ungewöhnliches. Ein Mann (47), der das Geschehen gesehen hatte, drehte sich nicht etwa weg, sondern griff beherzt ein, wobei er den 15-jährigen Treter auch einmal ins Gesicht schlug. Der zog dann ein Messer, wurde aber vom Älteren entwaffnet und der Bundespolizei übergeben. Gegen den jungen Mann, einen polizeibekannten Intensivtäter, wird nun ein Strafverfahren eingeleitet. Nach der Vernehmung konnte er nach Hause gehen. Den Mann, der mutig geholfen hat, erwartet nun ein Strafverfahren wegen Körperverletzung. Ja, Sie lesen richtig – ein Strafverfahren wegen Körperverletzung. Nun bin ich auch überzeugt, dass es zu den großen Errungenschaften eines Rechtsstaates gehört, bei einem Anfangsverdacht erst einmal unvoreingenommen zu ermitteln und alle Sachverhalte zu klären. Insofern kein Problem. Aber wenn dieser tapfere Mann auch nur zu 10 Euro Geldstrafe verurteilt wird, werde ich an dieser Justiz verzweifeln.




Liebe Thüringer, Ihr schafft das schon!

Der Linke Bodo Ramelow ist neuer Ministerpräsident von Thüringen. Zum ersten Mal nach Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands rückt damit ein Mitglied der Rechtsnachfolgerin der DDR-Staatspartei SED an die Spitze eines deutschen Bundeslandes. Persönlich finde ich das bitter. Nicht, weil ich etwas gegen Herrn Ramelow hätte. In den vergangenen Tagen habe ich mehrfach Interviews von ihm gehört und gelesen, in denen er sich klar und unmissverständlich von den Verbrechen des DDR-Regimes distanziert hat – so deutlich, dass es manchem seiner Genossen nicht gefallen dürfte. Hoffen wir also, dass es ihm Ernst ist mit dem, was er über Opfer und Dialog gesagt hat.

Über SPD und Grüne in Thüringen zu reden, verbietet sich mir aus gesundheitlichen Gründen. Mein Herz-Doktor sagt, ich soll mich nicht aufregen und auf meinen Blutdruck achten. Doch eins ist klar: Unabhängig von der Person Ramelow ist die SED/PDS/Linke eine widerwärtige Partei. Eine ganze Reihe ehemaliger StaSi-Spitzel befindet sich bis heute in Thüringen in der Partei und Fraktion sowie im direkten Umfeld des neuen Ministerpräsidenten. Dass Parteien wie die traditionsreiche SPD und die auch aus der Bürgerrechtsbewegung der DDR entstandenen Bündnis 90/Die Grünen aus wahltaktischen Motiven diesen Leuten wieder Zugang in die erste Reihe politischer Entscheidungsgremien unseres Staates verschaffen, ist geschichtsvergessen und erbärmlich.

Aber machen wir uns nichts vor: Die Welt wird nicht untergehen, weil Bodo Ramelow Ministerpräsident von Thüringen ist. Auch Deutschland nicht. Ich bin nicht einmal sicher, ob er es lange bleiben wird, denn das rot-rot-grüne Bündnis macht nicht den Eindruck eines selbstbewussten Paktes. Warten wir es also ab. Auf die Bürger von Thüringen werden nun erstmals nach 24 Jahren all die Segnungen zukommen, die wir bereits aus anderen Bundesländern mit fortschrittlicher Regierung kennen. Mehr Schulden, ein schlechteres Bildungssystem, Klimarettung durch Abkassieren und Gender-Wahn. Aber auch das hat vielleicht seinen Sinn, denn zum Prozess der inneren Überwindung der Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland kann ja auch gehören, einmal selbst zu erleben, was es für Folgen haben kann, wenn man aus Übermut, quasi um mal etwas Neues auszuprobieren, eine erfolgreiche Regierung abwählt. Baden-Württemberg hat das ja auch schon erlebt, im Westen.




Die dumpfe Intoleranz der Toleranzforderer

In diese Woche war wieder einiges los. Ich bin jetzt zum Beispiel „Rassist“ und werde außerdem von der „Wall Street ferngesteuert“. Meine Frau „hasst Schwule“ und ist auch noch „religiöse Fanatikerin“. Und so weiter, man kann diesen Schwachsinn auf einschlägigen Seiten im Internet leicht finden. Wenn man in diesem Land sachlich und mit Argumenten versucht, Positionen einzunehmen, die dem gesellschaftlichen oder auch nur medialem Mainstream widersprechen, macht man zumindest eine Erfahrung: grenzenlose Intoleranz. Ich will nicht klagen, keiner zwingt mich, politische Kommentare zu schreiben. Aber ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Menschen wirklich unfähig zu einer sachlichen Auseinandersetzung sind. Da wird beleidigt und unterstellt, was das Zeug hält. Da hört man nicht mehr zu oder liest selber, sondern man zitiert, was andere meinen, was die betreffende Person wohl gemeint haben könnte. Ich zum Beispiel bin auch ein christlicher Fundamentalist, las ich kürzlich. Begründung: Bei Facebook hatte jemand geschrieben, dass die Abschlussmesse der Geistlichen Gemeinschaften beim Katholikentag in Regensburg sehr bewegend war. Ich hatte das „geliked“, ein linker PC-Wächter hat es entdeckt – und schwupps, bin ich entlarvt. Manchmal nervt diese Doofheit, besonders weil die Intolerantesten von allen in der Regel diejenigen sind, die für sich selbst lautstark Toleranz der Mehrheitsgesellschaft einfordern.




Flüchtling ist nicht gleich Flüchtling: Wir müssen helfen, aber nicht jedem

Focus online




Der hochdekorierte Literat und seine neueste Gaga-Idee

Ein oder zwei Mal pro Jahr stoße ich irgendwo in den Medien auf Günter Grass, Literaturnobelpreisträger und kurz vor Kriegsende noch vorübergehend bei der Waffen-SS, worüber er zwischendurch aber lange nichts mehr erzählt hatte. Immer wieder mischt sich der Autor, der zumindest einen großen Roman sein Eigen nennen darf, in die Tagespolitik ein. In den 70er und 80er Jahren vornehmlich als Unterstützer der SPD, zu Zeiten der Wiedervereinigung als größter Gegner derselben (was „das Volk“ wollte, hat sogenannte Intellektuelle seltenst interessiert). In jüngster Zeit wurde er mit verschwurbelten israelfeindlichen Versen, manche sagen mit Antisemitismus, auffällig. Und nun – Erbarmen! – wendet er sich der Flüchtlingsproblematik zu. Die sollen nämlich, wenn die Aufnahmekapazitäten in Deutschland erschöpft seien, auch bei Privatleuten „zwangseinquartiert“ werden können. Das habe man ja auch nach dem Krieg so gehandhabt und gute Erfahrungen damit gemacht.
Was er nicht erwähnte, ist, wie viele Flüchtlinge er selbst aufzunehmen gedenkt. Er hat auch nichts dazu verlauten lassen, ob er die westafrikanischen Drogendealer aus dem „Görli“ (ich schrieb letztens darüber) ebenso in die Quartier-Verlosung aufzunehmen gedenkt, wie die Gruppe junger Migranten aus Berlin, die jüngst ein Theaterstück massiv störten und drei Schulklassen aus Brandenburg bedrängten, wobei auch Zwölf- und 13-Jährige unter den Augen ihrer Lehrer mit einem Messer bedroht wurden.
Was Grass hier wieder einmal macht, ist mit romantikdurchdrungenem Geschwätz eine dramatische Situation schönzureden. Tag für Tag nimmt derzeit in Deutschland die Belastung durch die Aufnahme von Flüchtlingen aus aller Welt zu. Viele Städte sind organisatorisch und finanziell längst überfordert, der Situation noch Herr zu werden. Turnhallen werden zweckentfremdet, Zeltstädte errichtet. Und nun will der werte Herr Grass syrische Flüchtlinge bei Privatleuten „zwangseinquartieren“. Eine bessere Vorlage könnte Grass dem rechtsextremistischen Lager in diesem Land gar nicht bieten. Denn wir leben heute gar nicht mehr in der unmittelbaren Nachkriegszeit, wo geteilte Not halbe Not sein konnte. Wir leben heute in einer ich-bezogenen Welt, Helfen ist bei vielen verpönt, andere ziehen sich unter Verweis auf ihre eigenen Sorgen zurück. Allein der Gedanke, hier könnte ein Bus der Stadtverwaltung mit Flüchtlingen in eine Wohnsiedlung fahren, und ein Mann vom Amt klingelt dann und sagt: „Guten Morgen, ich habe hier vorübergehend eine sechsköpfige Familie aus Waziristan, die für ein halbes Jahr bei Ihnen wohnen wird. Natürlich unterstützen wir Sie für Ihre Bereitschaft mit 4,56 Euro pro Flüchtling in der Woche….“ ist so grotesk, dass man unwillkürlich lachen muss.
Ich würde einem weltweit angesehenen Mann wie Günter Grass wirklich wünschen, dass er sich aus tagespolitischen Debatten raushält. Nicht, weil sie so originell oder gar praktikabel wären, und auch nicht, um ihn aus dem demokratischen Diskurs auszuschließen. Einfach nur, um den Mann vor sich selbst zu schützen, auf den der Satz „Hättest Du geschwiegen, wärest du ein Philosoph geblieben“ besser passt, als auf jeden anderen Zeitgenossen in Deutschland.




Eine Steuererhöhung durch die Hintertür ist inakzeptabel

Die Deutsche Einheit war ein historisches Großereignis der Güteklasse A. Nach 28 Jahren Teilung, leidvollen Erfahrungen und Hunderten Toten an den Grenzanlagen des Arbeiter- und Mauerstaats DDR wurden die beiden Teile unseres Landes wieder zusammengefügt. Ein Volk, wie es in vielerlei Hinsicht unterschiedlicher nicht sein könnte. Viel Psychologie ist bis heute notwendig, und es wird noch viele Jahre dauern, bis wirklich zusammengewachsen ist, was zusammengehört. Um die materiellen Voraussetzungen zu schaffen, reichten – anders als viele Politiker damals annahmen – die laufenden Etats der Bundesrepublik nicht aus. Mehr als 2,2 Billionen Euro sollen es bisher sein, die ausgegeben wurden, um die Lebensverhältnisse in Ost und West auf ein Level zu bringen.

Damit all das gelingt, wurde der Solidaritätszuschlag eingeführt, liebevoll „Soli“ genannt. Eine Leistung, die übrigens alle deutschen Steuerzahler erbringen, auch die in den jungen Bundesländern. Und eine begrenzte Leistung zu einem klar benannten Zweck sollte es sein. Der scheint nun weitgehend erfüllt, der Tag rückt näher, an dem der Soli auslaufen soll. Und nun passiert das, was in solchen Fällen immer passiert, und was einer meiner Onkel mal so zusammenfasste: „Politiker verstehen von Geld, dass sie es immer von den Bürgern haben wollen.“ Der Soli soll nämlich fortbestehen, aber nicht mehr „nach Himmelsrichtung“ verteilt werden. Heißt: jetzt wollen die West-Bundesländer ein Stück vom Kuchen haben. Ein verständlicher Wunsch, denn längst sind viele Städte auf dem Gebiet der alten Bundesrepublik in erbarmungswürdigem Zustand, während Dresden, Leipzig, Erfurt, Potsdam und Co blühen.

Doch eine Fortführung des Soli für neue Zwecke wäre nichts anderes als eine massive Steuererhöhung. Bezeichnend, dass von unseren Spitzenpolitikern bisher nur der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) das so klar ausspricht. Eine Steuererhöhung ist aber nicht das, was der Soli sein sollte, sondern eine auf begrenzte Zeit angelegte Sonderabgabe für einen klar umrissenen Zweck: den Aufbau Ost. So sehr ich den Wunsch westlicher Bundesländer wie NRW und vieler Kommunen nach einem warmen Geldstrom in ihre maroden Haushalte und maroden Strukturen verstehe: Taschenspielertricks dieser Art sollte die Politik nicht versuchen, will sie nicht den letzten Rest Vertrauen ihrer Bürger verspielen. Der Soli sollte wie geplant enden. Und wenn die Regierenden mehr Steuereinnahmen wollen, sollten sie das so sagen und darüber abstimmen, damit jeder Bürger sich ein Urteil bilden kann, was er konkret finanzieren soll.




Esst gefälligst, was gut für euch ist!

Unsere Kinder sind das Wichtigste, und deshalb ist auch zu begrüßen, wenn sich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mal mit dem Mittagessen beschäftigt, das in deutschen Schulen angeboten wird. Diese Woche wurde eine Studie vorgestellt, die zu bedenklichen Ergebnissen führte. Ein Viertel der Schulen, so ist zu lesen, hat täglich nur zwei Menüs im Angebot. Und oft sei das Essen unansehnlich, weil zu lange warm gehalten. Und natürlich sei das Angebot an Gemüse nicht ausreichend. Ja, das ist es! Unsere Kinder fragen dauernd, warum sie nur so wenig Gemüse in der Schule bekommen. Deshalb gehen sie auch in der Pause immer die 300 Meter zum nächsten McDonald’s oder holen sich an der Dönerbude etwas zu essen. Wenn endlich mehr Kolrabi, Möhren und Rotkohl angeboten würde, dann, ja dann würden sie auch sicher gern in der Schule essen. Aber vielleicht ist es ganz gut, wenn sie sich schon früh darauf einstellen, dass in dieser Gesellschaft ihr ganzes Leben lang Menschen damit beschäftigt sein werden, zu organisieren, was gut für sie ist. Was sie selbst wollen, fragt niemand – in der Schule nicht, und auch später nicht.




Unsere Kultur wird verscherbelt

Money makes the world go round – das ist wahrlich keine neue Erkenntnis. Wer gutes Geld zahlt, darf dafür eine entsprechende Gegenleistung erwarten. Auch im Sport. Produkte werden umbenannt, Stadien und ganze Mannschaften erhalten neue Namen, die der Sponsor festlegt. Das ist inzwischen Alltag, wir leben im Kapitalismus, und wir leben weitgehend gut damit. Aber ist auch das Verkaufen von Überzeugungen und Traditionen legitim? Der Fußballclub Real Madrid gehört zu den besten der Welt. Sein Club-Symbol zierte seit Gründung ein Kreuz. Ein christliches Kreuz, was im Herzen Spaniens sogar noch mehr Sinn ergibt, als in vielen anderen Ländern unseres Kulturkreises. Dieses Kreuz ist nun weg, verscherbelt, geopfert. Dem neuen Sponsor zuliebe: der National Bank of Abu Dhabi, mit dem die Madrilenen „eine strategische Allianz“ eingegangen sind. Wäre denkbar, dass die arabische Bank für diese Allianz auf Ihren Untertitel verzichtet? Der heißt „Islamic Finance Company“, und angeboten werden den Kunden „Sharia banking products“. Würden die drauf verzichten aus Rücksicht auf den neuen Partner im katholischen Spanien? Natürlich nicht! Wundert sich noch jemand, dass uns viele Muslime wegen unserer Prinzipienlosigkeit verachten? Weil in unseren Ländern Fluggesellschaften wie British Airways und Fußballclubs wie Real Madrid das Kreuz aus ihren Logos verbannen? Weil wir in Deutschland aus vorauseilendem Gehorsam aus der Osterbriefmarke eine Frühlingsbriefmarke, aus dem St. Martins-Umzug ein Lichterfest und aus Weihnachtsmärkten Wintermärkte machen? Wer soll unsere christlich-abendländischen Traditionen und unsere Art zu leben Ernst nehmen, wenn wir es selbst nicht tun? Nicht der Islam ist das Hauptproblem, sondern wir selbst sind es.




Der wahre Meinungskampf findet nicht im TV-Studio statt

Mach wir’s kurz: Die „Hart aber fair“-Sendung gestern Abend hätte Potential gehabt. Leider wurde das nicht genutzt. Um die Frage, ob Islam und Deutschland kompatibel sind, sollte es gehen. Das hätte spannend werden können, wenn sich die beiden Repräsentanten der deutschen Muslime – zumindest in der ersten Hälfte der Sendung – nicht jeglicher Diskussion verweigert hätten. Unterdrückung von Frauen, Ehrenmorde, ISIS-Barbaren, Terrorzellen? Alles langweilig. Warum soll man etwas dazu sagen? Haben wir doch gar nichts mit zu tun. In der zweiten Hälfte ließen sich Herr Mazyek und Frau Nas dann doch darauf ein, mal etwas zum Thema zu sagen. Da hätte es wieder spannend werden können, wenn…ja, wenn auch die drei anderen Teilnehmer zu Wort gekommen wären. Die Verteilung der Redezeit war selbst für deutsche Talkshow-Verhältnisse verblüffend. Gefühlt hat Herr Mazyek allein 50 Prozent der Redezeit nutzen dürfen. Aber gut, lamentieren wir nicht herum, es ist nicht das erste Mal, dass wir so etwas erleben.

Recht interessant war der Blick auf die sozialen Netzwerke im Internet. Bei twitter trifft sich jedes Mal zu einer Gesprächssendung im deutschen Fernsehen eine stil- und geistlose Horde von Mitmenschen, die mit wirklich dümmlichen Bemerkungen und Beleidigungen gegen Teilnehmer nichts Nennenswertes zum demokratischen Diskurs beisteuert. Von mir aus könnte man morgen twitter abstellen, ich würde es vermutlich erst nach Monaten merken. Lustig fand ich, dass inmitten der „Zwitscherer“ gestern auch „Brüderle-Jäger“ Andi Petzold vom „stern“ auftauchte, der sich neuerdings berufen fühlt, zu definieren, wer in Deutschland Journalist ist und wer nicht. Hoffentlich stellt diese Frage nicht mal jemand im Zusammenhang mit ihm selbst.

Auf Facebook ging es in diversen Strängen munter hin und her, bisweilen fanden sich sogar ein paar nachdenkenswerte Beiträge. Warum schreibe ich das alles? Ich möchte meine Leser für eine Entwicklung sensibilisieren, die den technologischen Möglichkeiten geschuldet ist. Wie eine solche Sendung „gelaufen“ ist, entscheidet sich nur zu einem geringeren Teil am Studiotisch. Mindestens ebenso wichtig, viele Medienprofis sagen sogar wichtiger, ist die Begleitung in den Netzwerken und tags darauf die Nachberichterstattung in den meinungsführenden Medien. Das muss man wissen, wenn man da auf dem Sofa vor dem Bildschirm sitzt. Und deshalb habe ich zwar persönlich einen Eindruck gewonnen, wer gestern Abend gut und wer nicht gut war. Aber erst beim Lesen der TV-Kritiken in Welt, Spiegel, FAZ und Süddeutsche werde ich nachher wirklich wissen, was Deutschland glaubt, meinen zu müssen, wer gestern Abend gut gewesen sein könnte…




Frau Büttner und das Grundgesetz

Das Debattenportal „The European“ im Internet ist eine wunderbare Erfindung. Der freie Austausch von Meinungen wird dort seit langer Zeit kultiviert, jede gut begründete Meinung findet hier ein Forum. Genau das, was eine demokratische Gesellschaft an dauerndem Diskurs braucht. Lange Zeit ging das alles sehr gut, so dass ich mich ernsthaft frage, was auf diesem Weg schiefgegangen sein muss, dass plötzlich eine Meike Büttner dort auftaucht. Die einzige Erklärung, die ich finde, ist, dass sie beherzt die Chance ergriffen hat, als der Redakteur vom Dienst gerade in der Mittagspause und der Zugriff auf den Server ungeschützt war.
Unter der Überschrift „Jörg Thadeusz hat sie alle gehabt“ dilletiert sie da über die Frage, wie es nur sein kann, dass der öffentlich-rechtliche RBB im Rahmen der ARD-Toleranzwoche auch Interviews mit Thilo Sarazzin, Akif Pirinci und Birgit Kelle geführt und gesendet hat. Wirklich schlimm, die von uns allen bezahlten Sender lassen einfach Menschen zu Wort kommen, deren Veröffentlichungen jeweils ein vieltausendköpfiges Publikum gefunden und breiteste Diskussionen in der Bevölkerung hervorgerufen haben. Im Fall von Birgit Kelle empfinde ich es als besonders ärgerlich, weil ich mit ihr glücklichst verwandt bin.
Frau Büttner, eine Autorin, die im Portal für freie Debatten fordert, andersdenkende Autoren aus der Debatte in den öffentlich-rechtlichen Medien auszuschließen. Auf so etwas muss man erst einmal kommen. Wahrscheinlich hat sie in der Schule gefehlt, als über unser Grundgesetz und die freie Meinungsäußerung gesprochen wurde. Möglicherweise kennt sie auch die deutsche Geschichte nicht so recht. Hatten wir ja früher schon einmal, dass unliebsame Meinungen verbannt wurden. Raus aus den Zeitungen, raus aus den Sendern, und wer immer noch keine Ruhe gab, ab ins Lager. Fräulein Büttner erscheint mir wie ein spätes Exemplar dieser Spezies, die jede Diktatur unbedingt benötigt, um das jeweilige Staatsvolk ruhig zu halten.
Nun ist natürlich auch ihre demokratiefeindliche Haltung in einer freien Gesellschaft erlaubt, wenngleich ihr Schreibversuch besser in die „Pjöngjang Times“ passen würde, als zu einem Magazin für freie Debatten. Aber dass sie die drei Autoren auch noch als „Hass-Prediger“ bezeichnet, ist dann doch ein bisschen arg doof. Als „Hass Prediger“ bezeichnet man gemeinhin islamistische Aufwiegler, die zum Dschihad aufrufen, zum Töten und Köpfen von Ungläubigen. Das auf diese drei Autoren zu beziehen, ist nichts als die schmierige Beleidigung von einer Autorin, deren Texte mangels intellektuellem Tiefgang sonst keine größere Beachtung finden. Zur Erinnerung: Birgit Kelle kämpft für das Recht von Frauen, selbst über ihr Leben zu entscheiden. Sie engagiert sich dafür, dass unser Staat ein Gesellschaftsmodell – die traditionelle Familie nämlich – bei der Förderung nicht aus den Augen verliert. 80 Prozent der Kinder in Deutschland leben bei ihren verheirateten Eltern. Und wer daran erinnert, ist für Frau Büttner „Hass-Prediger“. In welch einer Matrix, in welch einer Umnachtung muss ein Mensch leben, der dermaßen hilflos auf sachliche Argumente Andersdenkender reagiert? Sie kann einem leidtun.
Ich werde nicht mit gleicher Münze heimzahlen. Ich werde sie nicht als „Nazi-Meike“ oder einfach „dusselige Kuh“ bezeichnen, weil es sich nicht gehört, so über Menschen zu sprechen, die man nicht persönlich kennt. Aber ich erlaube mir, nachfolgend eine Videoaufzeichnung von einem Vortrag zu empfehlen, den Birgit Kelle jüngst in Wien gehalten hat. Da kann sich jeder selbst ein Bild machen, was für die feine Frau Büttner eine „Hass-Predigt“ ist.