Kleine Erfolge, großes Versagen

Die Tagespost




Es wird Zeit, der Naivität abzuschwören

Und nun also auch Frankreich. Der amerikanische Geheimdienst NSA hat nicht nur deutsche Spitzenpolitiker, sondern auch die unsere französischen Nachbarn abgehört. Das ist empörend unter Verbündeten, die ja angeblich sogar so etwas wie „Freunde“ sein wollten. Nun, Freunde spioniert man nicht aus. Aber ich habe an das „Freunde“ auch nie geglaubt. Staaten unterhalten keine Freundschaften, sondern Beziehungen. Und Regierungen kümmern sich , wenn es gut läuft – um die Interessen ihres eigenen Landes. Insofern ist auch Spionage keine wirkliche Überraschung. Deutschland, Frankreich und andere Verbündete der Großmacht USA sollten sich darauf einstellen. Abschied nehmen von Illusionen und Naivität und auf Basis einer realistischen Weltsicht die eigenen Fähigkeiten zur Informationsbeschaffung ausbauen, vor allem aber technisch aufzurüsten und zu verhindern, dass andere Staaten höchste Regierungsstellen unseres Landes so leicht ausspionieren können. Denn das ist nach wie vor der größte Skandal: unsere Unfähgkeit, das eigene Land effektiv vor Angriffen aller Art zu schützen.




Wenn sich nichts ändert, ändert sich was

Niemand hat das vorausgesehen. Bei den dänischen Parlamentswahlen gestern ist die Dänische Volkspartei die zweitstärkste Kraft im Folketinget, dem Parlament im Nachbarland geworden. In Deutschland würde man sie zweifellos als „rechtspopulistisch“ einstufen, gerade so, als wäre es für Politiker etwas Unanständiges, darauf zu hören, was das populus – Volk denkt und wünscht. Thema Nummer 1 der Volkspartei ist die Forderung nach strengeren Asylgesetzen. Dieses Thema findet Widerhall, in Dänemark ebenso wie in Schweden, in Frankreich ebenso wie in Österreich, in Großbritannien ebenso wie in Deutschland. In den Kommentaren unserer Medien finden sich heute dazu die sattsam bekannten Relativierungen. So schlimm sei es doch gar nicht in Dänemark, die Leute hätten gar nicht gewusst, auf was sie sich einlassen und so weiter. Niemand in der etablierten Politik beschäftigt sich mit der Frage nach dem Warum. Und so lange sich daran nichts ändert, wird sich diese Entwicklung fortsetzen. Wenn Fehlentwicklungen ignoriert werden, suchen sich die Menschen halt andere Repräsentanten. Und ja, liebe Gedankenpolizisten, ich bin für die weitere Aufnahme von Flüchtlingen und auch für Zuwanderung. Aber ich bin für Regeln, die dabei eingehalten werden sollten.




Von der Gratwanderung zwischen Recht und Irrsinn

Mein Facebook-Freund Markus schrieb gestern Abend an mich gerichtet: „das ist der mit Abstand schlechteste, weil vermutlich emotionsgeladen geschriebene Artikel, den ich jemals von Dir gelesen habe.“ Was er meint, ist mein Tagebuch-Eintrag mit dem Tenor „Macht den Wilden Westen endlich dicht!“ Außer Markus haben mir auch andere reichlich eingeschenkt. „Das Recht auf Waffenbesitz ist ein elementares Menschenrecht“, schreibt Thorsten. „Es wäre grauenhaft, würden die Amerikaner den gleichen Fehler begehen wie die Deutschen, nämlich tragische Einzelfälle zur Regel zu stilisieren und daraus hysterische Horrorszenarien zu basteln“, schreibt Cornel. „Gegen Kriminelle mit Waffen gibt es kein besseres Mittel als Gesetzestreue zu entwaffnen!“, fügt Torsten (ohne h) mit einer guten Portion Zynismus an. Und sie alle haben irgendwie recht. Ich kann das so lapidar sagen, ohne dass mir ein Zacken aus der Krone fällt, denn im Grunde benutze ich all diese Argumente seit langer Zeit selbst. Und die harsche Kritik von Markus hat natürlich einen berechtigten Kern, denn 1) habe ich den Beitrag mehr aus der Emotion als der Ratio verfasst, und 2) ist er politisch höchst korrekt, was nicht mein vorrangiges Motiv für diesen Blog ist.

Versuchen wir also mal gemeinsam, uns der ganzen Thematik differenzierten zu nähern. Die Amerikaner haben aus ihrer Geschichte heraus ein gänzlich anderes Verhältnis zum Recht auf Selbstverteidigung und zu Schusswaffen. Dafür habe ich viel Verständnis. Im Grunde ist doch unsere deutsche Gesellschaft auch krank, wenn allein der Wunsch, sich bei einem Einbruch oder Raubüberfall selbst verteidigen zu können, als sonderbar (wahrscheinlich auch wieder rechtspopulistisch….gäääähhhnnn) betrachtet wird. Wenn der Deutsche überfallen wird, verhält er sich ruhig, wehrt sich nicht und hofft, dass alles schon nicht so schlimm werden möge. Alles rausgeben, demütig zu Boden gucken und hoffen, dass die Versicherung anschließend schon zahlt. Das ist der deutsche Weg. Anderswo auf der Welt würde niemand auf solche Gedanken kommen, geschweige denn so zu handeln. Und ja, auch ich hätte gern eine Waffe im Haus für den Fall, dass nachts jemand einbricht und meine Kinder, meine Frau oder mich bedroht. Im echten Notfall würde ich auch abdrücken.

In den USA kommt noch etwas anderes hinzu. Außerhalb der Ballungsgebiete sind die Entfernungen zum nächsten Sheriff’s Office oft sehr groß. Meine Facebook-Freundin Michaela, die in den Vereinigten Staaten, in Texas, lebt, schrieb, dass Waffen für sie Gebauchsgegenstände sind, die sie benötigen, um sich unangenehmes Getier wie Klapperschlangen vom Hals halten zu können. Und weiter: „Unser County (Landkreis) umfasst 4176 km² – ist also größer als das Saarland. Wir haben derzeit 50 Polizisten. Mehr brauchen wir nicht. Weil wir auf uns (und unsere Nachbarn) selber aufpassen. Unsere Autos und Häuser sind meist nicht abgeschlossen, manche lassen ihr Auto vor dem Einkaufszentrum einfach laufen, damit die Klimaanlage schön kühl bleibt. Wird mal irgendwo eingebrochen, redet die ganze Stadt darüber.“ Und auch Michaela hat recht, genau das ist das Amerika, das ich selbst kennengelernt habe und sehr mag. Also zur Klarstellung: Ich bin für Selbstverteidigung und ich achte auch das Recht, zu diesem Zweck eine Waffe besitzen zu dürfen. Ich würde es selbst in Anspruch nehmen, wäre es in unserem Land erlaubt.

Aber nun komme ich zu Präsident Obama und seiner gestrigen Trauerrede: „Diese Art von Gewalt passiert in anderen Ländern nicht. Nicht in dieser Häufigkeit. Ich musste solche Statements viel zu häufig abgeben.“ Hat er damit Unrecht? Jeder weiß doch, dass kaum eine Woche ohne Horrormeldungen aus den USA vergeht. Jugendgangs liefern sich Schießereien in den Ghettos der Millionenstädte, Kinder erschießen versehentlich ihre Geschwister, ein Dreijähriger hat vor einiger Zeit versehentlich seinen Vater erschossen, dessen Waffe auf dem Wohnzimmertisch lag. Polizisten erschießen Jugendliche, weil sie vermuten, dass die eine Waffe tragen. In High School-Shootings – passiert nicht jede Woche – laufen 18-Jährige in langen Ledermänteln mit automatischen Waffen durch die Klassen und ballern Lehrer und Mitschüler ab. Und jetzt traf es mal die Bibelstunde einer Kirche – neun Menschen sind tot. Täter war ein 21-Jähriger. Hätten Sie mit 18 oder 21 Jahren gewusst, wo und wie Sie sich in Deutschland eine Schusswaffe besorgen können? Ich nicht. Klar, wenn man beruflich im Schutzgeld- oder Drogengewerbe ist, dann wird es einfach sein. Aber wenn ich mit 18 schlecht gelaunt gewesen wäre und mir wäre die Idee gekommen, meinen Chemielehrer zu erschießen – es wäre schon daran gescheitert, dass ich in Deutschland eben nicht so einfach in ein Geschäft gehen kann und eine Uzi kaufen.

Hier setze ich mit meiner Kritik an. Ich will den Amerikanern weder ihre Waffen noch ihr Recht auf Selbstverteidigung nehmen (könnte ich auch gar nicht). Aber angesichts all der Toten kann man doch nicht zur Tagesordnung übergeben mit dem lässigen Hinweis, dass ja auch im Straßenverkehr viele Menschen sterben, ohne dass man Autos verbietet. Für Autos braucht man einen Führerschein, für eine Pistole nur genügend Dollars. Das ist ein entscheidender Unterschied. Wer sich selbst verteidigen will, braucht auch keine automatischen Waffen oder Handgranaten, es sei denn, irgendwelche Separatisten sind mit ihren Panzern auf Urlaubstour. Nach meiner bescheidenen Meinung sollten die Voraussetzungen für den Erwerb einer Waffe anspruchsvoller angesetzt werden. Es sollte überprüft werden, ob Waffen in Privathäusern vernünftig gelagert und vor dem Zugriff von Kindern sicher sind, so wie wir es ja auch in Deutschland vorschreiben. Was weiß ich, vielleicht gibt es auch noch bessere Ideen. Aber angesichts der vielen unschuldigen Opfer, der oftmals noch Minderjährigen, die an Schussverletzungen verrecken, geht eins jedenfalls nicht, und das ist die Haltung „Ein bisschen Schwund ist ja immer.“




Macht den Wilden Westen endlich dicht!

Es ist also wieder passiert. Ein offenbar durchgeknallter Ami geht in eine Kirche in Charleston und erschießt neun Menschen. Auch wenn ich die amerikanische Tradition und den Wunsch von Bürgern, sich selbst verteidigen zu können, gut verstehen kann, ist hier eine rote Linie längst überschritten. Präsident Obama fand heute die richtigen Worte, als er seine Trauer öffentlich ausdrückte und sagte: „Diese Art von Gewalt passiert in anderen Ländern nicht. Nicht in dieser Häufigkeit. Ich musste solche Statements viel zu häufig abgeben.“ Offenbar gibt es eben doch einen Zusammenhang zwischen den hundert Millionen Feuerwaffen, die in amerikanischen Privathaushalten zirkulieren, und den immer wieder stattfindenden Amokläufen. National Rifle Association hin oder her, die amerikanischen Medien und die Bevölkerung müssen in dieser Frage umdenken. Tausende ihrer Mitbürger sterben jedes Jahr durch Schussverletzungen. Die Waffengesetze müssen deutlich restriktiver werden, die Kontrollen sowieso. Das wird nicht einfach in einem Land wie den Vereinigten Staaten. Aber es ist alternativlos.




Übrigens, heute ist der 17. Juni…

Als Journalist ist man naturgemäß viel in Sozialen Netzwerken unterwegs. Ich verbringe (zu) viel Zeit auf Facebook, aber es macht mir großen Spaß, andere Meinungen den eigenen Positionen gegenüberzustellen und mich in Diskussionen mit anderen klugen und schlagfertigen Leuten zu messen. Was mir auch gefällt, ist, dass man auf Facebook keine wichtigen Ereignisse verpasst – persönliche, wie zum Beispiel den Geburtstag von Freunden. Und auch historische. Maueröffnung, Mondlandung, Papst-Wahl – es gibt immer Menschen, die Fotos, Links und persönliche Gedanken zu wichtigen Jahrestagen posten und zur Diskussion stellen. Und wissen Sie, was mir eben auffiel? Heute ist der 17. Juni, der 62. Jahrestag des Volksaufstandes in der ehemaligen DDR. Und niemand, kein einziger unter meinen fast 2.000 Facebook-Verpartnerten – Ehe ist das ja bisher noch nicht – hat den 17. Juni 1953 auch nur erwähnt. Irre, oder? Einst ein nationaler Gedenktag mit Festveranstaltungen, Kranzniederlegungen und Politiker-Besuchen auf den Aussichtsplatzformen an der Bernauer Straße in Berlin, heute nicht einmal mehr eine knappe Erwähnung wert. Die Linken verdrängen es, weil es uns an das Totalversagen des real existierenden Sozialismus erinnert. Und die Rechten verdrängen es, weil Fotos russischer Panzer, die gegen Deutsche rollen, so gar nicht zum harmonisierenden Ölgemälde unseres neuen hippen Kreml-Kumpels Vladi passen. Faszinierend, wie Geschichte Stück für Stück ausradiert wird. Aber auch beängstigend….




Herr Tsipras nervt nur noch

Regelmäßige Leser meiner Beiträge wissen, dass ich im Kern die Griechenland-Rettung immer verteidigt habe. Ja, die Griechen haben viele Jahre lang über ihre Verhältnisse gelebt, und ich habe auch keine Lust, das zu bezahlen. Ja, das Land hätte überhaupt nicht in die Euro-Zone aufgenommen werden dürfen. Es war eine rein politisch gewollte Entscheidung. Ja, EU und Euro-Zone haben bei der Einführung des Euro Fehler gemacht. Aber inzwischen ist viel Zeit vergangen. Mit Einführung des ESM wurden viele Fehler korrigiert. Es gibt nun bessere Möglichkeiten, zu kontrollieren und vor allem zu sanktionieren, wenn ein Land die Spielregeln nicht einhält. Das ist wichtig. Und das Rettungssystem hat ja auch bisher funktioniert. Wie viele Leute haben mir vor drei, vier Jahren erzählt, wer alles unrettbar verloren ist. Spanien zum Beispiel, Portugal oder Irland. Alle sind längst wieder im ruhigen Fahrwasser und zahlen ihre Verbindlichkeiten pünktlich und mit Zinsen zurück. Auch Griechenland hat erhebliche Anstrengungen unter der vorherigen Regierung unternommen. Massiver Stellenabbau im öffentlichen Sektor, Gehaltkürzungen um bis zu 30 Prozent für öffentlich Bedienstete, Verbesserungen im System der Eintreibung von Steuern, Verkauf von wenigstens ein bisschen Tafelsilber. Aber jeder sieht, dass es bei weitem noch nicht reicht. Und jeder weiß, dass es Jahrzehnte dauern wird, bis Griechenland seine Schulden abzahlen kann – wenn überhaupt. Die Hoffnung ist nicht groß. Grund genug also für eine griechische Regierung, zu kooperieen, ja dankbar für die großzügige Unterstützung vieler Länder zu sein, deren Regierungen dafür daheim mächtig Prügel einstecken mussten und müssen.
Doch nun regiert der fabelhafte Herr Tsipras die Hellenen, ein Mann mit mächtiger Chuzpe, wenigen Ideen und überhaupt keinem Benehmen. Die Art und Weise, wie der Mann sich gegenüber den anderen Regierungen und der EU aufführt, ist nicht tolerabel. Ein arroganter Trickser, der seinem eigenen Volk offenbar nicht die Wahrheit sagt. Der zu Verhandlungen im Stile eines Hoppla-jetzt-komme-ich erscheint und offenbar nicht die geringste Lust verspürt, ernsthaft an der Sanierung seines Landes mitzuarbeiten. Er will frisches Geld und einen Schuldenschnitt für Griechenland, alles andere interessiert ihn scheinbar nicht. Das darf er, denn sein Volk hat ihn ja gewählt. Aber das bedeutet nicht, dass EU und Euro-Länder und schon gar nicht Hauptrisikoträger Deutschland diese Schmierenkomödie mitmachen müssen. Am 28. Juni um 24 Uhr ist Feierabend, hat Bundesfinanzminister Schäuble gerade erst gesagt. Ich denke, diese Aussage sollte jetzt unverrückbar stehen. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. 70 Prozent der Griechen haben in einer aktuellen Umfrage gesagt, sie möchten den Euro behalten. Na, schön, aber dann tut auch etwas dafür. Und am Besten, ihr jagt als erstes euren Vorturner aus dem Amt. Oder wie ein bekannter Fußballtrainer es formulieren würde: Tsirpas habe fertig.




Die Wahlbeteiligung kann man leicht wieder erhöhen

CDU/CSU, SPD, Grüne, FDP und Linke haben beschlossen, etwas gegen die zunehmende Wahlverweigerung im Land zu unternehmen. Sie wollen jetzt erstmal untersuchen, warum immer weniger Menschen an Wahlen teilnehmen. Ich kann einen Beitrag zur Aufklärung leisten: Wenn man keine echte Wahl zwischen unterschiedlichen Politikansätzen und Konzepten hat, braucht man nicht mehr wählen. Ob es um die alternativlose Euro-Rettung geht, den Atomausstieg und die damit verbundene Energiewende, um die Verstaatlichung der Kindererziehung oder die Homo-„Ehe“ – egal, wen man von den genannten Parteien wählt (Linke und Euro nicht), man erhält im Grundsatz die gleiche Politik. Gestern hat die NRW-CDU die völlige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der Ehe beschlossen (immerhin ohne Adoptionsrecht, bin gespannt, ob sie das durchhalten). Mein Rat für eine bessere Wahlbeteiligung wäre also: Nicht voneinander abschreiben, sondern eigene Konzepte entwickeln und dann gegeneinander um die besten Lösungen kämpfen. Dann klappt’s auch mit der Wahlbeteiligung wieder.




Nicht unsere Feinde sind das Problem, sondern die gnadenlose Realitätsverweigerung

In der Frage, ob Deutschland für die Wiederherstellung der staatlichen Souveränität der Ukraine in den Krieg ziehen würde, herrscht quer durch alle politischen Lager und gesellschaftlichen Millieus Einigkeit. Nein, niemand von uns würde für die Ukraine in den Krieg ziehen, und müsste es auch nicht, denn das gebeutelte Land gehört nicht zum westlichen Bündnis, der NATO. Aber bereits vor einigen Wochen habe ich an dieser Stelle einmal die Frage aufgeworfen, ob wir bereit wären, in den Krieg zu ziehen, um zum Beispiel die baltischen Staaten im Falle eines Angriffs zu verteidigen. Meine Antwort war Nein, und sie hat nun dramatische Bestätigung erhalten. Eine aktuelle Umfrage ergab jetzt, dass 58 Prozent der Deutschen der Meinung sind, auch wenn ein anderes NATO-Land angegriffen würde, sollten wir nicht militärisch eingreifen. Das ist ein Offenbarungseid und belegt schonungslos, dass wir Deutschen aus dem Zweiten Weltkrieg eben nichts gelernt haben. Die Erziehung zu einem Volk, in dem sich Mehrheiten lieber mit Mülltrennung, Gartenzäunen und Homo-„Ehe“ beschäftigen, als den eigenen Selbsterhaltungstrieb und die Solidarität mit anderen zu pflegen, ist beispiellos in der Geschichte.
Nun mag der ein oder andere denken: Ist doch gut und richtig, wenn wir uns schwer damit tun, mit Panzern auszurücken und singend in die Schlacht zu ziehen. Ja, das ist gut, nichts liegt mir ferner als Hurra-Patriotismus und „Germans to the front“-Geschrei. Aber wir reden hier davon, dass eine Mehrheit offenbar inzwischen bereit ist, sich wem und was auch immer zu unterwerfen, wenn man nur nicht kämpfen muss. Besetzt uns, plündert uns aus, nehmt Euch, was ihr wollt, aber lasst uns bitte die gesetzliche Krankenversicherung, die Umwelt-Plakette und das „Dschungelcamp“ auf RTL! Die Umfrageergebnisse sind umso schlimmer, als die Deutschen mit ihrer Haltung Schlusslicht in der NATO sind. Unsere europäischen Partner im Osten und Westen, Amerikaner und Kanadier sowieso, sind abwehrbereiter und solidarischer. Und nahezu grotesk wird es, wenn 56 Prozent der Befragten in Deutschland sagen: Wenn ein NATO-Land angegriffen wird, sollen die USA auf jeden Fall militärisch zur Hilfe kommen. Also: Wenn es wirklich ernst wird, erwarten wir, dass die Amis kommen und helfen. Wir selbst warten so lange im Keller, bis alles vorbei ist. Und wenn wir wieder rauskommen, demonstrieren wir gegen diese bösen, kriegslüsternen Amerikaner.
Mich ekelt eine solche Haltung an, und ich meine das wörtlich. Unser Wohlstand und unsere sozialen Sicherheiten und all‘ die Lappalien und Idiotien, mit denen sich die Politik hierzulande oftmals beschäftigt – alles das beruht auf dem Grundprinzip Freiheit. Vielleicht sollte das mal wieder ein Lehrer in der Schule oder ein Professor in der Universität oder sogar ein meinungsführendes Medium deutlich aussprechen. Selbst die Ostermarsch-Hanseln, die Jahr für Jahr Bratwürste gegen Bundeswehr und USA grillen, können das nur tun, weil genau die ihre (Meinungs-)Freiheit sicherstellen.
Doch es kommt ein zweiter Aspekt hinzu. Neben dem Unwillen einer Mehrheit, unsere Freiheit und meinetwegen unseren Wohlstand im Ernstfall zu verteidigen, kommt offenbar eine hanebüchene Unfähigkeit hinzu. Jeder Zeitungleser weiß inzwischen, dass die militärischen Fähigkeiten unserer Armee offenbar einer ernsthaften Herausforderung nicht gewachsen sind. Damit meine ich ganz ausdrücklich nicht unsere Soldaten, also die schrumpfende Zahl junger Männer und Frauen, die bereit sind, für wenig Geld und reichlich Verachtung mit ihrem Leben für unsere satte, prinzipienlose und feige Gesellschaft einzustehen. Ich rede von Transportflugzeugen, die nicht bereit stehen, von Schnellfeuergewehren, die bei Wärme nicht mehr treffen, von Drohnen, die nicht starten dürfen, von Kampfflugzeugen, die nicht einsatzbereit sind, von Marine-Hubschraubern, die nicht über Wasser fliegen können, und, und, und…. Was macht eigentlich Frau von der Leyen beruflich? (natürlich muss bei dieser Frage auch ihr Amtsvorgänger genannt werden und dessen Amtsvorgänger auch)
Man könnte die Liste des Grauens ausdehnen auf weitere Bereiche. Das Handy der Bundeskanzlerin wurde von einem US-Geheimdienst abgehört. Und nun legt ein Hackerangriff das komplette Netzwerk des Deutschen Bundestages lahm. Alle Daten liegen offen, der Angriff läuft weiter und kann von unseren Herrschaften im IT- und Sicherheitsbereich offenbar nicht aufgehalten werden. Schon ist die Rede davon, dass 20.000 Rechner ausgetauscht und ein komplettes Netzwerk neu angelegt werden muss. Das kostet Millionen und dauert wahrscheinlich Monate, in denen es effektive Geheimhaltung wohl nur noch für Abgeordnete gibt, die irgendwo im Keller eine alte Kugelkopfschreibmaschine stehen haben. Nicht der Angriff ist der Skandal, so etwas passiert ständig, fragen Sie einmal deutsche Banken! Und niemand erwartet, dass jetzt ein Botschafter einbestellt oder ein Untersuchungsausschuss eingerichtet wird, denn der Angriff kommt, wie man aus gewöhnlich gut unterrichteten Quellen hören kann, wohl aus Russland, und die sind ja jetzt angeblich unsere tollen, neuen Freunde. Nein, der Skandal ist die völlige Unfähigkeit dieses Landes, derartiges zu verhindern. „Nationales Cyber Abwehrzentrum“ klingt geil, oder? Was machen die, was können die? Die Linke im Bundestag will nicht, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz im Fall des Hackerangriffs hinzugezogen wird. Ja, wofür haben wir den dann? Was kommt morgen? Diskutieren wir dann über den CO2-Ausstoß bei Hackerangriffen oder Elektro-Autos für James Bond? Man könnte irre werden angesichts der Realitätsverweigerung, die in diesem Land – Volk ebenso wie Regierende – herrscht.
Niemand, der wenigstens halbwegs bei Verstand ist, will Krieg führen. Wäre ich begeistert, wenn einer meiner Söhne später Soldat werden möchte? Wohl nur verhalten, wenngleich ich es akzeptieren würde. Nicht, dass er seinem Land dienen möchte, würde mich stören, sondern dass er es für ein Land tun müsste, dessen Bevölkerung den Wert eines solchen Dienstes schlicht ignoriert, und dessen Regierende unwillig oder unfähig sind, die Sicherheit Deutschlands und seiner Verbündeten überzeugend zu organisieren.




Warum soll man sich denn anstrengen?

Gespräch mit dem Leiter eines der nach PISA-Erfordernissen besten Gymnasien Nordrhein-Westfalens. Er erzählt mir, dass seit Bekanntwerden der hohen Leistungsstandards seiner Schule die Zahl der jährlichen Neuanmeldungen stagniert. Viele Eltern würden nämlich sagen: Da werden unsere Kinder zu sehr gefordert, auf der Schule ist es zu anstrengend – und melden ihre Kinder dann auf Schulen an, wo es vermeintlich leichter ist, einen Abschluss zu erhalten. Eine kleine Geschichte, die ich Ihnen erzähle, weil sie symptomatisch für den Zustand unseres Landes ist. Ja, es geht uns gut, besser als den allermeisten Menschen auf diesem Planeten. Deutschland brummt, die Wirtschaft schreib Rekordumsätze und Gewinne. Aber offenbar ist einem großen Teil der Bevölkerung gar nicht klar, was die Grundlagen unseres Wohlstands sind: Wissen und Fleiß. Wenn das nicht mehr gepflegt wird, ist es irgendwann vorbei mit diesem Lebensstandard. Und dann wird das Gejammer groß sein, größer noch als heutzutage im bereits jetzt schlechtgelauntesten Volk der Erde.