Günther Jauch hört auf – schade

Die sonntäglichen Fernsehdiskussionen mit Günther Jauch enden zum Jahresende 2015. Das wurde soeben bekannt. Nach vier Jahren wird dann wahrscheinlich jemand anders diesen angestammten Sendeplatz nach dem „Tatort“ als Talkmaster(in) der Nation übernehmen. Auch wenn es noch zu früh für einen Nachruf ist und auch, wenn viele Menschen diese Form des Meinungsaustausches nicht mehr sehen können und wollen: Ich finde es schade. Günther Jauch hat es meistens gut gemacht, unaufgeregt. Er hat seine Gäste zu Wort kommen lassen, er hat nur sehr selten den moralischen Zeigefinger erhoben. Meistens hatte man den Eindruck, es interessierte ihn wirklich, was sein Gegenüber zu sagen hatte. Klar, es gab Tiefpunkte – für mich war das eine Sendung mit dem katholischen Publizisten Martin Lohmann. Aber es gab auch sehr gute Sendungen, etwa eine zum Thema Auschwitz, die mir noch in guter Erinnerung ist. Und ob es Herr Ponader von den „Piraten“ war oder Frau Oertel von der Gilde der Verschwörungstheoretiker(innen) – sie konnten sagen, was sie wollten, ohne ständig unterbrochen zu werden. Jauchs Sendung wurde von der Profi-Kritik regelmäßig verrissen, vom linken Mainstream sowieso. Was ist dieser Kerl so normal? Warum lässt er seine Gäste einfach ausreden? Doch seine Einschaltquoten waren top. Wenn die politischen Debatten der Republik schon vom Parlament ins Fernsehen verschoben worden sind, dann ist es gut, wenn sie wenigstens zivilisiert ausgetragen werden. Und das kann man von den anderen Sendungen dieses Genres beileibe nicht immer sagen.




Annegret und die Schmuddelkinder

Ich kann nicht sagen, was mich in dieser Woche mehr überrascht hat: der Rücktritt vom ewigen FIFA-Boss Sepp Blatter vier Tage nach seiner erneuten Wahl in dieses Amt, oder die Aussage der saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer zur Forderung nach der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zur Ehe. Die CDU-Politikerin lehnte in einer Eindeutigkeit die sogenannte Homo-„Ehe“ und ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare ab, dass es mir kurz den Atem verschlug. Zum einen, weil nach der Aufforderung von Präsidiumsmitglied Jens Spahn am Vortag, doch die Lesben und Schwulen nicht weiter zu verärgern, alles darauf hindeutete, dass die CDU das nächste Umfallen strategisch vorbereitete. Zum anderen, weil Frau Kramp-Karrenbauer – kurz AKK – stets zum liberalen Flügel einer spürbar sozialdemokratisierten Union gezählt wird. Damit ist es nun wohl vorbei. Liebe Frau Ministerpräsidentin: Willkommen im Kreis der Schmuddelkinder, willkommen bei den homophoben Rechtspopulisten! Bereits unmittelbar nach Bekanntwerden ihres Interviews in der Saarbrücker Zeitung ergoss sich der inzwischen unvermeidliche „Shitstorm“ über ihr aus, auf ihrem Facebook-Profil ebenso wie beim Shitstorm-Medium Nummer 1, auch Twitter genannt. Die Freunde der Toleranz zogen alle Register, beschimpften und beleidigten die Politikerin, übelster Sexismus inklusive. Ja, wenn es um Toleranz geht, kennen sie keine Gnade, da wird auf jeden, der auch Toleranz einfordern könnte, draufgehauen, dass die Schwarte kracht. Jeder, der – und sei es noch so feinfühlig und sachlich begründet – gegen die Gleichstellung argumentiert, kennt das und hat es schon erlebt. Dieses Mal hat es allerdings eine andere Qualität, denn AKK ist gewählte Ministerpräsidentin eines Bundeslandes. Sie kann man nicht ohne weiteres zur Aussätzigen und zum Paria erklären, wie das ja sonst bei Konservativen und Christen immer so wunderbar klappt. Rechtspopulist, Fundamentalist, Homphob – Klappe zu, Affe tot. Mit Annegret Kramp-Karrenbauer hat die Diskussion um die Homo-„Ehe“ noch einmal an Fahrt aufgenommen und eine – wie ich meine – im Grundsatz richtige (über Formulierungen oder Vergleiche kann man immer streiten) Haltung auf die etablierte Agenda gefunden. Dafür bin ich ihr dankbar, egal, in welcher Partei sie ist und für welche Politik sie sonst steht.




Der Berg ruft

Der G7-Gipfel, also das Treffen der Staatschefs der führenden Wirtschaftsnationen die Welt, findet am Wochenende im malerischen Elmau im noch malerischeren Bayern statt. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel empfängt ihre Kollegen Barack Obama (USA), Francois Hollande (Frankreich), Matteo Renzi (Italien), David Cameron (Großbritannien) Stephen Harper (Kanada) und Shinzo Abe (Japan) in angemessenem Rahmen, auch wenn sich im Internet wieder das übliche Rumgenörgel über das Ambiente findet, so als wäre es am besten, wenn die Staatschefs dort oben zelten und jeder ein paar Dosensuppen fürs leibliche Wohl selbst mitbringt. Der ein oder andere sozialdemokratische Ex-Kanzler liefert zusätzliche Begleitmusik, in dem der Ausschluss des russischen Möchtegern-Imperators Wladimir Putin beklagt wird. Helmut Schmidt, zum Beispiel, analysierte zwischen zwei Lungenzügen, Putin fühle sich beleidigt. Na und? Wenn er seine Waffen und Söldner aus der Ostukraine abzieht und die Krim wenigstens für eine völkerrechtlich akzeptable Autonomie-Entscheidung wieder aus Russland ausgliedert, wird der Westen schon dafür sorgen, dass sich seine Laune wieder aufhellt. Aber einfach zur Tagesordnung übergehen, wenn russische Soldaten mit russischen Waffen in der Ukraine auf Ukrainer schießen? Das geht überhaupt nicht.

Themen haben die Staatschefs auch ohne Putin in Hülle und Fülle, angefangen von der endlosen Griechenland-Posse über das Freihandelsabkommen TTIP mit den Vereinigten Staaten, das Flüchtlingsdrama im Mittelmeer, die NSA-Abhörpraktiken und die Folgen für die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terror. Langweilig wird den Herrschaften bei ihrem rund 30-stündigen Treffen sicher nicht. Bleiben Aufwand und Kosten. 17.000 Polizisten sollen das Gipfeltreffen sichern, im benachbarten Österreich stehen weitere 2.000 bereit. Ein 4,5 Quadratmeter großer Sicherheitsbereich um Schloss Elmau ist mit einem bis zu drei Meter hohen Zaun abgesperrt, eine Flugverbotszone von 55 Quadratkilometer wurde eingerichtet, 30 Hubschrauber stehen ebenso bereit wie Zellen für 200 mögliche Häftlinge. 150 Millionen Euro kostet das Spektakelt angeblich, wobei ich bei solchen Berechnungen immer zur Vorsicht und zum genauen Hinschauen rate, was da so summiert wird. Die 17.000 Polizeibeamten, um ein Beispiel zu nennen, werden ja nicht für die G7 eingestellt. Sie sind sowieso angestellt und bekommen ihr Gehalt, auch wenn sie Merkel und Obama nicht schützen müssten. Aber geschenkt, das Gipfeltreffen kostet viel Geld, keine Frage.

Und deshalb meldet sich auch Volkes selbsternannte Stimme zu Wort. Wie schlimm steht es um diese Demokratie, wenn man Regierungschefs mit so großem Aufwand vor ihrem Volk schützen muss, las ich im Internet. So viele Millionen, um sieben Leute zu bewachen. Können die sich nicht einfach irgendwo auf einem Flugzeugträger treffen, schrieb jemand anders. Klar, klingt ja auch gut: die da oben verprassen die Millionen, und wir hier unten hungern und versinken im Elend. Klingt immer toll, hat aber mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Nicht nur sieben Statschefs kommen zu dem Gipfel zusammen, sondern alles in allem rund 7.000 Delegationsmitglieder – eine ganze Menge, allerdings nur ein Drittel der Teilnehmerzahl der alljährlichen nutzlosen Welt-Klimakonferenz. Und es wohnen auch noch Menschen, da rund um Schloss Elmau. Angesichts der tausenden Demonstranten, auch und besonders aus dem linksextremistischen Spektrum ganz Europas, fürchten viele Menschen Zustände, wie zuletzt rund um die EZB-Zentrale in Frankfurt. Nicht „das Volk“ fürchten die Staatschefs, sondern den gewalttätigen linken Pöbel, der international bestens vernetzt, offenbar finanziell gut ausgestattet, zu jedem G7-Treffen anreist. Das trägt man sich früh in Outlook ein und bucht günstige Flüge, damit man auf jeden Fall mit von der Partie ist, wenn Steine und Molotowcocktails geworfen, Zäune niedergerissen, und Polizisten angegriffen werden. Einmal in jedem Jahr spielen die Irren der Welt Revolution. Sie sind es, die diesen ganzen Aufwand nötig machen. Sie allein.




114.077 Mal Danke!

Liebe Leserinnen und Leser,

in den rund neun Monaten seid Gründung dieses Blogs haben – Stand heute – 114.077 Menschen hier Beiträge gelesen. Manche waren nur zu einem Thema da, viele kommen immer mal wieder, andere fast täglich. Dafür meinen herzlichen Dank. Es zeigt sich, dass es tatsächlich eine erhebliche Nachfrage nach politisch unkorrekten Ansichten in Deutschland gibt, die aus der berühmten Mitte der Gesellschaft geäußert werden. Das Potential, davon bin ich überzeugt, ist noch weit größer. Vielleicht auch noch interessant aus der aktuellen Analyse: Diesen Blog lesen mehr Männer (54%) als Frauen (46%) und vor allem eher jüngere Leute. 61 Prozent der Besucher waren jünger als 34 Jahre, nur 11 Prozent älter als 55. Leider ist das Konzept Freiwilligkeit bei der Finanzierung eher ein Fehlschlag. Ich möchte deshalb ganz besonders denjenigen von Ihnen danken, die mit Einmal-Spende oder Dauerauftrag einen Beitrag geleistet haben. Vielleicht drückt ja der ein oder andere meiner Leser nun doch nochmal auf die orangefarbene Leiste auf der Startseite und hilft auch noch ein wenig mit?

Herzliche Grüße und vergelt’s Gott!

Ihr Klaus Kelle




Wie der Faktor „Jeföhl“ die Konservativen endgültig erledigte

Versucht man, mit einem Kölner über den bisweilen trostlosen Zustand seiner Stadt zu sprechen, kommt früher oder später der Hinweis, dass die Domstadt a) die schönste Stadt der Welt und b) „Kölle en Jeföhl“ sei. Ja, „en Jeföhl“. Während also der eine mit Schulden, Kriminalität, Schmutz, einstürzenden Stadtarchiven oder jüngst falsch ausgezählten Stimmzetteln anfängt, redet der andere davon, wie schön es „im Veedel“ ist, wo „wir all he hinjekumme“ sind. Manchmal bewundere ich die Ur-Kölner sogar für ihre einzigartige Fähigkeit, aus lokalem Patriotismus die Wirklichkeit komplett auszublenden. Problematisch wird es, wenn das „Jeföhl“ in Deutschland den politischen Diskurs bestimmt.
Während man oft schon bei leiser Erwähnung der Probleme mit der Integration von Menschen aus anderen Kulturen in unsere Gesellschaft als Rechtsaußen gebrandmarkt wird, haben wir ein gutes „Jeföhl“ jeden erst einmal aufzunehmen und selbst, wenn er oder sie als Asylbewerber abgelehnt worden sind, bei uns im Land zu behalten. Wir haben sogar ein gutes „Jeföhl“, wenn die Landschaft mit Unmengen von subventionierten Windkraftanlagen verschandelt wird, wenn man dafür Schneisen in die Wälder schlägt, damit das bisschen Wind die Flügel erreicht und gleichzeitig ganze Vogelarten vom Himmel gemetzelt werden, denn wir haben auch das „Jeföhl“, dass die an sich saubere und wirtschaftliche Kernenergie ganz gefährlich ist (was außer uns in Deutschland allerdings niemanden davon abhält, Atomkraftwerke zu bauen – derzeit weltweit rund 90 neue). Und beim Streit um die Homo-„Ehe“ ist das „Jeföhl“ besonders doll. Nie wurde mir das so deutlich, wie gestern Abend am Radiogerät. Im WDR gab’s eine Diskussion über die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der traditionellen Ehe aus Mann und Frau. Meine Frau durfte mitdiskutieren und versuchte darzulegen, was es mit dem Artikel 6 unseres Grundgesetzes auf sich hat, in dem die Ehe privilegiert und als besonders schutzwürdig definiert wird. Und dazwischen las der Moderator ungerührt zahlreiche postings aus dem Forum vor, postings über das „Jeföhl“. Wenn sich Menschen doch lieben, wenn sie zärtlich und füreinander da sind, wenn sie sich ewig treu sind, was ist dann schlecht daran, fragten Hörer um Hörer. Nichts, ist die einfache Antwort. Nur: darum geht es gar nicht bei dieser ganzen Debatte. Natürlich können Homosexuelle genauso lieben, auch genau so hingebungsvolle Eltern sein, wie Heterosexuelle. Wer bestreitet das? Das Thema heißt demografischer Wandel, das Thema heißt Förderung der Beziehung, aus der Kinder hervorgehen KÖNNEN. Das Thema heißt Öffnung der Ehe auch für weitere Formen des Zusammenlebens. Wenn Ehe auch anders als bisher definiert werden darf, mit welchem Recht will man etwa einem Muslim mit zwei oder drei Frauen den Status als Ehe in diesem Land noch verweigern? Wenn sie sich doch lieben, zärtlich und immer füreinander da sind, um nur ein Beispiel zu nennen. Die Diskussion wird völlig am Thema vorbei geführt, „Jeföhl“ ist wichtiger als Ratio. Fragte man früher bei politischen Debatten, warum dies oder das entschieden werden soll, sind wir inzwischen in vielen Bereichen beim – ich bleibe mal in Köln – „woröm denn nit“? Warum sollen denn Kinder nicht wählen dürfen? Warum soll man denn nicht nackt durch die Fußgängerzone laufen dürfen? Warum sollen Priester denn nicht heiraten? Warum soll man nicht Kiffen dürfen? Und so weiter…. Man kann das alles sachlich beantworten, aber viele wollen es gar nicht hören, wenn bloß das „Jeföhl“ stimmt.
Das bringt mich noch zu einem anderen Gedanken. Vor einigen Monaten schrieb ein Facebook-Freund (oder -Freundin) einen Satz, der mir seither nicht mehr aus dem Kopf gegangen ist. Und der hieß: „Konservative verlieren immer.“ Ich habe immer mal wieder darüber nachgedacht, ob das tatsächlich so ist, vielleicht sogar so sein muss. Aber mir fallen viele Beispiele aus der Vergangenheit ein, wo das nicht so war. Es wurde damals mit harten Bandagen und guten Argumenten gekämpft. Mal haben die einen Recht gehabt und gewonnen (Willy Brandt zum Beispiel mit seiner Politik der Öffnung nach Osten), mal haben die anderen Recht gehabt und gewonnen (Reagan, Thatcher, Schmidt und Kohl mit der NATO-Nachrüstung). Doch inzwischen gibt es das nicht mehr. Der Grund ist meines Erachtens der Faktor „Jeföhl“. Argumente spielen kaum noch eine Rolle. Drängen sie sich auf, werden sie als rechtspopulistisch, fundamentalistisch oder was-auch-immer-phob aus dem Diskurs geschossen. Und die Strategie ist erfolgreich, denn inzwischen verlieren die Konservativen in Deutschland immer.




Vergessen Sie nicht Ihren Schaumstoffring um den Kopf!

Und weiter geht’s mit der Vollkasko-Republik. Ab 1. Juni tritt eine neue Verordnung in Kraft, die sich das Bundesarbeitsministerium von Andrea Nahles (SPD) ausgedacht hat. In einer „Betriebssicherheitsverordnung“ wird festgelegt, dass nur noch geschultes Personal die historischen Umlaufaufzüge benutzen darf. Alle anderen bitte auf Treppe oder einen modernen Lift umsteigen! Die deutsche Politik arbeitet in Bund und Land weiter mit Hochdruck daran, uns vor uns selbst zu schützen. Sicher erinnern Sie sich noch an den „Veggie Day“, der Gott sei’s gedankt, bisher nicht vorgeschriebene Realität ist, aber dennoch von besonders fortschrittlichen Einrichtungen schon mal eingeführt wurde. Schließlich weiß man doch, was gut für uns ist. Wir sollen kein Fleisch essen. Oder noch besser: Gar nichts mehr vom Tier. Wir sollen auch nicht rauchen, selbst da, wo wir nur und ausschließlich unter Rauchern sind und uns treffen, um zu rauchen. Natürlich sollen wir Energie sparen, und wer im eigenen Garten ein Feuer ohne Erlaubnis anzündet, hat schnell die Polizei vor der Haustür. Apropos Garten: Wer im eigenen Garten einen Baum fällen möchte, muss vorher beim Amt fragen. Wer das nicht macht – Bußgeld. Wer das doch macht, bekommt die Anweisung, was dafür an welcher Stelle neu zu pflanzen ist. Ja, der Staat weiß, was gut für uns ist. Er sagt uns, dass wir Energie sparen müssen und auch wie oder was es andernfalls kostet. Er sagt uns, dass wir uns anschnallen müssen oder wenigstens einen Helm aufsetzen, wenn wir aus dem Haus gehen – könnte ja mal irgendwo irgendetwas runterfallen. Oder wir selbst um-, etwa mit dem Fahrrad. Und nun sagt er uns, dass wir ohne entsprechenden Führerschein nicht mehr Paternoster fahren dürfen, weil es zu gefährlich ist. Was kommt als Nächstes? Ich schlage vor: Grillen nur noch im feuerabweisenden Ganzkörper-Schutzanzug. Spielen auf dem Kinderspielplatz nur noch vorschriftsmäßig mit Schutzhelm und Schienbeinschonern. Und wer in Bürogebäuden mit viel Glas arbeitet, bitte immer einen großen Schaumstoffring um den Kopf tragen, damit sich keiner verletzt, wenn er mal gegen eine Glastür läuft. Wenigstens wollen sie uns jetzt das Kiffen erlauben….

Zur Paternoster-Groteske empfehle ich denjenigen unter Ihnen, die gern herzlich lachen, einen schönen Text aus dem Blog Ruhrbarone. Sie finden ihn hier




Keine Entschuldigung

Nun hat sich Kölns Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki also endlich auch mal entschuldigt. Für einen Artikel der Kölner Kirchenzeitung zum Thema Homo-„Ehe“. Und in der vergangenen Woche hat sich die Redaktionsleitung des „Westfalen-Blatt“ für eine Kolumne entschuldigt. Zum Thema Homo-„Ehe“. Und heute ….werde ich mich nicht entschuldigen, denn man darf in einem freien Land gegen die Gleichstellung mit der traditionellen Ehe aus Mann und Frau sein, ohne sich dafür entschuldigen zu müssen.




Kriegsende, Mondlandung und Homo-Ehe

Ist der Hunger auf der Welt besiegt worden? Hat Nordkorea seine Grenzen geöffnet? Sind wieder Flüchtlinge im Mittelmeer vor dem Ertrinken gerettet worden? Wurde endlich ein zuverlässiger Impfstoff gegen Ebola entdeckt? Hat der IS die Waffen niedergelegt? Ich behaupte: selbst wenn, könnte die mediale Begeisterung nicht größer sein als heute, denn – setzen Sie sich hin und halten Sie sich fest – in Irland wird die „Homo-Ehe“ zugelassen. Und nicht nur das, sondern sogar mit mehrheitlicher Zustimmung in einer Volksabstimmung. Schon schreiben erste Kommentatoren hierzulande von einem unerwarteten Erfolg in einem „erzkatholischen Land“, was allerdings ein Paradoxon ist, denn wenn Irland tatsächlich „erzkatholisch“ wäre, hätte es keine Mehrheit gegeben. Aber lassen wir das. Die Schlacht um die Zulassung der „Homo-Ehe“ ist geschlagen, übrigens nicht nur in Irland, sondern überall im Westen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis man auch in Deutschland irgendeinen Dreh finden wird, den das Verfassungsgericht dann salomonisch abnickt. Sei’s drum. Wenn die Mehrheit das will, sollen sie es haben. Demokratie nennt man das. Was mich gerade aber sehr belustigt, ist der Medienhype, der heute Vormittag eingesetzt hat. Dieser unbeholfene und durchsichtige Versuch, ein an sich wenig bedeutendes Ereignis, wie eine Volksabstimmung in Irland, zur wichtigesten Nachricht des Tages hochzujazzen. Hauptsache, das Thema passt. Schon fünf Mal hat es in Irland den Versuch gegeben, per Volksabstimmung Abtreibungen zu legalisieren. Fünf Mal lehnten die Iren das ab. Können Sie sich erinnern, dass das mal Aufmacher in Spiegel, Welt und Süddeutscher war? Wer wissen möchte, was Medienkritiker mit „Mainstream“ bezeichnen, bekommt am heutigen Tag allerbestes Anschauungsmaterial.




Dieses Thema darf nicht einfach so wieder verschwinden

Im Berliner Landesverband der Grünen, der Alternativen Liste, hat es in den 80er und 90er Jahren eine große Zahl von Fällen sexuellen Missbrauchs an Kindern gegeben. Das sage nicht ich, sondern das dokumentiert ein Bericht, der im Auftrag der Partei erstellt und in dieser Woche veröffentlicht wurde. Das Entsetzen bei der Alternativen Liste ist groß. Landeschefin Bettina Jarasch entschuldigte sich bei den Opfern von einst und sagte: „Wir schämen uns für das institutionelle Versagen unserer Partei.“ Die Alternative Liste in Berlin habe jahrelang mindestens zwei strafrechtlich verurteilte Pädosexuelle in ihren Reihen geduldet. Zwei? Inzwischen sind weitere Details bekanntgeworden über das Millieu, in dem sich die Missbrauchsfälle ungestört entwickeln konnten. Über das Kinderladensystem, besonders eine Einrichtung in Kreuzberg wird immer wieder genannt, über die sogenannten „Stadtindianer“, die regelmäßig grüne Parteitage chaotisierten und Ausreißer beherbergten, die u. a. straffreien Sex für Minderjährige mit Erwachsenen forderten, so lange es „einvernehmlich“ geschehe. Sozialarbeiter und Erzieherinnen schauten weg oder – wenn sie doch einmal wagten, ihre Vorgesetzten zu informieren – wurden abgebügelt. Oberstes Gebot in der Szene, so erzählte in dieser Woche eine, sei gewesen, „auf keinen Fall mit den Bullen zusammenzuarbeiten“. Das Wohl der Kinder stand hintenan.

Wie viele Opfer es insgesamt waren, ist nicht offiziell bekannt. Thomas Birk, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, sprach im März von „bis zu 1000 Opfern“ sexueller Gewalt. Am Mittwoch relativierte er, diese Zahl sei „rein spekulativ“. Aber er sagte auch: „Die Schwulen-AG unserer Partei war bis 1993 mehr oder minder ein Pädo-Bereich.“ Das sind Worte, die man erstmal sacken lassen muss. Der aktuelle Bericht kommt für die grüne Bundespartei vermutlich ungelegen, denn im November 2014 hatte sie schon einen Bericht des Parteienforschers Franz Walter vorgestellt, in dem eingeräumt wurde, dass es in den Gründerjahren der Öko-Partei politische Beschlüsse gegeben hatte, die von Pädophilen initiiert wurden. Unvergessen sind in diesem Zusammenhang auch Zitate von bekannten Politikern der Partei wie Daniel Cohn-Bendit, die er nach öffentlichen Vorwürfen als „Provokation“ und „große Dummheit“ darstellte. Er habe niemals Kinder missbraucht, verteidigte sich Cohn-Bendit, eine Aussage, die sowohl von Eltern als auch von einst von ihm betreuten Kindern öffentlich bestätigt wurde.

Was heute auffällt, ist, wie zurückhaltend die meisten der meinungsführenden Medien in Deutschland die aktuell bekanntgewordenen Vorgänge behandeln. Der Berliner „Tagesspiegel“ ist die große positive Ausnahme. Das Blatt berichtet umfangreich und journalistisch top, so, wie es diesem Skandal angemessen ist. Und das ist auch der Grund, warum ich heute über dieses Thema schreibe. Der Missbrauch von Kindern im nahen Umfeld der Berliner Grün-Alternativen darf jetzt nicht innerhalb von zwei Tagen zu einer Nebensächlichkeit auf den hinteren Seiten der Gazetten rutschen, um dann kommende Woche ganz vergessen zu werden. Nun muss die Aufklärungsarbeit erst richtig beginnen. Die Opfer müssen gefunden werden, es muss geklärt werden, in welchem sexualisierten Politikumfeld diese Taten geschehen konnten. Was ist das für eine politische Bewegung gewesen, in der die Abneigung gegen Staat und Polizei schwerer Wog als das Leid zahlreicher Kinder? Da sind noch längst nicht alle Fragen beantwortet. Da muss auch die – an den damaligen Geschehnissen gänzlich unbeteiligte – Parteispitze das Gespräch mit Opfern und Beteiligten suchen. Und ja, da muss auch das Thema Entschädigungshilfen auf den Tisch.

Sie erinnern sich, als vor fünf Jahren die schrecklichen Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche bekannt wurden? Das war Titelseiten-Thema für Wochen. Runde Tische wurden eingesetzt, Parlamente diskutierten über die Vorgänge, Papst Benedikt traf sich mit Missbrauchsopfern. Es wurde entschuldigt, es gab Telefon-Hotlines, bei denen sich Betroffene melden konnten, und es wurden in Deutschland und weltweit erhebliche Entschädigungszahlungen für erlittenes Unrecht ausgezahlt. Immer noch ein Tropfen auf den heißen Stein, könnte man sagen. Wahrscheinlich. Wie viel Geld kann die psychischen Schäden bei Missbrauchsopfern überhaupt wieder heilen? Niemand prügelte seinerzeit so massiv auf die Katholische Kirche als Gesamtheit ein, wie die Grünen.

Der Zölibat sei schuld, die Kirche müsse sich nun der modernen Zeit öffnen und dürfe kein abgeschotteter Männerclub mehr bleiben. Kaum ein Spitzengrüner, der seinerzeit nicht genau wusste, was die Kirche nun tun müsse. Die unnachahmliche Claudia Roth zeigte sich „erschrocken“ über die „Unfähigkeit der katholischen Kirche, mit dem Missbrauchsskandal angemessen umzugehen“. An ihren Taten sollt Ihr sie erkennen, und an ihren Worten sollt ihr sie messen. Liebe Grüne, nun zeigt der Republik, wie man einen solchen Skandal anständig und offen bewältigt!

Noch ein Nachtrag: Nach offiziellen Statistiken werden jedes Jahr in Deutschland rund 300.000 Kinder sexuell missbraucht. Man geht von einer hohen Dunkelziffer aus. Nur ein minimaler Teil der Fälle findet in und um Parteien, Kirchen oder Vereinen statt. In über 90 Prozent der Fälle stammen die Täter aus der eigenen Familie oder dem Verwandten- und Bekanntenkreis.




Warum verdient man mehr, wenn man streikt, als wenn man arbeitet?

Nun wird also geschlichtet. Die GdL hat ihren Streik, den neunten in der aktuellen Auseinandersetzung, beendet. Wieviel Schaden sie für Kassen und Ansehen der Bahn hinterlassen hat, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Aber festzustellen bleibt: Herr Weselsky und seine Kleingewerkschaft haben ihr Ziel erreicht. Die GdL bekommt eine Extrawurst, sie entscheidet unabhängig, ob sie Tarifvereinbarungen zwischen Bahn und der weitaus größeren Gewerkschaft EVG akzeptiert…oder eben nicht. Darum ging es, alles andere war nur lautstarke Begleit-Tamtam. Und als Freund freier Gewerkschaften stellt sich mir schon die Frage, ob das Streikrecht, das einstmals geschaffen wurde, um den Arbeitnehmerorganisationen eine starke Waffe gegen die Arbeitgeber bei Tarifauseinandersetzungen in die Hand zu geben, für so eine Auseinandersetzung zwischen zwei Gewerkschaften ein akzeptables Mittel sein darf. Was die GdL vorgemacht hat, könnte ja durchaus auch ein Beispiel geben, wie sich zukünftig auch andere kleine Gewerkschaften in Szene setzen könnten. Ist das wirklich im Sinne der Arbeitgeber? Oder würde eine solche Entwicklung den florierenden Wirtschaftsstandort Deutschland irgendwann belasten, ja schädigen? Ich kann mich noch daran erinnern, wie in den 80er Jahren eine Vielzahl von Kleingewerkschaften die Wirtschaft in Großbritannien lähmte. Irgendwer streikte in den großen Firmen immer. Ein unhaltbarer Zustand, den dann Margret Thatcher mit Brachialgewalt beendete, was ihr den Titel „Eiserne Lady“ einbrachte.

Nun wird analysiert und kommentiert, und wir alle werden sehen, wie sich die Dinge weiterentwickeln. Aber ich möchte noch einen eigenen zaghaften Einwurf wagen. Ein Freund, der sich mit Arbeistrecht viel besser auskennt als ich, macht mich gestern darauf aufmerksam, dass Streikgeld nicht versteuert werden muss und auch nicht zu den Sozialabgaben herangezogen wird. Ich konnte das erst gar nicht glauben. Streikgeld – das ist, was die Gewerkschaften ihren Mitgliedern als Ersatz für Gehaltausfälle während eines Streiks zahlen. Bei der GdL waren es zuletzt 100 Euro am Tag. Netto. Das schafft die absurde Situation, dass ein streikender Lokführer mehr Geld auf die Hand bekommt, wenn er mit einem Fähnchen vor dem Bahnhof steht, als wenn er einen Zug bewegt. Ich habe das dann mal nachgeblättert und tatsächlich: Der Bundesfinanzhof hat am 24. Oktober 1990 entschieden, dass „Streikunterstützungen“ keine Lohnersatzleistungen sind und ergo weder der Einkommensteuer noch dem sogenannten Progressionsvorbehalt unterliegen. Und sozialversicherungspflichtig sind sie auch nicht. Verstehen Sie das? Ich nicht. Schon gar nicht in einem Land, in dem Teile der Politik – Beispiel Erbschaftssteuer – sonst auch mit Doppelbelastungen beim Steuerkassieren nicht zimperlich sind.