Unsere Kultur wird verscherbelt

Money makes the world go round – das ist wahrlich keine neue Erkenntnis. Wer gutes Geld zahlt, darf dafür eine entsprechende Gegenleistung erwarten. Auch im Sport. Produkte werden umbenannt, Stadien und ganze Mannschaften erhalten neue Namen, die der Sponsor festlegt. Das ist inzwischen Alltag, wir leben im Kapitalismus, und wir leben weitgehend gut damit. Aber ist auch das Verkaufen von Überzeugungen und Traditionen legitim? Der Fußballclub Real Madrid gehört zu den besten der Welt. Sein Club-Symbol zierte seit Gründung ein Kreuz. Ein christliches Kreuz, was im Herzen Spaniens sogar noch mehr Sinn ergibt, als in vielen anderen Ländern unseres Kulturkreises. Dieses Kreuz ist nun weg, verscherbelt, geopfert. Dem neuen Sponsor zuliebe: der National Bank of Abu Dhabi, mit dem die Madrilenen „eine strategische Allianz“ eingegangen sind. Wäre denkbar, dass die arabische Bank für diese Allianz auf Ihren Untertitel verzichtet? Der heißt „Islamic Finance Company“, und angeboten werden den Kunden „Sharia banking products“. Würden die drauf verzichten aus Rücksicht auf den neuen Partner im katholischen Spanien? Natürlich nicht! Wundert sich noch jemand, dass uns viele Muslime wegen unserer Prinzipienlosigkeit verachten? Weil in unseren Ländern Fluggesellschaften wie British Airways und Fußballclubs wie Real Madrid das Kreuz aus ihren Logos verbannen? Weil wir in Deutschland aus vorauseilendem Gehorsam aus der Osterbriefmarke eine Frühlingsbriefmarke, aus dem St. Martins-Umzug ein Lichterfest und aus Weihnachtsmärkten Wintermärkte machen? Wer soll unsere christlich-abendländischen Traditionen und unsere Art zu leben Ernst nehmen, wenn wir es selbst nicht tun? Nicht der Islam ist das Hauptproblem, sondern wir selbst sind es.




Der wahre Meinungskampf findet nicht im TV-Studio statt

Mach wir’s kurz: Die „Hart aber fair“-Sendung gestern Abend hätte Potential gehabt. Leider wurde das nicht genutzt. Um die Frage, ob Islam und Deutschland kompatibel sind, sollte es gehen. Das hätte spannend werden können, wenn sich die beiden Repräsentanten der deutschen Muslime – zumindest in der ersten Hälfte der Sendung – nicht jeglicher Diskussion verweigert hätten. Unterdrückung von Frauen, Ehrenmorde, ISIS-Barbaren, Terrorzellen? Alles langweilig. Warum soll man etwas dazu sagen? Haben wir doch gar nichts mit zu tun. In der zweiten Hälfte ließen sich Herr Mazyek und Frau Nas dann doch darauf ein, mal etwas zum Thema zu sagen. Da hätte es wieder spannend werden können, wenn…ja, wenn auch die drei anderen Teilnehmer zu Wort gekommen wären. Die Verteilung der Redezeit war selbst für deutsche Talkshow-Verhältnisse verblüffend. Gefühlt hat Herr Mazyek allein 50 Prozent der Redezeit nutzen dürfen. Aber gut, lamentieren wir nicht herum, es ist nicht das erste Mal, dass wir so etwas erleben.

Recht interessant war der Blick auf die sozialen Netzwerke im Internet. Bei twitter trifft sich jedes Mal zu einer Gesprächssendung im deutschen Fernsehen eine stil- und geistlose Horde von Mitmenschen, die mit wirklich dümmlichen Bemerkungen und Beleidigungen gegen Teilnehmer nichts Nennenswertes zum demokratischen Diskurs beisteuert. Von mir aus könnte man morgen twitter abstellen, ich würde es vermutlich erst nach Monaten merken. Lustig fand ich, dass inmitten der „Zwitscherer“ gestern auch „Brüderle-Jäger“ Andi Petzold vom „stern“ auftauchte, der sich neuerdings berufen fühlt, zu definieren, wer in Deutschland Journalist ist und wer nicht. Hoffentlich stellt diese Frage nicht mal jemand im Zusammenhang mit ihm selbst.

Auf Facebook ging es in diversen Strängen munter hin und her, bisweilen fanden sich sogar ein paar nachdenkenswerte Beiträge. Warum schreibe ich das alles? Ich möchte meine Leser für eine Entwicklung sensibilisieren, die den technologischen Möglichkeiten geschuldet ist. Wie eine solche Sendung „gelaufen“ ist, entscheidet sich nur zu einem geringeren Teil am Studiotisch. Mindestens ebenso wichtig, viele Medienprofis sagen sogar wichtiger, ist die Begleitung in den Netzwerken und tags darauf die Nachberichterstattung in den meinungsführenden Medien. Das muss man wissen, wenn man da auf dem Sofa vor dem Bildschirm sitzt. Und deshalb habe ich zwar persönlich einen Eindruck gewonnen, wer gestern Abend gut und wer nicht gut war. Aber erst beim Lesen der TV-Kritiken in Welt, Spiegel, FAZ und Süddeutsche werde ich nachher wirklich wissen, was Deutschland glaubt, meinen zu müssen, wer gestern Abend gut gewesen sein könnte…




Frau Büttner und das Grundgesetz

Das Debattenportal „The European“ im Internet ist eine wunderbare Erfindung. Der freie Austausch von Meinungen wird dort seit langer Zeit kultiviert, jede gut begründete Meinung findet hier ein Forum. Genau das, was eine demokratische Gesellschaft an dauerndem Diskurs braucht. Lange Zeit ging das alles sehr gut, so dass ich mich ernsthaft frage, was auf diesem Weg schiefgegangen sein muss, dass plötzlich eine Meike Büttner dort auftaucht. Die einzige Erklärung, die ich finde, ist, dass sie beherzt die Chance ergriffen hat, als der Redakteur vom Dienst gerade in der Mittagspause und der Zugriff auf den Server ungeschützt war.
Unter der Überschrift „Jörg Thadeusz hat sie alle gehabt“ dilletiert sie da über die Frage, wie es nur sein kann, dass der öffentlich-rechtliche RBB im Rahmen der ARD-Toleranzwoche auch Interviews mit Thilo Sarazzin, Akif Pirinci und Birgit Kelle geführt und gesendet hat. Wirklich schlimm, die von uns allen bezahlten Sender lassen einfach Menschen zu Wort kommen, deren Veröffentlichungen jeweils ein vieltausendköpfiges Publikum gefunden und breiteste Diskussionen in der Bevölkerung hervorgerufen haben. Im Fall von Birgit Kelle empfinde ich es als besonders ärgerlich, weil ich mit ihr glücklichst verwandt bin.
Frau Büttner, eine Autorin, die im Portal für freie Debatten fordert, andersdenkende Autoren aus der Debatte in den öffentlich-rechtlichen Medien auszuschließen. Auf so etwas muss man erst einmal kommen. Wahrscheinlich hat sie in der Schule gefehlt, als über unser Grundgesetz und die freie Meinungsäußerung gesprochen wurde. Möglicherweise kennt sie auch die deutsche Geschichte nicht so recht. Hatten wir ja früher schon einmal, dass unliebsame Meinungen verbannt wurden. Raus aus den Zeitungen, raus aus den Sendern, und wer immer noch keine Ruhe gab, ab ins Lager. Fräulein Büttner erscheint mir wie ein spätes Exemplar dieser Spezies, die jede Diktatur unbedingt benötigt, um das jeweilige Staatsvolk ruhig zu halten.
Nun ist natürlich auch ihre demokratiefeindliche Haltung in einer freien Gesellschaft erlaubt, wenngleich ihr Schreibversuch besser in die „Pjöngjang Times“ passen würde, als zu einem Magazin für freie Debatten. Aber dass sie die drei Autoren auch noch als „Hass-Prediger“ bezeichnet, ist dann doch ein bisschen arg doof. Als „Hass Prediger“ bezeichnet man gemeinhin islamistische Aufwiegler, die zum Dschihad aufrufen, zum Töten und Köpfen von Ungläubigen. Das auf diese drei Autoren zu beziehen, ist nichts als die schmierige Beleidigung von einer Autorin, deren Texte mangels intellektuellem Tiefgang sonst keine größere Beachtung finden. Zur Erinnerung: Birgit Kelle kämpft für das Recht von Frauen, selbst über ihr Leben zu entscheiden. Sie engagiert sich dafür, dass unser Staat ein Gesellschaftsmodell – die traditionelle Familie nämlich – bei der Förderung nicht aus den Augen verliert. 80 Prozent der Kinder in Deutschland leben bei ihren verheirateten Eltern. Und wer daran erinnert, ist für Frau Büttner „Hass-Prediger“. In welch einer Matrix, in welch einer Umnachtung muss ein Mensch leben, der dermaßen hilflos auf sachliche Argumente Andersdenkender reagiert? Sie kann einem leidtun.
Ich werde nicht mit gleicher Münze heimzahlen. Ich werde sie nicht als „Nazi-Meike“ oder einfach „dusselige Kuh“ bezeichnen, weil es sich nicht gehört, so über Menschen zu sprechen, die man nicht persönlich kennt. Aber ich erlaube mir, nachfolgend eine Videoaufzeichnung von einem Vortrag zu empfehlen, den Birgit Kelle jüngst in Wien gehalten hat. Da kann sich jeder selbst ein Bild machen, was für die feine Frau Büttner eine „Hass-Predigt“ ist.




Cameron zeigt, dass er nichts gelernt hat

Mark Reckless heißt der zweite Unterhaus-Abgeordnete der europafeindlichen United Kingdom Independence Party, kurz Ukip, der am Donnerstag den Wahlkreis Rochester/Strood für sich gewinnen könnte. In Großbritannien bahnt sich eine Entwicklung an, wie sie zuvor schon andere EU-Länder – auch Deutschland mit der AfD – erlebt haben. Wenn die etablierten Parteien nicht mehr darauf reagieren, was ihre Wähler umtreibt, suchen die sich eine neue politische Heimat. Auch in Großbritannien hat alles mit der Euro-Krise begonnen, doch der Vertrauensbruch geht tiefer. Wie in Deutschland sind viele Briten besorgt über eine in Teilen gescheiterte Integration von Zuwanderern und Flüchtlingen, vornehmlich aus dem islamischen Kulturkreis. Auch in England sind viele Menschen die zunehmenden Eingriffe des Staates zum Zwecke der Volkserziehung leid. Und Ukip macht sich zum Fürsprecher etwa der Pub-Wirte, die unter übertriebenen Nichtraucher-Reglementierungen stöhnen. Die Parteiensysteme verändern sich mit zunehmender Geschwindigkeit. Waren es in der Vergangenheit eher linke Strömungen wie die grünen Parteien, so ist nun in vielen Ländern ein Strom aus der Mitte nach rechts unübersehbar. Alle, die jetzt lamentieren und betroffen sind, sollten sich klarmachen, dass sie selbst, ihre Ignoranz gegenüber den Sorgen der kleinen Leute, aber auch der Leistungsträger, die Ursache für das Erstarken konservativer und rechter Parteien sind. Großbritanniens Premier Cameron warnte jetzt öffentlich, weitere Wahlerfolge der Ukip würden die linke Labour Party zurück an die Macht bringen. Der gleiche tragische Fehler, der auch anderswo gemacht wurde. Man reagiert nicht politisch, man bietet keine Lösungsvorschläge für die drängenden Probleme an, sondern man agiert funktional, mit Angst, es könne alles noch schlimmer werden. Ich bin überzeugt, das wird nicht mehr reichen. Nur eine klare Neujustierung untauglicher Politikansätze kann das Vertrauen eines beträchtlichen Teils der Wählerschaft wieder herstellen. Sonst erleben wir in diesen Monaten erst den Anfang einer radikalen Kräfteverschiebung in den westlichen Ländern.




Deutsche Bürger, deutsche Gerichte

Claudia Pechstein, fünfmalige Olympiasiegerin im Eisschnelllauf, hat beim Weltcup in Seoul das Rennen über 5000 Meter gewonnen. Nebenbei lief sie auch Bahnrekord. Alle, die gedacht hatten, nach der mehr als dubiosen Sperre für die deutsche Ausnahmeathletin sei deren Karriere beendet, werden sich heute Morgen bei den Sportnachrichten mal wieder die Augen reiben. Die Frau ist fit wie eh und je, und nichts deutet darauf hin, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern könnte.

Fast noch bemerkenswerter als ihre derzeitigen sportlichen Erfolge sind aber ihre Fortschritte vor Gericht. Die 2009 verhängte zweijährige Dopingsperre aufgrund von zweifelhaften Indizien, sind ein Skandal, der der 42-Jährigen materiell massiv geschadet und ihr Ansehen massiv beeinträchtigt hat. Nun fordert sie Gerechtigkeit, und sie fordert Schadenersatz. Lange Zeit schien das mittlerweile offensichtliche Fehlurteil des Internationalen Sportgerichtshof CAS unantastbar. Da Pechstein wie alle Sportler eine Schiedsklausel des Weltverbandes ISU unterschrieben hat, die ihr einen Gang vor ein ordentliches Gericht verbietet. Doch jetzt öffnet das Oberlandesgericht München das Tor weit für die Ausnahmeathletin, in dem es unmissverständlich die alleinige Zuständigkeit von Sportgerichten in Frage stellt. Der Vorsitzende Richter stellte an die Adresse der CAS-Anwälte klar: „Frau Pechstein ist Bürgerin der Bundesrepublik Deutschland, und als solche hat sie laut Grundgesetz das Recht, jederzeit ein deutsches Gericht anzurufen. Daran ändert auch nichts, dass sie irgendeinen Zettel unterschrieben hat.“ Am 15. Januar 2015 wird das OLG München entscheiden, ob sie die Schadensersatzklage Pechsteins (es geht um rund 4 Millionen Euro) zulässt. So, wie es aussieht, dürfen wir ein Urteil erwarten, dass die internationale Sportgerichtsbarkeit ins Wanken bringen kann.




Wenn sich der Rechtsstaat aus einem Park verabschiedet

Der kleinste gemeinsame Nenner, der einen Staat zusammenhält, ist sein Versprechen, den Bürgern Schutz und eine Absicherung vor Notlagen zu organisieren. Kann er das nicht einhalten, stellt sich irgendwann die Frage, wofür man ihn dann noch benötigt, diesen Staat. Deutschland ist in dieser Hinsicht nach wie vor eine Insel der Glückseligen, in der nicht darüber diskutiert werden muss, ob Menschen Rente bekommen, sondern nur über die Frage, ab wann und wie viel. Der Bereich aber, bei dem die Legitimation zusehends bröckelt, ist das Schutz-Versprechen.

Ein Musterbeispiel für das Totalversagen beim Schutz der Anwohner bekommt der fassungslose Bürger derzeit wieder einmal in Berlin vorgeführt. Genauer gesagt, wieder einmal in Kreuzberg. Dort gibt es den Görlitzer Park, liebevoll „Görli“ genannt. In diesem Park sammeln sich Tag für Tag Drogendealer und Kleinkriminelle, um ihren verbotenen Geschäften nachzugehen. Anwohner berichten von Pöbeleien, es gab gewalttätige Übergriffe, Kinder fanden beim Spielen ein Drogenversteck, auch Vergewaltigungen habe es gegeben. Alles in einem Park, am hellichten Tag, mitten in der deutschen Hauptstadt. Täglich rückt die Polizei zu Einsätzen an, oft umsonst, weil die Täter längst weg sind. Wird mal einer erwischt, ist er bald zurück im Park, nachdem seine Personalien aufgenommen wurden. Vor seinem Lokal in der Nähe des Grünstreifens hat vor einigen Tagen ein Wirt zwei Jugendliche niedergestochen. Mehr als 70 Mal hatte er in den Wochen vorher laut „taz“ die Polizei gerufen, Anzeigen gegen herumlungernde Dealer erstattet. Besserung trat nicht ein. Eine Mordkommission hat jetzt Ermittlungen gegen den Wirt aufgenommen.

Im Grunde ist der Görlitzer Park ein Mikrokosmos, an dem sich das Versagen des Rechtsstaates in einer offenen und liberalen Gesellschaft gut studieren lässt. Eine Sonderkommission der Polizei wurde aufgelöst, weil sie die Situation nicht in den Griff bekam. Die Beamten beklagten sich über fehlende Rückendeckung seitens der Polizeiführung. Auch die vielbeschworene Zivilgesellschaft versuchte sich daran, Lösungen zu finden. Immerhin stammt ein beachtlicher Teil der Kriminellen-Szene dort aus Westafrika, mutmaßlich Flüchtlinge. Da will man als Polizei ja einen guten Eindruck bei den Neu-Bürgern machen. So veranstaltete man Konzerte und Flohmärkte im „Görli“ und hoffte auf ein friedliches Miteinander. Aber es blieb bei der Hoffnung.

Der Bezirk erklärte sich nun durch seine Bürgermeisterin Monika Herrmann für überfordert, die Lage in den Griff zu bekommen. Ein Offenbarungseid gegenüber den Anwohnern und Ladenbesitzern in der Gegend. Es ist die Kapitulation des Rechtsstaates, sozusagen eine „gesetzesfreie Zone“. Und nun werden Sie sagen: ja, aber was sollen wir denn noch alles machen? Wir haben doch schon geredet und geredet, wir haben Kulturveranstaltungen organisiert und einige haben sogar angeboten, den Drogenhandel zu akzeptieren, wenn die begleitende Kriminalität aber – bitte, bitte – aufhören könnte. Mein Rezept wäre ein anders. Es heißt Rudi Guiliani. Null Toleranz. Null falsche Rücksichtnahmen aus Gründen der Politischen Korrektheit. Jeder normale Bürger muss sich an Gesetze halten. Tut er das nicht, wird er bestraft. So läuft das. Wenn normale Bürger aber sehen, dass diese Regel nicht mehr für alle gilt, dann wird die Lage unerfreulich. Irgendwann auch für unseren Staat.




Ich hätte mal eine Frage zur Rente mit 63

Die Möglichkeit, mit 63 Jahren ohne Abzüge in Rente zu gehen, wird stark nachgefragt. Bis Ende Oktober wurden rund 163.000 Anträge gestellt, fast alle bewilligt, wie die Deutsche Rentenversicherung jetzt mitteilte. Zwei Drittel der Antragsteller sind männlich. Seit 1. Juli beteht die Möglichkeit für diejenigen, die mindestens 45 Jahren in die Rentenkasse eingezahlt haben und bisher noch keine Rentenbezieher waren, vorzeitig in den Ruhestand zu wechseln. Seitdem schlagen die Wogen der Empörung hoch zwischen denen, die sagen, hier würden Wohltaten auf Kosten zukünftiger Generationen sozusagen als „Wahlgeschenke“ verteilt und denjenigen, die sagen, wer 45 Jahre arbeitet und einzahlt, hat auch das Recht, mit 63 Rente zu beziehen. Und im Raum steht der Vorwurf, dass der Staat das Geld, das auf der einen Seite verteilt wird, auf der anderen gleich wieder einkassiert. Ich gebe zu, ich bin bei diesem Thema hin- und hergerissen und habe – ausnahmsweise – noch keine klare Meinung dazu. Deshalb meine Frage an die geschätzen Leser und Leserinnen meines Blogs: Wie stehen Sie, wie steht Ihr zur Rente mit 63?




Profxx, Ampelweibchen und die Frage nach dem Parkplatz

Zum 69. Walberberger Buß- und Bettagsgespräch hatte Dominikaner-Pater Wolfgang Ockenfels gestern ins ehrwürdige Hotel „Bristol“ in Bonn geladen, und 350 Gäste waren seinem Ruf gefolgt. Um Frauen, Kinder und Gender drehten sich Vorträge und Diskussionen, die in nur zwei Stunden geballt den ganzen Gender-Quatsch zerlegten und erneut die Frage aufwarfen: Warum macht unsere Politik das mit? Warum finanziert dieses Land über 200 Gender-Lehrstühle an Universitäten, wo man sich dann mit Fragen beschäftigt wie, ob es besser sei, „Herr Professorin“ oder „Frau Professor“ oder „Profxx“ als einheitliche Anrede zu benutzen? Warum beschäftigen sich hochverschuldete Kommunen mit der Frage, ob man statt Ampelmännchen auch Ampelweibchen braucht, weil sie Frauen sonst diskriminiert fühlen, wenn sie über die Straße gehen? Und warum tragen die neuen Ampelweibchen einen Rock? Ist das nicht diskriminierend für Frauen, die lieber Hosen tragen? Und an welcher Ampel sollen Transsexuelle über die Straße gehen? Was tun eigentlich die Tausende staatsbediensteten Gleichstellungsbeauftragten in den deutschen Behörden? Und warum sind sie fast ausschließlich Frauen? Wieso werden qua Gesetz Männer von der Aufgabe des Gleichstellungsbeauftragten fern gehalten? Brauchen wir neue Behörden, die gegen die hier offenkundige Diskriminierung von Männern kämpfen? Auf Staatskosten, versteht sich. Und wenn es beim sozialen Geschlecht überhaupt keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt – warum braucht man dann Quoten? Und wenn Fauen angeblich in Führungspositionen besonders wertvoll für Unternehmen sind, weil sie die „soft skills“ mitbringen – was ist damit gemeint, wo doch Frauen und Männer völlig gleich sind? Der ganze Gender-Quatsch, der unsere Politik und Verwaltungen beschäftigt und unzählige Millionen Euro Staatsknete vergeudet, ist eine unwissenschaftliche, demokratisch nicht legitimierte Ideologie, die eine kleine Minderheit zunehmend erfolgreich der Mehrheits-Gesellschaft aufzwingt. In Deutschland ebenso wie in den meisten westlichen Ländern auch. Nur Norwegen – in vielem ein höchst vorbildliches Land – hat die Gender-Förderung komplett gestrichen, nachdem man sich einmal ernsthaft damit beschäftigt hat, was für ein Unfug das alles ist. Wann fangen hierzulande Politiker endlich an, die Budgets für Gender zu streichen und die damit Beschäftigten wieder einer ernsthaften Arbeit für die Gesellschaft zuzuführen? Immerhin eine wichtige Frage blieb gestern Abend unbeantwortet. Mein Kölner Freund Hans stellte sie im nicht-offiziellen Teil: „Wenn Männer und Frauen jetzt völlig gleich sind, darf ich dann meinen Wagen auch auf einem Frauenparkplatz abstellen?“




Es ist immer eine Frage des Einzelfalls

Das Magazin „stern“ berichtete vor einigen Jahren über eine ältere Dame, die beim Runtertragen eines Müllbeutels auf der Treppe gestürzt und so unglücklich aufgeschlagen war, dass sie fortan vom Hals abwärts gelähmt blieb. Ihr Verstand funktionierte noch, den Kopf konnte sie bewegen – sonst nichts mehr. Danach wollte sie einfach nur noch sterben. Sie sagte, es gebe nichts mehr, was ihr Freude bereitet, nicht einmal die Besuche der Enkel. Jeder Tag, jede Minute ihres Lebens sei eine Qual. Sie flehte geradezu um Erlösung. Mich hat dieser Artikel – was beim „stern“ wirklich äußerst selten geschieht – tief bewegt. Es war einer dieser Momente, die heutzutage bei vielen, die immer alles ganz genau wissen, unmodern geworden sind. Eine menschliche Geschichte, die einen zum Überlegen zwingt, ob man vielleicht in einer wichtigen politischen Frage auf dem Holzweg ist.

Menschliches Leben sollte unantastbar sein – das ist zeitlebens meine Überzeugung gewesen. Da ich zudem auch noch von der Existenz Gottes überzeugt bin und die Lehre von Würde und uneingeschränktem Lebensrecht eines jeden Menschen wunderbar, ja geradezu revolutionär finde, bin ich Gegner von Euthanasie, Abtreibung, Angriffskriegen und Todesstrafe. Und dennoch sind es immer Einzelbeispiele, sind es menschliche Dramen und kaum vorstellbare Schicksalsschläge, die uns daran erinnern, dass es auch beim Lebensrecht nicht nur Schwarz und Weiß gibt. So lange man nicht selbst betroffen ist, lässt sich gut schwätzen. Da wird die reine Lehre vertreten, da wird alles abgebügelt, was der eigenen Meinung widerspricht. Aber wie sieht es aus, wenn man plötzlich selbst in eine Katastrophe hinein gerät?

Jeder Mensch darf in einer freien Gesellschaft selbst entscheiden, wie er oder sie leben möchte. Das bestreitet niemand, der halbwegs bei Verstand ist. Doch wie ist es mit dem Sterben? Selten wurde der Begriff „Selbstbestimmung“ derart inflationär gebraucht, wie gestern in Medien und sozialen Netzwerken und natürlich im Bundestag, wo unsere Abgeordneten übrigens mit Ernsthaftigkeit und Würde ein ethisch überaus heikles Thema diskutierten. Aber es reicht eben nicht, nur laut „Selbstbestimmung“ zu rufen. Ich bin erstaunt, wie viele Leute sogar sagen, die Politik soll sich aus dem Thema Sterbehilfe komplett raushalten und die Leute machen lassen, was sie wollen. Das wird dem Thema nicht gerecht. Natürlich, wenn jemand beschließt, vom Hochhaus-Dach zu springen, um dem eigenen Leben ein Ende zu setzen, wird ihm herzlich egal sein, was der Gesetzgeber dazu meint. Doch was ist mit denen, die sterben wollen, es aber nicht allein bewerkstelligen können? Wer soll, wer darf ihnen helfen? Wollen wir eine Kommerzialisierung der Sterbeassistenz? Tötungsangebote in den Gelben Seiten des Telefonbuches? Oder wollen wir das ausschließen? Wollen wir wirklich die Ärzte von ihrem Eid, unbedingt Leben zu retten, entbinden und sie zu Dienstleistern für Leben und Sterben erklären? Was verändert das im Verhältnis zwischen Patienten und Ärzten im Alltag?

Was ist mit den Schwerstkranken, die nicht mehr selbst artikulieren können, was ihr Wille ist und auch keine Patientenverfügung haben? Wer entscheidet für diese armen Menschen? Ein Gericht, wohlmöglich nach Aktenlage? Eine Ärztekommission? Oder vielleicht der Familienrat der potentiell Erbberechtigten? Und wie sieht es mit neugeborenen Schwerstbehinderten aus? In einigen unserer westlichen Nachbarländer wird ernsthaft darüber diskutiert, ob man die nach der Geburt auch noch straffrei töten dürfen soll. In der DDR, über die wir in diesen Tagen ja viel gehört haben, war das übrigens häufig geübte Praxis. All diese und weitere Fragen müssen beantwortet werden, will man das Abgleiten in eine durch und durch inhumane Gesellschaft verhindern. Ich meine, wo endet das alles? Darf irgendwann jeder einen anderen Menschen ins Jenseits befördern, wenn der nur vorher sagt, er möchte das gern? Oder – wir leben in Deutschland – einen amtlichen Vordruck dazu ausgefüllt hat?

Ich bin immer noch gegen die Freigabe der Sterbeassistenz und für strafrechtliche Sanktionen, wenn sich Ärzte an einer solchen Handlung beteiligen. Zu groß sind aus meiner Sicht die Missbrauchs-Risiken. Und den Wert einer Gesellschaft sieht man in erster Linie daran, wie sie mit ihren Schwachen und Hilflosen umgeht. Wenn ungeplante Schwangerschaften, pflegebedürftige Familienangehörige und alte Menschen nur noch als Belastung und als Hindernis zur eigenen Selbstverwirklichung angesehen werden, läuft etwas gehörig schief im Land. Aber, und da schließt sich der Kreis, ich bin bisher nicht betroffen. Wer weiß, wie ich es sehen würde, wenn ich beim Müllruntertragen auf der Treppe stürzte und fortan vom Hals abwärts gelähmt wäre.




Der Qualitätsjournalismus lebt

Wer ist verantwortlich für den Abschuss von Flug MH 17 im Juli 2014 über der Ukraine? Vielleicht werden wir es nie erfahren. Vielleicht gibt es zu viele interessierte Parteien an dem Konflikt, die kein neues Öl ins Feuer gießen wollen. Doch ist jetzt die Zeit, die vielgescholtene „Mainstreampresse“ in Deutschland einmal zu loben. „Die Zeit“ hat heute eine brillant geschriebene Analyse veröffentlicht, die auf akribischer Recherche beruht. Immer noch zurückhaltend in der Bewertung, ohne Propagandageschrei, aber in der Konsequenz zwingend. Und deshalb möchte ich Ihnen, meinen Lesern, diesen Text zur Lektüre empfehlen. http://www.zeit.de/2014/47/malaysia-airlines-mh17-absturz-ukraine-neue-beweise