Besuch bei den Brüdern und Schwestern: Anders, aber nicht eine Sekunde fremd
Zu den Vorzügen meiner Profession gehört es, jeden Tag neue und meistens spannende Menschen und ihre Geschichten kennenzulernen. Ich bin seit 38 Jahren Redakteur, so die korrekte Berufsbezeichnung für einen ausgebildeten Journalisten. Ich fühle mich gesegnet, dass ich bin heute meinen Beruf und mein Hobby Neugier in Einklang bringen kann. Und weil gesegnet etwas mit Christus zu tun hat, diese Geschichte…
Ein Freund, den ich – wie so viele – einst auf Facebook kennengelernt habe, ist – wie seine Familie auch – engagiert in einer Freikirche. Vergangene Woche ludt er mich zum wiederholten Mal zu einem Männer-Grillabend in der Gemeinde ein, und endlich hatte ich an dem Abend Zeit und fuhr hin. Was ich da erlebte, können Sie hier nachlesen.
Heute folgte ich dann auch seiner Einladung zu einem Gottesdienst in einer Stadt ganz nah an Düsseldorf.
Vorweg: Der ein oder andere von Ihnen weiß, dass ich 1981 von der evangelischen Amtskirche zur Katholischen Kirche konvertiert bin. Ich habe oft darüber geschrieben, wie es mir mit dieser Entscheidung erging und heute noch ergeht. Kurz: Ich ruhe in mir und meinem christlichen Glauben, und kaum eine Woche, an dem ich nicht neue Dinge erlebe und lerne. Das Leben ist ja überhaupt ein ständiger Prozess des Lernens und – wenn es gut läuft – der Weiterentwicklung.
Vielleicht ist Ihnen im Absatz zuvor aufgefallen, dass ich katholisch mit einem großen „K“ und evangelisch mit einem kleinen „e“ geschrieben habe. Aber Sie täuschen sich, wenn Sie denken, dass machte ich, um die protestantischen Brüder und Schwester abzuwerten. Weit gefehlt. Es ist ein reiner Zufall, dass ich damals nicht zu einer Freikirche gewechselt bin. Ich hatte einfach einige katholische Freunde damals, die mich ganz selbstverständlich auf den Weg begleiteten, als ich entschieden hatte, der linken lippischen EKD-Landeskirche den Rücken zu kehren.
Ich bin wirklich gern katholisch, tief geprägt durch Papst Johannes II, bis heute „mein Papst“. Aber ich fühle mich nicht als „echter“ oder gar besserer Christ. Ich möchte nur, wenn ich Mitglied der gesamten Kirche Jesu bin, nicht über Klima, NATO-Doppelbeschluss, Gendern und Homo-„Ehe“ belehrt werden.
Ich gehe in einen Gottesdienst, um von Jesus Christus zu hören, um mehr und mehr zu verstehen, und um zu IHM zu beten. Und das ist heute leider auch in der deutschen katholischen Amtskirche immer schwerer zu finden. Und ich finde diese Nähe bei Freikirchen und Evangelikalen genauso, als wenn ich in einer Heiligen Messe bin, wo Gott zu spüren ist, wo man ihm näher sein kann als im Alltagsleben. Ich gehe vorzugsweise zu den Messen, die von Priestern des Ordens der Legionäre Christi zelebriert werden. Die sind charismatisch, die predigen leidenschaftlich. Ich liebe die Zeit dort. Und ja, bevor Sie mir erboste Mails schreiben, ich kenne natürlich die leidvolle Geschichte um den verlogenen Gründer des Ordens, der seiner Gemeinschaft so schweren Schaden zugefügt hat.
Das ist ja auch immer eine Tragik, wenn man von Menschen, die mal als Apostel betrachtet hat, belogen und betrogen wird. Und die gibt es natürlich auch in den christlichen Kirchen, in anderen Religionen, in Sportvereinen, Parteien und der eigenen Familie. Wenn man sonntags in die Kirche geht, beweist man dadurch keineswegs automatisch, dass man ein gottesfürchtiges Leben lebt und wirklich an IHN glaubt, an seine Existenz. Und so wie in meiner katholischen Kirche widerwärtige Missbrauchsfälle in erschütternder Zahl geschehen sind, so kenne ich zumindest persönlich einen Evangelikalen, der ein niederträchtiger Heuchler ist und für mich ein Stück weit das verkörpert, das man wohl als „das Böse“ bezeichnet. Wenn Sie Christ sind, wissen Sie, dass sich auch dieser Mann eines Tages dafür wird verantworten müssen, was er getan hat. Aber das ist ein anderes Thema.
Was ich Ihnen sagen möchte, ist, dass ich es mit dem großartigen Johannes Hartl halte, dem Leiter des Gebetshauses in Augsburg und Organisator der wunderbaren MEHR-Konferenzen, wo christlicher Glaube gemeinsam intensiv gelebt wird, wo Tausende meist junge evangelische und katholische Christen zusammenkommen, und – außer bei der Eucharistie – miteinander beten, singen und IHN feiern.
„Ich interessiere mich nicht mehr für Labels“, hat Johannes mal gesagt. In einer sich immer stärker von Gott abwendenden Gesellschaft ist es völlig irrsinig, dass wir uns noch untereinander zoffen, wie die Amtskirchen-Funktionäre das lustvoll zelebrieren, und die deutschen Gremien des Herrn Bätzing die Protestantisierung und bei manchen Themen Banalisierung der Katholischen Kirche betreiben. Es interessiert mich nicht mehr, was solche Leute sagen. Ich habe gelernt, von evangelikalen Freunden übrigens, mich immer stärker direkt auf Jesus selbst zu konzentrieren in meinem Glaubensleben. Und ich habe katholische Priester, die noch immer katholische Priester sind und bleiben werden, egal, was Herr Bätzing und seine grünwoke Laienschar erzählen. Nie war der Begriff Laie so treffen wie im Zentralkomittee der deutschen Katholiken.
Wie hat es Dir gefallen, wollte mein Freund wissen, als wir nach dem Gottesdienst zusammen mit seiner Frau noch einen Capuccino tranken. Und ja, es war sehr gut, aber es war anders.
Die tiefe Glaube der evangelischen Christen um mich herum war überall deutlich zu spüren in dieser bis auf den letzten Platz besetzten Kirche. Der Lobpreis mit den Texten auf Videowand und die Liveband, christliche Popmusik, waren anders als in meiner angestammten Gemeinde am Niederrhein, wo man Orgel und Chorgesang vorzieht. Aber es war sehr schön, es war jung und mitreißend. So viele junge Familien, so viele Kinder. Und ich dachte, eigentlich schön, dass wir Christen die Wahl haben zwischen dem traditionellen Ritus bei den Katholiken und der modernen Form des Gottesdienstes in den Freikirchen.
Ich habe mich keine Sekunde „anders“ oder fremd gefühlt vorhin. Die Eucharistie hat mir gefehlt – natürlich, wie sollte es anders sein? Aber ich werde sicher in dieser Woche auch noch zu einer katholischen Messfeier gehen. Und ich fand es fremd, dass kein „Vaterunser“ gebetet wurde, das Gebet, dass der Herr uns aufgetragen hat zu beten…