„Bomber-Harris“ sitzt uns allen noch in den Knochen
Beruflich musste ich am Freitag nach Dresden und zurück fliegen. Am Abend auf dem Rückflug gelang mir ein eigentlich schönes Foto der hell erleuchteten sächsischen Metropole, das ich – gedankenlos – ins soziale Netzwerk Facebook stellte. Da war aber was los heute…
Die Piloten der britischen Bomber hätten sicher einen ähnlichen Anblick im Februar 1945 gehabt, wurde mir vorwurfsvoll entgegnet. Ich entgegnete, dass es so ähnlich wohl auch für die deutschen Bomberpiloten gewesen sein müsse, die zuvor einen Feuersturm über London ausgelöst hatten. Da hatte ich aber was angerichtet. 70 Jahre nach Kriegsende sitzt das deutsche Trauma einer nicht bewältigten Tragödie noch tief in unserer Generation. In London gab’s militärische Ziele, die einen Angriff rechtfertigten, hält man mir vor. In Dresdner gab es Zivilisten und 200.000 Flüchtlinge. Ja, der Bombenagriff auf Dresden war ein Kriegsverbrechen. Aber mein Grundgedanke ist ein ganz anderer: Im Krieg verlieren alle. Der Krieg an sich ist der Feind des Menschen.
Das heißt nicht, dass Krieg nicht als ultima ratio legitim sein kann. Das Konzentrationslager Auschwitz wurde nicht von Sozialarbeitern und Peacenicks befreit, sondern von Soldaten der russischen Armee. Und das letzte Kapitel der Nazi-Barbarei wurde mit der Landung amerikanischer und britischer Soldaten in der Normandie im Juni 1944 eingeleitet.
Dresden hätte niemals passieren dürfen. Aber dass vielen Menschen in Deutschland beim Anblick der erleuchteten Elbmetropole direkt „Bomber Harris“ einfällt, sagt viel über den Zustand unserer Erinnerungskultur aus.