Brandmauer und Aufmucken: Wenn das Imperium zurückschlägt….

Als Bürgerlicher hofft man ja irgendwie immer, dass alles gut wird. Um dann morgens aufzuwachen und festzustellen, dass es eben doch nicht gut wird.

Eben las ich, dass angeblich der Widerstand in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gegen die Rentenpläne von Friedrich Merz „bröckelt“. Das ist wenig überraschend, denn wenn die angeblich unionsgeführte Bundesregierung jetzt nicht endlich beginnt, etwas von ihren Versprechen zu liefern, dann wird es zappenduster. Und junge Abgeordnete – das sagt die Bezeichnung – sind Politiker, die beim Älterwerden noch was werden wollen. Auch das liegt in der Natur der Sache. Da ist es zwar gut, mal öffentlich aufzumucken und auf sich aufmerksam zu machen. Aber es ist schlecht, wenn man es dann anschließend so weit treibt, dass die tonangebenden Personen in der Fraktion, sich deren Namen merken, sollte die Bundesregierung daran später zerbrechen.

Mehr Standvermögen hätte ich persönlich dem Verband der Familienunternehmer und ihrer eigentlich tapferen Vorsitzenden Marie-Christine Ostermann zugetraut.

Nachdem die vor einer Woche verkündeten, die Brandmauer zur AfD gelte fortan nicht mehr, rudern sie nun mit kräftigen Flügelschlägen zurück.

Nachdem Mitglieder wie Rossmann, Vorwerk und Fritz-Kola öffentlichkeitswirksam austraten und – noch wichtiger – wie die Deutsche Bank ihre Zusammenarbeit einschränkten, teilte Ostermann nach Krisensitzungen „der Gremien“ gestern Abend mit – alle zurück auf Null!

„Wir müssen andere Wege der Auseinandersetzung finden, wie wir der AfD kritisch begegnen und gleichzeitig deutlich machen können, wofür wir stehen.“

Und: „Es ist das Gegenteil von dem passiert, was wir wollten.“

Die Familienunternehmer hatten jüngst Abgeordnete der AfD zum Parlamentarischen Abend eingeladen, und im etablierten Berliner Politikbetrieb war man not amused.

Der Verband, das kann man so sagen, steht als Wirtschaftsorganisation sicher der Union und der FDP nahe. Aber auch Grüne und SPD reden natürlich mit der wichtigen Interessenvertretung von 6500 namhaften Unternehmen in Deutschland. Und wenn die AfD zukünftig eingeladen wird, dann können Sie sicher sein, dass die Vertreter der anderen Parteien nicht mehr kommen. Auch Bundeskanzler Merz ist bei den Herrschaften schon als Redner gewesen. Kaum vorstellbar, dass er zukünftig kommen würde, wenn nach ihm Herr Brandner ein Grußwort spricht…

Die Ausgrenzung der AfD setzt sich also fort, freiwillig oder unfreiwillig

Denn die Familienunternehmer hatten doch recht mit ihrer Aufhebung der Brandmauer.

Man kann nicht so tun, als sei die derzeit stärkste politische Kraft in Deutschland gar nicht existent. Man muss die AfD wahrlich nicht mögen oder wählen – aber jetzt sind sie nun mal da. Und so, wie man bisher mit ihr umgeht, wird die Partei immer stärker.

Interessant übrigens: Spitzenpolitiker der AfD sitzen inzwischen regelmäßig in den wichtigen Talkshows des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Sie werden nicht geschont, nicht mit Samthandschuhen angefasst, aber sie werden eingeladen und kommen zu Wort.

Und wenn man Tino Chrupalla da sitzen und zum Thema Putin reden hört, dann stößt das zumindest bürgerliche Wähler in Westdeutschland eher ab, als ihm eine PR-Bühne zu bereiten.

Ich wiederhole mich, damit ich nicht missverstanden werde: Die „Brandmauer“ der Union gegenüber der AfD ist ein verhängnisvoller Fehler. Sie ist schlecht für die Demokratie und sie ist schlecht für die dringend notwendige Kurskorrektur, die unser Land braucht, und die bei manchen der entscheidenden Themen nur mit der AfD möglich ist.

Aber ich verstehe auch den Druck, der auf Frau 0stermann lastet und auf den jungen Abgeordneten von CDU und CSU, wenn da plötzlich die Telefone klingeln und mit Liebesentzug gedroht wird von denen, deren Liebe man sich doch sicher war.