Claudia Pechstein hat Recht bekommen – und das ist eine gute Nachricht für uns alle

13 Jahre und 11 Tage hat es gedauert, bis das höchste deutsche Gericht unserer besten Olympiateilnehmerin aller Zeiten Recht gegeben hat. 13 Jahre und 11 Tage – Kampf, Bangen, Niederlagen vor Gericht wegstecken und doch niemals aufgeben. Das, was die fünffache Eisschnellauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein schon als Sportlerin früh ausgezeichnet hat, dieser Wille, dieses Standing – das bewies sie auch in ihrem größten Kampf: Durchhaltevermögen.

Die Ausnahmesportlerin aus Berlin war im Februar 2009 vom Welt-Eislauf-Verband wegen auffälliger Blutwerte für zwei Jahre gesperrt worden. Funktionäre sperren, das Internationale Sportgericht CAS, das nicht unabhängig ist, sondern von den Verbänden getragen wird, bestätigt die Sperre und Feierabend! So dachte man.

Claudia Pechstein bestritt jegliches Doping, und dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – brach eine mediale Kampagne über die sympathische Sportlerin herein. Kaum jemand stand ihr zur Seite damals im Öffentlichen Leben, in der Politik, in den Medien. Nur der deutsche Verband und ihr Team um den herausragenden Manager Ralf Grengel gaben niemals auf, auch wenn es schlechte Nachrichten hagelte.

Denn „da wird schon etwas dran sein“, so spricht der Volksmund, der ja auch viele andere Dopingfälle prominenter Spitzensporler kennt. Alle haben zunächst bestritten, verbotene Substanzen zu sich genommen zu haben. Alle wurden der Lüge überführt.

Claudia Pechstein nicht. Mit großem Aufwand, von unabhängigen internationalen Ärzten untersucht, wurde festgestellt: die erhöhten Blutwerte führten auf eine von Pechsteins Vater vererbte Blutanomalie zurück. Als die Sportgerichte versagten, dennoch Recht zu sprechen, zog Pechstein vor Zivilgerichte, in der Schweiz und in Deutschland. Und auch da gab es zunächst Niederlagen, und auch da gab das Team Pechstein nicht auf. Um endlich heute vor dem Bundesverfassungsgericht zu triumphieren. Nun ist der Weg frei für eine Millionenklage gegen den Welt-Eislauf-Verband für entgangene Sponsorengelder. Denn eine Sperre bedeutete ein faktisches Berufsverbot für die Ausnahmesporterin. Jetzt wird endlich auch ihre Ehre vollständig wiederhergestellt.

Ich habe Claudia vor einigen Jahren kennengelernt auf irgendeinem Fest in Berlin. Ihr Manager und ich sind seit Jahrzehnten die besten Freunde, durch dick und dünn. Und deshalb freue ich mich total über das Urteil heute und ich denke zurück an die alten „Rocky“-Filme, die Ralf und ich so gern und immer mal wieder zusammen geschaut haben. Niemals aufgeben gegen alle Widerstände. Oder um es mit Oli Kahn zu sagen: „Weiter, immer weiter…“

Ja, wir haben auch heute einen Rechtsstaat und eine unabhängige Gerichtsbarkeit in Deutschland. Und das ist ein gutes Gefühl.