Der Sound unserer Kultur

In Immenstadt im Oberallgäu läuten die Kirchenglocken – so, wie überall in Deutschland, zumindest an den Sonntagen. In Bayern ist das Christentum noch eine relevante gesellschaftliche Größe, und das ist auch gut so. Nun hat eine evangelische Gemeinde das allmorgendliche Läuten von 8 auf 7 Uhr vorverlegt, und ein Bürger läuft dagegen Sturm. So etwas ist keine Seltenheit, und mein erster Gedanke, wie das „Problem“ zu lösen wäre, lautet: Entweder ziehen alle Immenstädter woanders hin, oder der Unzufriedene sucht sich eine andere Stadt oder ein Plätzchen irgendwo fernab von menschlichen Wohnsiedlungen. Aber das wird nicht passieren, wie wir alle wissen. Es ist schon erstaunlich, wie in Deutschland Partikularinteressen zunehmend zum Problem werden, mit dem die große Mehrheit der Bevölkerung drangsaliert werden. Den einen stören die Kirchenglocken, den anderen der Kinderlärm von der benachbarten Kita, den Dritten der nahe Sportplatz. Ich rede hier nicht der Lärmbelästigung das Wort, aber in Immenstadt läuten die Glocken drei Mal am Tag. Drei Mal, immer für ein bis zwei Minuten. Ist es wirklich zu viel verlangt, das zu ertragen? Oder werden wir ein Volk von Gewohnheitsnörglern? In Schleswig, Neumünster und Rendsburg ist neuerdings erlaubt, dass der Muezzin vom Minarett aus fünf Mal am Tag die Muslime zum Gebet ruft. Ich persönlich bevorzuge, wenn vom Kirchturm unserer Gemeinde die Glocken geläutet werden, denn modern ausgedrückt: das ist der Sound unserer Kultur.