Die Rebellen aus Holland und Dänemark

Der Vorsitzende der niederländischen „Partei der Freiheit“ (PVV), Geert Wilders, ist heute in Amsterdam wegen Diffamierung und Beleidigung verurteilt worden. Die Anklage wegen „Hetze“ wurde von den Richtern zurückgewiesen. Im Frühjahr 2014 hatte der islamkritische Politiker in Den Haag bei einer öffentlichen Rede gefragt: „Wollt ihr mehr oder weniger Marokkaner in den Niederlanden?“ Als die Menge „Weniger! Weniger!“ rief, sagte Wilders: „Dann werden wir das regeln.“ Mehr als 6000 Strafanzeigen wurden daraufhin gegen Wilders erstattet.

Nun ist klar, dass man andere Menschen, wie auch immer mal deren Gruppe definiert, nicht beleidigen und diskriminieren darf. Das ist in Deutschland nicht anders als in Holland. Aber mal nüchtern: ein Politiker stellt die Frage an eine Menge seiner Bürger, ob sie wollen, dass mehr Menschen – in diesem Fall aus Marokko – aus dem islamischen Kulturkreis also in sein Land kommen? Wir erleben ja auch gerade in Deutschland, wie hoch die Wogen der Erregung – manche meinen Empörung – über die Entscheidung der Bundeskanzlerin schlagen,eine Million Muslime, viele davon unkontrolliert, hier einreisen zu lassen. Also: ein Politiker fragt seine Landleute: wollt ihr mehr Zuwandrung aus dem islamischen Kulturkreis? Und die Menge ruft zurück: „Weniger!“ Ist das rechtsradikal? Ist das schon Beleidigung? Ich will das gar nicht beurteilen, aber nehmen wir an, ein Politiker einer grünen oder sozialistischen Partei hätte auf einer Kundgebung gerufen: „Wollt ihr mehr oder weniger deutsche Touristen an niederländischen Stränden?“ Und die Menge hätte dann geantwortet: „Weniger! Weniger!“ Wäre das dann unterschiedlich gewertet worden? Hätten dann auch 6.000 Holländer Strafanzeigen gestellt? Ich kann mir das nicht vorstellen.

Wilders und seine PVV sind übrigens in Umfragen zur Wahl im nächsten Jahr in den Niederlanden mit Abstand stärkste politische Kraft. Die Lehren aus anderen Wahlen in anderen Ländern sind, dass solche Vorwürfe den angegriffenen Politikern eher weitere Sympathie und Zustimmung bringen. Das erinnert mich an den dänischen Politiker Mogens Glistrup. Der Jurist, der sein Staatsexamen mit dem drittbesten Ergebnis aller Zeiten in der Geschichte des Landes abgelegt hatte, trat am 30. Januar 1971 erstmals live in einer Sendung des dänischen Fernsehens auf. Dort erklärte er Steuerzahlungen für „unmoralisch“. Steuerhinterzieher seien dagegen Patrioten, so wie die Eisenbahn-Saboteure im Zweiten Weltkrieg im Krieg gegen die Deutschen.

Glistrup gründete die Fortschrittspartei, die eine deutliche Reduzierung der Einkommensteuer, den Abbau staatlicher Bürokratie und die Vereinfachung von Gesetzgebungsverfahren als Programm hatte. 1972 wurde seine Partei auf Anhieb zweitstärkste Partei im Parlament. Die anderen Parteien verweigerten jegliche Zusammenarbeit mit den Fortschrittlichen. Als er wegen, nennen wir das, „kreativer Steuersparmodelle“ eine Haftstrafe antreten musste, kandidierte er aus seiner Zelle im Gefängnis heraus… und wurde gewählt. Unliebsame Leute mundtot machen – das zahlt sich in einer Demokratie niemals aus,