Die Zeit der zornigen weißen Männer ist wohl doch noch nicht vorbei
Der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika heißt Donald Trump. Und, um jeder Legendenbildung vorzubeugen: er hat das Vertrauen seiner Landleute nicht etwa knapp gewonnen, sondern mit deutlichem Vorspung. Nun ist wahr geworden, was kaum jemand aus dem politischen Establishment der USA und auch der Staaten Europas ernsthaft für möglich gehalten hat. Eine Mann, bekannt für grenzwertige Wahlkampf-Auftritte und markige, politisch unkorrekte, Worte gewinnt die Wahl um das mächtigste Amt dieser Welt – gegen das Establishment auch seiner eigenen Partei, gegen die überwältigende Mehrheit der Massenmedien in seinem Land. Die ersten Analysen fördern erstaunliche Fakten zu Tage. Trump hat bei den weiblichen Wählern mehr Zuspruch gefunden, als all die klugen Analysten vorher für möglich gehalten haben. Er hat offenbar auch bei den Latinos guten Zuspruch gefunden. Und er hat all die PR-Profis, die Polit-Analysten aus den großen Instituten, die Meinungsforscher und Spin-Doktoren eindrucksvoll widerlegt, die nach der Obama-Wahl vor vier Jahren vorausgesagt haben, die Zeit der „zornigen, weißen Männer“, die noch Wahlen entscheiden können, sei endgültig vorbei. Pustekuchen!
Die zornigen weißen Männer haben gewonnen. Man findet sie in der amerikanischen Mittelklasse, nicht beim „white trash“, sondern bei den Anwälten, Ärzten, Architekten, die zwar gesehen haben, wie sich die Großmacht USA ordentlich durch die Weltfinanzkrise geschlängelt hat, die aber selbst in den vergangenen 15 Jahren keine nennenswerten Einkommensanstiege mehr erlebten. Die Wahl von Donald Trump ist ein dramatischer Beleg für die wachsende Kluft zwischen Eliten und Volk. Und zwar nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern nahezu überall in den westlichen Ländern. Auch in Deutschland. Wenn in Umfragen zwischen 60 und 70 Prozent der Deutschen sagen, sie wollen keinen weiteren Massenzuzug aus dem islamischen Kulturkreis in unser Land, und nicht ein einziger Abgeordneter im Deutschen Bundestag steht auf und formuliert genau das, was die Bevölkerung will, dann suchen sich die Leute andere Repräsentanten als die, die sie haben. So einfach ist das. Angela Merkel, Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende, gilt ja gemeinhin als pragmatische Politikerin. Wenn sie das wirklich wäre, müsste sie heute morgen all die „Experten“, Analysten und Strippenzieher in ihrem Umfeld rausschmeißen und über einen Kurswechsel, eine andere Agenda nachdenken (lassen). Wir erleben einen dramatischen Vertrauensverlust bei der Bevölkerung in den freien Gesellschaften gegenüber der regierenden Klasse. Dass es derartige Ausmaße annehmen würde, dafür hätte meine Phantasie noch gestern Abend nicht ausgereicht. Politik machen, das ist mehr als Wohlstand bewahren und schöne Worte sprechen… obwohl… nicht einmal das können viele politische Anführer in unseren Gesellschaften noch. Die Bevölkerung will Figuren an der Spitze, die sich selbst und ihre Einflüsterer nicht für den Nabel der Welt halten, sondern die den Bürgern zuhören. Sie wollen nicht Anführer, die sich abends beim teuren Nobel-Italiener gegenseitig versichern, dass ihre Art zu denken und ihre Überheblichkeit dem überlegen ist, was das gemeine Volk da draußen denkt und fordert. Sie wollen keine Medien, die Volkserziehung betreiben, sondern welche, die neutral und fair die Wirklichkeit abbilden.
Der heutige Tag ist ein historischer Tag. Er verändert nicht alles, aber vieles. Selbst als regelmäßiger Zeitungsleser und Mediennutzer könnte ich heute nicht aufschreiben, was Trump tun wird. Wird er dem internationalen Freihandel den Todesstoß versetzen? Wird er die Nato in eine Existenzkrise stürzen? Wird er wirklich einen Sonderankläger auf Frau Clinton ansetzen? Ich weiß es nicht, aber ich bin gespannt. Trumps erste Rede nach seinem fulminanten Wahlsieg heute Morgen war gut, und sie war moderat. Was die nächsten Wochen bringen werden, das Publikum darf auf Überraschungen gefasst sein. Aber eine Feststellung können wir jetzt schon treffen: Demokratie ist etwas wirklich Großartiges!