Ein Freigeist, den man in der CDU schmerzlich vermisst

Heiner Geißler ist tot, vielleicht der letzte große Generalsekretär der Christlich Demokratischen Union (CDU). Ein kluger streitbarer Mann, der nach dem schmerzhaften Bruch mit Helmut Kohl, die zu seinem Ausscheiden aus dem Amt des Generals führte, immer mehr in die Rolle eines verbitterten Politrentners rutschte, der sich deutlich überschätzte, als er einst mit anderen den Sturz des Übervaters der Union betrieb. Fortan sah man ihn in Talkshows und Zeitunsgartikeln immer die alte CDU vor sich hertreiben, Kritik an ihrem Kurs üben und bemüht zu beweisen, dass er recht damit hatte, die Union modernisieren zu wollen oder sagen wir, den modernen Zeiten anzupassen. Dazu passte auch, dass der ehemalige Jesuitenschüler je älter er wurde, den Kurs der Modernisierung auch in seine katholische Kirche tragen wollte. Das Zölibat? Hielt Geißler für überholt und überflüssig. Respekt vor den Kirchenoberen? Nur, wenn sie modern sein wollten, durften sie auf Geißlers Milde hoffen.

Als Jungunionist jubelte ich dem Mann zu, der den Begriff Attacke ganz neu auslegte und klare Positionen vertrat. Später schaltete ich abends vor dem Bildschirm um, wenn er im TV zu sehen war, weil es nichts Neues, nichts Spritziges gab, das man von ihm erwarten durfte.

Dennoch war er neben Kurt Biedenkopf der andere große CDU-General, einer der selber denkt und nicht nur funktioniert. Einer, der sich nichts bieten lässt, ein Freidenker. Einer, den man in Zeiten, in denen selbst ein Ruprecht Polenz dieses Amt innehaben durfte, schmerzlich vermissen wird.