Eine Schocker-Zahl und die Wirklichkeit dahinter

Zeitungsleser und überhaupt Mediennutzer wissen es längst: Frauen sind immer Opfer. Sie werden benachteiligt, sie stoßen beim Aufstieg an gläserne Decken, sie werden von ihren männlichen Partnern zum trostlosen Dasein am heimischen Herd gezwungen, und natürlich werden sie auch grundsätzlich schlechter bezahlt als Männer – und zwar um 22 Prozent, wie man uns heute zum sogenannten „Equal Pay Day“ mal wieder dauerberieselt. Das Problem dabei: Um auf diese niederschmetternde Zahl zu kommen, rechnet sich die Feminismus- und Gender-Industrie die Zahlen auf eine dreiste Weise passend, die weit unter dem in anderen Zusammenhängen gern gegeisselten „Stammtisch-Niveau“ bleibt.
Einfach erklärt funktioniert das so: Man zählt die Durchschnittsgehälter von Frauen zusammen und teilt sie. Und dann zählt man die Durchschnittsgehälter von Männern zusammen und teilt sie. Und in der Tat: dann gibt es einen Unterschied von 22 Prozent zuungunsten der Frauen. Das aber hängt mit zwei Faktoren zusammen, die gern unterschlagen werden. Zum einen wählen Frauen in großer Zahl Berufe, die sie freiwillig gern ausüben, und die schlechter bezahlt sind. Etwa (skandalöserweise!) in Pflegeberufen, im Sekretariaten, als Verkäuferin im Einzelhandel oder – ja, auch das – als Friseuse. Männer hingegen entscheiden sich meistens für technische Berufe oder streben eher nach Führungspositionen in Verwaltungen und Unternehmen, die besser bezahlt werden. Auch der berühmte alljährliche „Girl’s Day“ hat daran trotz Millionen Euros Staatsknete nichts ändern können. Das ist zu bedauern, aber es ist statistisch unübersehbar, dass keineswegs jede Frau Managerin oder Vorstand(_*In) werden oder in einen Aufsichtsrat berufen werden WILL. Nicht, weil das System ihnen den Zugang versperren würde. Nicht, weil sie nicht genauso klug und bestens ausgebildet sind wie Männer. Sondern weil sie es wollen.
Der zweite Grund ist: Frauen bekommen Kinder. Eine ganze Industrie beschäftigt sich heutzutage damit, diesen Aspekt in der politischen Diskussion entweder auszublenden oder wenigstens Modelle zu entwickeln, Kinder schnellstmöglich nach der Geburt wegzuorganisieren. Mutti in die Produktion! Doch trotz deutlicher materieller Benachteiligung entscheidet sich auch im Jahr 2015 in Deutschland eine Mehrheit von ca. 65% der Eltern – und damit überwiegend der Mütter – dafür, die ersten Worte und Schritte des eigenen Nachwuchses selbst mitzuerleben und nicht aus den Erzählungen der Krippen-Betreuerinnen zu erfahren. Auch das mag man bedauern – ich tue das ausdrücklich nicht. Die Folge ist jedoch, dass diese Frauen für zwei oder gar drei Jahre pro Kind vom Erwerbsleben ausgeschlossen sind. Da wir in Zeiten des Manteltarifvertrages inzwischen viele Branchen haben, in denen Lohnsteigerungen nicht mit guten Leistungen, sondern mit jahrelanger Anwesenheit „erworben“ werden, sind Frauen, die sich um ihre Kinder kümmern, klar im Nachteil. Von einer Bundesfamilienministerin sollte man erwarten, dass sie sich darum kümmert, diese Diskriminierung von Müttern zu bekämpfen und Modelle zu entwickeln, dass diese (meistens) Frauen, die einen unschätzbaren Dienst für unsere Gesellschaft leisten, indem sie Kinder bekommen und großziehen, keine finanziellen Einbußen erleiden müssen. Aber Manuela Schwesig baut Krippen und kämpft gegen Rechts. Die Mehrheit der Mütter in Deutschland hat von dieser Ministerin wahrlich nichts zu erwarten.
Betrachtet man sich die Fakten, relativieren sich die 22 Prozent sehr stark. Das Statistische Bundesamt geht von acht Prozent Gehaltsunterschied aus, das Institut der deutschen Wirtschaft (Köln) spricht von vier Prozent. Diese ungerechtfertigten Unterschiede gilt es zu bekämpfen, da bin ich ganz vorn dabei. Aber die medial verbreiteten Horrormeldungen der Gender-Industrie dienen nur dazu, ein Thema immer wieder aufzuwärmen, mit denen man wunderbar Fördergelder vom Staat begründen, ja abzocken kann.