Endlich funktioniert Europa mal, wenn man es braucht

Ganz ehrlich, ich hätte nicht gedacht, dass Europa in diesen Tagen wirklich funktionieren würde. Aber offensichtlich funktioniert alles nahezu reibungslos: Gemeinsame und gut abgestimmte Sanktionen gegen russische Oligarchen und Unternehmen innerhalb von drei Tagen. Militärische Verstärkung für die osteuropäischen Länder, die das wünschen. Die Menschen machen mit, in vielen Ländern demonstrieren Zehn-, ja Hunderttausende gegen den arbarmungslosen Krieg Putins im ukrainischen Nachbarland . Und jetzt noch eine unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft, vor allem in Polen und Ungarn, aber auch in Deutschland.

Die klare Haltung Ungarns erfreut mich dabei besonders, hatte doch Präsident Viktor Orban erst vor Tagen noch Wladimir Putin zu einem Gespräch getroffen. Orban ist bekannt, dass er für sein Land immer gern mal Sonderwege einschlägt – gerade in der Europäischen Union. Beneidenswert, dieses Land, das sich seinen Schneid auch nicht durch Liebensentzug aus Brüssel abkaufen lässt. Ungarn hat vor zwei Wochen Kampfflugzeuge nach Estland verlegt, um die baltischen NATO-Partner im Ernstfall zu verteidigen. Und die Ungarn helfen den Flüchtlingen aus der Ukraine, dem Brudervolk, wie kaum jemand anders. Lesen Sie dazu auch hier

Ungefähr 1,5 Millionen Ukrainer haben ihr Land inzwischen verlassen und sich in Sicherheit gebracht. Es sind ausschließlich Frauen, Kinder und alte Menschen, die vor den Bomben und Raketen das Weite suchen. Was für ein Unterschied zur Flüchtlingswelle 2015/2016, als fast nur junge Männer in die Europäische Gemeinschaft, vornehmlich nach Deutschland und Schweden, strömten. Ich brauche Ihnen nicht zu erzählen, welche schlimmen Folgen das bis heute auch in unserem Land hat.

In Berlin hat man Sorgen, nicht ausreichend Platz zu haben, für die neuen wirklich Schutzsuchenden Menschen aus der Ukraine. Wie wäre es, wenn nun endlich einmal die 300.000 rechtskräftig abgelehnten aber vom deutschen Staat „geduldeten“ Asylbewerber abgeschoben würden? Dann wäre reichlich Platz für die Frauen, Kinder und Alten aus der Ukraine, die unsere Hilfe wirklich gebrauchen. Genau für solche Fälle ist ein Asylrecht gedacht. In unserem Freundeskreis haben inzwischen mehrere Freunde bei sich zu Hause Flüchtlinge aus der Ukraine vorübergehend aufgenommen. Großartig!

Wir oft haben wir, habe ich, auf die EU und den Moloch Brüssel geschimpft. Links durchideologisiert, bevormundend, ein bürokratisches Monster, das immer dann versagt, wenn man, wenn wir es wirklich brauchen. Dieses Mal ist das augenscheinlich anders. Und eine Staatengemeinschaft souveräner Länder, die sich endlich mal als handlungsfähig erweist – das wird nicht nur in Moskau und Peking zur Kenntnis genommen, das finden auch die Menschen gut, die in den Ländern der EU-Staatengemeinschaft leben.

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Dieser Artikel wurde 11 mal kommentiert

  1. Johannes Antworten

    „ Es sind ausschließlich Frauen, Kinder und alte Menschen, die vor den Bomben und Raketen das Weite suchen.“

    Und genau für diese Menschen ist unser Asylrecht gedacht & gemacht!

    Ich hoffe, das unsere Kraft &. Geld auch für die armen Menschen noch ausreicht. Bei der Gelegenheit: hat die Bundesregierung nicht eine „Reserve“ von ca. 50 Mrd. € dafür parat?

    • S v B Antworten

      „Und genau für diese Menschen ist unser Asylrecht gedacht & gemacht!“ Nach dem eigentlichen Wortlaut des Gesetzes nicht ganz, werter Johannes, aber ich verstehe natürlich, was Sie damit zum Ausdruck bringen wollen und schließe mich sehr gerne Ihrer Sicht an. Allerdings ist das deutsche Asylrecht durchaus auch auf Männer anzuwenden. Allerdings erst einmal auf (nachweislich) politisch verfolgte. Wirtschaftsmigration schließt das Asylrecht – jedenfalls bisher noch – aus. Dies könnte sich jedoch angesichts unserer nun stärker von rot-grünen Ideologien geleitete Regierungspolitik noch während dieser Legislatur ändern. Beispielsweise könnten schon bald selbst ungünstige klimatische Bedingungen in manchen Herkunftsländern einen anerkannten Grund zur Gewährung von Asyl – und letztlich auf Einbürgerung – darstellen. Diesbezüglich könnte also noch einiges auf Deutschland zukommen. Über die Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge dürfte und wird es hoffentlich keine Diskussionen geben. Schon in den 90ern fanden unzählige durch das schreckliche Kriegsgeschehen im ehemaligen Jugoslawien schwer Betroffene Schutz in Deutschland. Gut so.

  2. GJ Antworten

    Die ukrainischen Kriegsflüchtlinge sollen, genau wie damals die Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Westbalkan, eben nicht über das Asylrecht laufen. Sie sollen direkt nach dem wegen der Balkankriegserfahrung eingeführten Paragraf 24 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis mit Zugang zum Arbeitsmarkt und wenn nötig Leistungen nach AsylbLG inkl. KV-Schutz und Wohnraumversorgung erhalten. Beunruhigend finde ich, daß auch Drittstaater, die aus (oder ohne erforderliche Dokumente von Belarus über Ukraine ?) nach Polen kommen, darunter gefasst werden könnten (!). Diese Migranten wollen die Polen/Ungarn/Rumänen nicht, haben sie doch keine gültigen Papiere für eine erlaubte Einreise nach Schengen. Vertreter von Bundespolizei und deutscher Visastellen sind Vorort, um bei dem Einreiseproblem zu helfen. Ich ahne, worauf das hinausläuft. Das BMI hat auf seiner Homepage zur Aufnahme von Flüchtlingen, die an der ukrainisch-polnischen/-rumänischen, -ungarischen Grenze ankommen, FAQ’s beantwortet. Die, die Drittstaater betreffen, sind geeignet, ordnungsrechtliche Praktiker in höchste Sorge zu versetzen. Da wünschte ich mir, wir hätten an der Ministeriumsspitze einen Herrn Maaßen. Und was den für die ukrainischen Flüchtlingsfrauen und -kinder und den über 60-jährigen Männer dringend benötigten Platz, Geld und Versorgungspersonal angeht: Für die große Schar der vollziehbar Ausreisepflichtigen plant die Ampel nicht etwa deren vermehrte Abschiebung, sondern im Gegenteil: Die Abschaffung des ausreisewillenfördernden Paragraf 60b und die Einführung einer Aufenthaltserlaubnis „auf Bewährung“, ohne Identitätsklärung, ohne Passvorlage, ohne Lebensunterhaltssicherung. Wer im Bewährungszeitraum in Arbeit kommt, aber nach wie vor keinen Pass bringt, kann seine angebliche Identität via eidesstattliche Versicherung „klären“ und darf dann wohl bleiben, wahrscheinlich mit deutschem Ausweisersatz auf den Namen „Winnetou“ oder was auch immer.

    • S v B Antworten

      Wieder einmal herzlichen Dank, liebe GJ, für Ihre fachlich fundierten Informationen bezüglich Asyl und Migration. Man möchte nicht wissen, wer sich dieser Tage nicht alles anschicken könnte, auf der neuen Welle der teils bewusst unbürokratischen Einreisegroßzügigkeit (ausschließlich gedacht für Ukrainer) mit ins Land zu surfen. Neulich las man z. B. von einem jungen Sudanesen(?), der sich angeblich in der Ukraine zum Studium aufgehalten hatte und der nun seine unwiederbringliche Chance gekommen sah, sich den Flüchtlingsbewegungen aus der Ukraine in den Schengenraum anzuschließen. Der junge Mann präsentierte sich recht euphorisch und ließ wissen, dass er in Deutschland – wo sonst? – ein neues Leben anzufangen gedenke. Den Wunsch, nach Beendigung der Kriegshandlungen an seinen (angeblichen) Studienplatz in der Ukraine zurückzukehren und sein Studium fortzusetzen, äußerte er hingegen nicht.

  3. Rene Meierlansky Antworten

    Lieber Herr Kelle,

    ich lese Ihre Beiträge in aller Regel bei reitschuster.de, nun habe ich doch hierhin gefunden. Normalerweise lässt sich eine tiefgehende Kenntniss zur jeweiligen Sachlage feststellen.

    Sie schreiben:
    „Es sind ausschließlich Frauen, Kinder und alte Menschen, die vor den Bomben und Raketen das Weite suchen.“

    Ich habe keinen auch nur blassesten Schimmer, wie Sie zu dieser Aussage kommen, sie ist nachweislich und krachend falsch.
    Es gibt seit Tagen geradezu massenhaft Filmchen auf Telegram, die zeigen, daß Bahnhöfe und Züge, die in der Ukraine abfahren, randvoll v. a. mit Männern aus dem Nordafrikanischen und dem Schwarzafrikanischen Raum sind. Selbst der Zugang wird von Männern aus Nordafrikan teils sogar mit gezückten Messern in den Händen „geregelt“.

    Nun könnte man sicherlich auf den Gedanken kommen, daß es sich um gefälschte Filmchen handelt.
    Aufgrund der Masse und des jeweiligen Kontextes jedoch halte ich diese Situationsbeschreibung jedoch deutlichst für Nahe an dem, was wirklich vor sich geht.

    Zudem waren ein paar Leute von der AfD an der polnisch-ukrainischen Grenze und haben dort auch ein Filmchen gedreht und dieses Filmchen ist auch in Telegram aufgetaucht.

    Ich komme hier zwar zu dem Schluß, daß es sich bei den UKRAINISCHEN Flüchtlingen tatsächlich um wirkliche Flüchtlinge handelt, die in der EU zumindest temporäre Aufnahme finden sollten, die ganzen anderen v. a. Männer haben hier aber nichts zu suchen und gehören abgeschoben.

    Ihre Beschreibung, „Es sind ausschließlich Frauen, Kinder und alte Menschen, die vor den Bomben und Raketen das Weite suchen.“ war und ist nachweislich falsch.

    Mit freundlichen Grüßen.

  4. John Brunswick Antworten

    Naja, dass da wirklich nur Frauen und Kinder kommen, wage ich nach dem anschauen zahlreicher Videos von der polnisch- ukrainischen Grenze ernsthaft zu bezweifeln. Da tauchen mir mittlerweile zu viele der vielgerühmten „Goldstücke „auf. Das sind dann laut neuester Verlautbarung auch nicht mehr Atomchirurgen und Hirningenieure wie seinerzeit postuliert, sondern diesmal handelt es sich um Studenten (an dieser Stelle darf zynisch gelacht werden). Da ich aufgrund meiner Sozialisation in der DDR kyrillische Schrift lesen kann und durch eine Beziehung mit einer Ukrainerin die dortige Sprache einigermaßen verstehe und einige einfache Sätze zustande bringe, weiß ich, dass die Videos authentisch sind, wo mal wieder ein“Südländer “ ukrainischen Zivilisten die Plätze im Zug streitig macht.

  5. Felix Becker Antworten

    Lieber Herr Kelle, Ihr „Lob“ für Ungarn sollten Sie überprüfen! Eben wurde berichtet, dass Ungarn die ukrainischen Flüchtlinge nach außen freundlich nach innen aber sehr bürokratisch behindernd behandelt! Ihren aktuellen Blick auf die EU Teile ich.

  6. Angelika Antworten

    „Die Menschen machen mit, in vielen Ländern demonstrieren Zehn-, ja Hunderttausende gegen den arbarmungslosen Krieg Putins im ukrainischen Nachbarland“:
    Die würden auch gegen Hexen demonstrieren, die ihre Brunnen vergiften. Wenn sie es in den Medien hören würden. Die Masse ist blöd. Ob in Russland oder in „Europa“.
    Ich bin ja gespannt: Ob die Aufrufe der ukrainischen Politiker (Flugverbotszonen, Lieferung von Kampfflugzeugen, …), in Verbindung mit dem typischen westlichen Aktivismus „Wir müssen was tun“ dazu führen, dass demnächst Atombomben auf europäische Städte fliegen.
    Vor kurzem hätte ich mir nicht vorstellen können, wie es bei uns irgendwie zu einem Atomkrieg kommen könnte. Jetzt kann ich es. Und diese Mischung aus eisenhartem, leicht irrationalem Putin und typisch westlicher moralischer Haltungs-Trottel-Politik lässt es möglich erscheinen. Eventuell sollte man noch rechtzeitig diesen Trottelkontinent verlassen. In Asien, Afrika, Südamerika wird keine einzige Bombe fallen.

    • Angelika Antworten

      Anmerkung: Russland scheint derzeit unter dem Druck Chinas auf eine Eroberung der Ukraine zu verzichten. Es möchte nur die immerwährende Neutralität der Ukraine und die Krim und die Republiken im Osten der Ukraine für Russland.
      Ich denke, die US-Regierung würde das liebend gerne akzeptieren. Es ist nur die Frage, ob sie es gegen ihre heißgelaufenen Aktivisten und Medienschaffenden durchsetzen können.
      Die EU muss sowieso machen, was die USA sagen.

    • S v B Antworten

      Auch mir waren die immer forscheren Forderungen der Herren Selenski und Melnyk – so verständlich sie angesichts des schrecklichen Leides in der Ukraine auch sein mögen – von Anfang an „etwas suspekt“. Wenn man – inzwischen realistischerweise – ins Kalkül ziehen muss, dass eine wie auch immer geartete, aktive Beteiligung seitens auch nur eines Nato-Mitgliedes am Kriegsgeschehen durch einem atomaren Racheakt Putins quittiert werden könnte, ja mutmaßlich wird, tut der Westen gut daran, sich durch die immer nachdrücklicher und emotionaler vorgetragenen Bitten und Vorwürfe Selenskis und Melnyks nicht zu einem Schritt nötigen zu lassen, der für ganz Europa (und letztlich auch für die Ukraine selbst) schrecklichste Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Wie verständlich die immer lauter werdenden Anklagen der ukrainischen Regierungsvertreter auch sein mögen, der Westen sollte sich die Ratio und Standhaftigkeit bewahren, die ihn davor schützt, sich durch Präsident Selenski und Botschafter Melnyk zu einer brandgefährlichen Entscheidung drängen zu lassen. Was hätte ein atomar verseuchtes Europa der Ukraine noch zu bieten?

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