„Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“
Die junge Anwältin aus München hat es endlich geschafft. Die Hobby-Autorin, die es mit unermüdlichem Kommentarschreiben in den sozialen Netzwerken zu einem bescheidenen Ruhm bei Deutschlands „gegen Rechts“-Kämpfern gebracht hat, ist endlich im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung angekommen. Allerdings hat sie sich das möglicherweise ganz anders vorgestellt, denn der Artikel „Angst ist Gold“ von Johannes Boie deckt endlich einmal die Doppelmoral in diesen linken „Aufdecker“-Kreisen auf. „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“, hat Bertold Brecht einst formuliert, ein Satz, der mir beim Lesen der Süddeutschen heute Morgen spontan im Kopf aufblitzte. Denn darum geht es: Eine Anwältin, die sich so viel Mühe gegeben hat, irgendeine Relevanz im politischen Meinungsstreit der Bundesrepublik zu erlangen, die durch mäßig besuchte Veranstaltungen tingelt und Mitautorin eines Buches über sogenannte „gefährliche Bürger“ ist, die aber – wie Boie aufdeckt – offenbar gern gesehene Mandanten der Kanzlei dieser Hobby-„Aufdeckerin“ sind. Und deshalb die schonungslose Aufdeckung des rechten Sumpfes ein wenig…sagen wir…glattgebügelt hat.
In der Süddeutschen heißt es dazu:
„Die Änderungen am Text sind nicht klein. Inhaltlich schwerwiegend und umfangreich sind Streichungen und Umformulierungen in jenem Teil, der schließlich auf zwei Buchseiten zusammen schrumpfte, nämlich auf die Seiten 137 und 138. Auf jenen Seiten strich die Autorin zum Beispiel die Namen „Thorsten Polleit“, „August von Finck“, wie auch „Degussa Goldhandel“.
(…)
Polleit waren ursprünglich zwei längere Absätze im Manuskript gewidmet. Darin hieß es über den Ökonomen, er halte sein Gesicht „überall, wo es geht in die Kamera“, seine Voraussagen würden nach Ansicht der Autoren zwar oft nicht zutreffen, dürften aber „im Grundtenor immer im Sinne seines Arbeitgebers gewesen sein“. Polleit arbeitet für die Firma Degussa Goldhandel. Dem Milliardär August von Finck gehört das Unternehmen. Und weiter: Von Finck und Polleit seien interessiert daran, dass „das anlagefreudige Publikum immer eine Art Grundpanik verspürt und deshalb als gewissermaßen ‚sichere Investition’ fleißig Gold, Silber und andere Edelmetalle kauft“. Die beiden Männer profitierten so von der Angst, die die Neue Rechte verbreitet.
(…)
Im Buch steht kein Wort mehr davon. Aus Polleit wurde im Text ein „namhafter Edelmetall-Apologet“. Man muss als Leser schon sehr, sehr tief in der Szene stecken, um zu erahnen, wer gemeint ist. Auch von Fincks Name und Degussa wurden noch rechtzeitig vor dem Druck im gesamten Text des Buches gestrichen.“
Was lernen wir aus diesem Vorgang?
Bertolt Brecht hatte recht!
Der „Kampf gegen Rechts“ ist in Deutschland zu einem guten Geschäftsmodell geworden – und zu einem Förderprogramm für mässig talantierte Autoren.
Die Linke in Deutschland, auch wenn sie mit bürgerlichem Habitus auftritt, hat die Moral nicht für sich gepachtet. Wenn es um wirtschaftliche Interessen geht, wird gern mal Entscheidendes weggelassen bei den sauberen „Aufdeckern“.
Das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung von heute entlarvt eine widerwärtige Scheinheiligkeit, die hierzulande inzwischen leider Alltag geworden ist..