Es geht nicht um rechts oder links – es geht um wir oder die!
Es ist vier, fünf Jahre her, als mich eine junge Frau über Facebook anschrieb. Ihr Freund sei jetzt Funktionär der NPD und ob ich ihn wohl in meine Freundesliste aufnehmen möchte. Ich schrieb ihr, dass ich keine Freunde in der NPD habe und auch keine haben will. Sie verstand das nicht, weil nach ihrer Ansicht der Feind Links steht und alle, die nicht links seien, zusammenhalten müssten.
Genau das ist ein falsches Denken, denn der Feind meines Feindes ist deshalb nicht mein Freund. Und ich will auch kein völkische Getue, ich finde unsere demokratische, zivile und offene Gesellschaft grundsätzlich gut – auch, wenn mir manche Entwicklungen gegen den Strich gehen.
In Kassel wurde vor einigen Tagen der Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) mit einem Kopfschuss ermordet. Die Polizei hat jetzt den 45-jährigen Stephan F. festgenommen, den sie für den Mörder hält. Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen an sich gezogen, weil er diesen Fall für außergewöhnlich gravierend hält. Stephan E. soll Kontakt zur militanten Nazi-Gruppe „Combat 18“ gehabt haben und gehörte zum Umfeld der NPD. Die Morde des sogenannten NSU sind erst wenige Jahre her und haben ein Schlaglicht auf das geworfen, was im Untergrund einer menschenverachtenden Denkweise auch in Deutschland nach wie vor möglich ist.
Die politische Auseinandersetzung in Deutschland verläuft heute längst nicht mehr im alten Rechts-Links-Schema. Die Auseinandersetzung muss zwischen der Mehrheitsgesellschaft und dem extremistischen Bodensatz verlaufen. In der Weimarer Republik hat das Bürgertum im Kampf gegen die Radikalen jämmerlich versagt mit all den Folgen, all den Opfern, die den Namen unseres Landes noch in Tausende Jahren beschmutzen werden.
Politische Gewalt ist niemals zu tolerieren. Ideologisch oder religiös motivierte Gewalt ist niemals zu tolerieren. Das muss das Credo von uns allen sein. Denken und sagen, was man will – ja, auch wenn es wirrer Dreck ist. Das ist der Preis einer freien Gesellschaft. Aber Gewalt? Niemals! Es gibt keine gute Gewalt. Niemand hat das Recht, Repräsentanten unseres Staates zu ermorden. Niemand hat das Recht, politische Gegner zusammenzuschlagen oder auch nur zu bedrohen. Niemand hat das Recht, Autos von Politikern anzuzünden. Niemand hat das Recht, ganze Stadtteile am 1. Mai oder beim G 20-Gipfel in Schutt und Asche zu zerstrümmern. Niemand hat das Recht, Frauen als minderwertig zu betrachten und nach Belieben, sexuell zu nötigen oder zu vergewaltigen. Niemand! Niemand! Niemand!
Nicht hier, nicht in unserer Gesellschaft. Nicht in Deutschland. Und wir alle, das Bürgertum, die Zivilgesellschaft, wir müssen endlich vom bequemen Sofa aufstehen und diesen Zuständen konsequent ein Ende bereiten. Sonst werden wir dieses Land, unser Land verlieren.