Es lohnt sich, „1984“ noch einmal zu lesen

Es gibt im politischen Deutschland derzeit nur zwei Themen: Die Klimaerwärmung und den Kampf gegen Rechts. Wenn Sie Zeitung lesen oder Fernsehnachrichten anschauen: Klima – Rechts, Klima – Rechts, Klima – Rechts. Wir werden dauerberieselt, ob wir das wollen oder nicht. Und ja, natürlich steigen die globalen Temperaturen an. Und natürlich sehen wir jeden Tag, was für wirre Nazi-Idioten es auch unter uns in dieser Gesellschaft gibt, wenn sie nur an den Mörder von Halle neulich denken.

Ein Stadtrat einer Spaßpartei – und mit Spaßpartei meine ich jetzt ausdrücklich nicht die SPD – hat in Dresden gerade durchgesetzt, dass das Stadtparlament den „Nazi-Notstand“ ausruft. Das ist genau so unfassbar blöde wie die Städte, die sich einst selbst zur „atomwaffenfreien Zone“ erklärten. Hat es den Frieden sicherer gemacht? Natürlich nicht. Es hat allen aber vor Augen geführt, wie weit die Infantilisierung der politischen Debatte in Deutschland bereits damals fortgeschritten war. Und heute ist es nicht besser.

Im öffentlich-rechtlichen Radio hörte ich heute Morgen, dass die Klimaziele mit der geplanten Besteuerung des Flugbenzins nicht zu erreichen sei. Wen jucke es schon, wenn ein Flug nach Wien statt 80 demnächst 90 Euro koste? Ergo: Es müsse noch viel teurer werden, damit die Leute Reisen nach Wien mit der Bahn antreten. Mit einem Eselkarren wäre so eine Reise aus NRW nach Wien sicher noch klimaneutraler, denke ich.

Und dann wird darüber berichtet, dass sich die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg in den USA mit dem Schauspieler Leonardo diCaprio getroffen hat. Er habe dabei – die Welt hält den Atem an – zwei Selfies mit der jungen Schwedin gemacht. Das ist inzwischen in öffentlich-rechtlichen Nachrichten zweite Meldung.

Steter Tropfen hölt den Stein, sagt der Volksmund. Etablierte Politiker und ihre publizistischen Beiboote geben alles in diesen Tagen. Und erfreulicher Weise tragen sie mit dieser wirklich platten Stimmungsmache dazu bei, dass immer mehr Bürger skeptisch werden nach dem Motto der Jungen Freiheit „Wo alle einer Meinung sind, wird meistens gelogen.“

Ich muss in jüngster Zeit immer häufiger an George Orwells Roman „1984“ denken, der vom Leben in einem Staat handelt, der seine Bürger umfassend überwacht, der Begrifflichkeiten im Sinne der Herrschenden austauscht, die Vergangenheit immer wieder „anpasst“ und Freigeister, die nicht funktionieren wollen, ins gesellschaftliche Abseits befördert. Da gibt es das „Neusprech“, wir würden im modernen Medienzeitalter von „wording“ sprechen. Da gibt es Parolen, die den Bürgern immer wiederkehrend eingehämmert werden wie „Krieg ist Frieden“, „Freiheit ist Sklaverei“ oder „Unwissenheit ist Stärke“. Da gibt es Gedanken, die man nicht denken und Worte, die man nicht benutzen darf. Kommt Ihnen das bekannt vor? Wenn etwa linke Lobbygruppen unsere Sprache verändern, ohne dass dem irgendeine politische Kraft Einhalt gebietet?

Oder denken Sie an die „Geisterjäger“, wie ich sie nenne, die im sogenannten „Kampf gegen Rechts“ Geschäftsleute bedrohen, wenn sie unbotmäßig selbst zu denken wagen und die Arbeitgeber anschreiben, um falsch denkende Mitarbeiter anzuschwärzen und deren Entlassung zu fordern. Denken Sie an die 17 abgelehnten Anfragen der AfD in Berlin, die im rot-rot-grün regierten Berlin Räume für ihren Landesparteitag zu mieten versucht.

Denken Sie an Bernd Lucke und Christian Lindner (FDP), die an der Hamburger Universität zum Schweigen gebracht wurden oder gar nicht erst auftreten durften. Denken Sie an Thomas de Maiziére (CDU), der in Göttingen seine Lesung absagen musste, weil ein linksradikaler Mob die Zugänge blockierte. Wo ist da unser Staat, der das in Artikel 5 unseres Grundgesetzes festgeschriebene Recht auf freie Rede durchsetzt? Wo ist der Bundespräsident, wenn man ihn mal braucht?

Nein, Deutschland 2019 ist natürlich nicht Orwells „1984“. Und die Bundesrepublik ist noch lange nicht wie die DDR. Publizisten wie Vera Lengsfeld,  wie Henryk Broder, Dieter Stein, Matthias Matussek, Thilo Sarrazin, viele andere und auch ich wären in einem solchen Staat längst ausgeschaltet – wie auch immer. Aber die Entwicklung ist besorgniserregend. Denken Sie allein an den inflationären Gebrauch des Begriffes „Nazi“ im politischen Meinungskampf, der eine Verhöhnung der Opfer der wirklichen Nazis von einst darstellt!

Das Beunruhigendste von allem ist dabei, wie bereitwillig die Masse der Bevölkerung dem allen folgt. Selbst kluge Köpfe, im Leben stehend, Familie, Beruf, anständiges Einkommen, plappern selbst den größten Schwachsinn nach, wenn es nur jemand im Fernsehen gesagt hat. Diese träge und desinteressierte Masse macht mir persönlich inzwischen mehr Angst als die Radikalen von Rechts und Links und dem Islam zusammen…