Die Merkel-Dämmerung ist im politischen Berlin überall greifbar. Nach der Pleite bei der Bundestagswahl, die die Frau aus der Uckermark wohl zunächst wieder ins Kanzleramt spülen wird, ist der Nimbus der Unbesiegbarkeit weg. Ja, die Union ist weiter mit Abstand stärkste politische Kraft im Land, aber noch eine Klatsche wie am 24. September kann sich die Partei nicht leisten. Dazu kommt ein beträchtlicher Aderlass an Mitgliedern, keineswegs nur der hohen Sterberate in einer überalterten Partei geschuldet.

Das nächste Reformvorhaben im deutschen Parteiensystem ist die CDU. Kaum vorstellbar, dass die notwendigen Schritte dazu von Angela Merkel selbst eingeleitet werden. Ein Bundestagsabgeordneter der CDU sagte mir dazu letztens in einem Vier-Augen-Gespräch: „Die interessiert sich vielleicht noch für Europa, aber die deutsche Innenpolitik ist der egal.“ Ist DER egal… Respekt geht anders.

Wer soll’s denn machen, fragen Sie jetzt vielleicht. Kanzlerin – im Moment wohl alternativlos. Parteivorsitzende – jederzeit ersetzbar, wenn sich die Partei endlich dazu durchringt. Vorstellbar wären ein halbes Dutzend Kandidaten und Kandidatinnen. Ursula von der Leyen? Das wäre ein Treppenwitz, nachdem sie einst die Familienpolitik der Union pulverisiert hat. Und nun mit dem Ruinieren der Bundeswehr ihr Meisterstück an Diletantismus abliefert. Aber Julia Klöckner? Jens Spahn? Carsten Linnemann? Günter Krings? Alles möglich, alles gute Leute. Nur: Es muss endlich mal einer aufstehen…

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Dieser Artikel wurde 12 mal kommentiert

  1. Jens P. Antworten

    Das Volk liebt den Verrat, aber nicht den Verräter. Daher traut sich keiner aus der Deckung. Profitieren würde ein anderer.
    Leider werden wir auch in unserer Gesellschaft sehr glatt gebügelt. Abweichende Meinungen werden hysterisiert und in den Extremismus übergeleitet.
    Mir fällt aktuell nur ein Politiker ein, der konsequent seiner Meinung treu bleibt und sich auch den Wind in das Gesicht blasen lässt. Das ist Markus Söder.
    In der CDU hätte ein Kurz oder Macron keine Chance. Die gebauten Personen sind nett, aber sind nicht als starker Charakter aufgefallen Andonsten hätten Merkels Handlangrt die schon längst entsorgt.

  2. Christian Konrad Adleff Antworten

    Ja, alles richtig.

    Alkerdings, warum liegt in dieser offensichtlich deutlichen Situation wieder der Fokus auf Einzelpersonen? Warum wird nur von Einzelpersonen verlangt, aufzustehen und zu sagen, „Jetzt reicht’s.“ Warum steht nicht -auch von außen deutlich sichtbar und verbal unmissverständlich- eine große(!) Gruppe auf, und verweigert die Gefolgschaft? Wenn dem so geschieht, wäre das die Ermutigung für die Einzelperson.

    Aber bitte, bitte nicht Herr Spahn.
    Er ist m.E. bestimmt kein „Konservativer“.

  3. colorado 07 Antworten

    Es steht keiner auf, weil sie das Aufstehen nicht gelernt haben und immer, wenns nötig gewesen wäre, sitzen geblieben sind.

  4. Klaus Beck Antworten

    Zitat: „… alles gute Leute“.

    In der CDU? Ah ja … oder wie die jungen Leute heute sagen: „Wow!“
    Oder ernster gefragt: Ist das tatsächlich ernst gemeint?

    Wer heute als CDU-Mitglied daran glaubt, dass in der CDU „gute Leute“ sind, den frage ich, warum diese angeblich „guten Leute“ den Weg in den „Failed state“ Deutschland 2017 jahrelang willenlos bis begeistert, sklavisch bis opportunistisch und unauffällig bis hochnotpeinlich mitgegangen sind.

    Ich frage diese CDU-Mitglieder, wo eigentlich die ganz persönliche Grenze jedes einzelnen Mitglieds an Verantwortung, Moral, Schuld oder auch Scham liegt, bis „wohin“ man denn eigentlich mit denen da „oben“ mitzugehen gedenkt.

    Und ich frage diese CDU-Mitglieder, ob sie auch in einem Kaninchenzüchterverein tatsächlich Mitglied bleiben würden, in dem die Vorstandschaft auf die Satzung sch …, den Karnickeln nur noch verdorbenes Futter gibt und sie schließlich alle auswildert, weil Wellensittiche ohnehin viel schöner sind als die blöden Karnickel.
    Und würden CDU-Mitglieder wirklich auch in einem Fußballverein Mitglied bleiben, in dem der Vorstand die DFB-Regularien beerdigt hat, die eigene Mannschaft nur noch mit 8 Spielern gegen 11 antreten, das eigene Tor fünf Meter breiter machen und bei jedem Spiel so lange nachspielen will, bis der Gegner endlich mit drei Toren Unterschied gewonnen hat.
    Ja, wirklich? Tolle Leute, diese CDU-Mitglieder …

    Mit der endemisch und meist in falschem Konnex zitierten historischen Verantwortung dürfte es für einen – im besten Sinne des Wortes – liberal denkenden Menschen in dieser Gesellschaft nur eine Entscheidung geben: den sofortigen Austritt aus dieser Partei.

    Und nichts gegen Sie, Herr Kelle, aber mit mir hat schon seit zwei Jahren kein CDU-Mitglied mehr persönlichen oder beruflichen Kontakt, was ich schon meiner eigenen Psychohygiene (quasi dem Futter für die eigene Resilienz) schuldig bin, sodass ich – sofern ich dann noch leben werde – das mir auch heute immer noch retrograde Peristaltik abnötigende Verleugner-Gestammel unserer Altvorderen à la „Ich habe das alles nicht gewusst“ zukünftig nicht bemühen muss.

    Moral- und Verantwortungsethik bedingen, dass man (frei nach Adorno) eben kein gutes Leben im schlechten führen kann.

    • S v B Antworten

      Richtig, Herr Beck. Es hat tatsaechlich den Anschein, dass die gute alte CDU inzwischen gruendlich abgewirtschaftet hat; und zwar auf der ganzen Linie. Vom einen oder anderen in Herrn Kelles Artikel genannten „Erneuerungskandidaten“ hatte ich etliche Jahre lang so einiges gehalten, aber leider haben auch sie sich durch fehlende Haltung in der juengeren politischen Vergangenheit in einem fuer mich absolut inakzeptablen Masse diskreditiert. Ich habe die Entwicklung der CDU/CSU-Politakteure waehrend der letzten beiden Jahren mit groesster Aufmerksamkeit verfolgt. Ein glaubhafter(!) Wille zu einer Richtungsaenderung ist fuer mich – und gewiss fuer zahllose andere ehemalige CDU/CSU-Waehler zu keinem Zeitpunkt sichtbar geworden; dies gilt bis zum heutigen Tage.

      Allen im Blog Anwesenden herzliche Gruesse aus Swaziland sowie alles Gute fuer 2018!

  5. Ruth Antworten

    Die Garde der Dauerklatscher

    Die CDU Mitglieder beim Parteitag hatten die Gelegenheit, Fakten zu thematisieren und deutliche Worte zu sprechen. Doch was ist passiert, immer wieder? Dauerklatschen war angesagt! Und wenn einer ein wenig gemuckt hat, wurde er nicht nur von Mutti zurecht gewiesen, sondern alle anderen haben sich auch weg geduckt. Keiner hatte die Courage Mutti deutlich zu widersprechen und wenigstens auf die Einhaltung der existierenden Gesetze zu pochen.

    Und diese Leute, sollen jetzt in der Lage sein, das Ruder zu übernehmen?

    Und dennoch, es wäre die einzige Chance für die CDU aus diesem andauernden Irrsinn auszubrechen. Aber es reicht nicht, wenn nur eine(r) aufsteht, es müssen viele aufstehen. Und diese müssen auch konsequent all die „Minister“ zum Rücktritt zwingen, die in der GroKo aktiv waren – denn all diese sind mit verantwortlich für die Politik.

    Ob es dazu kommen wird? Ich wage es zu bezweifeln.

    Bis dahin wird es noch viele Kerzen für Marias und Mias geben – und „Experten“ werden uns nach solchen Taten wieder die schwere Kindheit der „Buben“ erklären, für die wir ja Mitgefühl haben müssen.

    Gesunder Menschenverstand ist all den verantwortlichen Politikern leider abhanden gekommen.

  6. Felix Becker Antworten

    Ich warte täglich darauf, dass Einer oder Mehrere in der CDU endlich aufstehen. Merkel könnte nach „Abwahl“ doch zu den GRÜNEN gehen?

  7. Klaus B. Antworten

    Bei allem Respekt vor den Vorrednern – es ist gar nicht so einfach, eine regierende Kanzlerin aus den eigenen Reihen zu stürzen! Am einfachsten geht es natürlich, wenn ein Andrer die Wahl gewinnt – wie seinerzeit Gerhard Schröder oder sich 2 Verlierer zusammen tun, wie damals Willy Brandt und Walter Scheel: man muss halt ne Mehrheit zusammenkriegen. Geht aber nicht, weil keiner sich an die AfD herantraut.

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