GASTSPIEL CHRISTEAN WAGNER: Angela Merkel muss ihren Kurs korrigieren

Die deutsche Politik hat in diesen Monaten die schwierigste Phase der Regierungsfindung und -bildung zu bestehen, die es seit Gründung der Bundesrepublik gegeben hat. Dieser Sachverhalt folgt aus der Tatsache, dass sowohl Union als auch SPD bei der Bundestagswahl ihr historisch jeweils schlechtestes Ergebnis erhalten haben. Der erste Anlauf, eine Koalition zu schmieden, ist gescheitert. Die FDP hat die sogenannte Jamaika-Sondierungen beendet, weil sie bei einem Teil der Spitzenvertreter der Union eine größere Nähe zu den Grünen befürchtete. Die SPD hat noch am Wahlabend eine Große Koalition ausgeschlossen. Der Wähler hat mit seiner Stimmabgabe seine Pflicht getan. Nun sind die Gewählten dran. Diese haben das Wahlergebnis nicht zu beklagen, sondern zu gestalten. Auf Druck des Bundespräsidenten öffnet sich nun in diesen Tagen die SPD für Gespräche mit der Union. Zweifellos wäre für die Stabilität einer neuen Bundesregierung eine verbindliche Koalition zwischen Union und SPD das Beste. Aber sicher ist die nicht. Deshalb wäre es vorschnell, eine Minderheitsregierung kategorisch auszuschließen. Sie hätte auch ihre Vorteile, sie kann allein durch administratives Agieren Kontinuität und Stabilität wahren.

Einen wesentlichen Beitrag zur Stabilität unseres Landes muss die Union selbst leisten, indem sie selbstkritisch und schonungslos die Ursachen für ihr schlechtestes Wahlergebnis seit 1949 offenlegt. Die CDU hat in allen Bundesländern, in denen sie angetreten ist (also außerhalb Bayerns ohne CSU), 26,9 Prozent erzielt – ein nicht hinnehmbarer Tiefstand! Hier ist die Parteivorsitzende Merkel gefordert. Anstatt eine sichtbare Kurskorrektur vorzunehmen, weicht sie seit dem Wahltag beharrlich einer Fehleranalyse aus und behauptete wenige Stunden nach Schließung der Wahllokale, sie wisse nicht, was sie falsch gemacht habe und was sie jetzt anders machen müsse. Wenn sie vorschnell reklamiert, sie wolle im Falle von Neuwahlen wieder Spitzenkandidatin sein, dann muss sie erklären, mit welchen Inhalten und Korrekturen sie sicherstellen will, dass das katastrophale Ergebnis sich nicht wiederholt. Dazu gehört, dass sie ihre Regierung verjüngt und für personelle Neuanfänge sorgt. Ursachen für das schlechte Abschneiden sind zweifellos die Flüchtlingskrise und die Vernachlässigung der liberal-konservativen Anhängerschaft. Beides hat zum Erstarken der AfD geführt. Hier liegt der fundamentale Korrekturbedarf!

Der Autor ist Sprecher des Berliner Kreises, eines Zusammenschlusses konservativer CDU-Politiker

image_pdfimage_print

Dieser Artikel wurde 4 mal kommentiert

  1. Jens P. Antworten

    Angela Merkel hat doch schon eine Fehleranalyse gemacht. Sie hat nichts falsch gemacht. Nur die Bevölkerung hat sie nicht verstanden. Damit ist Angela Merkel in Ihrer Unfehlbarkeit eindeutig auf der Stufe des Papstes angelangt.
    AM wird nie Fehler zugeben. Eine Kurskorrektur kann die CDU nur ohne sie und ihre Abnickertruppe hinbekommen. So wie sie die Loslösung von Kohl gefordert hat, muss sich die CDU von ihr lösen.

  2. Ruth Antworten

    Vertrauen in die etablierten Parteien geht weiter verloren.

    Viele Wähler hatten nach dem Ergebnis der Bundestagswahl sicher gehofft, dass die Parteien, die am meisten an Stimmen verloren haben, endlich nachdenken, Fehler erkennen und nun schnellstens alles dafür tun, diese Fehler zu korrigieren. Doch genau das Gegenteil ist passiert!

    Die Sondierungsgespräche zu einer eventuellen Jamaika-Koalition waren schon eine Farce. Weshalb finden solche Gespräche hinter verschlossenen Türen statt? Geht es nicht um unser Land, um die Interessen unserer Bevölkerung? Was wollen diese „Politiker“ vor uns verbergen – und vor allem warum? Sie werden von uns bezahlt, sollten unsere Interessen vertreten.

    Wer sich die 61 Seiten des ‚geheimen‘ Sondierungspapiers vom 15/16 November mal in Ruhe anschaut, kann sich vorstellen, das es keinen gehbaren Weg gab, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen und welche Partei unerfüllbare Forderungen gestellt hat.

    Ich war erleichtert, das diese „Vereinbarungen“ letztendlich nicht unterzeichnet wurden.

    Doch die Posse ging weiter: der Sozialdemokrat mit Leib und Seele, jetzt dank Herrn Gabriel im Amt des Bundespräsidenten, lässt bitten und redet den Parteien ins Gewissen, Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung? Seit wann übernimmt ein Politiker für irgendwas Veranwortung? Wieder finden diese Gespräche hinter verschlosenen Türen statt, wieder darf von diesen Gesprächen der Pöbel, der zwar im Grunde alles bezahlen muss, nichts erfahren. Man habe Stillschweigen vereinbart, verkündet man noch vor der wartenden Presse. Ach so – geht uns im Grunde ja auch alles gar nichts an.

    Die Parteien, die mit ihrer Politik in der GroKo in den letzten Jahren, unserer Land dahin gehend „modernisiert“ haben, das Recht und Gesetze ausgesetzt werden, dass wir Weihnachtsmärkte mit Pollern sichern müssen, das die Rechtsansprüche, die jeder der ins Land kommt – egal ob rechtswidrig oder nicht, von uns bald nicht mehr bewältigt werden können, sollen also weiter machen wie gehabt. Das wäre der Wille des Wählers? Komisch, mein Wille war das nicht, auch nicht der Wille meines Nachbarn.

    Gemäß den Vorgaben von Herrn Steinmeier soll nun die SPD nun die Komödie mit spielen, man windet sich ein wenig hin und her, um dann so zu tun, als ob man halt „Verantwortung“ übernehmen würde – ihn Wahrheit geht es jedoch nur darum, lieber Frau Merkel krampfhaft bei ihrer Gier nach Macht zu unterstützen, gleichzeitig die bliebten Pöstchen für das eigene hochkompetente Team wie Herrn Gabriel, Herrn Maas, Frau Nahles, Frau Özuguz oder Frau Hendricks festzuzementieren, als das Risiko einzugehen und demokratisch das Volk abstimmen zu lassen. Man fürchtet eine noch größere Schlappe als im Oktober.

    Es ist absolut lächerlich, dass die SPD, die etliche Jahre mit in der Regierungsverantwortung war, jetzt plötzlich in der Politik um solche Veränderungen ‚bemüht‘ ist, die sie die ganze Zeit nicht ernsthaft versuchte durchzusetzen.
    Wenn man die „Ehe für alle“ und Genderschwachsinn durchziehen kann, dann hätte es – mit etwas Einsatz – auch bei wirklich wichtigen sozialen Fragen gereicht.
    Es herrschte in der GroKo keine richtige politische Auseinandersetzung, sondern Einheitsbrei mit gelegentlichen Scheingefechten und (Waffen)Stillstand.
    Wenn man nicht einmal eigene – angeblich wichtige – Hauptpunkte des letzten Koalitionsvertrags durchsetzen konnte – WIESO sollte es für die SPD jetzt noch eine dritte Chance geben?
    Nein – Die haben es in den letzten Jahren nicht geschafft und diese gleichen „Politiker“ werden es auch in den nächsten Jahren nicht schaffen.

  3. Klaus Beck Antworten

    Tut mir leid, aber ich habe in diesem qualitativ hochwertigen Blog noch nie einen derart oberflächlichen Artikel gelesen, der sich in inhaltsloser Beschreibung des Ist-Zustandes und in diversen, durch die rosarote CDU-Parteibrille gesehenen Trivia verliert.

    Zitat: „Zweifellos wäre für die Stabilität einer neuen Bundesregierung eine verbindliche Koalition zwischen Union und SPD das Beste.“

    Wie bitte?
    Diese, einer klassischen Bandenstruktur nicht unähnliche Vereinigung von Politikdarstellern – inklusive (!) aller 100-%- und 11-Minuten-Klatscher an der Basis – hat dieses Land und diese Gesellschaft in einem unfaßbaren Tempo und in einem unfaßbaren Opportunismus zumindest in die Nähe des „Failed state“ gebracht, während journalistisch tätige CDU-Mitglieder (allen voran Bassam Tibi) hochintellektuelle Erörterungen für den Oberstufen-Deutschunterricht verfassen, dabei aber leider ihr mittels Parteibuch abgegebenes Dauer-Votum für die vorgenannten Protagonisten vergessen. Das ist eitler Journalismus für die Tribüne, nicht ehrlicher Journalismus für die Gesellschaft …

    Ungeachtet dessen, dass sich Journalismus und Parteizugehörigkeit eben nicht vertragen (u. a. „Journalists do not take part in politics.“, aus: „Company Policy on Ethics in Journalism“ der New York Times), ist es schon eine der erstaunlichen Phänomene von Verdrängung und Verleugnung bei Menschen, aus derart pervertierten Parteikonstrukten wie CDU/CSU und/oder SPD – schon zur Wahrung der eigenen Psychohygiene – nicht schnellstmöglich auszutreten, sondern brav weiter seinen Mitliedsbeitrag zu zahlen auf die sich hoffentlich irgendwann mal einstellende „Stabilität“ dieser beiden Abrissunternehmen zu hoffen.

    Aber wenn es Ihnen hilft, dann natürlich gerne weiter …

  4. colorado 07 Antworten

    An Jens P.
    Den Ring der „Abnickertruppe“ durchbrechen, das wäre die höchste Priorität, um die Alternativlosigkeit an der Spitze zu Fall zu bringen. Das kann aber nur die Partei selbst tun.

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert