GASTSPIEL MARTIN D. WIND: Von Heiko und der Bürgerwehr

Stellen Sie sich vor, Sie besäßen einen großen Park. Diesen Park machen Sie der Allgemeinheit zugänglich: Jeder kann kommen und gehen wie er will. Man darf dort zusammensitzen, reden, grillen, Fußball oder auch Pétanque spielen, sich in der Sonne fläzen oder viele Runden schwitzend im Kreis laufen. All´ das ist dort möglich. Am Eingang Ihres Parks stehen ein paar Schilder, die darauf hinweisen, dass hier die üblichen Regeln zwischenmenschlichen Agierens, menschlichen Verhaltens und das gültige Gesetz gelten. Soweit, so schön.

Wie in menschlichen Gesellschaften üblich, gibt es immer Individuen, die solche Regeln nicht beachten wollen. Sie konsumieren Alkohol im Übermaß, entzünden zu große Feuer, werfen Glasflaschen durch die Gegend, handeln mit verbotenen Drogen und/oder überschreiten den gebotenen Anstand bzw. sogar das Gesetz beim Umgang der Geschlechter miteinander. Sie und Ihre Mitarbeiter mühen sich redlich, das Geschehen in den Griff zu bekommen. Sie ermahnen, sie drohen mit Sanktionen, sie erteilen Platzverweise und für einige endet der Mangel an Erziehung mit Hausverboten. Da wo strafrechtliche Grenzen überschritten werden, rufen die Menschen die Polizei und erstatten Anzeigen. Gerichte kümmern sich dann – meistens leider erst nach geraumer Zeit – um die rechtliche Aufarbeitung des Geschehens. Richter – mithin studierte Juristen – beurteilen und verurteilen auf der Grundlage von Beweismitteln und Zeugenaussagen.

Irgendwann gefällt dem Bürgermeister das Treiben im Park nicht mehr. Er ist der Meinung, dass Sie „den Laden nicht im Griff“ hätten. Sie sind da zwar anderer Meinung und verweisen auf die bestehende und ausreichende Rechtslage, die jegliches Fehlverhalten bereits erkenn- und sanktionierbar macht. Das interessiert den Bürgermeister nicht. Sie gestehen zu, dass die alarmierte Polizei wegen Personalmangels manchmal sehr spät oder gar nicht am Ort des Geschehens auftaucht. Und Sie bemängeln zu Recht, dass die Gerichte oft recht fragwürdige Entscheidungen treffen. Aber auch das will der Bürgermeister nicht hören. Er will, dass Sie die innere Sicherheit des Parks gewährleisten. Und da er Sie nicht überzeugen kann, wendet er „Gewalt“ an.

Der Bürgermeister zwingt Sie unter Androhung schwerer Strafen, die Ihre wirtschaftliche Existenz empfindlich angreifen, ja zerstören können, alle „Delikte, die eventuell strafrechtlich bewehrt sein könnten“ umgehend, längstens aber innerhalb von 24 Stunden zu unterbinden. Der Bürgermeister, in dessen Beritt auch die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit der Gesellschaft eigentlich läge, übergibt demnach Ihnen die Verantwortung für ein Geschäft, das eigentlich er betreiben müsste. Allerding müsste der Bürgermeister dann selbstverständlich die Personalstärke bei der Polizei, den städtischen Ordnungskräften und in der Richterschaft massiv aufstocken. Es ist ihm dabei vollkommen egal, dass Ihnen und Ihren Mitarbeitern dazu jegliche juristischen Kenntnisse fehlen und dass eine solche Selbstjustiz vom Gesetz her sogar ausdrücklich untersagt ist.

Sie wissen sich in Ihrer Not dann nicht mehr anders zu helfen, als eine selbst zusammengetrommelte Bürgerwehr aufzustellen. Diese juristisch ungebildeten und meistens auch noch ideologisch stark befangenen Minijobber erhalten demnach so was wie „hoheitliche Befugnis“ auf höheres Geheiß von jemandem, der dazu nach Rechtslage nicht mal ein Recht dazu hat. Schon nach kurzer Zeit wird deutlich, dass Ihre Büttel besonders sensibel den Hinweisen von Denunzianten nachgehen, die aus zumeist politischen Gründen Gespräche in Ihrem Park unterbunden sehen wollen. Sie erteilen Redeverbote und Platzverweise, sie sprechen Hausverbote aus und vertreiben Menschen von den ihnen liebgewordenen Plätzen. Sie tun demnach ohne jegliche rechtliche Grundlage – es gibt keine gerichtsfesten Urteile – genau das, was in unserer Gesellschaft schon immer befürchtet wurde, wenn sich Bürgerwehren bilden: Das Recht wird nicht mehr von Gerichten gesprochen sondern von der Hand der willkürlich agierenden Bürgerwehrhorden angewandt. Das alles mit dem „Segen des Bürgermeisters“.

Und jetzt denken sie bitte kurz mal darüber nach, an was Sie dieses Dystopie erinnert. Ich bin sicher, Sie werden die Analogie zu Heiko Maas als Bürgermeister, zu Mark Zuckerberg als „Eigentümer des Parks“ (facebook) und zu den „Bürgerwehren“ (Avarto, Tochterunternehmen von Bertelsmann oder auch den ideologischen Schreibtischtätern der Amadeu-Antonio-Stiftung unter der Leitung der ehemaligen STASI-Mitarbeiterin Anetta Kahane) sehr leicht erkannt und durchschaut haben. Ich frage mich, weshalb in Deutschland so viel Vorbehalte gegen Bürgerwehren zur Abwehr von Straftätern in Wohngebieten besonders aus dem grünen und linken Milieu vorgebracht werden. Gleichzeitig aber bejubelt dasselbe Milieus diese Bürgerwehren im geistigen und politischen Diskurs geradezu hymnisch. Fragen Sie sich das auch?