GASTSPIEL von FRANK-CHRISTIAN HANSEL: Wie der linke Demokratierettungswahn an sich selbst implodiert

Es gehört zu den großen Ironien unserer Zeit, dass der Versuch, die Demokratie, als „Unsere Demokratie“ zu retten, zunehmend ihre eigenen Fundamente untergräbt.

Unter dem Banner des „Kampfes gegen Rechts“ entfaltet sich in Deutschland ein moralischer Absolutheitsanspruch, der das Politische in alle Lebensbereiche trägt und dabei die liberale Demokratie von innen aushöhlt.

Der freiheitliche Staat verlangt von seinen Bürgern nicht mehr als Gesetzestreue. Er fordert keine Gesinnungstreue, keine ideologische Zustimmung. Genau diese Zurückhaltung ist der eigentliche Schutzwall der Demokratie: Bürger sollen einander im Alltag als Gleiche begegnen, unabhängig von ihren politischen Ansichten. Dort, wo diese Gleichrangigkeit aufgegeben wird, wo Menschen aufgrund ihrer Gesinnung aus alltäglichen Räumen ausgeschlossen werden, beginnt der eigentliche Erosionsprozess der freiheitlichen Ordnung.

Was ursprünglich als legitimer Schutz vor tatsächlichem Extremismus begann, ist längst zu einem umfassenden moralischen Regime geworden. Ein staatlich geförderter Apparat aus „Zivilgesellschaft“, Medien und Aktivisten hat sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur Gewalttäter zu bekämpfen, sondern jede Form von Abweichung von der als einzig legitim definierten Meinung zu sanktionieren.

Die Methoden sind dabei subtil, aber wirksam

Man verweigert politischen Gegnern den Service im Restaurant, grenzt ihre Kinder in Kitas aus, kündigt ihnen die Bankkonten oder setzt Unternehmen unter Druck, die es wagen, ihnen Räume zu vermieten. All dies geschieht formal im Rahmen der Vertragsfreiheit, doch in Wahrheit entsteht eine informelle Gesinnungszensur. Die bürgerliche Gleichbehandlung wird durch eine moralische Vorauswahl ersetzt, bei der nicht mehr die Rechtstreue zählt, sondern die „richtige“ Haltung.

Noch bedenklicher wird es, wenn diese Praktiken in die Herzkammer der Demokratie, in die Parlamente selbst, vordringen. So erleben wir etwa nicht nur im Berliner Abgeordnetenhaus, dass frei gewählte Abgeordnete einer bestimmten Oppositionspartei von Gremien ausgeschlossen werden. Sie dürfen an Enquete-Kommissionen oder anderen parlamentarischen Prozessen nicht teilnehmen, obwohl sie vom Volk legitim gewählt wurden. Damit findet dieselbe Art von Ausgrenzung, die man aus dem gesellschaftlichen Alltag kennt, auch im Herzen der Demokratie statt.

Besonders bezeichnend ist, dass sich daran nicht nur die linke Seite des politischen Spektrums beteiligt, sondern auch die CDU, die sich eigentlich als bürgerliche Kraft verstehen sollte.

Indem sie solche Ausgrenzungen mitträgt, desavouiert sie sich selbst und untergräbt die Grundprinzipien parlamentarischer Demokratie. Wer den politischen Gegner aus den Gremien verbannt, verbannt letztlich auch die Demokratie aus sich selbst.

Am Ende steht ein bitteres Fazit: Der Versuch, die Demokratie durch moralische Reinheitsgebote zu schützen, führt zu ihrer schrittweisen Erosion. Was als Kampf für Toleranz begann, endet in einer intoleranten Gesinnungsordnung. Wer im Namen der Demokratie politische Gegner aus dem gesellschaftlichen Leben drängt, zerstört die Grundlagen der liberalen Demokratie selbst.

Die wahre Verteidigung der Demokratie würde darin bestehen, das Politische wieder auf seine angemessenen Sphären zu begrenzen und jedem Bürger unabhängig von seiner Gesinnung gleiche Rechte zuzugestehen.

Solange dies nicht geschieht, wird diese absurde Form des Demokratierettungswahns weiter an sich selbst implodieren – und die liberale Demokratie von innen her aushöhlen. Denn eine Ordnung, die nur noch „richtige“ Meinungen duldet und „falsche“ Gesinnungen systematisch ächtet, verliert den Kern dessen, was sie eigentlich ausmacht.

Die Ironie dabei ist, dass dieser Prozess nicht nur von den üblichen linken Akteuren vorangetrieben wird, sondern auch von Parteien wie der CDU mitgetragen wird, die eigentlich ein Gegengewicht im Sinne eines Bürgerblocks gegen die Linksfront bilden sollten. Indem sie sich diesem moralischen Druck beugen und selbst an der Ausgrenzung von Oppositionsvertretern im parlamentarischen Raum beteiligen, unterminieren sie die Grundlagen der Demokratie, die sie zu schützen vorgeben.

Letztlich führt diese Entwicklung zu einem paradoxen Ergebnis: Die Demokratie wird im Namen ihrer Rettung ausgehöhlt. Die offene Gesellschaft, die auf Pluralismus und Meinungsvielfalt basiert, verwandelt sich in eine Gesellschaft der Gesinnungsprüfung, in der nur noch jene als vollwertige Bürger gelten, die sich dem moralischen Mainstream unterwerfen.

Solange dieser Kurs nicht korrigiert wird, wird der Demokratierettungswahn unter dem Motto eines imaginären „Kampfes gegen Rechts“ weiter an sich selbst implodieren und die Fundamente der offenen Gesellschaft weiter erschüttern. Die größte Gefahr für die Demokratie kommt dann nicht von ihren vermeintlich erklärten Feinden, sondern von jenen, die sie im Übereifer „retten“ wollen und dabei ihre eigenen vorbeglichen Prinzipien preisgeben.

Frank-Christian Hansel ist Abgordneter der AfD im Berliner Abgeordnetenhaus.