Herr Lawrow erzählt der Welt wieder etwas Neues über die Ukraine

Russlands Außenminister Sergej Lawrow gilt als ein gewiefter Taktiker, als ein Fuchs auf diplomatischem Parkett, dem man auf der ganzen Welt mit Respekt begegnet, auch wenn er nun einmal diesen Präsidenten im Kreml hat, der da gerade sitzt. In jüngster Zeit und in Bezug auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine kommt es aber immer wieder zu Aussetzern, die Beobachter zweifeln lassen, ob Lawrow selbst keinen Überblick mehr hat, wie gerade die russische Strategie ist, oder ob sein Boss die Strategie einfach alle paar Tage ändert.

Begonnen hat es mit großen Manövern der russischen Armee Anfang des Jahres an der Grenze zur Ukraine. Niemand habe die Absicht, die Ukraine anzugreifen, versicherten damals Putin selbst, Lawrow und andere Köpfe der Moskauer Nomenklatura. Ja, sie machten sich lustig darüber, als das Weiße Haus gestützt auf Analysen ihrer Geheimdienste erklärte, der russische Angriff sei beschlossen und stehe kurz bevor. Es war dann nicht der Mittwoch, den man in Washington erwartete, sondern ein paar Tage später. Aber die USA hatten jederzeit recht mit ihren Vorhersagen der Ereignisse.

„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten…“ Sie erinnern sich noch an Walter Ulbricht vom Zentralkomittee der SED von Moskaus Gnaden? Manche Dinge ändern sich nie.

Das russische und ukrainische Volk würden künftig zusammenleben, prophezeite Lawrow jetzt in Moskau. Aber wenn man sich die Lage in der Ukraine so anschaut, hat man den Eindruck, dass kaum einer in der Ukraine – immerhin 44 Millionen Menschen, wenn nicht gerade ein paar Millionen auf der Flucht vor der Zerstörungmaschinerie der russischen „Befreier“ sind – mit Russen zusammenleben will. Im Gegenteil. Russland brutales Vorgehen, Raketenangriffe auf zivile Wohngebiete, Vergewaltigungen, Deportationen haben den Hass auf Moskau deutlich verstärkt. Diese beiden Völker werden auf Jahrzehnte nicht wieder friedlich zusammenleben, das ist mal sicher, egal, wie es jetzt ausgeht.

Die erklärten Kriegsziele des Kreml sind, nur zur Erinnerung, dass die Ukraine die Gebiete Donezk und Luhansk abtritt und die bereits 2014 von Russland annektierte Krim als russisch anerkennt.

«Wir haben nicht vor, das Regime in der Ukraine zu wechseln», hatte der russische Chefdiplomat zu Beginn des Angriffs in einem Interview mit dem Fernsehsender „India Today“ gesagt. Es sei Aufgabe der Ukrainer, selbst zu entscheiden, unter welcher Führung sie leben wollten. Und wie klingt das heute?

«Wir helfen dem ukrainischen Volk auf jeden Fall, sich von dem volks- und geschichtsfeindlichen Regime zu befreien», sagte Lawrow gerade in Kairo. Sprunghaft oder notorische Lügner? Ich tendiere zu Letzterem.