Herr Senftleben von der CDU und die Wanderung der Lemminge

Kennen Sie die Lemminge? Reizende Tierchen, hamsterähnlich, „arktische Nager“, wie sie der deutsche Zoologe Alfred Brehm in seinem Nachschlagewerk „Thierleben“ aus dem 19. Jahrhundert beschrieb. Bekannt wurden die possierlichen Tierchen durch einen Disney-Film im Jahr 1957 mit dem Titel „White wilderness“ (Weiße Wildnis). Darin wird „dokumentiert“, was die Lemmige so den lieben, langen Tag machen: Sie wandern durch die Gegend in einer gigantischen Massenbewegung. Bis sie das Meer erreichen. Zu den folgenden spektakulären Bildern eines offenbar vollkommen sinnfreien Massenselbstmordes heißt es dann in dem Film: „Die Lemminge erreichen den tödlichen Abgrund. Dies ist ihre letzte Chance zur Umkehr. Aber sie laufen weiter, stürzen sich in die Tiefe.“

An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Filmcrew aktiv mitgeholfen hatte, die Tiere in Massen über die Klippen zu befördern. Muss ja nach etwas aussehen…

Damit kommen wir zur „modernen Volkspartei der Mitte“, für Manche inzwischen ein Synonym für Entkernung, Konturen- und Charakterlosigkeit in der Politik. Damit meine ich ausdrücklich nicht die vielen wunderbaren Mitglieder in den Ortsverbänden, die Tausenden engagierten Kommunal-, Landes-, Bundes- und Europaabgeordneten. All die Jungunionisten, ohne die Straßenwahlkämpfe der Union gar nicht mehr zu führen wären. All die streitbaren Damen der Frauen Union, die Mittelständler von der MIT, die ihren Beitrag zahlen und in Zeiten von Frau Merkel  in der Wahlkabine heimlich FDP ankreuzen. Und ganz besonders freue ich mich über die engagierten Männer und Frauen der WerteUnion, die die müde gewordene Partei derzeit rocken. Ganz ehrlich, ich mag die CDU, der ich – wie Sie wissen – seit 42 Jahren angehöre. Trotz allem…

Doch betrachten Sie zum Beispiel Jamaica-Dani, Ministerpräsident Daniel Günther an der Spitze der Landesregierung von Schleswig-Holstein, getragen von einer CDU-FDP-Grünen-Koalition. Der von sich behauptet, praktizierender Katholik zu sein. Als er noch Landesgeschäftsführer seiner Partei war, hätte wohl kaum einer dem vormaligen Projektbetreuer (1997 bis 1999) bei der Wirtschaftsförderungsgesellschaft „Kieler Initiativen“ in Kronshagen zugetraut, dass er mal so eine große Nummer an der Küste würde. Bei wikipedia lese ich, dass er zeitweise der einzige katholische Abgeordnete im Kieler Landtag war. So etwas gefällt mir… Nun also Ministerpräsident, Streiter für die Homo-Ehe und das Adoptionsrecht derselben, und vergangenes Jahr in den Schlagzeilen, als er seiner Partei „vernünftige Lösungen“ zum Umgang mit der SED-Nachfolgepartei, die zur Zeit Die Linke heißt, empfahl. Die CDU, Partei der Deutschen Einheit! Die Partei Adenauers und Kohls soll Kooperationen mit Erichs Erben eingehen? Man fragt sich unwillkührlich, welche Art von Drogen an der Küste gerade populär sind.

Die Existenz der DDR, umzäunt von Mauer und Stacheldraht, damit die Arbeiter und Bauern nicht aus dem Paradies flüchten konnten, war einer von zwei Gründen, warum ich im zarten Alter von 16 Jahren erst in Schüler Union, dann Junge Union und 1977 in die CDU eintrat. Menschen, die beim Versuch erschossen wurden, ihr Land zu verlassen. Kinder, die ihren Familien entrissen und völlig fremden Parteikadern übergeben wurden, wenn ein Elternteil erfolgreich „rübergemacht“ hatte. Brillante Köpfe, denen das Leben bewusst verpfuscht wurde, weil sie nicht zur Einheitspartei gehören wollten oder zum Beten regelmäßig in die Kirche gingen. Junge Leute, die von Schlägertrupps der Stasi mit Knüppeln auseinandergetrieben wurden, weil sie auf der Ostseite Wein trinken und rockige Fetzen von Konzerten der Weltstars, die damals vor dem unerreichbar scheinenden Reichstag auftraten, mithören wollten…

Alles schon vergessen? All das Leid, all die Tränen? Die zerstörten Familien? Die Stasi, die Mauer, die verschobenen Milliarden nach der Wende? Die Nachfolger der Verursacher von all dem sitzen auch heute noch in unseren Parlamenten. Gewählt von Menschen, deren Beweggründe ich niemals begreifen werde. Eine Partei zu wählen, hinter deren Kulissen Kontakte zu antifa-Linksextremisten ebenso gepflegt werden wie unverholener Hass gegen Israel. Haben Sie mal der ehemaligen Linke-Bundestagsabgeordneten (bis 2017) Inge Höger zughört? Zwölf Jahre saß sie im Parlament – eine „Westpflanze“ – und agitierte gegen Israel. Im November 2008 blieb sie mit anderen Abgeordneten der Linke-Fraktion demonstrativ einer Bundestagsabstimmung fern, die kurz vor dem 70. Jahrestag der Reichsprogromnacht die  Bekämpfung von Antisemitismus zum Gegenstand hatte. 2010 war sie an Bord eines Schiffskonvois linker Aktivisten in den Ghazastreifen, der von der israelischen Marine gstoppt wurde. Bei einer Konferenz in Wuppertal trug Höger 2011 einen Schal, der die Landkarte des Nahen Ostens ohne Israel zeigte. Nachdem der Bremer Landesverband der Linken im gleichen Jahr öffentlich zum Boykott israelischer Waren aufgerufen hatte, was an „Kauft nicht bei Juden“ erinnerte, kam die „einstimmige“ Distanzierung der Linke-Fraktion nur deshab zustande, weil 14 Linke-Abgeordnete vor der Abstimmung den Raum verließen, darunter Höger.

Ich glaube nicht, dass sie sich persönlich kennen, aber so ein gemeinsamer Leseabend der „Protokolle der Weisen von Zion“, abwechselnd vorgetragen von AfD-Wirrkopf Wolfgang Gedeon und der Linken Inge Höger hätte bessere Einschaltquoten als das RTL-Dschungelcamp.

Und nun also Ingo Senftleben, Spitzenkandidat der Brandenburger CDU für die demnächst stattfindende Landtagswahl. Das Mitglied u.a. im Förderverein SeeCampus Schwarzheide-Lauchhammer e.V. ist mir bisher nur ein einziges Mal aufgefallen. Unangenehm. Als er vor Monaten aktiv daran mitwirkte, den unerschrockenen Leiter der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen Hubertus Knabe zusammen mit Linken-Politikern und seiner Parteifreundin Monika Grütters aus Berlin aus dem Amt zu drängen. Immerhin, Grütters verzichtet nach massiven Protesten der Basis jetzt auf den Vorsitz der Berliner CDU. So hat alles auch irgendwie noch etwas Gutes.

Senftleben will in einigen Monaten Ministerpräsident von Brandenburg werden. Wer Brandeburg kennt, der fragt sich unwillkührlich: Warum eigentlich? Aber klar, er will natürlich seinem Land dienen, nah bei den Menschen sein und blabla… Der wackere Ingo hat angekündigt, nach der Landtagswahl im Herbst 2019 werde er „notfalls“ eine Koalition mit der Linken einzugehen. Von Jamaica-Dani lernen, heißt siegen lernen. Aber alles hat auch mal ein Ende, selbst für die geplagten Mitglieder der Union, die ihrer Partei bei Homo-Ehe, Atomausstieg und Flüchtlingspolitik gefolgt sind… wie die Lemminge. Eine Koalition in einem Bundesland zwischen CDU und SED-Nachfolgern aber, das könnte die Volkspartei der Mitte endgültig auf den Weg der SPD führen, die seit Jahren intensiv daran arbeitet, sich selbst in die Bedeutungslosigkeit zu führen.

Oben auf dem Foto sehen Sie übrigens den sterbenden Peter Fechter, einen 18-jährigen Studenten, der am 17. August 1962 gegen 14.15 Uhr mit einem Freund versuchte, die Mauer an der Zimmerstraße in Berlin zu überklettern und der DDR zu entfliehen. Fechter wurde dabei von drei Grenzsoldaten des SED-Regimes mit mehreren Schüssen getroffen und fiel auf Ost-Berliner Gebiet, wo er fast eine Stunde lang schwer verletzt im Todesstreifen lag und laut um Hilfe schrie. Polizisten auf der West-Seite stellten eine Leiter auf und warfen dem Studenten Verbandspäckchen zu. Niemand durfte helfen, es war ja DDR-Gebiet. Von dort kam niemand, um dem Sterbenden zu helfen. Erst als sich auf der West-Berliner Seite eine Menschenmenge ansammelte und immer lauter „Mörder! Mörder!“ skandierte, kamen Grenzer der DDR und transportierten Peter Fechter ab. Gegen 17 Uhr starb der junge Mann, verblutet unter den Augen eines Unrechtsregimes. Tragen heutige Linke-Politiker persönliche Schuld an Fechters Tod? Natürlich nicht. Ist die Linke eine ganz normale Partei, mit der die CDU koalieren sollte. Nie im Leben…