Hütchenspiel auf höchstem Niveau: Wie die AfD den alten Bundestag aushebeln wollte
Man kann wirklich nicht sagen, dass die AfD zu wenig spritzige Ideen hat. Irgendwo lässt sich immer eine Pirouette drehen, findet sich noch ein Kniff, kann man irgendwas irgendwie sicher noch verhindern. Davon lebt eine Partei, die in der Opposition feststeckt und sich – mangels Beteiligung an Entscheidungsprozessen, sprich: Macht – immer wieder etwas einfallen lassen muss, um das ihr zugeneigte Publikum bei Laune zu halten, wenn es an die Wahlurnen gerufen wird.
Beim milliardenschweren Finanzpaket, auf das sich Union, SPD und Grüne gerade geeinigt haben, und das zurecht für große Empörung in der Bevölkerung sorgt – allerdings aus unterschiedlichen Gründen – hat sich die AfD wieder etwas Pfiffiges einfallen lassen.
Gehen wir kurz einen Schritt zurück!
Die blaue Fan-Blase war ja vor der Bundestagswahl schon sicher, dass man im neuen Bundestag eine Sperrminorität erreichen werde. Wenn nicht allein, was die größten Optimisten für möglich hielten, dann ganz sicher aber mit Frau Wagenknecht und dem BSW, notfalls aber mit der SED, die heute unter „Die Linke“ firmiert.
Halten wir nun fest: Die AfD hat die Sperrminorität aus eigener Kraft ebenso wenig erreicht wie Frau Weidel das Bundeskanzleramt. Und Frau Wagenknecht ist – knapp – politisch verstorben.
Bleibt also die Linke
AfD und Linke sind am Freitag mit ihren getrennten Eilanträgen, die bevorstehende Sondersitzung des alten Bundestages abzusagen, vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert.
Am gleichen Tag kam die AfD dann aber mit einer neuen Idee um die Ecke.
Es gebe nämlich einen Weg, „diesen Irrsinn zu stoppen“, war sich Stephan Brandner, Zweiter Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD im Deutschen Bundestag, sicher. Denn gemeinsam mit der Linken käme man auf ein Drittel der Bundestagsabgeordneten im neuen Parlament – und könne damit einfach gleich am Montag den neu gewählten Bundestag zur konstituierenden Sitzung einberufen. Dann könnte es keine Milliardenschulden geben, weil der dann nicht mehr entscheidungsbefugte alte Bundestag gar nicht mehr existiert.
Brandner an die Sozialisten gewandt: „Deshalb fordern wir die Linken auf, die ideologischen Scheuklappen hier einmal abzulegen und mit uns die Einberufung des neuen Bundestags zu fordern.“
Hütchenspiel auf höchstem Niveau
Die AfD-Ansicht ist juristisch absurd. Oder wie Christian Görke, parlamentarischer Geschäftsführer der Linke, formulierte: Sie ist „irreführend und falsch“.
Denn genau dazu hatte sich am Freitag das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil auch geäußert:
„Eine Pflicht zur Einberufung des neuen Bundestages vor Ablauf des 30. Tages nach der Wahl (Art. 39 Abs. 2 GG) setzt jedoch voraus, dass der neue Bundestag den Willen zum Zusammentritt gebildet und sich dafür auf einen Termin verständigt hat. Daran fehlt es hier.“
Minderheitenrechte zur Einberufung des neuen Bundestags habe man erst mit der Neukonstituierung des 21. Deutschen Bundestags. Und dazu braucht man nicht ein Drittel, dazu braucht man eine Mehrheit der Abgeordneten. Hat eine solche Mehrheit den neuen Bundestag einberufen, erst dann kann die nächsten vier Jahre auch ein Drittel der Abgeordneten das Parlament einberufen.
Und im Übrigen habe die Linke nicht im Geringsten vor, irgendwas mit der AfD gemeinsam zu beschließen.
„Man hebelt ein demokratisch fragwürdiges Verfahren nicht aus, indem man mit den Feinden der Demokratie zusammenarbeitet. Die Linke steht fest zu dem Grundsatz, niemals mit Faschisten zusammenzuarbeiten“, antwortete Linken-Chefin Ines Schwerdtner am Freitag auf die blaue Offerte.
Mal schauen, was der AfD nächste Woche einfällt…