In der Warteschlange: Aktuelles Bulletin zu meiner Gesundheit und Befindlichkeit

Es dauert eine Weile und Mühe, mich wirklich auf die Palme zu bringen, aber vorhin wurde ich gegenüber einer Bediensteten meines bis heute noch Facharztes des Vertrauens etwas deutlicher. Nach einer Stunde und 45 Minuten mit – erträglichen aber unangenehmen – Schmerzen im Wartezimmer sitzend, beschloß ich, mir einen neuen Arzt für diese Art von Krankheit zu suchen.

Nun können Sie sagen, der Lack ist halt ab in Deinem Alter, Kelle, aber wenn das sogenannten Gesundheitswesen nach Profit strebt – manche sagen sogar das machen sie mehr als sich um die Gesundheit der Leute zu kümmern – dann erwarte ich als Kunde, zumal mit Schmerzen, dass ich auch wie ein Kunde behandelt werde.

Vorweg: Ja, ich bin Kassenpatient. Damals, als wir zunehmend Kinder in die Welt setzten, war es irgendwann kostengünstiger, in einer gesetzlichen Krankenversicherung zu sein. Und jetzt hänge ich da halt immer noch drin. Aber irgendwann hat ein Rechtspopulist mit Schmerzen auch das Recht, behandelt zu werden, wie ein normaler Patient. Und zu Ihrem besseren Verständnis: Ich hatte keinen Termin, sondern hab gestern in der Praxis angerufen, nachdem der Versuch, mich brav online anzumelden, mit der Mitteilung endete, ich könne in drei Wochen kommen. Aber weil mir ja was wehtut, wollte ich halt früher. Man sagte mir am Telefon, zwischen 8 und 10 Uhr könnten Patienten kommen, denen was wehtut und würden dann auch behandelt. Klaus also um 8.30 Uhr da, Versichertenkarte zur Hand, Impfausweis dabei, Mund-Nasen-Maske ordnungsgemäß angelegt, Hände desinfiziert. Immerhin die Urinprobe wurde zeitnah eingefordert (und geliefert), dann saß ich da rum und saß und saß…

In meiner Zeit als Kolumnist der „Rheinischen Post“ schrieb ich im November 2013 einen wirklich viel beachteten Beitrag mit der Überschrft „Auf dem Fließband zum Herrn Doktor“ – nachzulesen hier – in dem ich mich mit der Gewinnmaximierung in Arztpraxen beschäftigte. Auch der Artikel war getrieben von persönlichen Erlebnissen – so wie dieser hier. Viele Ärzte aus allen Fachrichtungen schrieben mir danach, manche riefen auch an, mit zweien traf ich mich später zum persönlichen Meinungsaustausch. Sie teilten meine Diagnose und erklärten mir aber auch, warum sie bei dem Abrechnungssystem mit den Kassenärztlichen Vereinigungen in den Ruin getrieben würden, wenn sie ihre Praxel nicht auf Effektivität trimmten. Inzwischen denke ich, dass die Ärzte absolut recht haben.

Aber mir geht es hier ja  um die berühmte Zwei-Klassen-Medizin. Wenn mir etwas weh tut, dann brauche ich einen kompetenten Arzt, der mir Ibuprofen verschreibt und mir nach der Schmerzlinderung das Problem durch Therapie und Heilung vom Hals oder von sonstwo her schafft. Ich brauche kein Callcenter und keinen Online-Service, keinen separaten Hintereingang und kein Wartezimmer mit Lederssesseln und Espressomaschine. Ich brauche einfach einen  Arzt, der mich gesund macht. Und daran mangelt es zunehmend nach meiner subjektiven Wahrnehmung.

Und wenn dann die Arzthelferin noch patzig wird und mich belehrt, dass sie ja auch vertraglich garantierte Arbeitsstunden habe, dann ist das genau das, was ich nicht hören will, wenn mir…was weh tut. Nebenbei bemerkt: Beim Einchecken fragte mich eine andere der Damen dort, was mir denn wehtut, und ich sagte es ihr, weil es jetzt nicht irgendwie peinlich war. Aber hinter, vor und neben mir standen wildfremde Leute und hörten interessiert zu. Das zum Thema Datenschutz. Ich ärgere mich jetzt noch, dass ich ihr nicht laut geantwortet habe: „Ich habe infektiöse Syphilis…und Sie jetzt auch.“

Ich bin weit entfernt vom Ärzte-Bashing, und wenn die einen guten Job machen, sollen sie sich auch eine Ehefrau mit Cabrio leisten können (Achtung, Sexismus! Bitte melden Sie mich bei der städtischen Gleichstellungsbeauftragten!) . Aber das Fließband-System in vielen Arztpraxen ist nur noch schwer zu ertragen – zumindest für mich, bei dem die Zeitökonomie einen hohen Stellenwert hat. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere von Ihnen noch an meinen schmerzenden rechten Fuß auf der Reise nach Kroatien? Zwei wunderbare Ärztinnen aus meinem Facebook-Netzwerk berieten mich nach dem Beitrag am Telefon, meine Tochter – die von vorgestern mit Rezo – wickelte mir mit Handtüchern Kühlaggregate um den Fuß, und die 78-jährige Mutter – frühere Ärztin – eines Freundes in Split besorgte mir Antibiotika. Irgendwie funktionierte es, die Schwellung war weg, wir hatten einen schönen Urlaub, aber es tut heute noch weh. Mal schauen, wie es weitergeht.

Im September steht meine tournusmäßige Herzkatheteruntersuchung an, die sollte bereits im Juli stattfinden, aber man hatte den Termin in der Klinik für den Vortag eingetragen. „Tut uns leid“, klar, kann ja mal passieren.

Fassen wir also zusammen: Mein rechter Fuß tut weh, irgendwo anders in meinem Körper – Sie brauchen gar nicht nachfragen – schmerzt es gerade, und ich habe mich soeben vom Facharzt getrennt, es ist Freitagmittag und ich muss um 14 Uhr los – viereinhalb Tage und 2.500 Kilometer-Tour – Termine, Gespräche, eine öffentliche Veranstaltung. Wenigstens ist ein Kurzaufenthalt im Kloster dabei, ich werde beten, ob Gott vielleicht den Schmerz etwas lindert. Ich hoffe, da läuft dann kein Anrufbeantworter mit Verweis auf göttliche Online-Portale, wo man sich registrieren muss. Und wenn nicht, dann nehme ich halt noch eine Ibu…

Am Sonntagnachmittag bin ich in Regensburg zu einer Veranstaltung der Kleinpartei LKR eingeladen, reden und diskutieren. Christian und Daniela haben mich gefragt, und da kann ich echt nicht nein sagen, so engagiert und sympathisch die Beiden sind. Ich war vor 20 Jahren mal bei einem Konzert von John Lee Hooker, damals schön gefühlt mindestens 120 Jahr alt. Als es losging, wurde er gestützt von zwei…ich sage Pflegern… auf die Bühne geleitet, auf einen Stuhl gesetzt und man drückte ihm eine Gitarre in die Hand. Dann ging es ab.

Christian, Daniela, wenn Ihr mich übermorgen zum Rednerpult tragt, dann rocke ich den Laden trotz Fuß und Wehwehchen. Wir schaffen das…

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