Und wieder lassen die USA Verbündete im Stich

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat seine Ankündigung wahr gemacht und die Invasion der  von Kurden kontrollierten Gebiete im Nordosten Syriens eingeleitet. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihn angerufen und aufgefordert, das doch – bitte, bitte – sein zu lassen. Was werden die gelacht haben in Ankara nach dem Telefonat.

Die Europäische Union erweist sich in der neuen Krise erneut als handlungsunfähig. Große Worte und Gesten aber nichts dahinter. In diesen Tagen kann die ganze Welt sehen, wie unfassbar unfähig das sogenannte Vereinte Europa ist, mit einer, mit einer kraftvollen, Stimme zu reden und zu handeln.

Erdogan zieht sein Ding durch so wie Putin. Und der träge und kriegsmüde Westen hat solchen Gestalten nichts entgegenzusetzen. Als wäre das nicht schon traurig und ernüchternd genug, versagen die Vereinigten Staaten von Amerika auf ganzer Linie. Präsident Trump hat angeordnet, die US-Truppen aus dem Kriegsgebiet abzuziehen, nachdem es vor zwei Tagen zu einem – angeblich versehentlichen – Beschuss amerikanischer Soldaten durch den Nato-Partner Türkei gekommen war. Trump will nicht, dass seine Truppen zwischen die Fronten geraten.

Verständlich, wenn man „Verbündete“ wie Deutschland und die Türkei hat. Aber genau das hätte der stabilisierende Faktor sein können. Mit der letzten verbliebenen Weltmacht USA will sich auch heute niemand anlegen. Nach dem Abzugsbefehl aus Washington ist der Weg frei für Erdogans Vernichtungsfeldzug gegen die Kurden – den wichtigsten Partner des Westens im Kampf gegen den IS-Terrorstaat. Es ist zum Weinen, wie wir – die USA und der Westen – unsere Verbündeten im Stich lassen. Nicht zum ersten Mal übrigens. Aber Truppenrückzug kommt sicher gut im anlaufenden US-Wahlkampf.




Toleranz und bunte Vielfalt? Ja, wo denn?

„Ein krudes Deutschtum wird in Reihen der AfD definiert und propagiert. Wer Flüchtling ist, wer Muslim ist, soll nicht dazugehören, wird beschimpft, wird mit Verjagung bedroht. Damit wird der Blick verändert. Man sieht nicht den Menschen. Man sieht Herkunft, Rasse, Glaube.“

SPIEGEL Online gibt heute wieder alles.

Nach dem sinnlosen Mord an zwei unschuldigen Menschen in Halle vorgestern, begangen von einem Rassisten, einem antisemitischen Arschloch, der glaubt, er stehe über dem Recht der anderen auf Leben, wird intensiv versucht, das widerwärtige Verbrechen politisch zu instrumentalisieren.

Die AfD soll schuld sein, irgendwie. Nicht direkt, aber irgendwie. Weil die immer …so Sachen sagen. So von Deutschland und so. Und weil sie finden, 1,5 Millionen Flüchtlinge sind ein wenig viel, vor allem, wenn viele nach unseren Gesetzen nicht das geringste Recht haben, hier zu sein oder gar zu bleiben.

Aber was sind denn schon Gesetze, wenn man die richtige Gesinnung hat? Vielleicht bietet ja der Judenhasser aus Halle doch noch unerwartet eine Chance, der AfD den Garaus zu machen, hofft der ein oder andere in den Parteizentralen, wo man das massive Schrumpfen der eigenen Wählerbasis analysieren muss, ohne zu dem Ergebnis kommen zu dürfen, dass man selbst schuld an der Misere ist. Und in den Redaktionsstuben, wo man den Traum von einer bunten Vielfalt, die funktioniert, nicht aufgeben will, auch wenn man jeden Tag beim Lesen der Polizeiberichte sehen kann, dass hier eben in vielen Fällen nicht zusammenwächst, was zusammen gehört.

Und so wird mit Worten jongliert, dass George Orwell seine helle Freude hätte. „Krudes Deutschtum“ nennt SPIEGEL Online das, was für die große Mehrheit der Deutschen etwas völlig Normales und Unaufgeregtes ist, so wie wir es erst gerade am 3. Oktober wieder gefeiert haben.

Wer Flüchtling ist, wer Muslim ist, soll nicht dazugehören, wird beschimpft, wird mit Verjagung bedroht.“

Nicht dazu gehört, wer nach unseren Gesetzen nicht dazu gehört, also zum Beispiel rechtskräftig abgelehnter Asylbewerber ist. Nach einem rechtsstaatlichen Verfahren abgelehnt. Nach unseren Gesetzen. Und wenn die AfD dann darauf hinweist, dass unsere Gesetze eingehalten werden müssen – zack, dann sind Sie schuld daran, wenn ein Nazi in Halle Menschen erschießt. Diese behauptete Kausalkette ist so unfassbar dumm, dass man kaum fassen kann, dass so etwas ernsthaft öffentlich behauptet wird.

Dass ausgerechnet jemand wie ich die AfD gegen diese Blödheit verteidigt, ist auch ein Treppenwitz, oder? Ich habe in mehreren Dutzend Artikeln und Diskussionsbeiträgen seit 2013 dargelegt, warum ich nicht in die AfD gehe oder sie wähle. Jeder kann das nachlesen im Netz. Höcke, ja Höcke!, Kalbitz, Gedeon, Sayn-Wittgenstein, – all diese Baustellen, das ist nichts für jemanden wie mich. Und der andere Teil der AfD? Meuthen? Weidel? von Storch? Jung? Wolf? Nobis? Ich wünsche denen und den vielen anderen ehrlich Erfolg, dass sie ihren Laden in Ordnung bringen. Aber ich bleibe da, wo ich bin und schreibe über solche Ungerechtigkeiten.

Gestern war ich einen Kaffee trinken mit einer jungen AfD-Kommunalpolitikerin hier aus der Region. Sie erzählte mir, dass sie einen Brief der anderen Mieter in ihrem Haus bekommen hat. Man teilte ihr mit, dass man zukünftig keinerlei Kontakt mehr mit ihr haben will, was immer das auch bedeutet. Grüßen muss man ja nicht im Treppenhaus. Sie erzählte mir, dass ihr ein wildfremder Mann in Köln ein Bier über den Kopf geschüttet hat. In Düsseldorf wurde sie angespuckt. An der Frau ist aber nichts „Nazi“, nichts „Rassist“, eine junge sympathische Frau, die eine andere politische Meinung hat – und das ist doch erlaubt im Deutschland der Toleranz und bunten Vielfalt. Auch wenn man in der AfD ist……




Jeder Terror ist der Feind von uns allen…

Entschuldigen Sie bitte meine Formulierung, aber es ist unfassbar, was für Arschlöcher in diesem Land herumlaufen. Stephan B., ein Herrenmensch aus Halle/Saale in Sachsen-Anhalt, hat heute am Jom Kippur, dem jüdischenVersöhnungstag, eine Synagoge angegriffen, in der sich rund 80 Personen versammelt hatten. Als es ihm nicht gelang, dort einzudringen, tötete er wahllos zwei Menschen, die zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort waren.

Es ist schwer, an einem solchen Tag seine Wut unter Kontrolle zu halten. Es ist jetzt die Zeit, einfach nur zu trauern und für die Opfer der Hinterbliebenen zu beten.

In unserem Land, überall auf der Welt, laufen tickende Zeitbomben herum. Judenhasser und Rassisten, Islamisten und IS-Heimkehrer, Reichsbürger und Neonazis –  diese Leute haben keine Toleranz verdient. Eine bunte Gesellschaft der Vielfalt, die zu recht stolz auf ihre Friedfertigkeit ist, muss geschlossen dem Terror entgegentreten. Es gibt keine Mörder erster und zweiter Klasse, es gibt nur feige Mörder, die sich selbst über uns alle erhaben fühlen. Die meinen, um einer vermeintlich richtigen Sache willen, Unschuldige zu töten.

Es ist gut, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel heute Abend in eine Berliner Synagoge gegangen ist, um ihre Solidarität mit den jüdischen Mitbürgern zum Ausdruck zu bringen. Es wäre auch gut gewesen, wenn sie am Abend des Terroranschags 2016 auf einen Berliner Weihnachtsmarkt zum Breitscheidplatz gegangen wäre, um ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen und den Hinterbliebenen ihr Mitgefühl auszudrücken.

Und dass heute Abend die Jüdische Gemeinde in Düsseldorf ernsthaft in einer Erklärung der AfD eine Mitschuld an solchen Taten zuschreibt, das macht mit fassungslos.

Wir alle, die Zivilgesellschaft in Deutschland, müssen uns geschlossen gegen jede terroristische Gewalt wenden. Es ist wahrlich nicht die Zeit, politische Süppchen zu kochen.

Terror und Gewalt an sich sind der Feind – unser aller Feind.




Erdogan schafft Fakten, und der Westen hält sich raus

Türkische Kampfflugzeuge haben vorhin Luftangriffe auf den Grenzübergang Semalka zwischen Syrien und dem Irak geflogen. Möglicherweise der Auftakt einer von Erdogan am Wochenende angekündigten Offensive in Syrien. Ziel dürften die „Syrian Democratic Forces“ sein.
Da US-Präsident Trump zeitgleich Truppen aus der Region abzog, könnte sich das Kräfteverhältnis zugunsten der Türkei mit Billigung Russlands deutlich verschieben. Der Westen, der erhebliche Mitschuld an der aktuellen Situation trägt, marginalisiert sich somit selbst.
Nebeneffekt: Wenn es Erdogan gelänge, eine Sicherheitszone zu schaffen, in der zwei Millionen Flüchtlinge Aufnahme und Schutz fänden, würde dies auch für Europa den Druck aus dem Kessel nehmen…



Belanglosigkeiten aus dem Roten Rathaus

Zu meinen regelmäßigen Tätigkeiten, die nicht vergnügungssteuerpflichtig sind, zählt die morgendliche Lektüre unzähliger Pressemitteilungen und das Studieren wichtiger Informationsportale wie etwa dem Pressedienst des Berliner Senats. Berlin ist wichtig, weil a) Millionenmetropole und b) Bundeshauptstadt.

Und jeden Morgen denke ich: Sind das, was Ihr hier raushaut, wirklich die relevanten Themen Berlins?

Heute früh zum Beispiel die wichtigen Themen:

  • Die Friedrichstraße wird autofrei
  • Bildungsverwaltung kooperiert mit „Fridays for Future“
  • Der Regierende Bürgermeister lädt zur Bürgersprechstunde
  • Mit dem Mehrwegbecher das Klima schützen
  • 50. Geburtstag des Fernsehturms

Ob die tägliche Agenda in Paris, London oder Rom auch so aussieht? Eine Aneinanderreihung von Belanglosigkeiten, während Deutschlands Hauptstadt wahrlich andere Probleme hat…




Vom Kreuz in der Gladbach-Fahne… Wir alle werden verlieren

Türkische Polizisten haben beim Europa-League-Spiel zwischen Basaksehir Istanbul und Borussia Mönchengladbach einigen Fans der Borussia ihre Fahnen abgenommen. Grund: darauf würden christliche Symbole gezeigt. Was die türkische Ordnungsmacht meinte, ist das Stadtwappen von Mönchengladbach (Foto), in dem ein Kreuz zu sehen ist. Max Eberl, Sportdirektor der Elf vom Niederrhein, schimpfte über „Polizeidiktatur“ und kündigte eine Beschwerde bei der UEFA an. Eberl weiter: „Das macht mich extrem traurig, dass wir 2019 in Europa solche Zustände haben, dass die Polizei diktieren kann, welche Fahnen mit ins Stadion kommen.“

Ja, Max, das macht uns auch traurig. Aber passieren wird nix. Bei der UEFA nicht. Im Istanbuler Rathaus nicht. Im türkischen Parlament nicht. Und in der deutschen Politik schon mal gar nicht.

Im Grunde ist es ja auch kein großer Vorgang, so ein paar Gladbach-Fahnen. Meine Güte, regt Euch doch nicht so auf! Ist doch nur Fußball… Ich bin sicher, dass die Mehrheit der deutschen Konsensgesellschaft das genau so sehen wird.

Es ist ein schleichender Prozess, das Zurückweichen gegenüber einem entschlossenen Gegner. So wie in der großen Politik, wo man leise gegenüber den Despoten in Moskau und Peking auftritt, weil man ja gute Geschäfte wittert und Autos verkaufen will. Da kann ich auch schön daherreden, aber wir alle leben gut davon, dass unsere Exportwirtschaft so brummt. Was bedeuten da schon Menschenrechte oder Meinungsfreiheit? Petitessen sozusagen gegenüber dem Big Business.

Und so ist es auch mit der Religion. In großen Teilen der Welt sieht man die gewaltige Kraft der Religion und weiß sie zu nutzen für eigene aggressive Ziele. Wo es keinen Nachwuchsmangel gibt, wenn man Männer und Frauen sogar Kinder sucht, die sich selbst mit einem Auto oder einer Sprengstoffweste in die Luft sprengen und möglichst viele von uns Kuffar mit in den Tod reißen. Ist ja für die gute Sache, Allah, Jungfrauen und so.

Und natürlich wollen wir so etwas nicht im einstmals christlichen Abendland, schon gar nicht als Christ, weil wir wissen, dass Jesus Christus zur Friedfertigkeit und Feindesliebe aufgerufen hat. Von Sprengstoffgürteln und Enthauptungen ist in der Bergpredigt nicht die Rede.

Der Fahnen-Skandal von Istanbul ist nur eine belanglose Randnotiz, nicht wirklich wichtig, aber ein kleiner Mosaikstein, was furchtbar schief läuft im Westen. Wir schaffen uns ab, wie Thilo Sarrazin das eindruksvoll belegt hat. Wir unterwerfen uns, wir sind nicht mehr fähig, für etwas einzustehen. Im vorauseilenden Gehorsam brechen wir mit Traditionen und Glauben. Wir widmen Martinszüge zu Lichterfesten um, entfernen Kreuze aus Amtsstuben und Schulen. Wir erlassen Vermummungsverbote außer für Vollverschleierte, Stewardessen müssen bei British Airways im Dienst Halsketten mit Kreuz abnehmen. Sponsoren aus arabischen Ländern zwingen Weltklasse-Clubs wie Real Madrid das Kreuz aus dem Vereinswappen zu tilgen. Ich könnte bis morgen früh weiter Beispiele hier aufschreiben.

Der Clash of Civilizations, den Samuel Huntington 1993 eindrucksvoll beschrieben hat, ist längst im Gange. Und wir werden verlieren. Auch diejenigen, die diesem Treiben ungerührt zusehen und das alles geschehen lassen.

 

 




Kenia liegt jetzt in Sachsen…ich würde abraten

In Sachsen wird es bald eine „Kenia-Koalition“ geben, lese ich eben bei SPIEGEL Online. Und dass es noch total wichtige Streitpunlte zu klären gibt, etwa ob der Klimaschutz als Staatsziel in die Landesverfassung aufgenommen werden soll. Das würde das Schmelzen der Eisberge zweifellos sofort aufhalten.

Alles ist wie immer: Schattenboxen fürs Publikum, rette sich, wer kann. Vielleicht kommt ja irgendein Wunder um die Ecke und macht alles wieder gut. Mir fehlt der Glaube, wenn ich so die täglichen Mails von Blog-Lesern aus dem Sachsenland lese.

Meine lieben Freunde von der sächsischen CDU: Ihr habt das Land seit der Vollendung der Deutschen Einheit wirklich großartig regiert und könnt stolz sein, was Ihr geleistet habt. Aber was Ihr jetzt macht, ist ein großer Fehler, für den Ihr weiter bezahlen werdet an den Wahlurnen.

70 Prozent der neugewählten Abgeordneten im sächsischen Landtag haben Mitte-Rechts gewählt. Und sie bekommen nun Mitte-Links. Wenn es eins gibt, was die Sachsen nicht wollen, dann ist das eine Öko-Partei, die am Kabinettstisch Platz nimmt. Wenn sich die Wähler verschaukelt fühlen, dann kommen manchmal erstaunliche Ergebnisse dabei heraus.




Die LKR sind tot, es leben die LKR

Es sollte der letzte Parteitag der Liberal-Konservatien Reformer, kurz LKR, sein. Doch die knapp 100 Mitglieder, die nach Kassel gekommen waren, um bei der Kleinpartei der AfD-Gründers Bernd Lucke ihre Stimmen in die Wagschale zu werfen, hatten andere Pläne. Ja, der Wiedereinzug ins Europaparlament ist gescheitert. Ja, Geld ist auch nicht mehr da. Ja, es sind nicht einmal mehr 1000 Mitglieder übrig von den 9.000, die die AfD nach Luckes Sturz auf dem Essener Parteitag verlassen hatten.

Eine Mehrheit sprach sich dennoch dafür aus, die kleine liberal-konservative Partei nicht aufzulösen, sondern in Ruhe zu überlegen, wofür sie vielleicht in drei oder vier Jahren noch nützlich sein könnte.

Mein geschätzter Kollege Markus Krall und auch ich durften als Gäste kurze Grußworte sprechen. Und wir Beide waren uns einig: 1.000 gute, nicht radikale und unzweifelhaft sachkundige Leute in Fragen von Wirtschaft und Europa könnten der deutschen Parteienlandschaft auch nach der Pleite bei der Europawahl gut tun.




DOKU Vera Lengsfeld beim Schwarmtreffen am 24. August in Berlin: „Das war leider ein Irrtum“

Die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin und streitbare Autorin Vera Lengsfeld hat am 24. August dieses Jahres die Festrede beim Deutschland-Dinner anlässlich der 4. Vollversammlung der wahren Schwarmintelligenz gehalten. Zum Tag der Deutschen Einheit dokumentieren wir Auszüge aus der Rede…

Um es gleich am Anfang zu sagen: Es gibt Meinungsfreiheit in Deutschland, aber sie steht nur noch auf dem geduldigen Papier, auf das unser Grundgesetz gedruckt ist. Das war in der DDR auch so. Art.27 der DDR-Verfassung begann mit dem Satz: „Jeder Bürger der DDR hat das Recht, seine Meinung frei und öffentlich zu äußern“. Der Pferdefuß war in einem Nebensatz versteckt und lautete: Im Rahmen dieser Verfassung. Dieser Rahmen erwies sich als sehr eng, wie ich selbst mehrfach erfahren habe, am krassesten, als ich im Januar 1988 versuchte, mit einem Plakat, auf dem dieser Satz stand, an einer von der SED organisierten Demo teilzunehmen, die zu Ehren von Rosa Luxemburg veranstaltet wurde, der wir den Satz verdanken: „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden“.

Auf meinem Transparent stand der Anfang von Art.27 der Verfassung der DDR. Dieser Satz brachte mich ins Stasigefängnis nach Hohenschönhausen. Als die DDR unterging, war ich der Überzeugung, im neuen Deutschland würde ich nie wieder  Probleme mit der Meinungsfreiheit bekommen. Das war leider ein Irrtum. Im Jahr 2019, dem dreißigsten Jahrestag des Mauerfalls, ist die Meinungsfreiheit in Deutschland praktisch abgeschafft. Jeder Abweichler von den politisch-korrekten Vorgaben der Meinungsmacher in Politik und Medien, jede Kritik an der Regierungspolitik, wird inzwischen unter Kuratel gestellt. Das geht , wie wir erfahren mussten, bis hin zu der totalitären Forderung, Kritikern die Grundrechte nach Art 18 des Grundgesetztes zu entziehen, wie jüngst der Ex-Generalsekretär der CDU Peter Tauber getan hat und unser Innenminister Horst Seehofer jetzt „prüfen“ will.

(…)

Den Deutschen wird nachgesagt, das sie Sicherheit gegenüber der Freiheit bevorzugten und bereit seien, der Einschränkung von Freiheit zuzustimmen, wenn sie vor die Wahl gestellt würden, zwischen beiden Werten zu entscheiden. Ob das wirklich auf die Mehrheit der Deutschen zutrifft, oder ob es sich um eine der vielen herrschaftsstabilisierenden Legenden handelt, will ich nicht untersuchen.

Mein Thema sind die vielen Deutschen, die sich in allen Jahrhunderten für die Freiheit stark gemacht haben. Auf den Regenbogenfahnen des Bauernkrieges stand „fryheit“, nicht Vielfalt oder ein anderes der Modewörter, die heute als Freiheits-Ersatz kolportiert werden.

Kann man über die Bauernkrieger noch geteilter Meinung sein, weil Teile der Bewegung von Radikalen wie Thomas Müntzer dominiert wurden, sollte es unstrittig sein, dass die heute von der linken Meinungsmache geschmähten Burschenschaften Vorkämpfer für die Freiheit waren.

Die Teilnehmer des Hambacher Festes von 1832 ersehnten  und forderten die Freiheit, die uns heute peu á peu wieder entzogen wird. Unser Freiheitsdichter Friedrich Schiller hat es auf den Punkt gebracht: „Die ganze Weltgeschichte ist ein ewig wiederholter Kampf der Herrschsucht gegen die Freiheit“. Wir erleben das heutzutage hautnah mit. Wieder haben wir die Freiheit gegen die Herrschsucht einer politischen Clique zu verteidigen, die ihre Macht im Namen von Buntheit, Vielfalt, Weltoffenheit und anderen Wiesel-Wörtern, wie August Friedrich Hayek sie bezeichnen würde, zementieren wollen. Das ist die alte Geschichte, die nur immer wieder neu erzählt wird.

Klingt Jacob Friedrich Siebenpfeiffers Rede, die er 1832 auf Schloss Hambach hielt nicht brandaktuell?

„… Wir widmen unser Leben der Wissenschaft und der Kunst, wir messen die Sterne, prüfen Mond und Sonne, wir stellen Gott und Mensch, Höll’ und Himmel in poetischen Bildern dar, wir durchwühlen die Körper- und Geisterwelt: aber die Regungen der Vaterlandsliebe sind uns unbekannt, die Erforschung dessen, was dem Vaterlande Noth thut, ist Hochverrath, selbst der leise Wunsch, nur erst wieder ein Vaterland, eine frei-menschliche Heimath zu erstreben, ist Verbrechen. Wir helfen Griechenland befreien vom türkischen Joche, wir trinken auf Polens Wiedererstehung, wir zürnen, wenn der Despotism der Könige den Schwung der Völker in Spanien, in Italien, in Frankreich lähmt, wir blicken ängstlich nach der Reformbill Englands, wir preisen die Kraft und die Weisheit des Sultans, der sich mit der Wiedergeburt seiner Völker beschäftigt, wir beneiden den Nordamerikaner um sein glückliches Loos, das er sich muthvoll selbst erschaffen: aber knechtisch beugen wir den Nacken unter das Joch der eigenen Dränger; wenn der Despotism auszieht zu fremder Unterdrückung, bieten wir noch unsern Arm und unsere Habe; die eigene Reformbill entsinkt unsern ohnmächtigen Händen …“

Ein paar kleine Änderungen nur und wir haben den aktuellen Zustand Deutschlands.

Was wollt ihr eigentlich, fragen die Gegner der Freiheit, wir haben doch alles, was die Freiheitskämpfer immer wollten: Demokratie, Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, Reisefreiheit, ein Grundgesetz, freie und geheime Wahlen und Wohlstand für alle. Ja, auch Zuckererbsen für jedermann, wie es sich der Zeitgenosse der Hambacher Festgesellschaft, Heinrich Heine, wünschte, sogar für jene, die sie nicht mit eigenen Händen erwarben. Es sind alle Voraussetzungen für ein gutes Leben für alle vorhanden. Noch, muss man hinzufügen, denn jene, die von Herrschsucht getrieben werden, sind gerade dabei, diese Grundlagen nachhaltig zu zerstören.

Fangen wir bei der Meinungsfreiheit an, die Voraussetzung für alle andern Freiheiten ist. Jeder kann seine Meinung frei und öffentlich äußern, so wie es das Grundgesetz garantiert, wird und entgegengehalten. Widerspruch müsse man dabei in Kauf nehmen. So weit, so gut. Wie sieht die Realität aus?

Nehmen wir die „Gemeinsame Erklärung 2018“, mit der mehr als 160. 000 Bürger unseres Landes die Wiederherstellung von Recht und Gesetz an den Grenzen unseres Landes fordern. Sie lautete:

„Mit wachsendem Befremden beobachten wir, wie Deutschland durch die illegale Masseneinwanderung beschädigt wird. Wir solidarisieren uns mit denjenigen, die friedlich dafür demonstrieren, dass die rechtsstaatliche Ordnung an den Grenzen unseres Landes wiederhergestellt wird.“

Es gab zahlreiche Reaktionen, in den Medien, die wenigsten waren sachlich. Die Petenten hatten offenbar einen wunden Punkt getroffen. Noch nie sind zwei klare Sätze solchen Exegesen unterzogen worden. Die Kritik bezog sich dann vor allem darauf, was man uns unterstellte, nicht darauf, was wir wollen: Die Wiedereinsetzung der Rechtsstaatlichkeit.

(…)

In einer Demokratie gibt es normalerweise eine demokratische Rechte, wie es eine demokratische Linke gibt. In Deutschland ist diese Balance außer Kraft gesetzt, weil Politik und veröffentlichte Meinung alles anprangern, was dem linken Mainstream widerspricht. Es gibt keine Debatten mehr, kein Austausch und Abwägen unterschiedlicher Argumente. Das ist Gift für eine funktionierende Demokratie. Das heutige Deutschland wird einer Gesinnungsdiktatur immer ähnlicher. Um diese Schieflage wieder ins Lot zu bringen braucht es die Rückkehr der politischen Debatte.

Von den „Rechten“ wird ständig Distanzierung verlangt, die Linke dagegen denkt gar nicht daran, sich von Verbalradikalismus á la „Deutschland, du mieses Stück Scheiße“ oder die Gewaltanwendung der Antifa zu distanzieren. Die grölende, prügelnde, Steine schmeißende Antifa ist willkommenes Mitglied im „Bündnis gegen Rechts“. Inzwischen wird mit klammheimlicher Freude goutiert, dass die Antifa Wohnungen von NPD-Angehörigen zerstört. Ein Bibliothekarin soll nach dem Willen von Studenten der TU Dresden ihren Beruf nicht mehr ausüben, weil sie es wagte, in der Kommunalwahl für die AfD zu kandidieren. Man muss aber weder Mitglied, noch Sympathisant der AfD sein, um ins Visier der Freiheitsfeinde zu geraten. Es genügt, sich dafür auszusprechen, dass mit dieser Partei, die so demokratisch ist, dass sie trotz politischen Drucks nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden kann, demokratisch umgegangen werden soll, um Sanktionen zu erfahren. Da wird einem schon einmal das persönliche Konto gekündigt, das man immer tadellos geführt hat. Solche illegalen Aktionen werden mit „zivilgesellschaftlichem Engagement gegen rechts“ begründet. So höhlt der staatlich geförderte „Kampf gegen rechts“ die Rechtsstaatlichkeit aus.

(…)

aufgehoben. Er soll nun wieder aufleben? Mit welchen Zwangsmassnahmen soll das durchgesetzt werden? Wieder ist die Forderung an sich nicht das Problem, sondern ihre massenhafte unkritische Verbreitung.

Ein weiteres Beispiel für die Manipulation der Bevölkerung. Trotz der gestiegenen Gewaltverbrechen wird uns allen Ernstes eine Statistik präsentiert, die angeblich sinkende Kriminalitätsraten beweisen soll. Wer hat gesagt, dass er nur der Statistik traut, die er selbst gefälscht hat? Churchill? Man muss inzwischen genau, manchmal zwischen den Zeilen lesen, wie einst in der DDR.

Die Meldung hieß: „Fast zehn Prozent weniger Straftaten erfasst, als im Vorjahr“. Dazu eine Anekdote: ein CEO steht auf dem Essener Hauptbahnhof im Wartebereich der 1.Klasse, als er von einer Gruppe junger Männer nicht biodeutschen Ursprungs umkreist , geschubst und überall befingert wird. Als sie von ihm ablassen und flüchten, steht er wie ein gerupftes Huhn da. Brieftasche, Handy, I-Pad, Fotoapparat, Koffer, Uhr – alles weg. Als er zur Bahnhofspolizei geht, um Anzeige zu erstatten, weigern sich die Beamten. Es wäre aussichtslos und würde deshalb nur die Statistik versauen. Die sinkende Kriminalitätsrate ist eine Irreführung der Bevölkerung – Orwell-Sprech. Das ist gelebte Unfreiheit!

(…)

Wie steht es mit der Demonstrationsfreiheit? Nach wie vor ein durch das Grundgesetz garantiertes Recht. Man kann erfolgreich Demonstrationen anmelden. Sobald es aber eine Demonstration gegen die politisch-korrekte Mehrheitsmeinung ist, melden die Demokraten in Politik und Medien so lange Bedenken an, bis die Antifa auf den Plan tritt.

Wieder ein Beispiel: Im vergangenen Jahr gab es in Köln eine Demonstration von Bürgern aus der Mitte der Gesellschaft gegen die „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ genannte Zensurverordnung vom ehemaligen Justizminister Maas. Das üblich breite Bündnis aus SPD, Gewerkschaftern, Linken, Grünen und Gelegenheits-Antifanten versuchte unter Bruch der Auflagen, Abstand zu halten, drei Stunden lang mit allem, was die Lungen hergaben, den Protest gegen die Zensur niederzubrüllen.

Das Pikante dabei: Weder wußten die lärmenden Linken, dass ihre Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau eine der besten Reden gegen das Maaß-Gesetz gehalten hatte, noch hatten die Vertreter der Grünen Jugend, die den Protest gegen das Zensurgesetz „Nazi“ fanden, dass ihr Bundestagsabgeordneter Konstantin von Notz einer der eifrigsten Kämpfer gegen dieses Gesetz ist. Er wäre also auch ein „Nazi“.

(…)

Was ich beispielhaft an Deutschland erläutert habe, trifft auf ganz Westeuropa zu. Widerstand gibt es hauptsächlich  in den ehemaligen Ostblockländern. Hier haben die Menschen vor einem Vierteljahrhundert die Freiheit unter Gefahr für Leib und Leben erkämpft. Sie sind offenbar sensibler für die Gefahren, die der Freiheit drohen. Ein Vierteljahrhundert nach dem Zusammenbruch des Ostblocks stehen wir wieder vor einer geschichtlichen Wahl: diesmal ist es der ideologische Eiserne Vorhang, den wir entweder erfolgreich abschaffen, oder von dem wir versklavt werden.

(…)

Unsere Leitbilder sind die Widerstandskämpfer gegen Diktaturen, Menschen wie Joachim Fest, der sich schon als Gymnasiast dem Nationalsozialismus entzog, die Studenten der Weißen Rose, die ihr Vaterland von den Nazis befreien wollten, die Männer des 17. Juli und Georg Elser, die bereit waren, einen Diktator zu töten, alle Deutschen, die Juden geholfen haben, unterzutauchen und zu überleben, die ihre zugeteilten Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter menschlich behandelt haben und deshalb von ihnen in den Hungerjahren 1946/47 mit Care-Paketen versorgt wurden.

In Deutschland wurde die Tätergeschichte des Nationalsozialismus bis ins Detail aufgearbeitet. Dabei ist es den Tätern und ihren Nachkommen gelungen, ihre Schandtaten in die aller Deutschen umzuwandeln.

Wer die Freiheit liebt,  orientiert sich am Widerstand: Welche Charaktereigenschaften bewahren den Einzelnen davor, sich als Werkzeug von Diktatoren anzudienen oder mißbrauchen zu lasen? Was befähigt den Einzelnen, der Propaganda zu widerstehen, sich eine eigene Meinung zu bilden und sie erfolgreich zu verteidigen? Was macht aus uns Menschen nicht eine folgsame, von Politik und Medien manipulierbare Masse, sondern selbstbestimmte Individuen, die ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen?

(…)

Die Friedliche Revolution von 1989 hat es gezeigt: Wenn sich genügend viele Menschen finden, die den Herrschenden die Legitimation absprechen und die Gefolgschaft verweigern, bricht auch ein bis an die Zähne atomar bewaffnetes System zusammen. Damals verschwand fast über Nacht eine ganze politische Klasse. Davor steckt die Furcht den Herrschsüchtigen bis heute in den Knochen. Deshalb wird immer wieder bestritten, dass es sich damals um eine Revolution gehandelt hat und behauptet, dass die „Wende“ eigentlich ein Werk von Politikern gewesen sei.

Die Wahrheit ist, die Politiker hatten fast ein Jahr lang nichts zu sagen, sie mußten den Ereignissen hinterherrennen.

Auch heute dürfen wir nicht auf die Politik hoffen. Die ehemals emanzipatorische Linke wußte das:„Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun“.

 




Wir sind viele und wir werden immer mehr

Die linksalternative taz übte sich in Frontberichterstattung. Dem Linksbündnis „der Fußkranken der Weltrevolution“ (frei nach Helmut Kohl) sei es gemeinsam mit Abtreibungsfans und organisiertem Emanzentum gelungen, den „Marsch für das Leben“ am Samstag in Berlin für fast eine Stunde zu blockieren. Toll oder?

Es ist nichts Neues, dass der linke Mainstream in Deutschland unfähig geworden ist, sich politisch oder gar tolerant mit unerwünschten Ansichten auseinanderzusetzen. Mal blockiert man eine Demo, mal bedroht man AfD-Politiker, versperrt Veranstaltungsräume, schmeißt Scheiben ein oder zündet Autos an. Links war auch schon mal besser drauf, aber das ist lange her. So als könnte man Denken und das Verbreiten von Überzeugungen mit Kreischen und Trillerpfeifen aufhalten.

Geradezu erbarmungswürdig der junge Dummkopf am Straßenrand mit seinem lila Schildchen und der Aufschrift „Einmal hin, nichts mehr drin“. Ob ihm irgendwann auffällt, dass das genau die Diktion der Nazi-Horden von einst war? Die totale Entmenschlichung anderer Menschen aus politischem Hass. Da konnte man bei dem Plakat der Klimademo vom Vortag noch schmunzeln. Eine kleine Gruppe Frauen hielt dort ein Schild mit der Aufschrift „Fickt mich, aber nicht das Klima“ hoch. Ein kurzer Blick und die feste Überzeugung: Nein, danke! Wirklich nicht!

Halten wir uns an die Fakten, und die sind mehr als erfreulich. Egal, ob es 8.000 oder 10.000 Pro Lifer waren: Die Lebensschützer in Deutschland haben einen Lauf. Ich weiß noch, wie alles angefangen hat damals beim sogenannten „1.000-Kreuze-Marsch, wo die Zahl der engagierten Teilnehmer der ersten Stunde noch niedriger war, als die zu tragenden Kreuze. Diese Zeiten sind lange vorbei. Die Lebensschutzbewegung ist auch in Deutschland zu einem beachtlichen Faktor geworden, der auch von der Politik wahrgenommen wird.

Niemand hätte für möglich gehalten, dass in der weitgehend atheistischen Bundeshauptstadt einmal eine so beeindruckende und vor allem friedliche Demo für das Leben stattfinden würde, mit vielen jungen Männern und Frauen, Priestern (fünf Bischöfe waren im Demonstrationszug dabei), und Nonnen, Kindern, Kindern, Kindern, deren Eltern sie einst einfach angenommen haben. Die Luftballons, die Live-Musik, der blaue Himmel über Berlin. Ein überwältigendes Erlebnis.Wir sind viele und wir werden immer mehr, auch beim Lebensschutz…