Lieber Herr Bundespräsident, Antisemitismus und Dummheit gibt es nicht nur rechts

Ich habe Respekt vor jedem unserer Bundespräsidenten, weil ich Respekt vor unserem Staat, unserer Verfassung und ihren Institutionen habe. Und persönlch mag ich diejenigen Staatsoberhäupter am liebsten, die politisch denken und reden, und die ihrem Staatsvolk auch hin und wieder klare Worte zumuten.

Richard von Weizsäcker war so einer, der mit seiner Rede zum Kriegsende (8. Mai) 1985 weltweite Beachtung fand. Oder Roman Herzog, der 1996 forderte, „durch Deutschland muss ein Ruck gehen“. Eine Aussage, die man eigentlich jeden Morgen wiederholen sollte auch in unserer Zeit.

Ich persönlich finde politische Präsidenten besser als die, die uns durch Wanderungen und Volkslieder in Erinnerung geblieben sind, wenngleich ich auch vor denen Respekt verspüre. Und natürlich gibt es auch Bundespräsidenten, über die ich mich maßlos geärgert habe, etwa Joachim Gauck, der viel Richtiges und Gutes gesagt und außerdem einen beeindruckenden Lebenslauf hat. In einer Weihnachtsansprache mahnte er mal sinngemäß, die Ängste von Flüchtlingen und Migranten zu respektieren, wenn sie nachts auf einem U-Bahnhof auf den Zug warten. Leider vergaß er zu erwähnen, wie viele seiner eigenen Mitbürger nachts Angst verspüren, wenn sie auf einem Bahnsteig stehen. Angst vor Migranten mit Messern zum Beispiel. Da hätte ich mir von meinem Staatsoberhaupt ein wenig mehr Differenzierung gewünscht.

Nun also Frank-Walter Steinmeier, wie ich im schönen Lippe geboren, was schon einmal einen zusätzlichen Vertrauensvorschuss bringt. Er kritisierte jetzt das Erstarken des Antisemitismus in Deutschland, allerdings ohne ausdrücklich zu benennen, dass dieser massgeblich durch die unkontrollierte Massenzuwanderung der vergangenen drei Jahre aus dem islamischen Kulturkreis nach Deutschland befördert wird. Stattdessen geißelte er – gefahrlos – die AfD. In der rechtskonservativen Partei gibt es immer wieder Politiker, die öffentliche Aufregung provozieren, in dem sie mit der Nazizeit und dem Holocaust zündeln, wie zum Beispiel die Herren Gauland, Höcke und Gedeon. Der eine nennt die Hitler-Barbarei einen „Vogelschiss“ vor der deutschen Geschichte, der andere will den „Schuldkult“ abschaffen, der dritte bezieht sich in seinen politischen Betrachtungen allen Ernstes auf einen Schwachsinn namens „Protokolle der Weisen von Zion“. Sowas kann man sich gar nicht ausdenken, dass man heute im Jahr 2018 so etwas ernsthaft in die politische Debatte einführt.

Also: Bundespräsident Steinmeier tut gut daran, solche widerwärtigen Aussagen zu geißeln und auch Ross und Reiter zu nennen. Nur, lieber Herr Bundespräsident: Es gibt da noch weitere „Rote Linien“, die im politischen Betrieb unseres Landes überschritten werden. Etwa wenn die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) auf einem Foto zu sehen ist, wo sie in einer Demo hinter einem Transparent herläuft auf dem steht „Deutschland du mieses Stück Scheiße“. Sicher hat sie das Transarent nicht selbst gemalt, aber hätte sie nicht laut protestieren oder wenigstens diese unappetitliche Veranstaltung verlassen müssen?

Oder nehmen sie Inge Höger, Bundestagsabgeordnete der Partei Die Linke, die immer wieder bei Veranstaltungen von radikalislamischen Hams-nahen Vereinen auftritt und bei einem Treffen 2011 in Wuppertal einen Schal trug, der die Landkarte des Nahen Ostens ohne Israel zeigte. Ein Einzelfall, meinen Sie? Keineswegs. So rief etwa der Bremer Landesverband der SED-Nachfolgepartei zu einem Boykott israelischer Produkte auf. So etwas gab es lange nicht mehr in Deutschland und erinnert stark an „Kauf nicht bei den Juden“. Nur wüsste ich nicht, dass Bundespräsident Steinmeier sich in einer Rede mal kritisch mit linken Antisemiten oder muslimischen Antisemiten oder mit Frau Roth beschäftigt hätte. Warum eigentlich nicht?




Runter vom gemütlichen Sofa! Pflegen wir unsere Überzeugungen!

Liebe Leserinnen und Leser,

jetzt geht’s los!. Die Werbung für unser nächstes Netzwerktreffen – die „3. Vollversammlung der wahren Shwarmintelligenz“ – läuft auf Hochtouren, und die Anmeldungen ziehen spürbar an.

Einmal jedes Jahr lade ich Sie ein, um Ihnen herausragende Köpfe und ihre Gedanken zu Themen der Zeit vorzustellen. Ein großes Treffen der „Bürgerlichen“. Liberale, Konservative, Christen, die unser Land und die bis heute spürbaren Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre nicht einfach widerstandslos hinnehmen wollen.

Am 8. September 2018 ist wieder so ein Tag, wo wir uns unter Gleichgesinnten treffen, dieses Mal im schönen Paderborn in Nordrhein-Westfalen. Ein Tag zum Zuhören, Diskutierten, Kennenlernen und Feiern. Unser Tag!

Wir haben ein ungewöhnlich attraktives Programm mit phantastischen Gästen, und ich lade Sie herzlich ein, dabei zu sein. Melden Sie sich bei mir persönlich an: kelle@denken-erwuenscht.com !

Ich freue mich darauf, Sie wiederzusehen oder endlich einmal kennenzulernen.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle




Schlendern durchs Freibad

Sommerhitze am Niederrhein und kein Urlaub geplant. Für den Publizisten nahezu alternativlos, im öffentlichen Freibad nach Abkühlung zu suchen. Und dabei die Mitmenschen ein wenig zu beobachten. Ist Ihnen mal aufgefallen, wie viele Leute in der bunten Republik inzwischen tätowiert sind? Ich will das gar nicht werten, ich finde ein gelungenes Tattoo mit einem ansprechenden Motiv durchaus schön. Wohlgemerkt: ein gelungenes Tattoo mit einem ansprechenden Motiv…

Wir Deutsche neigen ja dazu, uns über die Amerikaner an sich zu erheben. Sie wissen schon: deren Wohlstand beruht ja einzig darauf, dass sie 1945 unsere Wissenschaftler und unsere Raketenpläne über den großen Teich geschafft und deshalb die Computer und Smartphones erfunden haben. Schwachsinn, sagen Sie? Klar ist das Schwachsinn, aber Sie glauben nicht, wie oft diese Dinge auch heute noch erzählt werden, kommt das Gespräch auf die Vereinigten Staaten. Und zu den Vorurteilen, die wir so haben, gehört IMMER, dass „die Amerikaner“ alle ungesund essen und unglaublich fett sind.

Erstaunlich, dass man so etwas heute auf offener Straße noch behaupten darf, ohne dass man direkt einen mit der Rassismuskeule abbekommt. Aber mal ernsthaft: Gehen Sie in ein deutsches Freibad und schauen sich das Publikum an. Anscheinend alles Amerikaner, praktisch 90 Prozent der Badegäste – männlich wie weiblich – mit deutlichem Übergewicht.

Einzige Ausnahme sind übrigens die jungen Männer, augenscheinlich türkischer Herkunft, und das sage ich ohne jeden Neid. Durchtrainiert, kein Gramm Fett zu viel, braungebrannt, coole Sonnenbrillen. Und Motivation für mich, endlich wieder mehr Sport zu machen…




Frau Ministerin mag’s gern bunt und hisst ’ne Fahne

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey gibt sich die Ehre. Sie hat für kommenden Freitag „Akteure“ und „Engagierte“ zu Podiumsdiskussion und Häppchen zum Thema „Für Vielfalt, Selbstbestimmung und Akzeptanz“ in das Bundesfamilienministerium eingeladen. Anlass ist das 40-jährige Jubiläum des sogenannten Christopher Street Days, der heute weniger eine politische Demonstration denn Karneval mit viel nackter Haut geworden ist.

Das war nicht so, als am 28. Juni 1969 der berühmte Aufstand Homosexueller gegen die Polizeiwillkür in einer Bar im New Yorker Stadtteil Greenwich Village stattfand. Tagelang gab es Straßenschlachten, und es dauerte tatsächlich noch Jahrzehnte bis zumindest in den westlichen Ländern Schwule und Lesben nicht mehr diffamiert werden und ohne Behinderung Außenminister oder Talkshow-Moderatorin werden konnten. Gut so!

Im Anschluss an die Veranstaltung am Freitag in Berlin wird Ministerin Giffey die bekannte Regenbogenflagge der internationalen Homosexuellen-Bewegung vor ihrem Ministerium hissen. Das ist ungewöhnlich, hängen dort sonst nur hoheitliche Flaggen.

Aber Schwamm drüber, Frau Ministerin, da wollen wir ruhig mal ein bisschen locker sein. Ich schlage vor, zum alljährigen „Tag des ungeborenen Kindes“ (25. März) hissen wir mal eine Pro-Life-Flagge vor ihrem Ministerium. Und für das runde Drittel alleinerziehener Mütter, die später in die Altersarmut rutschen, sollte es auch eine Fahne vor ihrem Ministerium geben. Vielleicht könnte eine Werbeagentur beauftragt werden, so eine Fahne entwicklen zu lassen? Bezahlt vielleicht aus dem üppigen Etat der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Besser als das, was dort sonst produziert wird, wäre das ein Quantensprung.




Amadeu-Stiftung kassiert Klatsche vor Gericht: Xavier Naidoo ist kein Antisemit

Gute Nachrichten vom Rechtsstaat: Das Landgericht Regensburg hat einer Referentin der linksextremen und mit Millionen aus öffentlichen Haushalten finanzierten Amadeu-Antonio-Stiftung untersagt, den Popsänger Xavier Naidoo als Antisemiten zu bezeichnen. Die Richterin kam zu dem Ergebnis, die Referentin der dubiosen Stiftung habe ihren Vorwurf nicht ausreichend belegen können. Wörtlich hatte die Dame bei einer Veranstaltung im bayerischen Straubing gesagt:“Er ist Antisemit, das ist strukturell nachweisbar.“ Der 46-jährige Sänger wies die Vorwürfe rundheraus zurück und erwähnte, dass sein Sohn einen hebräischen Namen trage.

Die Amadeu-Stiftung, die von der früheren Stasi-Spitzelin Anetta Kahane geleitet wird, ist bekannt für Schmutzkampagnen gegen Personen und Organisationen, die irgendwie nicht links genug sind. Erst 2016 hatte der Bundesvorstand der Jungen Union (JU) einen Antrag beim CDU-Bundesparteitag eingebracht, die staatliche Förderung der Amadeu-Antonio-Stiftung (AAS) einzustellen und „auf Basis der getätigten Aussagen ihrer Vertreter und öffentlichen Kundgaben“ vom Verfassungsschutz überwachen zu lassen.

Natürlich wurde das nicht beschlossen, sondern weiterverwiesen. Und natürlich findet sich im Bundestag bis heute keine Partei, die dem Treiben der Kahane-Truppe endlich den Geldhahn zudreht.




Einfach nur Kollateralschäden einer freien Gesellschaft?

Wir lesen immer wieder davon, dass es in Deutschland zunehmend zu Angriffen auf Polizeibeamte, Feuerwehrleute und Rettungssanitäter kommt. Die Ereignisse gestern im Weltmeisterland Frankreich lassen vermuten, dass es sich hier um ein grundsätzliches Problem in den westlichen Demokratien handelt. In Paris, Lyon, Marseille und Ajaccio gingen jugendliche Gewalttäter gegen Polizisten vor und zerstörten und plünderten Geschäfte. Die Begeisterung über den 4:2-Finalsieg der Franzosen gegen Kroatien kann wohl nicht der Anlass gewesen sein,

Auch kurz davor, am französischen Nationalfeiertag, hatten in der Nacht von Freitag auf Samstag Randalierer landesweit 845 Autos angezündet, 508 Menschen wurden festgenommen und 29 Einsatzkräfte verletzt.

Was ist der Grund für diese sinnlose Gewalt, für das Zerstören materieller Güter und Angriffe auf die Gesundheit von Menschen, die eigentlich nur helfen wollen? Und was unternimmt der Staat/die Politik, um diesem Treiben ein Ende zu setzen. Oder nimmt man auch das als Kollateralschäden einfach hin?




Wie kann man das wirklich glauben?

Kaum zu glauben, aber ich bekomme immer noch jede Woche neue Verschwörungstheorien zu 9/11, also dem bisher größten – gemessen an der Zahl der Opfer – islamistischen Terroranschlag auf dem Planeten. Erdacht von einem Herrn bin Laden, der sich selbst übrigens dazu bekannt hat, ausgeführt von 19 Gewalttätern, die meinten, im Namen Allahs zu handeln und Anspruch auf Jungfrauen im – sagt man das in dem Zusammenhang? – Paradies zu haben. So weit, so schlecht.

Aber es verbreiten wirklich gestandene Menschen, Juristen, Unternehmer oder Abgeordnete dauernd neue Theorien. WTC 7 ist da fast schon ein Ladenhüter. Oder der Jet, der ins Pentagon krachte, aber eigentlich kein Jet gewesen sein soll, obwohl Hunderte Zeugen live dabei waren.

Warum beschäftigen sich Menschen mit solchem Schwachsinn? Natürlich ist es legitim, nicht alles zu glauben, was offiziell verlautbart wird. Natürlich muss man hinterfragen, was uns vorgesetzt wird. Und natürlich hat es schon wirkliche große Verschwörungen gegeben, die Auswirkungen auf die Weltgeschichte hatten wie der Mord an JFK oder der Angriff auf den Sender Gleiwitz oder den Tonkin-Zwischenfall.

Aber bitte: Verschonen Sie mich mit neuen Theorien zu 9/11, Loch Ness und Bigfoot. Übrigens: Johannes Paul I wurde auch nicht ermordet. Und ja, die Amerikaner waren auf dem Mond….




Merz will keinen Preis von Tichy

Friedrich Merz, ehemaliger Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und ewige Hoffnungsträger der Konservativen in der Union, möchte – wörtlich – nicht mit Roland Tichy auf einer Bühne stehen. Und deshalb lehnte er jetzt ab, sich den Ludwig-Erhard-Preis der Ludwig-Erhard-Stiftung verleihen zu lassen. Nun muss man wissen, dass die Stiftung eine hochangesehe Einrichtung ist – oder soll man „war“ sagen? – die auch dem FDP-Politiker Otto Graf Lambsdorff oder Altkanzler Gerhard Schröder von der SPD schon diesen Preis verliehen hat. Aber da jetzt auch noch die Journalisten Rainer Hank, Ursula Weidenfeld, Ulric Papendick und Nikolaus Piper aus der Jury des Preises zurückgetreten sind, weil angeblich Tichy die Stiftung als „Reputationsmaschine“ für sein Portal und Magazin „Tichys Einblick“ nutze und damit seine publizistische Arbeit mit der Arbeit der Stiftung mische, hat die Angelegenheit das Potential, um sich noch schnell Popcorn zu besorgen.




Im Zirkus am Rhein: Wer guckt am schnellsten weg, wenn er mich sieht?

Gestern war ich nach längerer Zeit wieder einmal im nordrhein-westfälischen Landtag. Zwischen 2004 und 2007, müssen Sie wissen, war ich – außerhalt von Wochenenden und Ferien natürlich – fast täglich hier. Als Landtagskorrespondent der BILD war mein Job, Geschichten abseits der Tagesordnung zu finden. Wo ist mit Geld geschlampt worden? Wer plant morgen eine nachrichtlich interessante politische Initiative? Welches Politiker hat ein sexuelles Verhältnis mit seiner Fahrerin? Wer hat als verantwortlicher Kommunalpolitiker für ein großes Bauprojekt gestimmt und besitzt nun plötzlich ein Ferienhaus in Skandinavien? Ja, der politische Alltag ist interessanter als viele Bürger denken.

Ich habe meinen Job mit Leidenschaft gemacht, wenngleich man als Journalist der bösen BILD-Zeitung nicht allzu beliebt bei bei den Kollegen von Regionalzeitungen und Staatsfunk in der Landespressekonferenz ist. Die sprechen in der Kantine beim Salatteller gern auch mal ab, wie sie gemeinsam – aus rot-grüner Sicht – irgendein Ereignis am nächsten Tag kommentieren oder berichten werden. Wenn wir drei, vier eher schwarz gesinnten Journalisten an deren politisch korrekten Mittagstisch vorbeischlenderten, zwinkerten wir uns zu, wohl wissend, was die „Rothühner“ da wieder ausheckten.

Das erste, was mir gestern auffiel, war das Parkverhalten mancher mutmaßlicher Abgeordneter in der Tiefgarage des Landtags. Unglaublich, wie viele Fahrzeuge so geparkt wurden, dass zwei Stellplätze belegt sind. Sozialverhalten unterirdisch! Kurz habe ich überlegt, ob ich die Autos solcher asozialer Volksvertreter fotografieren und veröffentlichen soll, mich dann aber dagegen entschieden. Das würde bestimmt irgendwie gegen Persönlichkeitsrechte der Falschparker verstoßen, und FDP und Grüne würden massiv gegen mich vorgehen…

In der Eingangshalle des Hohen Hauses traf ich direkt den besten Lobbyisten, den die nordrhein-westfälische Landespolitik in den vergangenen 50 Jahren erlebt hat. Natürlich sage ich nicht wer und für wen, aber wir taten sofort das, was Lobbyisten und Journalisten bei solchen Gelegenheiten grundsätzlich tun: wir verabredeten uns für demnächst zum Mittagessen, ließen gegenseitig unsere Familien grüßen und gingen dann unserer Wege.

Es wäre mal eine Studie wert, wie sich Politiker verhalten, die man seit mehr als zehn Jahren kennt, wenn da so ein Schreiberling aus der Vergangenheit, der längst nicht mehr auf den Einladungslisten für Häppchen und Reisen steht, plötzlich wieder auftaucht. Ein Minister freute sich immerhin, als er mich entdeckte und lobte, wie gesund ich aussehe. Er aber auch, und außerdem ist er einer der beiden Top-Besetzungen im Kabinett von Armin Laschet. Wir tranken schnell einen Cappuccino. Ein anderer Minister, von dem ich annahm, dass er mich nett findet, sah mich, drehte sich sofort zu einer Mitarbeiterin um und tat geschäftig so, als habe er mich nicht gesehen. Und dann rauschte noch einer vorbei, beseelt von seiner eigenen Wichtigkeit, der früher nicht oft genug Themen bei mir anbot, wie toll er doch eigentlich ist.

Politiker und Journalisten können letztlich keine Freunde sein, sagt man. Das stimmt nicht. Aber eine Studie übers Parken und schnell Weggucken wäre der Zirkus am Rhein allemal wert…




GASTSPIEL: Martin D. Wind über einen jungen Afghanen, der abgeschoben wurde und Suizid beging

Acht Jahre hat ein junger Afghane in Deutschland gelebt. Mit 15 war er illegal eingereist. Als unbegleiteter Minderjähriger (UMF) erhielt er für mindestens drei Jahre die volle Breitseite deutscher Betreuungsbemühungen. Bei ihm ist bisher nicht bekannt, wie lange er als UMF behandelt wurde. Nach Lage des Gesetzes wäre das bis zum vollendeten 27 (sic!) Lebensjahr möglich.

Alleine für seine Unterbringung und Versorgung – Bett, Kleidung, Nahrung – haben deutsche Steuerzahler pro Jahr mindestens 50.000 Euro aufgebracht. Diese Zahl orientiert sich am Durchschnitt aus den Aufwendungen der jeweiligen Länder (NUR der Bundesländer!) aus dem Jahr 2017. Da in den Nord-Bundesländern die Kosten für solche Maßnahmen erfahrungsgemäß meistens höher ausfallen, darf davon ausgegangen werden, dass das Bundesland Hamburg auch hier für die Betreuung mehr ausgeben hat, als das andere Bundesländer für die gleichen Maßnahmen tun müssen. Neben diesen Grundkosten kommen jetzt noch Ausbildungs-, Sonderbetreuungs- und anderweitige Integrationskosten dazu.

2017 lag das Butto-Duchschnittseinkommen in Deutschland bei rund 37.103 Euro im Jahr. Sehr viele Alleinschufter- und verdiener bringen damit (und mit weit weniger!) eine Familie mit mehr als 1,3 Kindern durch´s Jahr. Also zumindest mit dem, was der Staat ihm davon nach Abzug der Steuern – direkter sowie indirekter – und der völlig überhöhten und asozialen Energiekosten übrig lässt. Komme jetzt bitte niemand und behaupte, „So jemand zahlt doch überhaupt keine Steuern“. Oh doch: „So jemand“ muss nur einmal Einkaufen gehen und Tanken fahren. Und gerade die alleinverdienenden Familienunterhalter haben bei diesen indirekten Steuern, aufgrund des höheren Konsums einer Familie, am meisten ins Steuersäckel des Staates abzugeben.

Aber zurück: Unser junger Afghane hat die Aufnahme, die Fürsorge sowie die immensen Investitionen des deutschen Volkes in seine Person, der Gesellschaft gedankt: mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, versuchter gefährlicher Körperverletzung, Diebstahl und Drogenbesitz. Dafür wurde er verurteilt und somit Straftäter. Darüber hinaus lagen gegen ihn weitere Strafanzeigen wegen Raubs, Diebstahls, gefährlicher Körperverletzung und Drogenbesitzes vor.

Das wäre irrelevant, hätte sich das Land Hamburg an Recht und Gesetz gehalten und diese zügig und konsequent durchgesetzt. Schon 2012 war der Asylantrag des jungen Afghanen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abgelehnt worden. Er legte – wie in solchen Fällen üblich – Widerspruch gegen diese Entscheidung ein. Fünf Jahre lang bummelte das Verwaltungsgericht über seinen Akten und „bearbeitete“ seinen Widerspruch gegen diesen Bescheid. Eintausendachthundertfünfundzwanzig (1825!) Tage saßen Juristen angeblich über einem Schriftsatz und konnten nicht entscheiden, ob dieser berechtigt oder unberechtigt ist?! Letztlich wurde der Fall beendet. Wer jedoch meint, das Gericht habe „in der Sache“ eine Entscheidung herbeigeführt, der täuscht sich. Eine Formalie gab den Ausschlag: Weil der „Kläger sich nicht mehr darum gekümmert habe“ – so das Gericht, das eintausendachthundertfünfundzwanzig Tage keine Entscheidung traf – definierte dieses Gericht die Klage als „zurückgenommen“! Arbeitserledigung auf „natürlichem Wege“!

Immerhin hat das Gericht dem jungen Mann so ermöglicht, dass er seine kriminelle Karriere in Deutschland starten konnte. Und das Gericht hat die Entfremdung von der eigentlichen Heimat befördert, mit der gutmeinende Mitmenschen jegliche Abschiebung gerne unterbunden sähen: „Wir erzwingen über Verwaltungsakte und Verfahrensdauer eine „kulturelle Entfremdung“, mit der wird dann einen Abschiebe-Verhinderungsgrund in der Hand haben. Das ist zwar nicht halal, aber wir moralisieren das medial und öffentlich. So bauen wir Druck auf Politik und Gerichte auf.“

Das ist eine geniale Strategie zur Unterminierung des Rechtsstaates. Stellt sich die Frage, wie „kulturell fremd“ illegal einreisende Menschen sind, die hier um Aufnahme bitten. Legt man die Maßstäbe der gutmeinenden Mitmenschen an, dürfte man illegal Einreisende gar nicht erst ins Land lassen, damit sie weder einen Zivilisationsschock erleben noch kulturelle Entfremdung erfahren müssen. Und wenn man dann zur logischen Antwort kommt, stellt sich folglich zwangsläufig die Frage, weshalb man die „kulturelle Entfremdung“ zur Heimat nicht wieder rückgängig machen kann. Integration kann doch logischerweise auch mehrfach und umgekehrt funktionieren.

Zurück zum jungen Afghanen. Irgendwann war das bunte Treiben dieses inzwischen amtlich „Geduldeten“ selbst einem rot-grünen Senat der Hansestadt Hamburg (HH) zu schrill. Der rot-grüne Senat ordnete die Abschiebung an. Was folgte ist bekannt. Der junge Mann soll sich in Kabul selbst erhängt haben. Sein bisheriges Leben, seine Straftaten, die er eigenverantwortlich beging, seine Tatenlosigkeit bezüglich seines Widerspruchs, all das hat er selbst zu verantworten. Auch seinen Tod hat er selbst gewählt. Dafür ist hier in Deutschland niemand verantwortlich zu machen. Nichtmal in Afghanistan ist dafür jemand verantwortlich zu machen. Der junge Mann starb „an sich selbst“, nicht an „einer unsicheren Lage“, an einer „unmenschlichen Abschiebepraxis“, in der Folge eines dämlichen Spruchs eines Ministers. Ja er starb nicht mal am Behördenversagen in Hamburg, an der Untätigkeit des Verwaltungsgerichts oder an der Wirkungslosigkeit seiner kosten- und aufwandsintensiven Betreuung. Er starb, weil er sich dafür entschied.