Na, ausgeschlafen, Kollegen von ARD und ZDF?

Zu meiner Zeit als Reporter bei Radio Hundert,6, dem ersten und über alle Maßen erfolgreichen Privatsenders in Berlin wurde alles vorbereitet, wenn der Winter nahte. Die Sendeassistenten, die rund um die Uhr dafür sorgten, dass der Laden läuft, hatten die Anweisung, beim ersten Schneeflöckchen, das sie sichten, Alarm auszulösen. Dann mussten sie den diensthabenden Redakteur anrufen, damit der entscheidet, ob jetzt Winter ist. Kein Witz, „wann Winter ist, entscheide ich“ war ein Runing-Gag meines sehr geschätzten Kollegen Christoph, der bis heute immer wieder erzählt wird, wenn sich „die Hundertsechser“ von damals zu ein paar Bier treffen.

Wann Winter ist, entscheide ich – dahinter steckte der journalistische Ehrgeiz, der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz – damals dem Sender Freies Berlin (SFB) – die Schau zu stehlen im Kampf um den besten Verkehrsservice der Stadt. Und wir haben gewonnen, Jahr um Jahr. Morgens um drei Uhr alle Reporter aus den Betten jagen, mit Übertragungswagen an allen verkehrstechnischen Brennpunkten der Stadt unterwegs, das ganze Programm gekippt. Alle 15 Minuten Live-Berichte aus den Bezirken der Stadt: wo ist es glatt, wo sind Unfälle, wo sind die Staus, die man umfahren muss. Wenn der SFB-Intendant dann irgendwann erwachte, musste er feststellen, dass wir wieder mal die Nase vorn hatten beim Kampf um die Hörer.

Journalismus in einer freien Gesellschaft – das ist Wettbewerb. Um die besten Geschichten, die wichtigsten Nachrichten und wer als erster die heißen Nachrichten hat. Weil die Hörer, Zuschauer und Leser das so wollen.

Gestern Abend kam ich spät nach Hause und erfuhr, dass das Militär in der Türkei gegen Ministerpräsident Erdogan putscht. Kampfflugzeuge im Tiefflug über Istanbul, Panzer auf den Straßen, Schüsse, Tote, Verletzte… Und ich griff zur Fernbedienung. ARD? ZDF? Nichts zu diesem wichtigen Thema. Und die Türkei ist für uns nicht irgendein Land. Mehr als drei Millionen Türken leben hier bei uns in Deutschland. Die Türkei muss die Arbeit machen, um die fatale Flüchtspolitik der Bundeskanzlerin in den Griff zu bekommen. Die Türkei will in die EU. Putsch in der Türkei – das ist etwas Anderes als Island im Halbfinale. Doch unsere Grundversorger, für die jeder Haushalt in Deutschland zahlen muss, auch wenn man es gar nicht will, versagt. Versagt? Ja, versagt! Acht Milliarden Euro stehen im Jahr zur Verfügung für die mediale Grundversorgung. Aber Freitagsnachts um Eins macht jeder wohl seins, wie man in der DDR etwas abgewandelt sagte. Der öffentlich-rechtliche Kanal Phoenix, den ich eigentlich schätze, teilte gestern Abend per twitter (!) allen Ernstes mit, man werde ab 9 Uhr Samstagmorgen über die Ereignisse in der Türkei berichten. Wahrscheinlich hält das die Redaktion dort auch noch für Service… Und wieso haben eigentlich ARD und ZDF keinen Nachrichtenkanal? Stattdessen gibt es die privaten Sender N24 und n-tv.

Es gab andere Medien, die gestern Abend sofort ihr Programm änderten. Die britische BBC zum Beispiel, CNN aus USA und sogar der Kreml-Staatssender Russia Today – sie alle machten ihre Arbeit, professionell und aktuell. Unfassbar dieses Versagen von ARD und ZDF! Leser meines Blogs wissen, dass ich nicht dafür bin, das öffentlich-rechtliche System in Deutschland abzuschaffen, was viele lautstark fordern. Ich würde mir wünschen, dass es schlanker wird, dass es mehr Informationen und Dokumentationen bringt statt flache Unterhaltung. Aber auf jeden Fall erwarte ich, dass unsere Grundversorger schnell und professionell arbeiten, wenn sie gebraucht werden. Sonst brauchen wir sie nämlich nicht mehr.




Ich will heute nicht schreiben, was man immer so schreibt

„In Nizza hat ein mutmaßlicher Attentäter mit einem LKW zahlreiche Menschen überfahren…“

Nein, es war kein mutmaßlicher Attentätter, er war ein realer Attentäter. 84 Tote, 18 Schwerverletzte – die grauenhafte Bilanz der vergangenen Nacht. Und immer wieder diese Rituale. Die Schauspielerin Mia Farrow, die immer gern in Nizza ihre Ferien verbringt, hat dem französischen Volk ihre Solidarität mitgeteilt – „Ich sende Liebe an Frankreich“ – Wirklich nett, das wird den Angehörigen helfen, die die zerfetzten Körper ihrer Familienangehörigen und ihrer Kinder identifizieren müssen. Die gestern am französischen Nationalfeiertag die Werte ihrer Republik feiern wollten: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. US-Präsident Obama bietet über Twitter (!) dem französischen Volk Hilfe an, Bundeskanzlerin Merkel drückt ihre Anteilnahme aus und versichert, man werde den Kampf gegen den Terror gewinnen. Den Kampf? Welchen Kampf? Und gegen wen? Der Massenmörder von Nizza war nach ersten Medienberichten nicht als radikaler Islamist bekannt, auch nicht als politisch motivierter Täter. Gegen wen kämpfen wir also, Frau Merkel?

Der Mörder von Nizza stammt aus Tunesien – hat aber sicher nichts mit dem Islam zu tun. So wie die Massenmorde von Paris, von Brüssel, von London, von Madrid, von Istanbul und so weiter. Hat nichts mit dem Islam zu tun, so wie die 1.500 jungen Männer, die in der Silvesternacht massenhaft Frauen sexuell belästigten. Gestern wurde im Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags zu diesen Ereignissen bekannt, dass es inzwischen acht bekannt gewordene Vergewaltigungen vom Vorplatz des Kölner Hauptbahnhofs in der Silvesternacht gab. Einige der Frauen haben es nicht einmal bei der Polizei angezeigt. Warum auch? Werden ja sowieso nur wenige Verdächtige ermittelt, in eine Zelle kommt letztlich sowieso niemand dieser Leute, die in unser Land kommen, denen wir großzügig Hilfe gewähren, denen wir die Hand zum Willkommensgruß ausstrecken, denen wir die Chance auf eine glückliche Zukunft in einem wohlhabenden und freien Land bieten. Aber sie verachten uns. Nicht alle, natürlich. Wahrscheinlich sogar eine deutliche Minderheit. Ich sage es auch an dieser Stelle nochmal: Ich kenne viele Muslime, die hier gern bei uns leben, die unsere Gesetze achten, arbeiten, Steuern zahlen und die ihre Kinder genau so lieben wie wir. Und dennoch dürfen wir heute nicht zur Tagesordnung übergehen. Ich kann diese Worthülsen unserer Politiker nicht mehr hören: „Wir sind solidarisch mit unseren französischen Freunden…bla bla bla“ Es muss sich etwas ändern – jetzt!

Die russische Luftwaffe hat heute Morgen Stellungen des IS, des sogenannten „Islamischen Staates“ bombardiert. Vielleicht ist das genau die richtige Antwort. Sind Sie jetzt schockiert, wenn ich das so schreibe? Gewalt ist doch keine Lösung, lernen wir immer. Unsere Soldaten sind „Mörder“, darf man in Deutschland gerichtsbestätigt behaupten. Wer hat denn in Deutschland, in Frankreich, überall im Westen das bessere Konzept gegen den Terrorismus? Jeder, der Augen hat zum Sehen, weiß doch seit Jahren, was los ist. Die zornigen jungen Männer, die in den Pariser Banlieus Nacht für Nacht randalierten, der rasante Zuwachs zum Salafismus in unseren Gesellschaften. Und 9/11? Schon vergessen? Ich kann das Gelaber nicht mehr hören in einer Gesellschaft, die sich nicht mehr zu wehren weiß, in der Angriffe auf Polizisten Alltag sind, übrigens in der Regel verursach von Horden, die sicher nichts mit dem Islam zu tun haben.

Nach den Anschlägen vor einigen Monaten in Paris las ich in einer Zeitungsmeldung, dass es in Brüssel – Zentrum der Europäischen Union – 800 bekannte radikale Islamisten gibt, die potentielle Gefährder sind. In Paris dürften es mehr sein und in London. Im Ruhrgebiet und Berlin gibt es die auch. Sie werden überwacht, rund um die Uhr. Warum eigentlich? Warum haben unsere europäischen Gesellschaften nicht den Mut, diese Leute auszuweisen? Wer hier zu uns kommt und unsere Hilfe bekommt und dann Verbrechen begeht muss raus. Raus! Raus! Raus! Ich höre schon die ersten Beschwichtiger, die jetzt sagen werden: Ja, die müssten raus, aaaaaber…. ihre Heimatländer nehmen sie ja nicht zurück. Und in ihren Heimatländern sind die Menschenrechte nicht gewahrt. Wissen Sie was? Es ist mir scheißegal. Schafft sie meinetwegen an den Nordpol oder zahlt Devisen an Nordkorea, damit sie diese Leute in ihren dortigen Urlaubsparadiesen wegsperren. Ich bin es leid, immer wieder diese Bilder zu sehen, Blut auf dem Straßenpflaster, zerfetzte Körper, zugedeckt mit dunkelblauen Tüchern, ein totes Kind mit einer Puppe neben sich.

„Wir sind in diesen schweren Momenten an der Seite von Frankreich“, sagt gerade Außenminister Steinmeier im Fernsehen. „Kurz vor dem Wochenende erholen sich die Temperaturen“, meldet der Nachrichtensender N 24…. ich glaube, ich muss kotzen.




Man sollte die Böcke nicht zu Gärtnern machen

Wissen Sie, was „Hate Speech“ ist? Na, dämmert’s? Genau! Vor zwei Tagen schlug der Rechtsstaat zu. 60 Polizisten durchsuchten in Berlin Wohnungen und Häuser in den Stadtteilen Buch, Niederschöneweide, Bohnsdorf, Marzahn, Hellersdorf, Hohenschönhausen, Kreuzberg, Reinickendorf und Friedenau. Ihr Ziel: Computer und Smartphones von Hass-Schreibern im Internet. Menschenverachtende Propaganda und Volksverhetzung und Rassismus wolle man bekämpfen, sagte Berlins CDU-Innensenator Frank Henkel, und wer wollte dagegen etwas haben? Wer im Internet unterwegs ist, weiß, wie viel Widerwärtiges man dort findet. Und gegen Hass anzugehen, ist eine noble Aufgabe, wenn damit zwei Prämissen beachtet werden: Erstens eine klare Definition, was unter einer Hassrede zu verstehen ist, damit nicht jede Meinungsäußerung oder Kritik der Zensur anheim fallen kann. Das widerspricht nämlich der Meinungsfreiheit in unserem freiheitlichen Staat. Und zweitens darf man bei der Überprüfung, was in diesem Land gesagt und geschrieben werden darf, nicht die Böcke zu Gärtnern machen.

So wie im Falle der Amadeu Antonio Stiftung, eine Organisation, die sich nach Selbsteinschätzung auf die Fahnen geschrieben hat, „eine demokratische Zivilgesellschaft zu stärken, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet.“ Und das ist prima. Wer, der halbwegs Verstand sein eigen nennt, ist nicht gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus? Problematisch wird es nur, wenn man ausgerechnet Hetzer selbst von staatlicher Seite üpig fördert, um Hetze zu bekämpfen. Die Amadeu Antonio Stiftung, die gegen „Hate Speech“ aktiv ist, hat als Frontfrau ausgerechnet Anetta Kahane, über die Wikipedia dokumentiert:

Von 1974 bis 1982 arbeitete sie unter dem Decknamen Victoria als Inoffizielle Mitarbeiterin des Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Kahanes Stasi-Akte umfasst knapp 800 Seiten. Laut Berliner Zeitung notierte ihr Führungsoffizier Mölneck zu Beginn ihrer Tätigkeit für das MfS, dass sie bereits beim zweiten Treffen „ehrlich und zuverlässig“ berichtet habe. Kahane hat laut Berliner Zeitung Dutzende Personen aus ihrem Umfeld belastet. Sie habe auch Aufträge ausgeführt und vom MfS Geld und kleinere Geschenke erhalten.

Diese Frau und ihre Stiftung führen heute im Rechtsstaat Deutschland Listen darüber, wer als rechtsextrem zu gelten hat, was in unserem Land zweifelsohne den sofortigen Ausschluss aus dem politischen Diskurs der etablierten Politik zur Folge hat. Diese Frau berät mit Wohlwollen von Justizminister Heiko Maas (SPD) Facebook, was man löschen muss und was stehen bleiben darf. Ausgerechnet.

Wer sich auch gegen Hass-Reden engagiert ist übrigens auch Julia Schramm, Öffentlichkeitsarbeiterin der sauberen Amadeu-Stiftung. Sie fällt immer wieder durch eigene Hass-Beiträge in den sozialen Netzwerken auf. So wie diesem: „Nennen sie mich hysterisch, weil ich Steinmeier für seinen nationalistischen Dreck anspucken will, nenne ich sie ein Arschloch, Herr Kister.“ Ja, Frau Schramm ist eine wackere Streiterin für den gepflegten Dialog. Auch gegenüber dem deutschen Bundesaußenminister.

Bleibt die Frage: Wie lange schauen wir uns diesen Hass und diese Hetze von dieser Stiftung und ihren lupenreinen Demokraten noch an? Wo sind eigentlich die Abgeordneten der Mehrheitsfraktionen im Deutschen Bundestag – von Grünen und Linken ist da sowieso nichts zu erwarten -, die mal ihre Aufsichtspflicht gegenüber der Bundesregierung nachkommen. Gibt es eigentlich die CDU noch? Wer etwas gegen Hass-Sprech in diesem Lande tun möchte, sollte als erstes solchen Hetzern den Geld-Hahn zudrehen.

Vielleicht schreiben Sie mal einen Brief an Ihren Wahlkreisabgeordneten!?




Muffins statt Algebra – unsere Schulen vor den Sommerferien

Wir haben vier Kinder auf drei verschiedenen Schulen. Seit etwa zwei Wochen stehen die Zensuren fest. Und seither findet Unterricht nur noch rudimentär, wenn überhaupt statt. Wir haben auch viele befreundete Paare, die ebenfalls schulpflichtige Kinder haben. Sie alle erzählen die gleichen Erfahrungen. Einer unserer Söhne fragte in dieser Woche seine Lehrerin, ob sie wohl die siebte Stunde ausfallen lassen könne, die Klasse wolle zelten und man müsse noch Einiges vorbereiten. Es wurde, klar, genehmigt. Aus anderen Klassen höre ich von Filme gucken, Eis essen gehen, und man bringt selbstgebackene Muffins und Taccos mit Chilli-Sauce morgens in die Schule mit, denn statt Mathematik will man ein Pre-Sommer-Frühstück veranstalten. Immerhin fand auch ein Sponsorenlauf für irgendeinen wohltätigen Zweck statt.

Ich bin kein Spießer und will auch keiner sein. Wenn es um nichts mehr geht, warum sollen die Kids noch getriezt werden? Aber halt, vielleicht um etwas zu lernen? Vielleicht in einer Projektwoche, wo die Schüler gemeinsam und abseits vom Zensuren-Druck etwas Sinnvolles tun. Eine Theaterstück proben, einen Garten auf dem Schulgelände anlegen, die Welt retten…was weiß ich.

Als im Jahr 2005 Jürgen Rüttgers zum ersten Mal seit 40 Jahren für die CDU die nordrhein-westfälische Staatskanzlei eroberte, war neben der galoppierenden Verschuldung des Landes das heißeste Streitthema im Wahlkampf der Unterrichtsausfall. 2,8 Millionen Stunden fanden pro Schuljahr nicht statt. Lehrer krank ohne Vertretung, Schulkonferenzen, Fortbildung. Rüttgers und seine umtriebige Schulministerin Barbara Sommer machten Schluss damit. Für fünf Jahre, dann war schwarz-gelber Feierabend und alles wurde wieder so wie zuvor. Alles? Nein, die rot-grüne Landesregierung erhebt einfach keine Statistiken mehr über den Unterrichtsausfall an NRW-Schulen. Dann kann es auch kein schlechtes Ergebnis mehr geben…

Übrigens: Weil immer mehr Eltern in NRW ihre Kinder mit fadenscheinigen Ausreden schon vor den offiziellen Ferien aus dem Unterricht nehmen – dann sind auch Urlaubsflüge billiger – gehen die Schulbehörden rigoros gegen diese Familien vor. Eltern, die die Ferien ihrer Kinder verlängern und die Schulpflicht missachten, müssen mit einem Bußgeld rechnen. Pro Kind und Elternteil werden pro Tag 80 Euro fällig. Merke: In Nordhrein-Westfalen dürfen Schüler zwar Eis essen und zelten statt Erdkunde und Physik lernen, aber wenn sie Urlaub machen wollen, folgt direkt die Zahlungsaufforderung vom Amt.




„Dieser Löw, der kann was!“

Am Wochenende waren wir zu einem guten Freund eingeladen, am Bodensee, dort, wo die Welt noch in Ordnung ist. Ich kenne ihn seit fast 30 Jahren, und er ist ein knorriger, streitbarer Konservativer, der einen beeindruckenden Lebenslauf sein eigen nennt. Am Samstag Abend, beim Sommerfest in seinem Garten, hat er mich wieder einmal überrascht. Obwohl er sich für Fußball und Europameisterschaft – vorsichtig formuliert – nicht sonderlich interessiert, stimmte er ein Loblied auf Joachim Löw an, den Bundestrainer. Das sei ein Mann, der von seinem Fachgebiet wirklich etwas verstehe. Keiner, der nur „rumschwätzt“, sondern einer, bei dem jeder Satz einen Inhalt habe, der es wert sei, gehört zu werden.

Nun ist Jogi Löw ein Idol der Popkultur, die mein Freund – 75 Jahre alt und topfit – nicht sonderlich schätzt. Auch die Massenereignisse namens „Public Viewing“ (schon dieser Begriff erzeugt bei knorrigen Konservativen das Grauen – kann man das nicht wenigstens „Öffentliches Zugucken“ nennen?) werden ihm missfallen. Und die Freiburger „Mädles“ mit Bauchnabelpiercing, die im Bundestrainer wegen seiner taillierten blauen Pullis eine Mode-Ikone sehen, entsprechen wohl nicht dem Ideal-Bild, das sich mein Freund von jungen Frauen in Deutschland macht. Aber dieser Löw, „der kann was“. Womit bewiesen wäre, dass auch Konservative in der modernen Welt nicht nur meckern, sondern starke Leistungen durchaus anerkennen.




Warum sind eigentlich alle doof, die dem Mainstream widersprechen?

„Das ist ja das Fatale, dass die Alten für die Jungen entschieden haben“, belehrte uns alle vor ein paar Tagen die Londoner ARD-Korrespondentin Hanni Hüsch, die mich vom Habitus – meine persönliche Obzession – immer unwillkührlich an die Reporterin „Karla Kolumna“ aus der Zeichentrickserie „Benjamin Blümchen“ erinnert. Also die Alten sind schuld am Brexit und die Ungebildeten auch. Und Fremdenfeinde natürlich auch. Dann ist ja alles klar, die Grundversorgung ist hergestellt.

Schon im März schrieb das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel„: „Konservative und religiöse Menschen haben hingegen einen geringeren Intelligenzquotienten. Psychologen glauben, dass man das Phänomen evolutionsbiologisch erklären kann.“ Und der Psychologe Satoshi Kanazawa von der London School of Economics veröffentlichte 2014 in einem Fachmagazin einen Artikel mit dem Titel „Warum Liberale und Atheisten intelligenter sind.“ Ausgerechnet ein Kolumnist der linken Tageszeitung taz wagte daraufhin, ein paar kluge Fragen zu stellen wie: „Sind Konservative wirklich dümmer? Oder behaupten Dumme, sie seien konservativ, um ihre angeborenen Verhaltensweisen mit einem wohlklingenden Etikett zu versehen?“ Und die Süddeutsche Zeitung, die vor 20 Jahren mal eine wirklich lesenswerte Tageszeitung war, behauptete allen Ernstes im Jahr 2012: „Kinder mit geringerem IQ neigen später eher zum Rassismus“. Vielleicht stimmt das sogar, ich kann es nicht beurteilen. Aber wir sollen doch Menschen nicht mit Pauschalurteilen verunglimpfen, haben wir zum Beispiel gelernt, als 1.500 nordafrikanische Gäste unseres Landes in der Silvesternacht massenweise vor dem Kölner Hauptbahnhof Straftaten wie sexuelle Belästigung, Vergewaltigung und Diebstahl begangen. Ausländer oder Flüchtlinge sind natürlich nicht per se kriminell, aber Konservative und Christen sind latent doof. Auch wenn mir das bei Auftritten von hyperintelligenten Linken wie Claudia Roth nicht direkt einfällt.

Die politische Kategorisierung in schlau und ungebildet analog zu konservativ und progressiv ist selbst unglaublich dumm und wird vorrangig von linken Protagonisten verbreitet, die sich auf diese Art selbst für klug erklären. Das gibts auch in anderen Bereichen ähnlich, wo staatlich alimentierte ehemalige Stasi-Spitzel mit Wohlwollen der Regierung definieren dürfen, wer in Deutschlands als rechts zu gelten hat und deshalb gefälligst die Klappe zu halten habe. Oder die bemitleidenswerten Gestalten, die ich gern als Geisterjäger bezeichne, die von erschreckend simplifizierten Denken sind, aber meinen, sie haben die Deutungshoheit, wer was sagen darf, wer welche Zeitungen lesen darf oder wer höchst verfassungsfeindlich am falschen Buffet gestanden hat. Alle diese Doofen sind die Klugen von heute. Das habe ich jetzt verstanden.




Schmeißt diesen schrecklichen Mann endlich aus der AfD-Fraktion!

Der AfD-Landtagsabgeoprdnete Wolfgang Gedeon sollte wegen Antisemitismus-Vorwürfen aus seiner Partei und Fraktion fliegen. Doch nun gab es nur eine Light-Lösung. Der Mann, der die ekelhaften und – historisch belegt – gefälschten „Protokolle der Weisen von Zion“ über eine Weltverschwörung der Juden zur Erlangung der Weltherrschaft, mit den Worten sie seien zwar „moralisch die unterste Schublade“, aber „intellektuell hochwertig, ja genial“ kommentierte, lässt sein Mandat erst einmal ruhen. Ist ja nett von ihm. Seine AfD-Landtagsfraktion, die Bundespartei, sie hatten bisher nicht die Kraft, Gedeon rauszuschmeißen. Das ist schäbig. Ja, auch ein Juden-Hasser, hat in einem Rechtsstaat Anspruch auf Anhörung und ein faires Verfahren. Gerade. Aber im Fall Gedeon liegen alle Fakten auf dem Tisch. Die industrierelle Massenvernichtung von Juden in Hitler-Deutschland nannte er „gewisse Schandtaten“, Hetzer, die den Holocaust leugnen, sind für den AfD-Herren „Dissidenten“, also Menschen, die in autoritären Diktaturen für ihre Überzeugungen verfolgt werden. Autoritäre Diktaturen – so etwas wie unser Land, meint er wohl.

All das geht gar nicht. Dass diese solche gruselige Gestalt 71 Jahre „danach“ in einem deutschen Parlament auftreten darf, ist nicht zu akzeptieren. Klar, er ist gewählt, und wenn vor der Wahl bekannt gewesen wäre, wie Gedeon denkt, wäre er – davon bin ich überzeugt – jetzt nicht im Landtag von Baden-Württemberg. Da darf er nun sitzen und sich über üppige Diäten freuen, der Herr Gedeon. Dass muss das Parlament, das muss diese Gesellschaft aushalten. Aber das Mindeste ist, dass die AfD klare Kante zeigt. Natürlich, es gibt auch gedultete Antisemiten bei der Linken und wahrscheinlich in anderen Parteien. Aber eine Partei, die für Transparenz und für einen neuen Politikstil antritt, ja, die konservativ und damit mit dem latenten Vorwurf, rechtsextrem zu sein, leben muss, kann sich keinen Herrn Gedeon leisten.

Dieser Mann muss aus seiner Partei fliegen, lieber heute als morgen. Und er muss im Landtag größtmögliche Ächtung aller anderen Abgeordneten erfahren. Für solche Leute wie Wolfgang Gedeon ist kein Platz in einer freiheitlichen Demokratie.




Am Freitag kein Buffet für Herr van der Bellen

Die Bundespräsidentenwahl in Österreich vom 22. Mai muss wiederholt werden. Das ist die Nachricht des Tages. Viele Facebook-Freunde, die Herrn Hofer zugeneigt waren, haben mich schon Ende Mai angeschrieben und von Wahlbetrug besprochen. Obwohl es immer mal Unregelmäßigkeiten – auch in Deutschland – gegeben hat, konnte ich mir nicht vorstellen, was das Österreichische Verfassungsgericht zu Tage gefördert hat. In 94 von insgesamt 117 Wahlbezirken habe es „Unregelmäßigkeiten“ gegeben.

Der vermeintliche Gewinner der Wahl, der Grüne Alexander Van der Bellen, hätte kommenden Freitag vereidigt werden sollen. Daraus wird nun nichts. Staatdessen gibt es am 25. September eine neue Wahl.

Kein Wunder, dass Verschwörungstheoretiker in diesen Zeiten Hochkonjunktor haben. Ich persönlich sehe es eher positiv. Wenn Zweifel bestehen, wird überprüft. Und wenn Fehler oder gar Manipulationen festgestellt werden, wird gehandelt. Das nennt man Rechtsstaat.




Von einem transatlantische Festival der Stellvertreter

Obwohl der 240. amerikanische Unabhängigkeitstag erst in vier Tagen stattfindet, hatte der US-Generalkonsul für heute traditionsgemäß zum Independence Day ins Teehaus auf der Galopprennbahn in Düsseldorf-Grafenberg eingeladen. Ich gehe dort jedes Jahr gerne hin. Nette Leute, wunderbare Cheeseburger, eiskalte Coke und Weißwein aus – ich nehme an – Kalifornien. Es ist ein schönes Fest, die Reden sind kurz, die Nationalhymnen Deutschlands und der Vereinigten Staaten werden live gesungen, man trifft ein paar Bekannte, die man jedes Jahr dort trifft. Transatlantische Freundschaft eben. Oder doch nicht so ganz? Generalkonsul Michael R. Keller, der Gastgeber, war leider erkrankt. Das kann jedem passieren. Angela Freimuth von der FDP, seit Jahren eine meiner Lieblingsabgeordneten im Hohen Haus am Rhein, hielt ein Grußwort über das Edle unserer gemeinsamen Werte. Sie ist stellvertretende Fraktions- und Parteivorsitzende im Land, vertrat nach eigener Aussage die Landtagspräsidentin Carina Gödecke von der SPD, die etwas Anderes zu tun hatte. Keine Zeit hatte auch Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel von der SPD, zusammen mit 500 Bürgern seiner Stadt auf das Wohlergehen der deutsch-amerikanischen Beziehungen anzustoßen. Vielleicht einfach mal eine Viertelstunde vorbeischauen. Auch Geisel schickte … seinen Stellvertreter. Um es kurz zu machen: Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hatte auch keine Zeit. Ihr Herausforderer im kommenden Jahr, Armin Laschet von der CDU, hatte keine Zeit. Christian Lindner von der FDP – nicht zu sehen. Die Grünen? Nun, Cheeseburger sind nicht vegan, da habe ich etwas Verständnis.

Verstehen Sie mich nicht falsch: All diesen Damen und Herren entscheiden selbst, ob sie einer Einladung folgen wollen oder nicht. Und die Bundesrepublik Deutschland ist nicht die DDR, wo keiner fehlen durfte, wenn der sowjetische Stadtkommandant zum Vodka bat. Wer wegbleibt, bleibt weg. Manch einer wird Gründe haben, Guantanamo Bay ist noch in Betrieb, der Irak-Krieg nicht vergessen. Aber verdient nicht die wichtigste Wirtschafts-, Technologie- und Militärmacht auf diesem Planeten auch in Düsseldorf ein wenig mehr Respekt von den hohen Damen und Herren des größten Bundeslandes? Unsere jahrzehntelange Schutzmacht, die maßgeblichen Beitrag dazu geleistet hat, dass die DDR und all ihre Annehmlichkeiten, die heute von denen gepriesen wird, die bis 1989 nicht schnell genug da raus kommen konnten, nicht bis zum Rhein reichte…

Vorhin kam mit der Gedanke, dass es mit den transatlantischen Beziehungen so ist wie mit uns und der Europäischen Union. Der Lack ist ab, es ist ein wenig wie bei einem alten Ehepaar. Man macht, was eben erwartet wird, aber die Leidenschaft ist weg. Zeit für eine Auffrischung…




GASTSPIEL: Dr. Albert Wunsch über Sex-Akrobatik als Lebenshilfe für Kinder und Jugendliche

„Mama, wieso spritzt die Feuerwehr die Hose von dem Mann nass?“ Der Mutter schießen die verschiedensten Gedanken durch den Kopf. Dann setzt bei ihr reichlich Ärger ein. Wieso werden Kinder auf dem Weg zu KiTa oder Schule mit einem solchen Plakat konfrontiert? Was sollen Eltern antworten? „Das weiß ich auch nicht.“ Zuhause erfuhr die Mutter dann, als sie die ganze Plakatserie „Liebes-Leben“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) per Internet kennenlernte, dass – bei anderen öffentlich zur Schau gestellten Plakate – auch die Frage lauten könnte: „Mama, was machen die Frau und der Mann denn da im Aufzug? Wieso turnen da zwei Männer nackt auf einen Nachtschrank?“

Werden unsere Kinder nicht schon viel zu intensiv mit sexistischen Bildern und Äußerungen konfrontiert? Wie hätte wohl zuständige Bundesgesundheitsminister und Vater Gröhe, der die Serie am 4.Mai präsentierte, vor einigen Jahren auf entsprechende Fragen seiner kleinen Kinder reagiert?

Da ich Minister Gröhe schon vor Wochen – nach einigen Facebook-Aktionen – mitteilte, dass diese Plakat-Aktion nicht hinnehmbar sei, liegt mir zwischenzeitlich auch eine differenzierte Stellungnahme vor. Ein Auszug: Um wichtiger Ziele willen müsse man „durchaus kalkuliert Tabubrüche in Kauf zu nehmen, um überhaupt eine Gesprächsfähigkeit etwa im Hinblick auf die Nutzung von Kondomen zu erreichen. Solch kalkulierter Tabubruch müsse und muss stets vermeiden, Schamgrenzen in unserer Gesellschaft rücksichtslos zu missachten“. Doch genau das ist der Kritikpunkt. Hier werden sowohl Schamgrenzen missachtet als auch ein inakzeptabler Umgang mit dem Thema Sexualität propagiert. Und durch die öffentliche Plakatierung werden Kinder und Jugendliche auf eine Weise mit diesem Thema konfrontiert, welche weder dem Alter der Heranwachsenden, noch einem ethisch vertretbaren Umgang mit dem Thema entspricht. Im Grunde geht es um die Frage, ob oder bis zu welchem Punkt der – gute oder wichtige – Zweck die Mittel heiligt?

Auch wenn um der wichtigen AIDS-Prävention willen drastische oder ins Auge springende Aktionen geplant werden, sollte möglichst kein Kollateralschaden entstehen. So fragte ich mich schon vor Jahren, wieso die sicher wichtigen Info-Spots zur Nutzung von Kondomen zur AIDS-Prävention in solche Film-Situationen eingebettet wurden, wo – so nebenbei – durch den situativen Kontext deutlich wurde, dass sich das Paar erst ganz kurz kannte. Damit wurde gleichzeitig – gewollt oder ungewollt – für den One-Night-Stand geworben.

Ein Sexualakt im Aufzug mag vielleicht ein lustiger Hingucker für Erwachsene sein, aber keinesfalls für Kinder. Alle Menschen müssten sich jedoch fragen, was eine solch artistische Akrobatik denn mit Liebe und einem verantwortlichen Umgang mit einer Beziehung zu tun hat. Denn eine Plakatserie wird nicht dadurch dem sittlich-kulturellen Wert der Liebe gerecht, wenn man ihr das Etikett „LiebesLeben“ anheftet. Etikettenschwindel gibt es schon genug.

Sie schreiben mir, sehr geehrter Herr Minister, dass es bei dieser Plakataktion nicht nur um AIDS geht. Das wird nicht in angemessener Weise erkennbar. So steht auf etlichen Motiven: „Gib AIDS keine Chance“. Aber auf den Plakaten, bei welchen es um Geschlechtskrankheiten geht, müsste dann konsequenterweise der Hinweis stehen: „Gib Geschlechtskrankheiten kein Chance.“
Ich unterstreiche: Das Ziel, den dramatischen Anstieg an Neuinfektionen bei anderen sexuell übertragbaren Krankheiten zu stoppen, ist wichtig. Aber ein verändertes Sexualverhalten hat in erster Linie etwas mit Verantwortung, einer Abkehr vom Prinzip „Genuss, jetzt und sofort!“ mit der schon von Sigmund Freud als so wichtig angesehenen Bedürfnis-Aufschub-Fähigkeit und weniger mit lustig wirken sollenden Plakat-Information zu tun. Die BZgA setzt so auf – durch rot-grün-rot gepuschte – Ideologien einer so genannten sexuellen Vielfalt im Zuge einer Gendererisierung unserer Gesellschaft. Wollen wir das hinnehmen?

Copyright: Dr. Albert Wunsch, 41470 Neuss, Im Hawisch 17

Dr. Albert Wunsch ist Psychologe, Diplom Sozialpädagoge, Diplom Pädagoge, Kunst- und Werklehrer sowie promovierter Erziehungswissenschaftler. Bevor er 2004 eine Lehrtätigkeit an der Katholischen Hochschule NRW in Köln (Bereich Sozialwesen) begann, leitete er ca. 25 Jahre das Katholische Jugendamt in Neuss.

ACHTUNG:Einen Link zu einer Petition, diese Kampagne zu stoppen, finden Sie unter: http://www.citizengo.org/de/pc/35049-sex-plakate-der-bzga-stoppen