Der Kampf gegen den Terrorismus als absurdes Trauerspiel

Am vergangenen Samstag explodierte vor dem Sikh-Tempel in Essen eine Bombe. Der sogenannte Sikhismus ist eine monotheistische Religion, die ihren Ursprung in Indien hat. Die Anhänger glauben an einen Gott, der weder männlich noch weiblich ist, ein sozial ausgerichtetes Familienleben, der ehrliche Verdienst des Lebensunterhaltes sowie lebenslange spirituelle Entwicklung. Die Sikhs gelten als friedfertige Leute, und auch bei längerem Nachdenken fällt mir kein Grund ein, warum irgendjemand diesen Leuten etwas Böses antun sollte. Aber zwei 16-Jährige aus der Salafistenszene im Ruhrgebiet bauten und zündeten einen Sprengsatz, ausgerechnet bei einer Hochzeitsfeier. Immerhin, trotz des in dieser Woche erneut stattgefundenen Blitzmarathons – eine völlig sinnfreie, weil teure und offenbar wirkungslose Prestigeveranstaltung einzelner Innenpolitiker – waren noch genügend Polizeibeamte vorhanden, um die beiden jungen Terroristen zu finden, zu verhaften und in Zellen zu sperren. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass drei Menschen verletzt wurden, einer davon schwer. Immerhin wagte niemand, den feigen Anschlag als kulturelle Bereicherung für unser buntes Land zu verharmlosen.

Im der gedruckten Ausgabe des Magazins „Focus“ findet sich in dieser Woche ein bemerkenswertes Doppelinterview mit dem Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Gerhard Schindler, und Hans-Georg Maaßen, dem Leiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Schindler erklärte, die Anschläge von Brüssel und Paris seien von einem Netzwerk von etwa 30 Personen organisiert und ausgeführt worden. Und wörtlich weiter: „Der größte Teil der Mitglieder war den Sicherheitsbehörden bekannt. Dennoch wusste man zu wenig über ihre konkreten Tatplanungen. (…) Wir brauchen Informationen weit vor den Anschlägen, um sie zu verhindern, und nicht erst danach.“ Das erscheint logisch. Weil aber in unserem Land alles mit allem zusammenhängt, hat das Bundesverfassungsgericht am vergangenen Mittwoch andere Vorstellungen geäußert, die rechtsverbindlich und Hausaufgabe für die Politik zugleich sind. Das BKA-Gesetz, das den rechtlichen Rahmen für die Terrorismus-Bekämpfung vorgibt, wird in Teilen entscheidend entschärft. Mit fünf gegen drei Stimmen entschieden die Richter, dass den Persönlichkeitsrechten von Terrorverdächtigen und ihnen nahestehenden Personen mehr Raum eingeräumt werden muss. Also ein Beispiel. Wenn ein Terrorist von den Ermittlern ausfindig gemacht wurde, dürfen BKA und Verfassungsschutz zum Beispiel seine Wohnung mit Mikrofonen und Minikameras verwanzen. Sitzt aber seine Freundin, die nicht als Terroristin bekannt ist, in derselben Wohnung, dürfen die Ermittler nicht ohne Weiteres lauschen und filmen, weil die Dame ja schließlich auch Persönlichkeitsrechte hat und für den mutmaßlichen Massenmörder auf dem Sofa neben ihr nicht verantwortlich gemacht werden kann. Ich bin sicher, irgendwann werden die deutschen Verfassungsrichter entscheiden, dass Polizeibeamte, die mit Haftbefehl vor der Tür eines Verdächtigen stehen, nicht im Interesse der Bürger für Sicherheit sorgen, sondern eigentlich Hausfriedensbruch begehen.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin dafür, dass Deutschland ein liberaler Rechtsstaat bleibt. Ich bin dafür, dass der Staat sich weitgehend aus den Angelegenheiten seiner Bürger raushält. Ohne konkreten Anlass hat niemand meine Post zu lesen, ohne mich zu fragen. Niemand hat etwas auf der Festplatte meines Computers zu suchen, ohne dass ich die Genehmigung erteile. Und meine Telefonate gehen auch niemanden außer dem jeweiligen Gesprächspartner etwas an. Aber wie es so schön heißt: Man muss auch mal die Kirche im Dorf lassen. Haben Sie noch die Bilder von Brüssel und Paris im Kopf, haben sie im Fernsehen die Toten auf den Straßen von Kabul diese Woche gesehen, den brennenden Bus in Jerusalem? Haben Sie noch die Aufnahmen von 9/11 im Kopf, von Madrid und London? Wir haben ein Problem, und das Problem ist, dass in unseren westlichen Gesellschaften eine Menge islamistischer Extremisten darüber nachdenken und intensiv daran arbeiten, möglichst viele unschuldige Menschen umzubringen. Deshalb dürfen wir unsere freiheitlichen Gesellschaften nicht abschaffen, aber wir müssen denjenigen, die in Polizei und Geheimdiensten für unseren Schutz arbeiten, die nötigen Instrumente dafür geben.

Als die rechtsradikalen Killer des sogenannten NSU zehn ausländische Mitbürger feige umgebracht haben, forderten anschließend führende Politiker, es müsse mehr Datenaustausch zwischen den Geheimdiensten und der Polizei in Deutschland geben, um solche terroristischden Gewaltverbrechen zukünftig möglichst zu verhindern. Das Bundesverfassungsgericht hat vorgestern geurteilt, der Austausch von Ermittlungsdaten zwischen den deutschen Behörden sei rechtlich problematisch. Und der Austausch auf internationaler Ebene sei überhaupt nicht wünschenswert. So, als sei der internationale Terror muslimischer Gewalttäter auf Liechtenstein begrenzt….




Masochismus im Südwesten: Die CDU als Anhängsel der Grünen

Baden-Württemberg ist ein starkes Land. Und liebenswert. Ich habe dort mal drei Jahre in einem 600-Seelen-Dorf gelebt und die Bodenständigkeit der Ureinwohner (in diesem Fall des badischen Teils) sehr schätzen gelernt. Zugegeben, wenn man aus Berlin nach Baden zieht, muss man sich an das ein oder andere gewöhnen. Zum Beispiel, dass die direkten Nachbarn erst nach zwei Jahren grüßen und fragen: „Wohnet se au hier?“ Oder dass es in der Regel ab 21 Uhr in Gasthäusern nix Nennenswertes mehr zu essen gibt, außer vielleicht eine „Veschpabladde“. Aber gut, die herrliche Landschaft, das sonnenverwöhnte Wetter, der süffige Grauburgunder und der bodenständige Menschenschlag sind, wie gesagt, liebenswert.

Unvergessen ist mir eine Einladung mit einem Freund in ein Privathaus im Nachbardorf. Der Eigentümer, ein älterer Herr, dessen kluge und schöne Tochter der eigentliche Grund der Einladung meines Freundes und der Begleitung durch mich (und meine Frau, versteht sich) war, war Hobby-Winzer, das heißt, er kelterte 600 Flaschen Wein pro Jahr aus seinem eigenen kleinen Weinberg. Etwa die Hälfte davon trank er zweifellos selbst. Als der Abend fortgeschritten war, saßen wir immer noch in einem leicht modrigen Keller und genossen den wunderbaren Wein und die Gastfreundschaft des älteren Herrn, der zum jeweils nächsten Viertele auf einem grünen Kinder-Ringbuch badische Trinksprüche vorlas. Wir waren bereits hackedicht, als das Gespräch auf die Politik kam. Unser Gastgeber outete sich – damals in Baden-Württemberg noch häufig anzutreffen – als CDU-Mitglied. Mit einer Flasche Trester-Schnaps aus den Pressrückständen von Weintrauben kehrte unser Gastgeber an den Tisch zurück, fühlte die Gläser randvoll, stand auf in diesem dunklen, leicht modrigen Keller und brachte einen Trinkspruch auf Helmut Kohl aus, „den Kanzler der Einheit und den großen Staatsmann, der Europa zusammenführt“. Wir alle standen auf und waren uns dem Ernst des Augenblicks bewusst. Ein wenig skuril, das muss ich in der Erinnerung an diesen Abend einräumen, war es aber schon.

Warum erzähle ich Ihnen unser Gelage in einem Keller eines CDU-Mitglieds in Baden so ausführlich? Weil es etwas über den Menschenschlag aussagt, der Baden-Württemberg zu einem der über Jahrzehnte erfolgreichsten Bundesländer gemacht hat. Fleißige Menschen, gelebtes Volkstum, ein überaus erfolgreicher Mittelstand. Und dann Jahrzehnte CDU-Politiker wie Lothar Späth und Erwin Teufel, die den politischen Rahmen für diese Erfolgsgeschichte organisiert haben. Ja, meine lieben Leser, die Erfolgsgeschichte Baden-Württembergs ist auch der Erfolg der CDU im Ländle, da gibt es keinen Zweifel. Und nun 27 Prozent, eine Watsche der Wähler, die vernichtender kaum sein kann für die Union, die einst mehr als 56 Prozent der Wähler hinter sich versammelte. Andere kluge Köpfe haben die Gründe der Wahlschlappe bereits treffend analysiert. Das Flüchtlings-Chaos Merkelscher Prägung und das Aufkommen der AfD sind zweifellos die entscheidenden Faktoren, aber auch ein bürgerlicher Grüner als Ministerpräsident wie Herr Kretschmann, der vom Aktivisten des Kommunistischen Bund Westdeutschland bis in katholische Kirchenbänke stets eine gute Figur machte, oder die Wut Tausender Eltern über die rot-grünen Pläne zur Frühsexualisierung von Schulkindern und eine CDU, die nicht ernsthaft in den Kampf gegen diesen Irrsinn eingestiegen war, haben zur aktuellen Lage beigetragen.

Grüne und Schwarze verhandeln nun über eine Koalition im einstigen CDU-Musterland. Mit der Union als Juniorpartner. Erst das Land, dann die Partei, dann die Personen – so gab Landesvorsitzender Thomas Strobl am Mittwoch im Fernsehen die Marschrichtung vor. Da die Wähler ja am 13. März bereits gesprochen haben, sollte Strobl vielleicht doch mal einen ersten Gedanken an seine Partei verschwenden. Ein Blick auf das Schicksal der einstigen Volkspartei SPD könnte da hilfreich sein, die in manchen Bundesländern mit der 10-Prozent-Hürde ringt. Wer seine Positionen aufweicht, wer klare Antworten auf die Fragen der Bürger verweigert, wer im WischiWaschi bunter Wahlkampagnen einen Wettstreit um die nichtssagendsten Wahlslogans führt, der wird in der politischen Bedeutungslosigkeit versinken. Baden-Württemberg ist über Jahrzehnte eines der erfolgreichsten Länder in Deutschland gewesen. Wenn der CDU noch halbwegs bei Verstand ist, wenigstens im Südwesten, dann sollte sie sich nicht in eine demütigende Situation unter Führung der Grünen begeben. Der Erfolg der Grünen in Baden-Württemberg ist nicht Ideenreichtum und dem Genuss von Grünen Tee zu verdanken, sondern Herrn Kretschmann, der mit Fukushima den ersten großen Wahlerfolg einfuhr und nun ein geradezu konservativer und respektabler Landesvater geworden ist, der in breiten bürgerschichtlichen Wählerschichten anerkannt wird. Nur Kretschmann, nicht seine Partei, hat diesen Wahltriumph errungen. Wenn die CDU jemals wieder die Chance bekommen wird, bestimmende Partei im Südwesten zu werden, geht das nur über Opposition und ein klares politisches Kontrastprogramm. Kreuz druckdrücken, klare Kante zeigen, auf das hören, was die Bürger denken. Dann klappt’s auch wieder mit dem Wähler. Sonst… siehe SPD.




Sigmar Gabriel hat es doch ganz gut gemacht

Wieso sind eigentlich drei Viertel aller Stimmen ein schlechtes Ergebnis? Eine Watsche? Mir sind Politiker nicht dann suspekt, wenn sie Gegenwind bekommen, sondern mir kommt es merkwürdig vor, wenn Politiker von allen geliebt werden. Das war schon früher so. Ich erinnere mich an eine CDU-Versammlung, Stadtverband, vor über 30 Jahren. Es war Vorstandswahl, und der wiedergewählte Vorsitzende erhielt 101 Stimmen von den 102 Answesenden. Und mein spontaner Gedanke war: Mit dem stimmt etwas nicht. Ein Politiker muss gestalten, muss Standpunkte vertreten und Widerstand aushalten. Der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt, der vor wenigen Wochen gestorben ist, hat diese Erfahrung gemacht. Als Erfinder des NATO-Doppelbeschlusses von der eigenen Partei, der SPD, bedrängt und beschimpft. Unvergessen das Foto vom Parteitag, wo neben dem einsamen Kanzler noch ganze 12 Genossen mit trotzig emporgereckter Stimmkarte seiner Nachrüstungspolitik zustimmten. Die Geschichte hat Schmidt recht gegeben, und in den vergangenen Jahren lag ihm seine Partei, ja ein Großteil der Bevölkerung zu Füßen. Ein Elder Statesman, dessen Rat immer gefragt war. Bis zum Lebensende.

Nun ist Sigmar Gabriel nicht Helmut Schmidt, und ob er jemals Bundeskanzler wird, ist noch längst nicht entschieden. Aber man muss konstatieren, dass Gabriel deutlich an politischer Statur gewonnen hat. Er führt die SPD und hält den Laden zusammen. Schon vergessen, wie es vorher war? Engholm, Scharping, Platzeck, Beck? Dazwischen mal ein kleiner Putsch vom Oskar, der dann später eine andere Partei mitbegründet hat, um seine frühere SPD zu ärgern. Nein, unter Gabriel ist die SPD zur Ruhe gekommen, sie regiert im Bund mit und ist in vielen Bundesländern und den meisten Großstädten die führende Partei, auch wenn sie in Umfragen bundesweit bei 25 Prozent stagniert. Gabriel hat heute eine gute Rede gehalten, die weitgehend frei von ideologischem BlaBla blieb und sich an sachlichen Notwendigkeiten orientierte – sein Ja zu TTIP und zur Vorratsdatenspeicherung gehören dazu. Er hat der Versuchung widerstanden, seiner Partei, in der sich viele Mitglieder und Funktionäre wieder mehr linke Wohlfühl-Romantik wünschen, nach dem Mund zu reden. Dafür haben ihm einige einen Denkzettel verpasst. Na und?




Eine wichtige Randnotiz aus dem schönen Wien

Die SPÖ blieb trotz starker Verluste bei der jünsten Wiener Gemeinderatswahl stärkste Kraft. Die FPÖ legte mit HC Strache an der Spitze deutlich auf über 30 Prozent zu und bestärkte damit den Trend, dass diese Partei überall in Österreich auf dem politischen Vormarsch ist. Und dann gibt es da noch die Österreichische Volkspartei ÖVP. Sie ist eine der beiden Volksparteien im Nachbarland, die über Jahrzehnte prägend für Österreichs Entwicklung gewesen sind. Während die rote SPÖ in vielen Städten dominierte, lagen die Hochburgen der schwarzen ÖVP mehrheitlich in den ländlichen Regionen. Und nun hat vor einiger Zeit die ÖVP begonnen, sich zu reformieren. Man will nun „jünger, weiblicher und moderner“ werden, proklammierte die ÖVP, und falls Ihnen das bekannt vorkommt – exakt diesen Prozess durchläuft derzeit auch die deutsche Schwesterpartei der ÖVP, und die heißt CDU.

Der Erfolg dieser neuen jungen, weiblichen und modernen ÖVP ist bereits bei den Wahlergebnissen zu erkennen. Zwölf Mal wurden die Wähler in der Alpenrepublik in den vergangenen fünf Jahren zur Stimmabgabe gerufen. Bei allen zwölf Wahlen büßte die Österreichische Volkspartei Stimmen ein. Manchmal nur 1,5, manchmal aber auch 7,6 oder 8,7 Prozent. Mit der sogenannten Modernisierung ging es bergab. Vielleicht kommt Ihnen das bekannt vor. Bei der Gemeinderatswahl in Wien kam die ÖVP jetzt noch auf 9,2 Prozent, blieb dabei aber hinter den Grünen. Soweit also alles ganz normal, der Niedergang einer einstmals bürgerlich-konservativen Partei eben. Doch dieses Mal gab es noch etwas Bemerkenswertes beim Wahlergebnis in Wien. Eine junge Frau namens Gudrun Kugler (38) kandidierte auf einem erwartbar aussichtslosen Listenplatz für die ÖVP und machte richtig Wahlkampf. Klar sprach sie sich gegen die völlige rechtliche Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe von Mann und Frau aus. Familienfreundlichkeit sei wichtiger als gegenderte Ampelmännchen. Sexualaufklärung für eigene Kinder sei in erster Linie Sache der Eltern. Und Christin ist die hauptberufliche Juristin auch noch.

Nun muss man wissen, dass es im österreichischen Wahlrecht die sogenannten Vorzugsstimmen gibt. Die Wähler können auf dem Stimmzettel nicht nur ein Kreuz für die Partei ihrer Wahl machen, sondern zudem auch noch ein weiteres Kreuz für einen Einzelkandidaten vergeben. So können Kandidaten, die eigentlich keine Chance hätten, doch mit Unterstützung der Wähler zu einem Mandat kommen. Und als am Wahlabend in Wien feststand, dass die ÖVP von ihrem letzten jämmerlichen Ergebnis noch einmal 4,8 Prozent verloren hatte – rund ein Drittel – stellte sich heraus, dass Gudrun Kugler zahlreiche Vorzugsstimmen erhalten und damit ein Ratsmandat erkämpft hatte, was Linksmedien wie den „Standard“ nahezu zum Hyperventilieren brachte. Was war passiert? Viele bürgerlich-konservative und christlich eingestellte Wähler, die sich bereits von der ÖVP und ihrer angeblichen Modernisierung verabschiedet hatten, waren bereit, einer Frau zuhauf Unterstützung zu gewähren, die einen klaren Standpunkt zu vertreten wagte, so wie es einst ihre ganze Partei getan hatte.

Wenn ich bloß wüsste, was daraus die Lehre für uns in Deutschland sein könnte….




Hallo, Herr Kretschmann! Ich dachte, ihr seid die Modernen

Was höre ich denn da in den Nachrichten? Das böse Bayern der angeblichen Rechtspopulisten und Orban-Freunde hat bisher 15.000 Flüchtlinge mehr aufgenommen, als es nach dem Verteilungsschlüssel des Bundes müsste – und steht damit (wieder einmal) an der Spitze. Und das hippe von einem grünen Ministerpräsidenten regierte Baden-Württemberg hat bisher nicht einmal das Soll erfüllt. Es ist immer wieder schön, den Unterschied zwischen Mainstream-Gequatsche und Realität zu betrachten. Wenn ein verantwortlicher Politiker in Deutschland alles Recht hat, den Willkommens-Taumel der Kanzlerin zu kritisieren, dann Ministerpräsident Horst Seehofer. Niemand kann Bayern vorwerfen, dass es sich seiner gesamtstaatlichen Pflicht entziehen würde.




Nun seht ihr mal, wie es vor dem Ersticken im LKW so ist

Eine mehr als fragwürdige Aktion fand am Mittwoch in Bochum statt. Das Schauspielhaus und ein Speditionsunternehmer baten auf dem Hans-Schalla-Platz zu einem überaus grenzwertigen „Happening“. In eine LKW derselben Art, wie dem, in dem man jüngst in Österreich 71 tote Flüchtlinge entdeckte, stellten sich nun gestern 71 Menschen aus Bochum, um mal zu erleben, wie beengend es in so einem Transporter ist. Hunderte standen drumherum und schauten zu, Journalisten inklusive.

Er möchte „diesem Moment Raum geben“, sagte Chefdramaturg Olaf Kröck, und alle gruselten sich wie gewünscht, manche sollen geweint haben. es passiert viel in diesen Tagen, um Solidarität mit den Flüchtlingen zu zeigen, die es aus dem Nahen Osten bis nach Deutschland geschafft haben. Und uns alle verbindet wohl die Abscheu gegenüber den Schlepperbanden, die gewaltige Vermögen mit dem Leid anderer Menschen anhäufen, und denen Menschenleben vollkommen egal sind. Doch eine solche Aktion wie jetzt in Bochum ist in meinen Augen obszön und ekelhaft. Im Wohlstandsland Deutschland stellen sich Wohlstandsbürger in einen LKW – Tür auf – , um mal ein paar Augenblicke nachzuempfinden, wie das wohl sein muss, kurz bevor man elendig erstickt. Es ist einfach nur krank.




Wer für mich sprechen will, sollte mich auch mal fragen, was ich denke

Vor fast 30 Jahren bin ich, nach längerer Zeit des Lernens und Überlegens, zur katholischen Kirche konvertiert. Damals habe ich angenommen, einer Kirche anzugehören, die sich an der Bibel und ihrer Auslegung durch geistliche Schriftgelehrte orientiert. Ich habe damals auf das gehört, was unser Gemeindepfarrer sonntags predigte. Und ich habe oft nach Rom geschaut und gehört, was Papst Johannes Paul II lehrte, den ich bis heute tief verehre. Leider habe ich damals zu wenig beachtet, dass es auch das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZdK) gibt. Allein der Begriff „Zentralkommitee“ löst in mir eine historisch verursachte instinktive Abneigung aus. Das, was dort allerdings ohne jede demokratische Legitimation unter dem Firmenschild „katholisch“ veranstaltet wird, ärgert mich noch mehr. Das ZdK will ja nach eigener Definition „die Anliegen der Katholiken in der Öffentlichkeit“ vertreten. Ich bin katholisch, ich habe das ZdK nicht darum gebeten, meine Anliegen zu vertreten, und ich kenne viele Katholiken, denen es lieber wäre, es gäbe überhaupt kein ZdK, sondern eine Kirche, die sich ausschließlich an Bibel und Auslegung durch die Kleriker orientiert. Das muss nicht heißen, dass man kritiklos alles schluckt. Schon heute gibt es eine Mehrheit der Gläubigen, die zum Beispiel die Sexualmoral der Kirche schlicht ignoriert, muss jeder selbst wissen, was er tut. Aber es gibt eine Klarheit im Glauben, dem sich – das nur zur Erinnerung – ja niemand anschließen muss. Schon heute stelle ich fest, dass Kritiker des Zölibats fast ausschließlich Menschen sind, die nie im Leben auf den Gedanken kommen würden, selbst einer Berufung zum Priester zu folgen. Und ich behaupte, dass der kirchliche Segen für eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft auch den meisten im Grunde egal ist, die laustark danach rufen. Es geht darum, zu provozieren und die Kirche vorzuführen. Ein Laien-Gremium, wie ich es mir vorstelle, sollte sich dabei vor seine Kirche stellen und ihre Positionen in der modernen Gesellschaft verteidigen. Doch so versteht sich das ZdK nicht. Es beschäftigt sich stattdessen auf seiner jüngsten Frühjahrsvollversammlung mit so wichtigen Themen wie dem Klimaschutzabkommen, gerade so, als gäbe es ein katholisches Weltklima. Und es hat – natürlich – ganz eigene Vorstellungen, was die katholische Kirche in Sachen Ehe und Familie tun sollte, nämlich – Sie ahnen es – sich an den modernen Zeiten zu orientieren. Klar, ein paar Sätze in der Stellungnahme zur Familiensynode im Oktober preisen die sakramentale Ehe, bevor es dann zur geforderten Segnung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und zu einer Neubewertung des Umgangs mit geschiedenen Wiederverheirateten kommt. Entscheiden in der deutschen katholischen Kirche nicht mehr die Priester, wen sie segnen wollen, sondern ein Zentralkommitee, das durch nichts eine Legitimation hat, für die Katholiken zu sprechen?
Dankenswerter Weise wagte es mit Bischof Stefan Oster aus Passau wenigstens einer aus der offenbar von Medien und den eigenen Laien mächtig eingeschüchterten Bischofskonferenz, den ZdK-Forderungen klar und unmissverständlich entgegenzutreten. Das ZdK, so schrieb er, lasse „wesentliche Aspekte des biblischen Menschenbildes“ hinter sich. In der Tat, und das unter dem Titel „katholisch“ und finanziert aus Kirchensteuermitteln. Grundsätzlich frage ich mich ja immer wieder, warum die Katholiken, die mit der Lehre nicht mehr zurechtkommen, nicht einfach zur evangelischen Kirche wechseln. Ich meine, wir Christen glauben an denselben Gott, doch unsere Kirchen legen die Lehre Jesu unterschiedlich aus. Alles, was ZdK und Linkskatholiken fordern, gibt es in der EKD reichlich: Frauen als Priester, die Segnung von allerlei Partnerschaften, die Freiheit der Geistlichen, eine Ehe zu schließen. Alles vorhanden, und ein Übertritt von der katholischen zur evangelischen Kirche ist völlig unkompliziert. Warum also packen diese Leute nicht einfach ihre Sachen und wechseln, statt diejenigen Katholiken, die zufrieden mit ihrer Kirche sind, ständig zwangsbeglücken zu wollen?
Von mir aus könnte man das ZdK dicht machen. Würde es morgen geschehen, bin ich nicht einmal sicher, ob ich es bemerken würde. Aber wenn es unbedingt ein Laiengremium geben soll, das auch in meinem Namen spricht und von meinem Geld finanziert wird, dann würde ich gern Einfluss auf seine Zusammensetzung nehmen. Durch eine ganz altmodische, demokratische Wahl zum Beispiel.

Zum gleichen Thema sind in den vergangenen Tagen auch andere äußerst lesenswerte Beiträge erschienen. Ich möchte meinen am Thema interessierten Lesern zwei zur Lektüre empfehlen, nämlich von den überaus meinungsstarken katholischen Bloggern Felix Honekamp und Peter Winnemöller.




Die Frage nach dem Ob stellt sich nicht einmal

Schon wieder! Auch heute befindet sich ein Flüchtlingskahn im Mittelmeer in akuter Seenot. Mindestens 300 Menschen sollen an Bord sein, darunter wie jedes Mal Frauen, Kinder und Alte. Nicht erst seit dem Tod von 900 Flüchtlingen am vergangenen Wochenende im Mittelmeer ist klar, dass die Situation unhaltbar geworden ist. Wenn wir hier das christliche Abendland hochhalten wollen, wenn die EU nicht wieder bei einer internationalen Krise versagen will, dann muss jetzt sofort, ohne jegliche Zeitverzögerung, massiv eingegriffen und geholfen werden. Die Frage, ob Europa, ob der Westen und damit auch Deutschland den Flüchtlingen helfen sollte, stellt sich nicht einmal. Was wären wir für Zyniker, was wären wir für erbärmliche Unmenschen, wenn wir dem Sterben auf hoher See ungerührt zuschauten? Rupert Neudeck, Mitbegründer von „Cap Anamur/Deutsche Notärzte“, hat gestern im Fernsehinterview Stellung bezogen: Die EU-Länder müssen Schiffe ihrer jeweiligen Marine vor die Küste Nordafrikas entsenden, Handelsschiffe müssen aufgefordert werden, einzugreifen und Flüchtline zu retten – vielleicht sogar gegen Prämienzahlungen im konkreten Hilfsfall. Das Sterben muss beendet werden – das hat oberste Priorität, das ist die allererste Aufgabe. Doch damit ist es wahrlich nicht getan.
Selbst wenn die reichen Länder des Westens vorübergehend mehr Flüchtlinge aufnehmen, löst das die Probleme nicht. Offiziellen Schätzungen zu Folge sind derzeit auf dem afrikanischen Kontinent rund 18 Millionen Menschen auf der Flucht in Richtung Mittelmeer. Ihr Ziel und ihre einzige Hoffnung auf ein menschenwürdiges Leben ist Europa. Eine Hoffnung, die wir nicht erfüllen können, selbst wenn wir es wollten. Um das Problem zu lösen, müssen Hoffnung und Zukunft nach Afrika gebracht werden. Das ist ein langwieriger Prozess, aber die reichen Länder könnten mehr tun, noch viel mehr. Es müssen menschenwürdige Wohnräume dort entstehen, es müssen Nahrung und sauberes Wasser her, und es muss Bildung her. Ja, Bildung. Es klingt so nach Klischee, wenn immer von Brunnen bohren und Schulen bauen geredet wird, aber genau darum geht es. Auch. Wenn wir keine Mauer errichten wollen, um uns von Elend und Hoffnungslosigkeit abzuschotten, gibt es nur diesen Weg: den Leuten in Afrika wirklich zu helfen, eine menschenwürdige Zukunft aufzubauen. Und ihnen zu sagen, dass wir bei weitem nicht alle, die zu uns kommen wollen, aufnehmen können.
Über die Flüchtlingsproblematik habe ich verschiedentlich geschrieben. Ja, wir müssen helfen – ohne Wenn und Aber. Und wenn wir helfen wollen, dann muss die Politik auch klare Kante für diejenigen zeigen, die wirklich Hilfe brauchen, die sich in die Hände gewissenloser Schleuserbanden und in Lebensgefahr begeben haben, um Europa oder Deutschland zu erreichen. Es ist unerträglich, dass noch immer 90 Prozent der in Deutschland abgelehnten Asylbewerber bleiben dürfen. Und für diejenigen, die in diesen Tagen und Wochen aus Angst um ihr nacktes Überleben dem Wahnsinn im Nahen Osten entkommen sind und zu uns fliehen, wird der Platz knapp.




Was unser Staat von Herrn Biedermann lernen kann

In seinem herausragenden Drama „Biedermann und die Brandstifter“ erzählt Max Frisch die Geschichte von Herrn Biedermann, der zwei Männer in seinem Haus aufnimmt und sie auf dem Dachboden wohnen lässt. Bald stellt sich heraus, dass die Gäste beabsichtigen, Biedermanns Haus anzuzünden. So dauert es nicht lange, und ihn beschleicht ein ungutes Gefühl. Spätestens als er Benzinkanister und Zünder entdeckt, unternimmt er wenig überzeugende Anstrengungen, die beiden Brandstifter loszuwerden. Biedermann redet den Männern freundlich zu, er gibt ihnen zu Ehren ein üppiges Abendessen mit Gans und Wein. Man lacht und singt gemeinsam „Fuchs Du hast die Gans gestohlen“. Statt drastische Schritte zu ergreifen, versucht der Hausbesitzer, die Fremden zu Freunden zu machen. Doch die lassen sich in ihrem Vorhaben nicht beirren, Biedermanns Haus geht in Flammen auf.

Ein Leser meines Blogs macht mich gestern in einer langen Mail auf Parallelen des Dramas mit der heutigen Zeit aufmerksam. In Lochham wurde vor wenigen Tagen eine schwangere Frau Opfer eines brutalen Überfalls. Zwei 15 und 16 Jahre alte Kriminelle „mit Migrationshintergrund“ schlugen und traten auf ihr Opfer ein. Als die Frau mit Nasenbeinbruch und Gehirnerschütterung blutend am Boden lag, schnappten sich die Täter ihre Tasche und rannten davon. In Presseartikeln wurden die Gewalttäter als „Buben“ bezeichnet. Mein Blog-Leser schreibt „da hätte nur noch die ‚Laus‘ davor gefehlt“. Zeitungleser erfuhren auch, dass die beiden Schläger bereits polizeibekannt waren.

In einem Altersheim in der Nähe, so berichtete mein Leser weiter, würden regelmäßig jugendliche Straftäter vorstellig, um ihre Sozialstunden abzuleisten. Dabei gäbe es einige, die ihre Taten tatsächlich bereuen und den auferlegten Dienst ableisten. Aber da seien auch die anderen, die bereits beim Antritt klar machten, dass sie hier keinen Finger rühren werden, und wenn jemand von der Belegschaft Einwände dagegen habe oder sich gar weigere, die Anwesenheitsbestätigung abzuzeichnen, man den Sachverhalt gerne unter Beisein der Familie des Straftäters abends auf dem Parkplatz ausdiskutieren könnte. Das Ende vom Lied sei in solchen Fällen dann meist, dass „diese Typen draußen auf der Terrasse sitzen, rauchend und Red-Bull-saufend ihren Kumpels am iPhone erklären, wie sie den Laden hier als Boss rocken“, und nachdem sie zur Erleichterung aller weg sind, räumt die Belegschaft noch den Müll hinter ihnen auf. Meist würden dann im Nachweis noch mehr Stunden aufgeschrieben und gerne von der Belegschaft unterzeichnet, damit die Strafe, die vor allem eine Strafe für die Beschäftigten des Altersheims ist, schnell vorbei sei.

Unser Rundum-wohlfühl-Land hat verlernt, die Ernsthaftigkeit seiner Gesetze zu vermitteln und durchzusetzen. Warum wird die Notwendigkeit des Strafvollzugs vom Staat auf Sozialeinrichtungen abgeschoben? Werden dort nicht aggressive Jugendliche zu der Erkenntnis kommen, wenn sie weiter aggressiv sind, zahlt sich das für sie aus? Wer annimmt, dass Nachsicht und Toleranz gegenüber Gewalttätern von diesen goutiert werden, sie zur Vernunft bringen, der muss scheitern. Oder er wird so enden, wie Herr Biedermann, der aus Toleranz, Feigheit und dem Bemühen, stets freundlich zu wirken, letztlich sein Haus und sein Leben verliert.




Verstoßen vom Fortschritt

Der Bruno Gmünder Verlag in Berlin hat den Chefredakteur seines Schwulenmagazins „Männer“, David Berger, entlassen. Der Theologe war lange Jahre tief im katholischen Millieu verwurzelt, war Schriftleiter des Monatsmagazins „Theologisches“ und Lektor der Päpstlichen Kongregation für die Glaubenslehre, bevor er sich im April 2010 in einem Beitrag für die Frankfurter Rundschau öffentlich zu seiner Homosexualität bekannte. Nach Erscheinen seines Buches „Der heilige Schein“ Ende 2010 entzog ihm das Erzbistum Köln die Lehrerlaubnis für katholische Religion. Berger wurde zu einem der bekanntesten Aktivisten der Homosexuellenszene in Deutschland. Einem breiten Publikum wurde er 2012 bekannt, als er eine „Kopfprämie“ von 15.000 Euro aussetzte, um die Hintermänner der fundamentalistischen Internetseite kreuz.net aufzudecken. Berger trat aus der katholischen Kirche aus und kritisierte fortan wortgewaltig die Kirche und besonders den inzwischen emeritierten Papst Benedikt XVI. für deren Haltung zur Homosexualität. Vor gut einem Jahr verstieg sich Berger zu der Forderung, gläubige Katholiken nicht mehr in Fernsehdiskussionen einzuladen, da diese „homophobe“ Ansichten verträten. Und nun ist er arbeitslos. Im November hatte zuvor die Deutsche Aidshilfe ihre Anzeigen für „Männer“ storniert. Das Magazin, so die Begründung der mit Steuermitteln finanzierten Stiftung, fördere eine Vorstellung von Männlichkeit, die nicht zeitgemäß sei. Berger wird von der sogenannten „queer“-Lobby der Gender-Jünger ein „Rechtsruck“ vorgeworfen, weil er es gewagt hatte, die Verfolgung von Homosexuellen durch den Islam öffentlich zu kritisieren. Es darf eben in Deutschland doch nicht alles einfach so gesagt werden, auch wenn man auf der vermeintlich unverdächtigen „richtigen Seite“ steht. Das hat David Berger nun selbst erfahren.