Einige von Ihnen ahnten bereits, dass ich meinen Arbeits- und damit Lebensmittelpunkt vor einigen Wochen nach Ostdeutschland verlegt habe, genau ins Berliner Umland. Nach Brandenburg. Hätte ich vor drei Monaten noch nicht für möglich gehalten, aber jetzt isser nun mal da, der Klaus.
Und weil ich mich auch als Wessi und „Systemjournalist“ immer mal gern rauswage, mache ich jeden Tag hier so viele schöne und skurrile Erfahrungen, dass ich ernsthaft überlege, ein „Ostdeutsches Tagebuch“ zu schreiben.
Heute Morgen im Aldi bei mir im neuen Ort vier Kassen, nur eine besetzt. Zwischen den Regalen drängten sich viele Erwachsende, quengelnde Kinder, volle Einkaufswagen. Eine Frau ruft zaghaft: „Kann hier vielleicht jemand eine zweite Kasse öffnen?“, und die eine Kassiererin antwortet laut „Kollegin ist draußen, eine rooochen,…“. Man weiß im ersten Moment nicht, ob man eine Schusswaffe ziehen oder lauthals lachen soll. Die Servicewüste Deutschland manifestiert sich in Tausenden solcher kleiner Dinge.
Schließlich kam die Raucherin doch wieder rein, blond ist sie, und erlöste uns alle mit einem herzlichen „Sie können gez auch hier ufflejen….“ Machte ich dann, Waschmittel, Putzmittel, Schwämme…was man so braucht beim Umzug.
Mettbrötchen, Teil II
Letztens hatte ich Ihnen von meinem morgendlichen Mettbrötchen für 4,60 Euro erzählt hier. Das wurde viel gelesen und tagelang in den Sozialen Netzwerken diskutiert. Draußen geht die Welt unter, und wir unterhalten uns über Mettbrötchen. Ich wollte noch nachtragen, dass ich in unserer Landbäckereit am Niederrhein vergangene Woche ein vollständiges Mettbrötchen mit Zwiebeln für 2,40 Euro erwerben konnte – statt in Potsdam ein halbes für 2,30. Es ist nicht alles schlecht im Westen…
Toll war auch die Anreise am Dienstag
Mit dem Auto 550 Kilometer die A2 entlang. Am Abend gegen 20.30 Uhr ich in die Raststätte Helmstedt. Voller Freude auf eine Currywurst mit Pommes für 12,40 Euro. Ich, der einzige „Gast“. Ein Großteil der AUTOBAHNRASTSTÄTTE schon dunkel, die Stühle hochgestellt. Zwei junge Damen, eine auffällig tätowiert, putzten die Theke mit Glasreiniger und unterhielten sich über irgendwas. Dann bemerkten Sie mich, den Kunden. Der war da.
Sie sagten nicht, guten Abend oder fragten, was es sein darf. Beide schauten mich mitleidig an und die eine begann das Gespräch mit „Das sieht aba janz schlecht aus…“ Unwillkürlich schaute ich auf mein weißes Hemd, ob da vielleicht ein Spritzer Tomatensoße drauf ist. War aber nicht…
Dann konkretisierte sie: „Wir schließen nämlich gleich…“
Schließen? Eine Autobahnrststätte? Um 20.30 Uhr? Ich setzte ein enttäuschtes Gesicht auf und gab zu, dass ich mich so auf Currywurst/Pommes für 12,40 Euro gefreut habe. Aber nichts zu machen. Als ich mich umdrehte, um das…Lokal…zu verlassen, rief mir die Tätowierte hinterher: „Weil Sie so nett sind, schenke ich Ihnen noch was!“ Sie drückte mir die letzte Laugenbrezel in die Hand, begleitet mit der Bemerkung: „Die hätten wir sonst sowieso weggeschmissen…“ Ich mich auch, vor Lachen.
Am nächsten Tag in meinem neuen Wohnort per Handy eine Currywurstbude gesucht. Schön sah die nicht aus, aber die über 50-Jährige im grauen Kittel an der Fritteuse machte einen sympathischen Eindruck. Allerdings auch geprägt vom Leben, mit einem grausammen Zug um die Mundwinkel. Currywurst/Pommes kosten hier 5,50 Euro. Dafür werden sie in Berlin an so einer Bude nicht einmal begrüßt. „Kann ich bei Ihnen mit Karte bezahlen“, fragte ich. Und – Sie ahnen es – das sei leider, leider nicht möglich.
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Geld könne man sich einen Kilometer entfernt in einem Baumarkt auszahlen lassen. „Aber passen Sie auf, da müssen Sie für mindestens 10 Euro kaufen, sonst kriegen sie nix!“
Ich fuhr dann zur Sparkasse am Bahnhof, fünf Kilometer, um Bargeld zu ziehen. Meine neue Freundin in der Wurstbude war echt überrascht, dass dieser schnöselige Wessi wirklich zurückkam, um eine Currywurst zu essen. Die war gut, aber die Pommes völlig laberig. Mein Stammladen wird das nicht hier.
Gestern entdeckte in am Straßenrand eine „Feldküche“ in olivgrün. Ich nehme an aus alten Beständen der Nationalen Volksarmee (NVA) preiswert erworben. Ein total witziger junger Mann im Blaumann rührte da mit einer großen Schöpfkelle in irgendeiner Suppe. Aber es gibt da auch feste Nahrung. „Was darf’s denn sein, junger Mann“, fragte er. Knacker mit Senf, Rinderbouletten mit Kartoffelsalat, die unvermeidliche Soljanka und – der Klassiker – Rinderroulade mit Kartoffeln und Rotkohl. Ich entschied mich für Königsberger Kloppse mit Kartoffeln, Kapern und gelber Soße. War lecker. Auf dem Biertisch Senf und Ketchup aus Bautzen. Guter Laden. Bis nächste Woche, verabschiedete ich mich vom jungen Mann.
An der „Feldküche“ noch ein großes Werbeschild: „Gournet-Genuss aus dem Havelland“…So ist es wohl…
Habe ich schonmal erzählt, dass ich mich hier total wohlfühle?
+++Am 17.