Meine Deutschlandreise durch die Union

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben. Als Journalist sowieso. Aber wenn die Reise auch noch durch die Unionsparteien führt, dann ist es in diesen Tagen besonders spannend. Unionsparteien – Sie erinnern sich! Volksparteien, die unsere Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg entscheident geprägt haben. Kanzler wie Adenauer und Kohl, die die Weichen richtig stellten, als die politische Konkurrenz noch – vielleicht in diesem Zusammenhang unpassend formuliert – im Schützengraben saß. Die Union traf die richtigen Entscheidungen für ein demokratisches und rechtsstaatliches System, für eine (damals) freie und (heute noch) soziale Marktwirtschaft. Für die Westbindung, für Europa, für die Einheit… Die Bilanz kann sich sehen lassen, auch wenn es natürlich Fehler gab, wie etwa Frau von der Leyen zur Bundesfamilienministerin zu machen. Schwamm drüber, jetzt sorgt sie für Schminktische in Kasernen, und als Familienministerin war sie bei den Deutschen überaus populär. Man darf mit Fug und Recht annehmen, dass sie bei roten und grünen Wählern eine Menge Zustimmung mit ihrem Krippenausbau gefunden hat. Weniger im eigenen Lager. Und damit kommen wir zu Angela Merkel.

Ich war die ganze Woche unterwegs, in Berlin, München, Düsseldorf und anderswo. Und meine Hauptbeschäftigung war, mich mit Abgeordneten von CDU und CSU zu treffen, um zu erfahren, wie die Stimmung hinter den Kulissen eine gute Woche vor dem nächsten Bundesparteitag wohl sein wird. Es liegt in der Natur der Sache, dass ich niemanden mit Namen zitieren darf. Wer sich also nicht für die Union interessiert oder nicht glaubt, dass Politiker mit einem wie mir sprechen, dem empfehle ich, an dieser Stelle auszusteigen und etwas anderes zu lesen.

Den verbleibenden Leserinnen und Lesern (bei Bedarf auch den anderen 60 Geschlechtern) möchte ich erzählen von einem Abgeordneten und Kreisvorsitzenden, der am Montag, also einen Tag nach der Ankündigung Angela Merkels, sie werde erneut als Bundeskanzlerin kandidieren, 17 Parteiaustritte in seinem Briefkasten vorfand. Begründung unisono: jetzt reicht’s uns endgültig! Ich möchte Ihnen erzählen von Abgeordneten, die dem Defätismus frönen, also der Mutlosigkeit. Die seit #wirschaffendas am Telefon und an Straßenständen beschimpft werden. Deutschland kann seine Grenzen nicht mehr schützen? Kann doch wohl nicht angehen.

Ich möchte Ihnen von Unions-Abgeordneten erzählen, die mir sagten, dass ihnen der sogenannte „Modernisierung-Kurs“ besonders der CDU nicht behagt, die sinnfreie Aufgabe von als unerschütterlich angesehenen Überzeugungen. Aber die auch klar sagen: Jetzt ist Wahlkampf, jetzt müssen wir erstmal gewinnen. Und dann sehen wir weiter. Und überhaupt: wer soll es denn machen, wenn nicht die Angela? Und wenn Rot-Rot-Grün gewinnt, wird es doch alles noch schlimmer.

Doch es gibt auch noch andere, einen Mann zum Beispiel, der eine Menge Einfluss hat in seiner Partei. Er sagte mir: Bis zur Flüchtlingskrise hatte ich ein distanziertes Verhältnis zu Merkel, aber vergangenes Jahr hat sie endlich mal klar einen Standpunkt bezogen. Und Horst Seehofer aus Bayern und Julia Klöckner aus Rheinland-Pfalz, die eine Woche vor der Landtagswahl die Richtung änderte, um dann zu verlieren – bei diesen beiden Parteifreunden steigt sein Blutdruck: „Man muss auch mal Kurs halten, wenn Gegenwind kommt…“




Von der Kungelei im Ramschladen: Angelas Resterampe….

Die Auswahl des Kandidaten für die Wahl unseres Staatsoberhauptes ist mit fehlender Würde nur unzureichend beschrieben. Es ist ein Ramschladen, den Angela Merkel, CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin, betreibt. Zugegeben, viel zu sagen hat so ein Bundespräsident in Deutschland nicht. Er unterschreibt Gesetze, die von anderen formuliert und beschlossen werden. Er wird von Gegnern als „Grüß-Gott-Onkel“ geschmäht, und wenn es gut läuft, hält er (oder sie) ab und an kluge Reden. So weit, so schlecht. Der Deutsche an sich neigt ja dazu, den Vereinigten Staaten von Amerika kluge Ratschläge zu erteilen. Besserwisserei würde ich das nennen. Eigentlich habe ja Frau Clinton die Prösidentschaftswahlen in den USA gewonnen, lese ich, weil sie mehr Stimmen im „popular vote“ erhalten hat als Donald Trump, der eine deutliche Mehrheit der Wahlmänner hinter sich versammeln konnte. Ja, so ist das Wahlsystem dort, Föderalismus ist eine sinnvolle Sache, finde ich. Aber mal zur Erinnerung: eine Präsidentschaftswahl in den USA ist ein knochenharter Marathon. Schon bei den Vorwahlen müssen sich die Kandidaten ihrem Volk stellen und Millionen Stimmen ihrer Bürger sammeln, bevor sie überhaupt kandidieren dürfen. Und dann beginnt der Wahlkampf um das Oval Office. Mehr als 130 Millionen Menschen haben entschieden. Trump hat gewonnen. Überraschend.

Das Amt des amerikanischen Präsidenten ist nicht im Geringsten mit dem deutschen Präsidentenamt vergleichbar. Wer in Washington Präsident ist, hat nahezu unbegrenzte politische und militärische Macht auf diesem Planeten. Wer in Deutschland Präsident ist, trägt sich in goldene Bücher ein, wandert mit Bürgern durch Wälder oder singt „Hoch auf dem gelben Wa-ha-gen…“. Alles ehrenwerte Leute, das will ich nicht in Abrede stellen. Und einer – Richard von Weizsäcker – stach auch politisch heraus, weil er eine herausragende Rede hielt, die viele Deutsche bis heute berührt.

Und jetzt also Frank-Walter Steinmeier, geboren im lippischen Detmold (was ich als Lipper erst einmal grundsätzlich begrüße), Sozialdemokrat und derzeit Bundesaußenminister. Bis vor wenigen Tagen war ich der Meinung, Steinmeier mache seinen Job seriös und ordentlich. Sein schäbiges Nicht-Gratulieren nach der Wahl Donald Trumps aber war aus Sicht Deutschlands dem wichtigsten Verbündeten gegenüber diplomatisch dumm, unwürdig und angesichts all der Putins, Iraner und saudischen Prinzen, mit denen Steinmeier sonst so an den Buffetts der Welt steht, eine Unverschämtheit.

Der Publizist Michael Klonovsky, einer der zweifellos führenden konservativen Intellektuellen in Deutschland, hat zur Nominierung Steinmeiers deutliche Worte gefunden (hier). Was befähigt Frank-Walter für das Amt des deutschen Staatsoberhauptes? Hat er sich schon einmal „dem Volk“ in einer Wahl gestellt…und gewonnen? Was hat er geleistet, außer dass er ein gut bezahltes Rad im bundesrepublikanischen Politbetrieb ist, das zuverlässig funktioniert? Reicht das als Qualifikation aus? In Zeiten wie diesen, in denen das Vertrauen der Bürger in die politische Elite unter den Händen unübersehbar zerbröselt?

Und damit kommen wir zu Angela Merkel, der Vorsitzenden der Christlich Demokratischen Union. Aus 1.260 Wahlmännern und -frauen besteht die Bundesversammlung, die den Präsidenten wählen wird. Alle sind gewählte Abgeordnete oder mehr oder weniger angesehene Bürger, die von den Parteien entsendet werden. Alle politischen Kräfte in unserem Land sind dabei, die etablierten Parteien sowieso, aber auch Abgeordnete der Piraten, der AfD, der Freien Wähler und des Südschleswigschem Wählerverbandes. Insofern: an der Zusammensetzung gibt es nichts zu meckern, denke ich. Angela Merkel ist die Chefin der CDU-Gruppe dieser Wahlmänner und -frauen. Und wenn man die Schwesterpartei CSU hinzuzählt, dann stellt die Union 43 Prozent aller Mitglieder der Bundesversammlung. Und was macht diese Frau Merkel? Sie fragt den Grünen Kretschmann, ob er vielleicht Staatsoberhaupt werden will. Und dann fragt sie die Grüne Birthler, ob sie das Amt gern haben möchte. Und schließlich stimmt die „Mehrheitsführerin“ zu, den Sozi Steinmeier zu wählen. So etwas kann man sich überhaupt nicht ausdenken. Gibt es in der Union keinen geeigneten Kandidaten? Dann schlage ich vor, den Laden zuzumachen. Wer deutsches Staatsoberhaupt wird, entscheiden eine kleine Handvoll Leute am Telefon. Kein Parteitag wird befragt, das Volk schon gar nicht. Es wird gekungelt im Ramschladen. Und da wundert man sich über die grassierende Politikverdrossenheit.




Die Jecken sind los – Alaaf und Hellau für den Präsidenten

Am 11.11. um 11.11 Uhr geht’s los! Start in die neue Karnevalssaison, oder wie der Kölner sagt: Session. Der 11. November ist – für die Nichts-Jecken unter uns – der Tag, an dem alle Radios stundein, stundaus „Bläck Föös“ und „De Höhner“ dudeln. „Bei uns im Vee-hee-del“ praktisch rund um die Uhr. Aber weil die Medienbranche nunmal ein kreatives Gewerbe ist, haben sie sich zur überraschenden Wahl des Immobilien-Tycoons Donald Trump als 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten ein ganz besonders närrisches Programm einfallen lassen. Das fing beim öffentlich-rechtlichen Kinderradio „1Live“ am frühen Morgen an, wo ein junger aufstrebender Musiker, wohl Ami, gefragt wurde, was er von der Wahl Trumps hält. Er sagte, dass er sich nicht für Politik interessiere und den Wahlkampf nicht verfolgt habe. Er sei aber irgendwie der Meinung, dass es jetzt problematisch sei, dass so ein Mann ins Weiße Haus einziehe. Warum das problematisch sein soll, erwähnte er bedauerlicherweise nicht.

Das war aber noch keineswegs der Höhepunkt des rheinischen Frohsinns. Beim weltweit bedeutenden Mönchengladbacher Lokalradio 90,1 sagte vorhin die Moderatorin allen Ernstes wörtlich: „Ein unfähiger Narzisst schafft es an die Spitze der USA…“ Ohne Witz: Ich dachte im ersten Moment, ich hätte mich verhört. Und dann dachte ich weiter darüber nach, was so eine mittelmäßig begabte Ansagerin eigentlich dazu befähigt, der armen Mönchengladbacher Bevölkerung so eine Unverschämtheit zuzumuten.

Doch so ein Morgen ist lang. Sehr lang. Die Radio-Nachrichten – ich glaube, es war wieder WDR (habe viel umgeschaltet heute) – meldeten, es sei noch nicht bekannt, was der neue Präsident vorhabe, aber – echt wahr – „Menschen in ganz Europa seien beunruhigt“ über die Wahl Trumps. Man muss kein Philosoph sein, um schnell festzustellen, dass dies ein Widerspruch in sich ist. Wie können Menschen in ganz Europa beunruhigt über Trump sein, wenn sie gleichzeitig gar nicht wissen, was er vorhat? So ging es weiter, Sie können einschalten, wo immer sie wollen. Ursula von der Leyen, sozusagen die Mutter der Kompanie, mahnt Trump zur Mäßigung, lässt ihn noch über den großen Teich wissen, was er jetzt tun muss – bloß nicht überreagieren – und was er in Sachen Putin angehen muß. Recht hilfreich nach der Nicht-Gratulation von Bundesaußenminister Steinmeier an unseren wichtigsten Verbündeten in der Welt und der Mahnung von Bundeskanzlerin Merkel, Trump sollen unbedingt an die sexuelle Selbstbestimmung denken… Man könnte sich das alles gar nicht ausdenken, was in diesem Land zum Start in den Karneval derzeit passiert. Und das Dollste: es passiert! Vorhin schreibt mich ein Facebook-Freund an, Markus Lanz habe sich gestern in seiner TV-Sendung mit dem Thema Trump befasst. Aber, nun bitte ich um Ihr Verständnis, hier steige ich aus und mache ein Bier auf. Ist schließlich Karneval heute…




Ein Schild ist ein Schild, ein Blitzer ist ein Blitzer

Der „Bielefelder Berg“ ist heute in aller Munde, und bevor besonders Lustige jetzt hier schreiben „Bielefeld? Gibt’s ja gar nicht! hahaha“, bringe ich den abgedroschenen Kalauer gleich zu Beginn selbst. Das bringt uns zum Eigentlichen. Vor dem Verwaltungsgericht Minden wurde heute ein Rechtsstreit verhandelt, der ganz nach meinem Geschmack ist. Ein Autofahrer aus Gütersloh, der nahe der Ausfahrt Bielefeld Zentrum geblitzt wurde, weil er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h überschritten hatte, bezahlte das verlangte Bußgeld und reichte direkt danach Klage ein. Die dreispurige Fahrbahn dort ist großzügig angelegt, es geht berab und geradeaus, warum also – so fragte der Kläger – muss dort überhaupt eine Blitzanlage aufgestellt werden? Und die Antwort lieferte er gleich subtil mit: im Durchschnitt werden an dieser Stelle PRO TAG 400 Verkehrssünder geblitzt und abkassiert. Auch die Schauspielerin Simone Thomalla hatte es dort schon erwischt. Der Stadtkämmerer der ostwestfälischen Metropole, die – wissen viele nicht – 330.000 Einwohner hat, reibt sich seit Jahren die Hände. In den chronisch klammen Haushalt der SPD-regierten Stadt wurden – wie wir heute dankenswerter Weise erfuhren – seit 2008 sage und schreibe 55 Millionen Euro gespült. Mit EINER EINZIGEN Blitzanlage wohlgemerkt. Davon hätten die Wegelagerer von einst nur träumen können.

Ich bin dem Gütersloher Autofahrer dankbar, so wie ich allen Bürgern dankbar bin, die den real existierenden Irrsinn in unserem Land wenigstens mal in Frage stellen. Durchsetzen konnte er sich übrigens nicht. Die zuständige Bezirksregierung im lippischen Detmold als zuständige Behörde argumentierte, die A 2 dort sei „stark abschüssig und daher bei höheren Geschwindigkeiten unfallträchtig“. Dem schloß sich das Gericht an, und es darf weiter abkassiert werden. Der Kläger kündigte an, nun in der Sache vor das Oberverwaltungsgericht zu ziehen. Toll!

Den Deutschen sagt man nach, ein Volk zu sein, das zu Hörigkeit gegenüber der Obrigkeit neigt. Regelmäßige Leser meiner Kolumnen erinnern sich vielleicht noch an die kleine Geschichte, als ich mal vor einer Sparkassen-Filiale im niederrheinischen Tönisvorst für ca. eine Minute – widerrechtlich – parkte, um Kontoauszüge zu ziehen. Als ich aus dem Gebäude zurückkehrte, stand schon ein bulliger Mann in dunkelblauer Uniform des Ordnungsamtes an meinem PKW und schrieb ein Knöllchen. 10 Euro sollte ich für diesen schweren Verstoß gegen Sitte und öffentliche Ordnung bezahlen. Als ich ihn fragte, warum ich mein Auto dort eigentlich nicht kurz abstellen dürfe – ich behinderte übrigens niemanden -, belehrte er mich barsch: „Weil da ein Schild steht.“ Ich bin heute noch froh, dass da kein Schild mit der Aufschrift stand: „Bitte zünden Sie ihr Fahrzeug an!“ Ich bin sicher, der Ordnungshüter hätte auch das durchgesetzt. Schild ist schließlich Schild, und in Deutschland gilt: Ordnung muss sein.

Nachdem ich den Vorgang wenige Tage später veröffentlicht hatte, erreichten mich übrigens ungefähr 60 üble Beschimpfungen, was ich für ein Verkehrsowdy sei, nächstes Mal solle man mir das Auto abschleppen und Leute wie mich müsse man angesichts meiner Ruchlosigkeit noch viel härter bestrafen. Auf den Gedanken, zu fragen, ob da überhaupt ein Schild stehen muss, kam leider keiner.




Die Zeit der zornigen weißen Männer ist wohl doch noch nicht vorbei

Der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika heißt Donald Trump. Und, um jeder Legendenbildung vorzubeugen: er hat das Vertrauen seiner Landleute nicht etwa knapp gewonnen, sondern mit deutlichem Vorspung. Nun ist wahr geworden, was kaum jemand aus dem politischen Establishment der USA und auch der Staaten Europas ernsthaft für möglich gehalten hat. Eine Mann, bekannt für grenzwertige Wahlkampf-Auftritte und markige, politisch unkorrekte, Worte gewinnt die Wahl um das mächtigste Amt dieser Welt – gegen das Establishment auch seiner eigenen Partei, gegen die überwältigende Mehrheit der Massenmedien in seinem Land. Die ersten Analysen fördern erstaunliche Fakten zu Tage. Trump hat bei den weiblichen Wählern mehr Zuspruch gefunden, als all die klugen Analysten vorher für möglich gehalten haben. Er hat offenbar auch bei den Latinos guten Zuspruch gefunden. Und er hat all die PR-Profis, die Polit-Analysten aus den großen Instituten, die Meinungsforscher und Spin-Doktoren eindrucksvoll widerlegt, die nach der Obama-Wahl vor vier Jahren vorausgesagt haben, die Zeit der „zornigen, weißen Männer“, die noch Wahlen entscheiden können, sei endgültig vorbei. Pustekuchen!

Die zornigen weißen Männer haben gewonnen. Man findet sie in der amerikanischen Mittelklasse, nicht beim „white trash“, sondern bei den Anwälten, Ärzten, Architekten, die zwar gesehen haben, wie sich die Großmacht USA ordentlich durch die Weltfinanzkrise geschlängelt hat, die aber selbst in den vergangenen 15 Jahren keine nennenswerten Einkommensanstiege mehr erlebten. Die Wahl von Donald Trump ist ein dramatischer Beleg für die wachsende Kluft zwischen Eliten und Volk. Und zwar nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern nahezu überall in den westlichen Ländern. Auch in Deutschland. Wenn in Umfragen zwischen 60 und 70 Prozent der Deutschen sagen, sie wollen keinen weiteren Massenzuzug aus dem islamischen Kulturkreis in unser Land, und nicht ein einziger Abgeordneter im Deutschen Bundestag steht auf und formuliert genau das, was die Bevölkerung will, dann suchen sich die Leute andere Repräsentanten als die, die sie haben. So einfach ist das. Angela Merkel, Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende, gilt ja gemeinhin als pragmatische Politikerin. Wenn sie das wirklich wäre, müsste sie heute morgen all die „Experten“, Analysten und Strippenzieher in ihrem Umfeld rausschmeißen und über einen Kurswechsel, eine andere Agenda nachdenken (lassen). Wir erleben einen dramatischen Vertrauensverlust bei der Bevölkerung in den freien Gesellschaften gegenüber der regierenden Klasse. Dass es derartige Ausmaße annehmen würde, dafür hätte meine Phantasie noch gestern Abend nicht ausgereicht. Politik machen, das ist mehr als Wohlstand bewahren und schöne Worte sprechen… obwohl… nicht einmal das können viele politische Anführer in unseren Gesellschaften noch. Die Bevölkerung will Figuren an der Spitze, die sich selbst und ihre Einflüsterer nicht für den Nabel der Welt halten, sondern die den Bürgern zuhören. Sie wollen nicht Anführer, die sich abends beim teuren Nobel-Italiener gegenseitig versichern, dass ihre Art zu denken und ihre Überheblichkeit dem überlegen ist, was das gemeine Volk da draußen denkt und fordert. Sie wollen keine Medien, die Volkserziehung betreiben, sondern welche, die neutral und fair die Wirklichkeit abbilden.

Der heutige Tag ist ein historischer Tag. Er verändert nicht alles, aber vieles. Selbst als regelmäßiger Zeitungsleser und Mediennutzer könnte ich heute nicht aufschreiben, was Trump tun wird. Wird er dem internationalen Freihandel den Todesstoß versetzen? Wird er die Nato in eine Existenzkrise stürzen? Wird er wirklich einen Sonderankläger auf Frau Clinton ansetzen? Ich weiß es nicht, aber ich bin gespannt. Trumps erste Rede nach seinem fulminanten Wahlsieg heute Morgen war gut, und sie war moderat. Was die nächsten Wochen bringen werden, das Publikum darf auf Überraschungen gefasst sein. Aber eine Feststellung können wir jetzt schon treffen: Demokratie ist etwas wirklich Großartiges!




Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk: Der zivile Ungehorsam wächst spürbar

Eine 46-jährige Frau aus Geisa in Thüringen wurde am 4. Februar dieses Jahres verhaftet und ins Frauengefängnis in Chemnitz gebracht. Sie hatte sich geweigert, die monatliche Zwangsabgabe für die Staatssendeanstalten in Deutschland zu überweisen, die wir Öffentlich-Rechtliches Rundfunkssystem nennen. Sie besitze weder Fernsehapparat noch Radio, begründete die Frau ihren zivilen Ungehorsam mit beeindruckender Frische. Wenn sie die Programme nicht anschaue und höre – warum solle sie also dafür bezahlen? Keine schlechte Frage, die sich inzwischen immer mehr Menschen in Deutschland stellen. 44,5 Millionen Haushalte sind zur Zahlung der GEZ-Gebühren verpflichtet, und die meisten kommen dieser Verpflichtung fristgerecht nach. Aber eben nicht alle! Der Beitragsservice veröffentlichte 2014, dass 4,5 Millionen Bürger (inzwischen sollen es nach Pressemitteilungen 4,9 Mio sein), Unternehmen und Institutionen im Zahlungsrückstand seien, Mahnverfahren und Vollstreckungsmaßnahmen laufen. Gut, natürlich sind das nicht alles bewusste Zahlungsverweigerer, denn vielen Leuten fehlt es schlicht an Geld, um ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen – nicht nur bei der GEZ.

Einer, der auch bewusst nicht zahlt, ist der Bestseller-Autor Heiko Schrang, dem man wegen 221,82 Euro Rückstand sechs Monate Haft angedroht hat. Wie der aktuelle Stand des Verfahrens ist, weiß ich leider nicht, aber Schrang hatte öffentlich angekündigt, es auf die Spitze zu treiben. Seine Rechnung: den 221,82 Euro stehen etwa 400 Euro Gebühren für den Gerichtsvollzieher gegenüber, im Fall einer Festnahme Personalkosten für zwei Polizeibeamte und Gerichtsvollzieher von 600 und dann ca. 93 Euro pro Tag im Knast. Das macht über sechs Monate weitere 16.554 Euro. Wenn sich nur ein oder zwei Hundert Bürger trauen würden, ernst zu machen, wäre das Zwangsgebühren-System kaum durchzuhalten. Aber wer will schon ein paar Wochen in einer Zelle sitzen? Die ARD-Geschäftsführung ließ inzwischen verlauten, dass niemand mehr wegen Gebührenrückstandes inhaftiert werden solle.

Dessen ungeachtet berichtete jüngst das Magazin „stern“ über einen weiteren Fall. Da soll eine alleinerziehende Mutter (43) aus Brandenburg wegen eines Rückstandes von 309,26 Euro aus dem Jahr 2013 eingesperrt werden. Immer häufiger werden solche Fälle bekannt. Klar, wer nicht zahlen kann, bekommt Probleme. Aber wegen ZDF neo? Kein wichtiger Politiker in Deutschland traut sich an das Thema Zwangsgebühren und vor allem an den Moloch Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk heran. Alle sind zu feige, das System grundsätzlich abzuspecken und zu reformieren. Nachrichten, Dokumentationen, Kultur, Bildungsfernsehen – ja, gerne. Aber Unterhaltung als gesetzliche Aufgabe im Jahr 2016? Cindy aus Marzahn und Günter Jauch, Thomas Müller und Robert Lewandowski mittelbar finanziert von alleinstehenden Frauen und Supermarkt-Kassiererinnen? Als ich vor ein paar Wochen in ein Taxi in Berlin stieg, dauerte es 30 Sekunden, bis mir der mir unbekannte Fahrer ungefragt verkündete, dass seine Frau und er beim nächsten Mal die AfD wählen werden. Und zwar, weil sie nicht mehr einsehen, dass sie mit ihrem wenigen Geld üppige Gehälter von Moderatoren und ein langweiliges Programm finanzieren sollen…




Aus der gesellschaftlichen Mehrheit wieder eine Gestaltungs-Mehrheit machen

Der 22. September 2013 war für das bürgerliche Deutschland ein nahezu traumatisches Erlebnis. Am Tag der Bundestagswahl stimmten 21,6 Millionen Wähler für CDU/CSU, FDP und AfD, nur 19,6 Millionen für SPD, Grüne und Linkspartei. Selbst wenn man die 922.946 Piraten-Wähler zum „linken Block“ hinzuzählt, gab es eine klare Mehrheit in Deutschland für bürgerliche, christliche, liberale und konservative Überzeugungen. Im Deutschen Bundestag spiegelte sich das Ergebnis nicht wieder, weil FDP und AfD den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde nicht schafften. Natürlich ist es so einfach nicht, Politik ist nicht gleich Mathematik. Union und FDP wollen nicht mit der AfD kooperieren, Teile der AfD würden vielleicht gern, aber Dauerbeschimpfungen der angeblichen „Blockparteien“ und von „IM Erika“, wie man in diesen Kreisen gern redet, werden auf absehbare Zeit keine realistische Machtperspektive für „Bürgerliche“ (müsste man auch genauer definieren) in Deutschland bieten. Außerdem hat die Union Erfolg mit ihrem scharfen Abgrenzungskurz zu den rechtskonservativen „Republikanern“ in den 90er Jahren gehabt. Warum sollten Sie jetzt eine andere Strategie favorisieren?

Das Problem ist doch: wie macht man aus einer bürgerlichen Mehrheit in der Bevölkerung eine bürgerliche Mehrheit in den Parlamenten? Nicht nur eine Verhinderungsmehrheit, damit unwissenschaftlicher Schwachsinn wie der Gender-Kreationismus nicht Staatsziel wird. Und damit sich siebenjährige Kinder im Unterricht nicht mit der sachgerechten Organisation eines Bordells auseinandersetzen müssen. Und damit frühere Stasi-Spitzel nicht mit Geld und Auftrag staatlicher Institutionen darüber entscheiden dürfen, was in diesem Land geredet, geschrieben und diskutiert werden darf. Es gibt vielen Themen, die in der bürgerlichen Mitte zu diskutieren wäre, damit es auch einmal wieder eine Gestaltungs-Mehrheit in Parlamenten gibt. Eine, die auf eigenen Überzeugungen und Ideen fußt und nicht nur die Übernahme von jahrzenhntelang bekämpften Flausen der politischen Linken ist. Eine Metamorphose, wie sie Teile der CDU unter der Vorsitzenden Merkel hinter sich gebacht hat.

Als mich mal ein Freund fragte, warum ich mich selbst im bürgerlichen Lager und nicht bei den Linken sehe, antwortete ich: Weil ich finde, dass diejenigen, die arbeiten, mehr Geld bekommen müssen, als diejenigen, die nicht arbeiten. Weil Ehepaare, die Kinder bekommen und großziehen, mehr Unterstützung vom Staat bekommen sollten, als die, die solche Verantwortung nicht wollen. Und weil ich denke, dass jemand, der eine Straftat begeht, angemessen dafür büßen sollte. Reicht das, um eine programmatische Plattform für ein politisch denkendes Bürgertum in Deutschland zu formulieren, das sich auch einmischt? Wohl kaum. Aber irgendwer muss mal einen Anfang machen und das Gespräch mit Gleichgesinnten darüber suchen, was uns verbindet und was uns trennt. In der deutschen Geschichte hat es – sehr vorsichtig formuliert – Zeiten gegeben, die auch deshalb so grauenhaft wurden, weil die bürgerliche Mitte komplett versagte. Was wir heute in Deutschlands Mitte brauchen, sind weniger Club-Urlaub, Cabrio und Golfspiel, sondern mehr politisches und gesellschaftliches Engagement.

Ich freue mich darauf, morgen bei unserem Treffen mit 130 unserer Blog-Leser über solche und ähnliche Fragen zu diskutieren.




Schaut in die Geschichtsbücher: Gewalt und Redeverbote sind SA-Methoden

Jörg Baberowski ist Historiker und ein honoriger Mann. Er ist Professor für Geschichte Osteuropas an der Humboldt-Universität zu Berlin. Baberowski hatte auch schon einmal einen Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte an der Universität in Leipzig inne. Ein renommierter Wissenschaftler und Buchautor, der sich als junger Mann im Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW) engagierte, einer mit Fug und Recht verfassungsfeindlich zu nennenden Organisation am linken Rand. Doch nun hat Professor Baberowski den Bogen überspannt, sozusagen die rote Linie überschritten, das Schlimmste, was man im politisch korrekten Establishment dieses Landes tun kann: Er hat die Flüchtlingspolitik Angela Merkels kritisiert. Demokratietechnisch darf man das natürlich, aber diese Haltung auch noch offen an einer deutschen Universität zu vertreten – so viel Toleranz bringt man zumindest im sympathischen kleinsten Bundesland Bremen nicht auf.

Unter dem Motto „Rechtsradikalen das Podium nehmen“ ruft der Allgemeine Studenten-Ausschuss (AStA) in der Hansestadt zu Protesten gegen den unbequemen Professor auf. Eingeladen zu einem Vortrag am 20. Oktober um 16 Uhr in der Uni haben der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCSD) und die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), die man im rot-grün regierten Bremen wohl zumindestens bei der sogenannten Studentenvertretung als Organisationen am äußersten rechten Rand einzuordnen scheinen. Baberowski vertritt die These, dass ein Land auch angesichts der Flüchtlingskrise seine eigenen Interessen und die seiner Bürger nicht aus den Augen verlieren sollte. Eine Auffassung, die in fast allen Ländern dieser Erde common sense ist. Universitäten sind in den freien Staaten bevorzugter Ort des intellektuellen Diskurses. Reden wir drüber! Tauschen wir unterschiedliche Auffassungen aus und versuchen wir, die besten Lösungen zu finden. Zum Wohle unseres Landes.

Das ist an der Bremer Universität, die sich in den vergangenen Jahren einen beachtlichen Ruf als Ort von Lehre und Forschung erkämpft hat, scheinbar nicht mehr selbstverständlich. Im aktuellen Fall geht es darum, eine Veranstaltung mit einem hochangesehenen Wissenschaftler zu verhindern. Nicht ihn zu ertragen, seine Meinung von ihm selbst zu hören, ihm leidensvhaftlich und mit Argumenten entgegenzutreten. Es geht darum, in mundtot zu machen, ihn nicht zu Wort kommen zu lassen. So hat der linksgestrickte Bremer ASta das Rektorat der Hochschule aufgefordert, die Räume für die Veranstaltung nicht zur Verfügung zu stellen. Und in einem Flugblatt der sogenannten Studentenvertretung heißt es: „Andernfalls liegt es an uns, zu verhindern, dass rechtsextreme Ideolog*innen (Gender-Dummsprech, Anm. d. Autors) ihre Lehren an dieser Universität propagieren. Lasst uns friedlich, bunt und laut gegen Hetze und Menschenfeindlichkeit protestieren.“ Zu Deutsch: geht hin und stört!

Es sind SA-Methoden, und ich wähle diesen Begriff mit Bedacht, friedliche Andersdenkende am Reden zu hindern. In der Weimarer Republik waren es besonders die braunen Horden der SA, die brutale Gewalt gegen Sozialdemokraten und Kommunisten aber auch zum Beispiel gegen die katholische Kolpingjugend ausübten. Veranstaltungen wurden gesprengt, Andersdenkende verprügelt und eingeschüchtert. Im vergangenen Jahr fanden vier Veranstaltungen mit der Frauenrechtlerin Birgit Kelle unter Polizeischutz statt. In Deutschland. Was sie vertritt? Kurz gesagt: Frauen haben das Recht über ihr Leben selbst zu entscheiden, auch die Frauen, die Ja zur Mutterschaft sagen. Wegen so etwas kann man in manchen Gegenden Deutschlands nur noch unter Schutz der Polizei auftreten. So wie Hedwig von Beverfoerde, die den Widerstand gegen die rot-grünen Pläne zur Frühsexualisierung von Grundschulkindern in Stuttgart organisierte. Ihr Auto wurde nach einer friedlichen Demo von linksextremistischen antifa-Aktivisten „abgefackelt“, wie das bei den Doofen so heißt. 5.000 Eltern, die in Stuttgart friedlich demonstrierten, mussten von fast 1.000 Polizisten vor dem linken Pöbel am Straßenrand geschützt werden, der sie übelst beleidigte, mit Stinkbomben tracktierte und in einzelnen Fällen auch körperlich bedrängte. Eine Eltern-Demonstration, ganz normale Leute, viele Kinder waren dabei – kein Nazi-Demonstration! Auch die dauernden Übergriffe gegen AfD-Politiker sind ein Skandal für die politische Kultur in unserem Land. Scheiben von Parteibüros werden eingeworfen, Infostände von linken SA-Trupps zertrümmert, Autos von AfD-Politikerinnen wie Frauke Petry und Beatrix von Storch wurden angezündet. Und das politische Establishment schweigt. Wo ist Bundes-Betroffenheitsbeauftrage Claudia Roth, wenn man sie mal braucht? Wo ist unser Bundespräsident, der der zunehmenden politischen Gewalt gegen Andersdenkende in unserem Land mit energishen Worten entgegentritt? Wo ist eine Regierungschefin oder ein SPD- oder CDU-Landeschef, der sich mal vor politisch Andersdenkende stellt, die angegriffen werden, selbst wenn sie deren politische Überzeugungen zum Kotzen finden?

Demokratie ist der Streit von konkurrierenden Meinungen. Es mag ganz wenige Ausnahmefälle geben, wo dieses Freiheitsrecht eingeschränkt werden sollte (Holocaust-Leugnung fällt mir spontan ein). Aber das Bedrohen politischer Gegner, direkte Gewalt gegen Andersdenkende, körperliche Angriffe wie alljährlich am 1. Mai von den SAntifa-Schlägerhorden in Berlin und Hamburg – das darf ein demokratischer und freiheitlicher Staat wie unsere Bundesrepublik Deutschland nicht hinnehmen. Ob rechts oder links oder religiös motiviert ist dabei völlig egal. es ist Zeit, offen auszusprechen, was in diesem Land passiert.




GASTSPIEL Klaus-Hubert Fugger über ein Durchregieren, das es in den USA nicht gibt

Die Besorgnis um den Ausgang der Präsidentschaftswahlen ist nicht unberechtigt. Dennoch ist die deutsche Brille auf die USA durch viele Missverständnisse geprägt. Wenn man in Deutschland nach den beliebtesten drei US-Präsidenten fragen würde, würden John F. Kennedy oder Barack Obama die Hitliste anführen und wohl der Klimaschützer und unterlegene Kandidat, Vizepräsident Al Gore, den dritten Platz belegen. In den USA selbst würde hingegen der „Sieger des Kalten Krieges“, Ronald Reagan, sicher auf dem Siegertreppchen stehen. In Deutschland ist Ronald Reagan, obwohl er den Weg zur Deutschen Einheit wesentlich geebnet hat, bis heute einer der unbeliebtesten Präsidenten. Diese Bewertungen sagen viel über das deutsche Amerika-Bild, das bis heute hochgradig polarisiert ist. Warum ticken die USA so anders? Fünf Antworten (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

Der Staat wird nicht als „gottgegebener“ Wert an sich, sondern nur über seine notwendigen Funktionen anerkannt. Wenn es je eine mit Europa vergleichbare Staatlichkeit gab, dann allenfalls als Kolonialverwaltung an der Ostküste. In allen neu erschlossenen Bundesstaaten bildeten sich staatliche Institutionen von unten. An erster Stelle stand die Herstellung von Recht und Ordnung durch lokale Wahlen der Richter und Sheriffs. Dieses Verständnis setzt sich fort bis heute als Grund-DNA in allen Fragen der inneren und äußeren Sicherheit, der sozialen Sicherung, in der Steuerpolitik – und im Waffenrecht.

Die USA sind „die“ Einwanderer-Nation. Das ist bis heute Kern ihres nationalen Mythos. Egal ob legal eingewanderter Computerspezialist aus Indien oder illegaler Gärtner aus Mexiko – beide wollen sich den Tellerwäscher-Traum aus eigenem Antrieb erfüllen. Alle Neu-Amerikaner müssen sich auf sich selbst besinnen, erhalten keine Rund-um-sorglos-Pakete an Sozialleistungen wie in Westeuropa. Auch die Demokraten, die eher sozialdemokratische Konzepte vertreten, würden kaum einen Wohlfahrtsstaat einführen. Selbst die neue Krankenversicherung für jedermann, kurz „ObamaCare“, enthält so viele Komponenten der Selbstbeteiligung und des Wettbewerbs, dass sie die Mehrheit der Deutschen ablehnen würde. Und: Minderheiten tendieren anfangs zu den Demokraten, ihre Aufsteiger in der zweiten oder dritten Generation wählen schon häufig lieber Republikaner.

Die US-Bürger, einschließlich der politischen Eliten, versammeln sich in Krisenzeiten immer um die Fahne und um diejenigen, die an der Spitze Verantwortung tragen. Dieser Patriotismus sichert auch Soldaten und insbesondere Gefallenen eine große Solidarität. Donald Trump spürte dies nach seinen unflätigen Bemerkungen gegen die Eltern eines gefallenen muslimischen Leutnants: Seine Umfragen stürzten danach deutlich ab. Aber Gnade Gott einem US-Präsidenten, der US-Soldaten nach dem Eindruck der Mehrheit „verheizt“ wie Jimmy Carter bei einem Befreiungsversuch der Geiseln in der US-Botschaft in Teheran. Danach gewann Ronald Reagan in einem „landslide“.

Die Frage der Religion: Wie ist es möglich, dass in einem verfassungsrechtlich so stark auf Trennung von Staat und Kirche bedachten Land das öffentliche Bekenntnis in der Politik eine so große Rolle spielt? Von den „Pilgrim Fathers“ an war das Land Ziel von Glaubensflüchtlingen, die erst hier ihren Glauben leben konnten. Deshalb muss der Staat neutral gegenüber allen Denominationen sein. Die jeweiligen Haltungen der Kandidaten zu Themen wie Abtreibung sind gleichzeitig große Einflussfaktoren. Für uns unverständlich, aber aktuell mit Blick auf den Supreme Court ein entscheidender Grund für viele christlich-konservative Wähler noch zu Trump zu halten, der durch sein Vorschlagsrecht in den kommenden vier Jahren die liberale Mehrheit im Verfassungsgericht drehen könnte.

Starke Institutionen balancieren sich aus: Die Haushaltsblockaden der republikanischen Mehrheiten in beiden Häusern des Kongresses gegen die Administration Obama oder lange Berufungsverfahren für Minister, Richter und Botschafter, die Kandidatenvorschläge verschiedener Präsidenten immer wieder zu Fall brachten, belegen einen starken Parlamentarismus. Kein US-Präsident kann ohne oder gar dauerhaft gegen Senat und Repräsentantenhaus regieren. Und die Verpflichtung gegenüber dem Heimatstaat und der dortigen Basis ist mit Blick auf die reine Persönlichkeitswahl stärker als gegenüber der Parteiräson und der Fraktionsführung in Washington.

Wie auch immer die Präsidentschaftswahl ausgeht, die verbreitete Sorge, dass ein Präsident „durchregieren“ könnte, ist unbegründet. Die fünf genannten Unterschiede zu Europa sind gleichzeitig entscheidende Gründe, weshalb sich die USA nicht prinzipiell in eine andere Richtung drehen lassen. Europa muss sich jedoch zukünftig stärker mit der Frage beschäftigen und ernsthafte Sorgen bereiten: Wie reagiert die restliche, westliche Welt darauf, dass die USA für weniger Freihandel – wie beide Präsidentschaftskandidaten – eintreten oder sich weltweit – weil sie verstärkt eigene Energiequellen erschließen – immer weniger engagieren?

Der Text ist auf der Seite TREND des Wirtschaftsrates der CDU e.V. erschienen:

http://www.trend-zeitschrift.de/wirtschaftsrat.nsf/id/usa-durchregieren-nicht-moeglich-trend?open&vip=1

Der gelernte Journalist Klaus-Hubert Fugger, 50, ist Geschäftsführer Kommunikation des Wirtschaftsrates und „bekennender Atlantiker“.




Wer hat das Sagen in der katholischen Kirche? Der Papst oder Frau Lux?

Während seiner jüngsten Reise in den Kaukasus redete Papst Franziskus, Oberhaupt einer Weltkirche mit 1,2 Milliarden Gläubigen, endlich wieder einmal Klartext. Die bis zur Lächerlichkeit groteske Gender-Theorie geißelte der Pontifex als das, was sie ist: ein „weltweiter Krieg, um die Ehe zu zerstören“. Ist das nicht vielleicht ein bisschen übertrieben, wird mancher da denken, wenn er die freudlosen Gleichstellungsbeauftragten deutscher Kleinstädte beim „Frauen-Kultur-Café“ Tee trinken sieht? Die intellektuelle Unterscheidung zwischen dem biologischen (Sex) und dem sozialen Geschlecht (Gender) wirkt auf den ersten Blick wie eine staatlich geförderte Marotte von Menschen, die im normalen Berufsleben keine Chance hätten. Aber in Zeiten von „Friedensforschern“ und „Klimaexperten“ müssen auch die Protagonisten der „Gender Studies“ in unserer modernen Gesellschaft ihre Berechtigung haben. Tatsächlich verbirgt sich hinter Gender Mainstreaming, hinter zwischen 60 (Facebook) und 4.000 (Evangelische Kirche) Geschlechtern, die es angeblich geben soll, und zwischen denen jeder Mensch an jedem neuen Morgen angeblich frei auswählen kann, was er, sie oder es gern sein möchte, keineswegs eine harmlose Spinnerei einiger Randgruppen. Oder gar das übergeordnete Ziel, Frauen und Männern endlich zu absoluter Gleichstellung zu verhelfen. Es geht beim Versuch, finanzstarker Lobbygruppen eindeutig und unübersehbar um einen Angriff zur Zerstörung der traditionellen Familie aus Vater, Mutter und Kinder – eine „Keimzelle der Gesellschaft“, wie kluge Leute das schon mal genannt haben.

Und da kommt die Kirche ins Spiel, deren Existenz seit mehr als 2.000 Jahren dafür spricht, dass die Gemeinschaft der Gläubigen in ihrer langen Geschichte irgendetwas richtig gemacht haben muss. Anders als die modernen Umerzieher es wünschen, hat sich insbesondere die katholische Kirche immer als Fels in der Brandung gegen den irren Zeitgeist unserer Tage verstanden. Papst Franziskus hat mehrfach die herausragende Bedeutung der traditionellen Familie hervorgehoben, nicht erst mit seinen klaren Worten im Kaukasus. Zur katholischen Kirche gehört auch die deutsche katholische Kirche, bei deren Amtsträgern man allerdings gelegentlich das Katholische kaum noch zu erkennen vermag. Schön betrachten kann man das bei dem offiziellen Internetportal katholisch.de der deutschen Amtskirche, wo jüngst eine „freie Autorin“ und „Kommunikationsberaterin“ namens Gudrun Lux dem Papst mal ordentlich die Welt erklären durfte. „Denn Gender meint auch die sozialen Geschlechtsmerkmale: Etwa die Kleidung, den Beruf, die Aufgaben in Familie und Gesellschaft“, belehrt Frau Lux den Heiligen Vater, der das wohl alles gar nicht so richtig versteht. Und sie weiß genau, dass es „lediglich eine Strategie“ ist, „die dafür sorgen soll, dass Männer und Frauen gleichberechtigt leben können und von vorne herein Ungleichbehandlungen ausgeschlossen werden.“ Ist das nicht schön? Nun weiß Frau Lux vielleicht nichts von den massiven Versuchen politischer Kräfte weltweit die Bedeutung der Ehe zu relativieren. Vielleicht hat sie nie von den Protesten von Eltern gehört, deren Kinder in den Schulen mit „Dark Rooms“, Holzpenissen und Unterrichtsmaterialien namens „Puff für alle“ drangsaliert werden. Es gibt ausreichend aussagekräftige Literatur, die den schädlichen Einfluss der Gender-Ideologie auf Kinder belegen. Der Gender-Schwachsinn sorgt insbesondere bei Naturwissenschaftlern für Heiterkeit. Inzwischen gibt es ernsthaft grüne Politiker in Deutschland, die fordern, das Unterrichtsfach Biologie ganz abzuschaffen, weil Biologie Gender widerspricht. Schöne bunte neue Welt…

Es gibt eine Vielzahl von Schriften der deutschen katholischen Kirche, die – das sei noch einmal erwähnt – eine weltumspannende Kirche ist. Darin wird das, was der Papst zurecht geißelt, propagiert. Die Haltung der katholischen Kirche, deren Oberhaupt der Papst ist, findet darin mit keinem Wort statt. Wir feiern bald 500 Jahre Luthers Thesen und die Reformation. Es scheint so, dass ein beachtlicher Teil der katholischen Hirten hierzulande daraus ableitet, dass man die Lehre der katholischen Kirche nach Belieben und persönlichen Vorlieben verwässern darf. Ich teile diese Auffassung nicht.