Zu wenig Geld, zu wenig Realitätssinn – die NATO steht vor einem Umbruch

Das Büro der Friedrich-Naumann-Stiftung in Brüssel ist eine eher kleinere Einrichtung, die man neudeutsch als „Think Tank“ bezeichnen darf, und die der FDP nahe steht. Gestern jedoch ist dem Leiter des Büros, Hans H. Stein, etwas Besonderes geglückt. Sechs Wochen vor dem NATO-Gipfeltreffen der Staatschefs von 28 Ländern in Warschau hatte er 150 Teilnehmer zu einem – auch neudeutsch – „Pre-Summit Briefing“ versammelt. Dazu als Diskussionsteilnehmer den amerikanischen NATO-Botschafter Douglas E. Lute, den deutschen NATO-Botschafter Dr. Hans-Dieter Lucas, aus Polen den Politologen und liberalen Politiker Dr. Bartolomiej E. Nowak und ebenfalls aus Polen Renata Zaleska, NATO-Expertin für Afghanistan. Besonders ist das, weil es die einzige größere Veranstaltung dieser Art im Zentrum der EU zu diesem Thema vor dem überaus wichtigen Treffen in Warschau ist.

Der NATO-Gipfel am 8. und 9. Juli wird eine Zäsur des westlichen Verteidigungsbündnisses bringen, da waren sich die Diskussionsteilnehmer einig. Der deutsche Botschafter Hans-Dieter Lucas sprach gar von „fundamentalen Fragen der Verteidigungsfähigkeit“ Europas. Ja, das Bündnis, das 40 Jahre lang Frieden und Freiheit in Europa gesichert hat, ist träge geworden in den Jahren nach dem Kalten Krieg. Eine neue Ära wollte man nach den Umbrüchen 1989 und 1990 entdeckt haben. Wir alle sind fortan Freunde, auch die früheren Gegner aus den Warschauer Pakt-Staaten um Russland, die zu einem beachtlichen Teil selbst in das Lager des Westens „rübermachten“.

„Out of Area“ lautete in den folgenden 25 Jahren die Marschrichtung. Der Krieg auf dem Balkan, Afghanistan, wo bis heute 13.000 Soldaten der NATO-Staaten im Einsatz sind, beschäftigten und beschäftigen die Bündnis-Manager. Doch nun ist eine neue Phase angebrochen. Flüchtlingskrise, Internationaler Terrorismus, der längst kein regionales, sondern ein globales Problem ist, und die neue aggressive Politik Russlands sind die neuen Herausforderungen für das Bündnis. Und das vor dem Hintergrund dramatischer Budget-Kürzungen der Mitgliedsstaaten, von denen kein einziger die finanzielle Selbstverpflichtung des vergangenen Gipfels in Wales 2014 eingehalten hat. Dougles Lute appellierte an die Staaten der NATO, angesichts zunehmender Instabilität und dem „aggressiven Nachbarn im Osten“, mehr Geld aufzuwänden, um das Büdnis zu modernisieren, aber nicht zu einem Kalten Krieg zurückzukehren.

Es war Bartolomiej E. Nowak von der größten polnischen Oppositionspartei, der Salz in die Suppe der Harmonie schüttete. Verständlich, den Polen ist direkter Nachbar Russlands und hat daher eine andere Sichtweise auf die Dinge als Paris oder Washington. „Ich würde begrüßen, wenn Russland unser Partner wäre“, bekräftigte er, aber „Russland hat alle Regeln gebrochen, die ein Land überhaupt brechen kann. Und das verlangt nach einer Antwort.“ Was bedeuten die Solidaritätsbekundungen praktisch für die baltischen Staaten und Polen? Wie muss die NATO auf den hybriden Krieg reagieren, den der Kreml heute bereits aktiv führt? Durch Cyber-Attacken gegen westliche Regierungen und übrigens auch gegen politische Stiftungen in Brüssel. Durch „Touristen“, die ohne Hoheitsabzeichen an ihren Uniformen in Nachbarländer einmarschieren? Die mit Desinformationen die Öffentlichkeit in den westlichen Ländern verunsichern wollen. Auch eine junge Frau von einer ukrainischen Lobby-Organisation bei der EU spitzte die Ängste der russischen Nachbarstaaten zu. „Es wäre gut, wenn man in Europa nicht einem Wunschdenken folgt, sondern endlich beginnt, die Wirklichkeit anzuerkennen.“

Der NATO-Gipfel in Warschau wäre der richtige Zeitpunkt, damit anzufangen.




Was im Volk der Dichter und Denker gelehrt wird… und was nicht

Am 13. April sollte der Biologie-Professor Dr. Ulrich Kutschera an der Philipps-Universität Marburg einen Vortrag halten. Kutschera, der das Buch „Das Gender-Paradoxon“ geschrieben hat, vertritt den Standpunkt, dass die „Gender Studies“ ein unwissenschaftlicher Blödsinn sind. Und das sind sie auch. Nun ist es im modernen Deutschland keineswegs so, dass man Schwachsinn auch als Schwachsinn bezeichnen darf, ohne dass Ideologen*_Innen auf den Plan treten.

In Marburg geschah dies in Person der wackeren Frauenbeauftragten der Universität, Frau (? – wir wissen nicht, für welches Geschlecht sie sich entschieden hat) Dr. Silke Lorch-Göllner, die dem Uni-Senat empfahl, den Professor auszuladen. Nun gab es in der deutschen Geschichte immer wieder mal Denk- und Sprechverbote, dass aber im Jahr 2016 wissenschaftlich begründeter Widerspruch an deutschen Hochschulen mundtot gemacht wird, ist bemerkenswert. Zumal dies keineswegs ein Einzelfall ist, denken Sie zum Beispiel an fach- und sachkundige „Klimaleugner“, die sich auch schon an Hochschulen dieses Landes ausgeladen sahen.

Mitte Mai hatte übrigens – da wir gerade beim Land von Schiller und Goethe sind – der Studierenden-Ausschuss der Universität Köln den Sexualpädagogen Marco Kammholz eingeladen. Sein Thema: „Anal verkehren. Ein Workshop für Arschficker_Innen und die, die es vielleicht werden wollen.“ Das Seminar sollte „fehlendes Wissen um Tipps & Tricks, die zu einer lustvollen Verwirklichung sexueller Phantasien und Wünsche verhelfen können“ vermitteln. Ein Einspruch der Gleichstellungsbeauftragten ist im Zusammenhang mit dieser Kölner Bildungsveranstaltung nicht bekannt geworden.

Wenigstens wurde sie nach massiven Protesten abgesagt.




fortiter in re suaviter in modo

Ich weiß nicht, ob es gezielte Provokationen oder einfach Dusseligkeit ist, mit der der Westen Russland immer wieder brüskiert. Als US-Präsident Obama nach der Okkupation der Krim und der Invasion russischer Söldner und Waffen in die Ostukraine die Russische Föderation als „Regionalmacht“ bezeichnete, war das so ein Moment, wo die Vereinigten Staaten herablassend gegenüber Putin auftraten. Heute ist nun Russlands Außenminister Sergej Lawrow wieder richtig schlecht gelaunt. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat nämlich heute Mittag in Brüssel öffentlich angekündigt, man werde den NATO-Russland-Rat einberufen, um das Verhältnis zu verbessern. Das verschlechterte sich sogleich, da nur beide Partner zusammen den Rat einberufen können. Lawrow sauer: „Wenn sie es besprechen wollen, dann mit uns und nicht durchs Mikrofon.“

Ich weiß nicht, ob diese Nickligkeiten sein müssen. Deutschland und Europa haben ein großes Interesse an einem vernünftigen Verhältnis zur Atommacht im Osten. Miteinander reden wäre da das Mindeste. Genau genommen müssten die Strategen auf beiden Seiten begreifen, dass viele Probleme besser gemeinsam gelöst werden könnten. Der Kampf gegen den IS und der internationale Terrorismus sind solche Probleme, wo Russland und der Westen und auch China an einem Strang ziehen sollten. Stattdessen Säbelrasseln, Luftraum-Verletzungen, militärische Provokationen.

Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier hält übrigens unermüdlich den Kontakt zu Moskau und wirbt darum, auch über unterschiedliche Sichtweisen miteinander zu reden – „auch wenn diese vorerst nicht gelöst werden können.“ Er macht derzeit einen guten Job.




Von einem ungeliebten Freund, der dieses Mal zu weit geht

Ein wirklich unglaublicher Vorgang: 373 Abgeordnete der Partei des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan und selbst der von Oppositionsparteien wie der kemalistischen CHP stimmten heute dafür, die Immunität von 138 Abgeordneten größtenteils der prokurdischen HDP aufzuheben. Angeblich seien sie alle Unterstützer einer terroristischen Organisation, nämlich der kurdischen Arbeiterpartei.

Die betroffenen Abgeordneten einer Partei, die mehr als zehn Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnten, werden heute vom Erdogan-Regime nicht nur politisch ausgeschaltet, sondern sie müssen sich auf Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft, ja mehrjährige Haftstrafen einrichten.

Glaubt immer noch jemand, dass Erdogan ein lupenreiner Demokrat ist? Die Türkei, das wird an diesem Tag unübersehbar, ist nicht kompatibel mit den freien Gesellschaften Europas. Gleichzeitig macht dieser Vorgang auch deutlich, wie kompliziert Realpolitik heutzutage ist. Europa und auch Deutschland brauchen die Türkei. Sie brauchen Erdogan, damit er die völlig verkorkste Flüchtlingspolitik von Frau Merkel rettet. Die NATO braucht die Türkei dringend militärisch an den Grenzen der IS-Irren. Und vier Millionen Türken leben in unserem Land. Und jedesmal, wenn Erdogan in einem deutschen Fußballstadion eine Rede hält, kommen Zehntausende seiner Landsleute und jubeln ihm zu.




Wie ich langsam zum Zyniker werde

In der vergangenen Woche berichteten Medien kurz und ohne große Aufregung darüber, dass es einen Hackerangriff gegen die CDU-Parteizentrale in Berlin gab. Großen Schaden habe es nicht gegeben, und ehrlich: Was sollte mal als moderne Volkspartei der Mitte auch geheim halten müssen, wenn man eigene Politikkonzepte gar nicht mehr entwickelt? Interessant war für alte Kalte Krieger wie mich lediglich die Information einer Sicherheitsfirma, dass es wohl russische Hacker waren, die es auf Angela Merkels Geheimnisse abgesehen hatten. Die Hacker-Gruppe, die gegen die CDU und zuvor auch schon gegen die Bundestagsverwaltung vorgegangen war, firmiert übrigens unter „Sofacy“ oder „APT28“, falls Sie die mal in Ihrem Mailordner entdecken.

Was ich interessant finde, ist, wie unaufgeregt dieses Land und seine Bürger angesichts des Vorgangs geblieben ist. Erinnern Sie sich noch an den „Lauschangriff“ der amerikanischen NSA auf das Mobiltelefon der Bundeskanzlerin? Der große Bruder von der anderen Seite des Atlantiks hört uns ab. Ooooooohhhh…. da war was los. Leitartikel überall, die BILD-Zeitung veröffentlichte eine Grafik in Farbe, wie vom Dach der US-Botschaft aus gespitzelt wurde oder wird. Und ein Untersuchungsausschuss wurde eingesetzt, die schärfste Sanktion, die das moderne Deutschland heutzutage noch gegen Spione verhängt. War da eine Aufregung im Lande. Fast wie über TTIP.

Doch dieses Mal ist Ruhe im Land. Niemand fordert einen Untersuchungsausschuss wegen des unverschämten Vorgehens Russlands. Keine BILD-Zeitung zeigt Grafiken, wie russische Hacker unser Land und seine Institutionen angreifen. Ich glaube, das hängt einfach damit zusammen, weil Russland unser Freund ist.

Übrigens: die Idee zu diesem Thema hatte mein Freund und Blogger Martin D. Wind – lesen Sie ruhig auch mal bei ihm rein. Aber vorsicht: er ist katholisch! www.disputata.de




Wenn ARD und Kirche an Pfingsten Bildstörung feiern

Ich weiß nicht, ob Sie samstags in der ARD das „Wort zum Sonntag“ gucken? Wahrscheinlich nicht, und das macht auch nix. Machen Viele nicht. Aber an diesem Samstag habe ich es geschaut, weil es früher kam als üblicherweise. Direkt vor dem europäischen Gesamgswettbewerb ESC. Im Bild die evangelische Pastorin Annette Behnken und die Travestiekünstlerin Olivia Jones. Ihre Begrüßung der Zuschauer: „Auf geht’s Ihr Hasen. Das ist keine Bildstörung.“ Da kommt der christlich gesinnte Zuschauer öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten gleich in Stimmung.

Travestiekünstler – das ist übrigens so ein moderner Begriff wie Friedensforscher oder Windkraftanlagenbauer. Olivia Jones im gewohnt organgefarbenem Paradiesvogelkostüm, Frau Behnken in dunkel-oliv gekleidet, ein wenig im Stil des legendären Mao-Looks. Und so predigten sie von Europa, was ich ja vom Grundsatz her gut finde, von Toleranz, was ich auch christlich und gut finde. Von offenen Grenzen, was mir auch gefällt, soweit es nicht für Schlepperbanden, Drogenhändler und IS-Killer gilt. Hätte ich die Augen geschlossen, und einfach nur Frau Behnken zugehört, hätte ich gedacht, Frau Göring-Eckardt spricht auf einem Parteitag der Grünen. Keine Worthülse, kein Mainstream-Begriff wurde ausgelassen: Wir-Gefühl, Solidarität, Nationalismus, Rassismus, Vielfalt, Fanatismus. An Pfingsten, lernen wir von Frau Behnken, da feiern wir das „Menschlich-verstehen-können auch ohne gemeinsame Sprache“. Nun bin ich auch Christ, muss allerdings bekennen, ich feiere an diesem Wochenende die Aussendung des Heiligen Geistes und genau genommen die Gründung der Kirche Jesu. Aber o.k., seien wir bitte tolerant auch gegen unbelehrbaren Modernitätsverweigerern wie mir. Modernitätsverweigerer – auch so ein Wort wie Travestiekünstlerin.

Fünfeinhalb Minuten dauert die Lehrstunde in modernem Kirchenverständnis, und immerhin: Ein Satz in dieser Zeit wurde auch dem Anlass gewidmet. Nein, nicht dem Schlagerwettbewerb, sondern dem Pfingstfest: „Musik kennt keine Grenzen. Pfingsten übrigens auch nicht.“ Ja, so ist es wohl.

Wer es sich antun möchte: http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/wort-zum-sonntag/videos/pastorin-annette-behnken-macht-der-musik-100.html




Unseren täglichen Zeitgeist gib uns heute und vergib uns unsere Schuld

Nur 25 Prozent der Deutschen haben Umfragen zu Folge noch eine zumindest rudimentäre Vorstellung davon, was eigentlich Pfingsten ist. 50 Tage nach dem Ostersonntag, wird von den Gläubigen die Entsendung des Heiligen Geistes gefeiert. Für Nicht-Gläubige ist das schwer nachzuvollziehen und auch für viele Glaubende kaum verständlich. Unser Pfarrer begann heute Morgen seine Predigt zu diesem Hochfest der katholischen Weltkirche mit Uli Hoeneß. Voller Empörung sprach der Gottesmann davon, dass gestern ein verurteilter Steuerhinterzieher von den Fans im Stadion gefeiert worden sei. Kurz blitzte ein Gedanke in meinem Kopf auf. Es drehte sich irgendwie um Vergebung und Barmherzigkeit. Doch schon ging es weiter. Empörend auch, dass viele Menschen der bisweilen unkontrollierten Massenzuwanderung nach Deutschland nicht applaudieren. Kann man so sehen, aber ist dieses Thema so simpel abzuhandeln? Im Gottesdienst zum Pfingstfest? Ich denke nicht.

Zu Glauben ist in unserer modernen Gesellschaft nicht immer leicht. Treu zu einer Kirche zu stehen, schon gar nicht. Ein wichtiger Grund, warum ich Beides mit Leidenschaft tue, ist das Synonym vom Fels in der Brandung. Die Kirche Christi muss nicht regelmäßig „modernisieren“, immer mal ein neues Parteiprogramm beschließen. Sie muss einfach nur das verkünden, was sie für die Wahrheit hält. Wer das nicht hören will, muss es nicht. Wer es nicht glauben will, muss es auch nicht. Die Attraktivität der Kirche, die seit über 2.000 Jahren ihren Weg durch die Zeiten beharrlich geht, ist genau diese Standhaftigkeit. Ein Beispiel: Viele Menschen halten Abtreibung für etwas Normales. Das dürfen sie in einer freien Gesellschaft. Aber ich finde es gut, dass auch in dieser Fit-for-Fun-Gesellschaft mal jemand widerspricht. Jeder Mensch darf denken, was er oder sie will. Aber es gefällt mir einfach, wenn jemand widerspricht, zumal wenn es aus ethischen Gründen und mit Leidenschaft ist. Kurzum: Unser Pfarrer ist ein gottesfürchtiger Mann und ein wunderbarer Seelsorger. Aber heute Morgen habe ich mich geärgert. Und das wollte ich Ihnen einfach mal erzählen.




Eine demokratische Gesellschaft darf Gewalt nicht dulden

Westdeutscher Rundfunk und Antenne Düsseldorf haben heute morgen berichtet, dass es wegen des AfD-Parteitages zu schweren Ausschreitungen und einem massiven Polizeieinsatz in Stuttgart gekommen ist. Das ist falsch. Wegen den Gewalttaten krimineller linksradikaler Schlägerbanden ist es zu einem massiven Polizeieinsatz gekommen. Jeder Demokrat und jede der etablierten Parteien sollten sich klar positionieren, wenn in einer freiheitlichen Demokratie Horden von Politkriminellen mit blanker Gewalt versuchen, zu verhindern, dass eine Partei in diesem Land ihren Parteitag abhält. Schlimm genug, dass man es heutzutage betonen muss: Ich bin kein Anhänger der AfD, aber sie haben in diesem Land jedes Recht, ihre Meinung zu sagen.




Mister Trump und wie er die Welt sieht

Donald Trump, das steht nicht nur in der Zeitung, hat ernsthaft Chancen, im November das Weiße Haus zu erobern. Das bestätigen mir auch zunehmend Freunde aus den USA. Der Trend, Kandidaten gegen das politische Establishment zu unterstützen und zu wählen, ist in den USA wie auch in Europa zur Zeit absolut angesagt. Und deshalb sollten wir genau zuhören, wenn Trump heute in einer Grundsatzrede in Washington der Welt seine außenpolitischen Schwerpunkte mitteilt.

Er werde als Präsident die Sicherheit seines Landes über alles andere stellen, das machte er gleich zu Beginn klar: „Meine Außenpolitik wird die Interessen des amerikanischen Volkes und die Sicherheit der USA über alles stellen.“ Mal ehrlich, sollte das nicht ein jeder Staatschef seiner Amtszeit voran stellen? In unserem Teil der Welt ist es üblich geworden, alles auf größere Einheiten zu delegieren. Brüssel soll es dann richten. Oder die NATO. Oder die UN. Und letztlich sind es dann die Amerikaner, die die Kastanien für den Westen aus dem Feuer holen. Und so ist folgerichtig, dass auch Trump klare Worte an die NATO-Verbündeten in Europa richtet, die versprochen haben, zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für die Verteidigung aufzuwänden. Aber kaum einer hat das Versprechen eingelöst. Auch Deutschland nicht, unser Land, das immer anderen gute Ratschläge erteilt. Barack Obama, noch Präsident und „Lame Duck“ hatte bei allen Freundlichkeiten in Hannover ebenfalls dieses Thema gegenüber der Bundeskanzlerin klar zum Ausdruck gebracht.

„Wer nicht für uns ist, ist unser Feind“, hatte Präsident George W. Bush nach 9/11 als Leitmotiv ausgegeben. „Wir haben unsere Rivalen und Herausforderer glauben lassen, dass sie mit allem durchkommen“, sagte Trump heute und kündigte an, dass der Kampf gegen den IS ein Schwerpunkt seiner Präsidentschaft sein würde. Amerika, so fuhr er fort, kündige zu viel öffentlich an und veranstalte zu viele Pressekonferenzen. Das werde sich ändern, versprach er. Die USA würden gegenüber ihren Feinden unberechenbarer werden.

Immerhin gab es versöhnliche Töne an Russland und China. Trump will mit beiden offen reden und versuchen, ein deutlich besseres Verhältnis mit den anderen Großmächten zu organisieren, als es jetzt ist. Vielleicht ist es die uninspirierte und erfolglose Außenpolitik Obamas und Clintons, die das heute alles für mich gut klingen lässt. Aber zumindest klingt es nachvollziehbar, was Trump vorhat. Für Europa und damit Deutschland würden bei einem Präsidenten Trump aber wohl härtere Zeiten anbrechen.




Österreich bestätigt den europäischen Trend

Der erste Durchgang der Bundespräsidentenwahl in Österreich bestätigt den Trend, der seit einiger Zeit überall in Europa festzustellen ist. Die Wähler wenden sich in Scharen von den etablierten Parteien ab. Die Kandidaten von SPÖ und ÖVP – das Pendant zu SPD und CDU – bekamen jeweils nur noch 11 Prozent Zustimmung, der FPÖ-Kandidat – heutzutage nennt man ihn Rechtspopulist – triumphierte mit rund 35 Prozent der Stimmen. Wie die Stichwahl ausgehen wird, ist offen, da sich eine Allparteienkoalition gegen Norbert Hofer anbahnt. Da aber auch der österreichische Wähler unberechenbar ist, halte ich für denkbar, dass viele bei der Stichwahl FPÖ wählen werden. Sollte das Establishment von Grün bis ÖVP Hofer verhindern, wird er beim nächsten Mal im ersten Wahlgang gewinnen, weil die Bürger Charakterlosigkeit nicht goutieren. Charakterlosigkeit? Ja! Wenn Parteien, die einst inhaltlich nichts verbanden, nun gemeinsam stimmen, um eine unliebsame Konkurrenz zu blockieren, werden sie dafür eine Quittung erhalten. Die Entwicklung auch in Deutschland ist eindeutig – wer nicht bereit ist, sich mit politischen Alternativen auseinanderzusetzen, wird verlieren.