Zweierlei Maß

Was mir ja auffällt: Die gleichen Medien, die unter Verweis auf den „Pressekodex“ vehement ablehnen, die Herkunft von Kriminellen in ihrer Berichterstattung zu erwähnen, legen keinerlei Zurückhaltung an den Tag, wenn beispielsweise in den USA ein „Weißer“ einen „Schwarzen“ erschießt.




Wikipedia hat Geburtstag – nicht nur Grund zum Feiern

Wikipedia, die weltumspannende Internet-Enzyklopädie, wurde heute vor 15 Jahren begründet. Zu etwa 35 Millionen Stichwörtern gibt es inzwischen Artikel in insgesamt 291 Sprachen. Ein Welt-Lexikon, Wissen für Alle, aufgeschrieben von Freiwilligen, die einen Beitrag dazu leisten wollen, dieses Wissen zu pflegen und verfügbar zu machen – eine großartige Idee. Eigentlich, denn so gloreich, wie uns heute viele Medien dieses Projekt vorführen, ist die Realität nicht.

Da ist die Rede von einem Rückgang der Leserzahlen. Da wird festgestellt, unter den Autoren kaum Frauen sind. Und es wird von rauen Umgangsformen unter den Autoren berichtet. Besonders bei politischen Themen und bezüglich der Bewertung politischer Personen und Organisationen wird bisweilen ein wahrer Kulturkampf hinter den Kulissen von wikipedia geführt. Mir ist ein Fall bekannt, wo jemand ein politisches Pamphlet selbst verfasst und dann wenige Wochen später als freier Mitarbeiter einer Zeitung über sein eigenes Machwerk „berichtet“ hat. Unter einem Alias-Namen hat er dann den Link seines eigenen Artikels über seine eigene Hetzschrift als bedeutsam auf der Seite der betreffenden Person bei wikipedia eingestellt. Mit Lexikon und Wissenschaft hat das nichts mehr zu tun.

Politische Aktivisten arbeiten zusammen, um über wikipedia Einordnungen festzuschreiben. Auch falsche Einordnungen. Einzelne Organisationen wie etwa die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) waren jahrelang von derartigen Attacken betroffen. Effektiv wehren kann man sich nur, wenn man Zeit und Mitstreiter hat, selbst Autor bei wiki wird, erstmal ein paar Dutzend unauffällige Beiträge über Holunderbeeren oder Rasensorten schreibt, um dann nach einiger Zeit zu beginnen, vorsichtig Fehlinformationen wieder geradezurücken. Ich nutze wikipedia auch weiterhin, wenn ich nach einem bestimmten Datum suche oder nach einer ärztlichen Diagnose mehr darüber wissen will, warum mir das Knie wehtut. Diese Informationen sind bei wikipedia phantastisch erklärt. Bei politischen und teilweise auch historischen Themen gilt allerdings bei mir die Devise: Finger weg von wiki!




Justiz in der Schieflage

Während meiner Ausbildung zum Redakteur musste ich einmal zu einem Prozess in Gütersloh gehen, um anschließend darüber zu berichten. Ein Mann im mittleren Alter hatte mit dem Auto jemanden überfahren, der an den Folgen des Unfalls verstarb. Der Fahrer war ein Familienvater, hatte Frau und zwei kleine Kinder. Und er hatte Alkohol getrunken. Ich weiß die Details nicht mehr so genau, aber ich glaube, er kam von einer Firmenfeier. Er war zur Tatzeit nicht volltrunken, hatte drei, vier Bier getrunken. So weit, so schlecht. Ich erinnere mich noch gut an diesen Tag im Gericht, weil ich bis dahin nicht viele erwachsene Männer hatte weinen sehen. Vor der Urteilsverkündung flehte der Angeklagte den Richter geradezu an, tränenüberströmt, ihn nicht ins Gefängnis zu schicken. Das Urteil: Sieben Jahre Haft, ohne Bewährung.

Gestern gab es in Köln auch ein Urteil. Zwei Männer – beide 20 Jahre alt – hatten im März vergangenen Jahres in der Kölner Innenstadt ein „spontanes Wettrennen“ veranstaltet und waren mit über 100 km/h durch die City gerast. Sie überfuhren eine rote Ampel – nicht knapp, sondern das Rotlicht war bereits sieben Sekunden aktiviert – und einer krachte mit seinem Auto in ein Taxi. Der Fahrgast darin starb an schweren Kopfverletzungen, vier weitere Personen wurden verletzt. Nun der Prozess vor dem Kölner Amtsgericht. Die beiden Männer wurden wegen „einer absolut jugendtypischen Tat“, bei der sie spontan gehandelt hätten, zu 12 und 16 Monaten auf Bewährung verurteilt. Dann gingen sie nach Hause.

P.S. Die Täter werden wohl ihren Führerschein abgeben müssen. Für ein Jahr….




Als Claudia Roth einmal spitzfindig sein wollte

Claudia Roth von den Grünen ist derzeit stellvertretende Bundestagspräsidentin und damit eine der protokollarisch höchstrangigen Persönlichkeiten in diesem Land. Es sei falsch, dass „Männergewalt“ nur von außen ins Land komme, ließ sie die Nation per Interview nach den sexuellen Übergriffen in vielen Städten in der Silvesternacht wissen. Andere Damen aus der deutschen Feminismus-Industrie äußerten sich ähnlich. Beeindruckend dagegen Alice Schwarzer, die zwar zweifellos Männern auch so ziemlich alles Schlechte zutraut, die aber den Mut hat, klar zu sagen, was sich in der Silvesternacht in Köln und anderen Städten tatsächlich abgespielt hat.

Doch zurück zu Claudia Roth, die gegenüber dem Münchner Merkur sagte: „Es ist doch nicht so, dass wir jetzt sagen können, das ist typisch Nordafrika, das ist typisch Flüchtling.“ Und damit hat sie ja recht. Nur wie war das damals, als der furchtbare Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche bekannt wurde? War sie, waren die Damen von der Feminismus-Industrie da auch so zurückhaltend? Sie sei schockiert über die „Unfähigkeit der katholischen Kirche, mit dem Missbrauchsskandal angemessen umzugehen” sagte sie damals. Nicht wenige Grüne erklärten, der Missbrauch von Kindern in einer solchen Organisation sei sozusagen systemimmanent. Einzelne stellten einen Zusammenhang mit dem Zölibat her. Das ist nun alles vom Tisch, denn es gab ja dann wohl gar keinen Missbrauchsskandal in der Kirche. Es gab auch damals Missbrauch durch Männer. Claudia Roth beim Wort genommen hieße das: „Es ist doch nicht so, dass wir jetzt sagen können, das ist typisch Kirche, das ist typisch katholischer Kleriker.“ Hat sie natürlich nicht gesagt, wäre aber logisch.

Ich finde übrigens, dass der Missbrauchsskandal der katholischen Kirche auch weiter so bezeichnet werden sollte. Ebenso sollte auch weiter festgehalten werden: die Gewalttäter aus der Schreckensnacht von Köln, Hamburg, Bielefeld und Düsseldorf waren Migranten und Asylsuchende.




Jagdszenen in Köln: Viele Medien versagen erneut

Das neue Jahr hat gerade erst begonnen, und schon demonstrieren viele der Leitmedien in unserem Land erneut ihr Versagen, über Vorkommnisse mit Fakten und ohne Volkserziehungsbemühungen zu berichten. Die skandalösen Ereignisse in der Silvesternacht, als Horden von Männern vor dem Kölner Hauptbahnhof mindestens 30 Frauen sexuell belästigten, finden nur in den Kölner Tageszeitungen angemessen statt, dann noch in drei, vier überregionalen Medien. Bis heute müssen die Leser von Welt, FAZ, Spiegel auf die Information verzichten, was sich da ereignet hat. Dabei handelte es sich auch nicht um ein singuläres Ereignis, quasi einen „bedauerlichen Einzelfall“, denn auch in Stuttgart fanden ähnliche (Jagd-)Szenen statt.

Die wenigen Medien, die berichtet haben, schreiben wie inzwischen üblich, die Täter seien „junge Männer“ gewesen, die als Gruppe aufgetreten seien. Eine kleine, aber wichtige Zusatzinformation fehlt. Diese jungen Männer stammen aus Nordafrika, sie sind polizeibekannt und treiben seit längerem ihr Unwesen in und um den Kölner Hauptbahnhof. Bekannt wurde das nicht durch Medienberichte, sondern durch Augenzeugen der Angriffe, die in sozialen Netzwerken auftauchten. Viele wurden umgehend von den Seitenbetreibern gelöscht, aber die unschöne Realität war nun auf dem Markt. Die Kölner Polizei reagierte umgehend mit einer Erklärung: Bei den Tätern habe es sich nicht um Flüchtlinge gehandelt, sondern um Nordafrikaner. Eine Aussage, die für mich schon jetzt die Qualität zum Satz des Jahres 2016 hat. Gemeint waren natürlich die Flüchtlinge, Zuwanderer oder was auch immer, die in den vergangenen Monaten nach Deutschland geströmt sind. Und ja, von diesen Menschen war offenbar keiner dabei. Sie haben auch zweifellos andere (Zukunfts-)Sorgen in ihren Unterkünften, als in der Neujahrsnacht Frauen anzugrabschen. Aber, liebe Kölner Polizei, wie sind denn die Täter aus Nordafrika nach Deutschland gekommen? Als Mitglieder einer Ärztegruppe zu einem Fortbildungskongress? Als kulturinteressierte Reisende, die gern die vielfältige Museenlandschaft in Nordrhein-Westfalen kennenlernen möchte? Die seien seit Jahren kriminell aktiv in Köln, heißt es. Ja, warum laufen sie denn dann noch dort herum? Warum sind sie – da nicht aus Bürgerkriegsländern – nicht längst abgeschoben worden? Und warum war die Polizei nicht in der Lage, zu verhindern, was dort vor dem Kölner Hauptbahnhof passierte? Und: Hat das Verhalten der „jungen Männer“ vielleicht etwas mit dem Kulturkreis zu tun, aus dem sie kommen, und in dem Frauen vielfach als, …sagen wir, ein wenig minderwertig angesehen werden? Alles Fragen, über die unsere Gesellschaft dringend diskutieren sollte. Aber dazu bedarf es zunächst einmal Medien, die die ganze Wahrheit berichten. Ungeschminkt.




Wenn die Furcht unser ständiger Begleiter wird

Die große Silvesterfeier in Paris soll morgen nur zehn Minuten dauern, in denen Bilder auf den Triumphbogen projeziert werden. In Brüssel wird ebenfalls nur sehr eingeschränkt gefeiert. Privates Feuerwerk ist dort sowieso verboten, das große staatliche wird – wenn es denn überhaupt stattfindet – nur unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen abgebrannt werden. Für 50.000 Besucher plant man nur einen Zugang mit strengen Kontrollen. Auch in Berlin, wo alljährlich Europas größte Silvesterparty auf der Feiermeile vor dem Brandenburger Tor stattfindet, wurden die Sicherheitsvorkehrungen deutlich verschärft. In Moskau wird es in diesem Jahr kein großes Silvester-Event auf dem Roten Platz geben. Stattdessen wird von dort eine „Fernseh-Silvesterparty“ ausgestrahlt, zu der nur handverlesene Gäste in die gute Stube des Kreml-Reiches kommen dürfen. Der gemeinsame Nenner all dieser Neuerungen ist die zunehmende Angst vor Terroranschlägen in Europa und Russland. Nicht irgendein Terror, sondern islamistischer Terror. Und ich frage mich, ob diese Furcht nun für viele Jahre unserer ständiger Begleiter sein wird. Bei jedem Straßenfest, bei jedem Konzert, bei jedem Bundesliga-Spiel der Blick auf den Nebenmann. Steht irgendwo eine herrenlose Tasche herum? Viele Kommentatoren schwärmen in dieser Zeit auch in Deutschland davon, wie sich unser Land und ganz Europa verändern werden. Werden? Nein, es hat längst begonnen.




Sangria für Alle!

Nun also auch Spanien. Wohin man in den Demokratien Westeuropas auch schaut – viele Wähler haben die Nase voll von der angeblichen „Alternativlosigkeit“ und suchen sich etwas Neues für das Kreuz in der Wahlkabine. In Spanien war es rund ein Drittel der Wähler – das ist ein politisches Erdbeben. Die Gründe mögen im Detail unterschiedlich sein, aber der Kern ist: der unkreative politische Einheitsbrei hat ausgedient. Kann man mit Deutschland nicht vergleichen, meinen Sie? Das beherrschende Thema der vergangenen Monate hierzulande war und ist die Flüchtlingskrise. Zwischen 40 und 57 Prozent der Deutschen lehnen – ja nach Fragestellung der Meinungsforscher – eine Fortführung des ununterbrochenen Zustroms von Menschen aus Syrien, Irak, Nordafrika und Afghanistan ab. Dann spricht die Kanzlerin im Deutschen Bundestag – und das Hohe Haus klatscht. Von der Linkspartei über Grüne, Sozis bis hin zur CSU. Alle finden es toll. Und der Parteitag einer – nach eigenem Verständnis – Volkspartei greift die Sorgen großer Teile der Bevölkerung auf und weist sie mit 998 zu 2 Stimmen ab.

Ein bedauerlicher Einzelfall, meinen Sie vielleicht? Wie war es in der Euro-Krise? Die Wahrheit ist: ob bei der Energiewende, bei Integration, bei Frauenquoten und staatlichen Verwahreinrichtungen für Kleinkinder, bei Griechenland-Rettung und jetzt in der Flüchtlingskrise: ein demokratischer Streit um das richtige Konzept findet im Bundestag nicht mehr statt. Die etablierten Parteien in Deutschland sollten sich etwas einfallen lassen, sonst können sie sich bei zukünftigen Wahlen warm anziehen.




Angela Merkel und ihr „Clapstorm“

Seit gestern gibt es einen neuen Begriff in der Politik, und ich habe den erfunden. „Clapstorm“ heißt er und beschreibt – im Widerspruch zum bekannten „Shitstorm“ – die geradezu hymnische Verehrung einer Person durch endlos erscheinendes Klatschen. Die Mehrheit der CDU-Funktionäre und Angeordneten steht hinter Angela Merkel. Daran kann es seit gestern keinen Zweifel mehr geben. Die kritische Minderheit passt sich an und klatscht eifrig mit, um bloß nicht unangenehm aufzufallen. Dass es keinen Aufstand gegen Merkel geben würde, zeichnete sich schon vor dem Bundesparteitag ab. Aber dass es in Sachen Flüchtlinge keine intensive Debatte um Richtig oder Falsch gab, dass von 1.000 Delegierten ganze zwei gegen das Kompromisspapier mit den vielen schönen unkonkreten Ankündigungen stimmten, das erstaunt mich wirklich. Nun werden sicher wieder Leser schreiben, dass sie nicht erstaunt sind, und dass doch jeder seit Jahren weiß, wie sich die CDU entwickelt. Oder war sie schon immer so? Aber, ja, ich bin jedenfalls erstaunt. Ich bin erstaunt, weil ich in den vergangenen Wochen so viel Unmut über Merkels Flüchtlingspolitik aus der Union, auch von Abgeordneten des Bundestags und aus zwei Landtagen, gehört habe, dass ich mir nicht vorstellen wollte, was für ein festliches Hochamt man für Frau Merkel zelebrieren würde. Und, auch das gehört zur Wahrheit, Merkel hat eine starke Rede gehalten, strategisch brillant, rhetorisch wie üblich. Sie beweist damit erneut, dass sie als Machtpolitikerin in der Champions League spielt.

Wie geht das nun weiter? Schaffen „wir“ das? Der Bundesparteitag der CDU hat kein Problem wirklich gelöst, er hat der Parteichefin und der Bundesregierung eine Atempause verschafft. Vielleicht ist das die Zeit, die noch gebraucht wird, um die Abläufe bei der Aufnahme und Registrierung von Flüchtlingen auf gute deutsche Art zu perfektionieren. Vielleicht reißt der Flüchtlingsstrom nun ab. Offenbar sind es ja inzwischen deutlich weniger, die ins Land kommen, als noch vor ein paar Wochen. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Ich denke, die Union wird nach diesem Parteitag wieder ein, zwei Prozent bei den Wählern zulegen, denn Unentschlossene versammeln sich gern hinter vermeintlichen Siegern. Und der gestrige Tag ging klar an Merkel, jeder Fernsehzuschauer konnte das sehen. Ob Deutschland die Masseneinwanderung aus Syrien, Nordafrika, Irak und Afghanistan bewältigen wird, ist allerdings längst nicht entschieden. Irgendwie wird es schon funktionieren. Irgendwie funktioniert ja immer alles in Deutschland. Der Tag, an dem sich entscheidet, ob die Bevölkerung die Begeisterung der CDU über Merkels Flüchtlingspolitik teilt, kommt dann irgendwann im Herbst 2017 – bei der nächsten Bundestagswahl.




Sigmar Gabriel hat es doch ganz gut gemacht

Wieso sind eigentlich drei Viertel aller Stimmen ein schlechtes Ergebnis? Eine Watsche? Mir sind Politiker nicht dann suspekt, wenn sie Gegenwind bekommen, sondern mir kommt es merkwürdig vor, wenn Politiker von allen geliebt werden. Das war schon früher so. Ich erinnere mich an eine CDU-Versammlung, Stadtverband, vor über 30 Jahren. Es war Vorstandswahl, und der wiedergewählte Vorsitzende erhielt 101 Stimmen von den 102 Answesenden. Und mein spontaner Gedanke war: Mit dem stimmt etwas nicht. Ein Politiker muss gestalten, muss Standpunkte vertreten und Widerstand aushalten. Der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt, der vor wenigen Wochen gestorben ist, hat diese Erfahrung gemacht. Als Erfinder des NATO-Doppelbeschlusses von der eigenen Partei, der SPD, bedrängt und beschimpft. Unvergessen das Foto vom Parteitag, wo neben dem einsamen Kanzler noch ganze 12 Genossen mit trotzig emporgereckter Stimmkarte seiner Nachrüstungspolitik zustimmten. Die Geschichte hat Schmidt recht gegeben, und in den vergangenen Jahren lag ihm seine Partei, ja ein Großteil der Bevölkerung zu Füßen. Ein Elder Statesman, dessen Rat immer gefragt war. Bis zum Lebensende.

Nun ist Sigmar Gabriel nicht Helmut Schmidt, und ob er jemals Bundeskanzler wird, ist noch längst nicht entschieden. Aber man muss konstatieren, dass Gabriel deutlich an politischer Statur gewonnen hat. Er führt die SPD und hält den Laden zusammen. Schon vergessen, wie es vorher war? Engholm, Scharping, Platzeck, Beck? Dazwischen mal ein kleiner Putsch vom Oskar, der dann später eine andere Partei mitbegründet hat, um seine frühere SPD zu ärgern. Nein, unter Gabriel ist die SPD zur Ruhe gekommen, sie regiert im Bund mit und ist in vielen Bundesländern und den meisten Großstädten die führende Partei, auch wenn sie in Umfragen bundesweit bei 25 Prozent stagniert. Gabriel hat heute eine gute Rede gehalten, die weitgehend frei von ideologischem BlaBla blieb und sich an sachlichen Notwendigkeiten orientierte – sein Ja zu TTIP und zur Vorratsdatenspeicherung gehören dazu. Er hat der Versuchung widerstanden, seiner Partei, in der sich viele Mitglieder und Funktionäre wieder mehr linke Wohlfühl-Romantik wünschen, nach dem Mund zu reden. Dafür haben ihm einige einen Denkzettel verpasst. Na und?




Deutschland denkt nur noch Klein-Klein

Nun also auch Hamburg. Deutschlands Metropolen wollen keine Olympischen Spiele ausrichten. Und fragt man die Bevölkerung, wollen sie vermutlich auch sonst nichts Großes mehr auf die Beine stellen. Großflughäfen? Großstadt-Bahnhöfe? Autobahn-Verlängerungen? Neue Startbahn am Flughafen? Deutschland sagt Nein, und das sagt viel aus über die Entwicklung einer Gesellschaft und eines Landes, das früher die ganze Welt mit seiner Organisationsfähigkeit begeistert hat. Das Sommermärchen 2006 – egal, wie es nach Deutschland gekommen ist – war wohl für lange Zeit das letzte Großprojekt, das noch möglich war.