Urinspritzer, ein Amtsgericht und die Folgen

Das Amtsgericht Düsseldorf hat jetzt eines der letzten Alleinstellungsmerkmale von zur Miete lebenden Männern verteidigt. Wer im Stehen uriniert und dabei Spritzer verursacht, die den Marmorboden im Badezimmer stumpf werden lassen, muss keinen Schadenersatz leisten – es sei denn, der Eigentümer hätte den Mieter vorher ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es derartige Kollateralschäden geben könnte. So, wie bei dem berühmten Fall aus den USA, wo vor Jahren ein Kunde von McDonalds zwei Millionen Dollar erstritt, weil ihn das Unternehmen nicht ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht hatte, dass heißer Kaffee unter Umständen heiß sein könnte. Doch zurück nach Düsseldorf. Ich bin noch unentschieden, ob dieses Urteil ein Beleg dafür ist, in was für einem problemfreien Land wir leben, wo sich Gerichte mit derartigen Dingen beschäftigen. Und bitte, bevor ich empörte Zuschriften bekomme, dass man ja den Hauseigentümer verstehen müsse, der ein versautes Badezimmer zurück erhält – ja, ich verstehe das und will ihm sein Recht keineswegs streitig machen. Dennoch bin ich heute beim Lesen der „Rheinischen Post“ an dieser Nachricht hängen geblieben, denn es stört mich, wenn sich Staat und Justiz auch in die intimsten Bereiche des menschlichen Daseins einschalten, wie etwa bei dem Prozess vor drei, vier Jahren, wo es darum ging, ob die Nachbarn eines Mieters beim Sex leiser sein müssten, oder ob man im Freien auf einem Balkon rauchen darf, wenn es den Mietern im Obergeschoss nicht gefällt. Alles berechtigte Anliegen, aber könnte man da nicht Lösungen finden, ohne nach dem Staat zu rufen? Ich weiß es nicht, weil ich die Details dieser Fälle nicht kenne. Nur dieses ständige Staat! Staat! Staat! macht mir Angst. Wo führt das hin? Gibt es demnächst Verordnungen und Bußgelder um die Frage, wie ein Bürger ordnungsgemäß zu urinieren hat? Kommt das Gewerbeamt mit Messgeräten, um zu überprüfen, dass Bürger nur in einem erlaubten Dezibel-Rahmen miteinander verkehren. Wird das Landes-Immissionsschutzgesetz um Vorschriften ergänzt, bei welcher Windstärke Raucher auf einem Balkon in welche Himmelsrichtung zu pusten haben? Recht muss Recht bleiben, wer sich beeinträchtigt fühlt, kann jederzeit vor ein Gericht gehen. Natürlich! Doch wir müssen uns bewusst sein, dass wir damit für den allumfassenden Staat neue Betätigungsfelder eröffnen, unser aller Leben weiter zu regulieren.




Betrachten wir die Sache nüchtern

Das Thema Vorratsdatenspeicherung ist zurück auf der politischen Agenda. Die Polizei fordert so etwas seit langer Zeit, die EU auch, und nun scheint sich sogar die SPD endlich zu bewegen. Sofort sind die selbsternannten Retter unserer Bürgerrechte wieder da. Sie streiten gegen die Vorratsdatenspeicherung mit zwei Argumenten, die umwerfend sind. Das erste heißt: Ich will das eben nicht! Gerade so, als könnte man mit dem eigenen „Willen“ jedes lästige Gesetz und jede Verordnung außer Kraft setzen. Wenn es danach ginge, was ich persönlich so will, gäbe es manche Behörde längst nicht mehr. Aber danach geht es eben bei mir ebensowenig, wie bei den wackeren Anti-VDS-Kämpfern. Wenden wir uns also dem zweiten „Argument“ zu, das da heißt: Die VDS verhindert keine Anschläge! Toll, oder? Das Problem dabei ist: Niemand will die vorsorgliche Speicherung von Telekommunikationsdaten, weil sie Straftaten verhindert, sondern weil sie nach Straftaten die Ermittlungen erleichtert, um Straftäter ausfindig zu machen. Das ist ganz etwas anderes. Die Gegner der VDS argumentieren so, als würde man sagen: Wir sind gegen Grippeimpfung, weil damit keine Autounfälle verhindert werden können. Leider hat das Beides miteinander gar nichts zu tun.
Ich erkläre nochmal, um was es geht: Telekommunikationsunternehmen wie Telekom und Vodafone speichern zu Abrechnungszwecken die Daten aller in ihren Systemen geführten Telefonate. Wenn Sie mit Ihrer Telefonrechnung nicht einverstanden sind, können Sie Widerspruch einlegen. Dann bekommen Sie eine Übersicht der Verbindungen und können nachrechnen und nachschauen, wann sie mit wem wie lange telefoniert haben. Niemand käme deshalb auf den Gedanken, von einer Einschränkung der Grundrechte zu sprechen. Und nun geht es darum, ob die bei Telekom, Vodafone und anderen Anbietern sowieso vorhandenen Daten für eine begrenzte Zeit BEI DIESEN UNTERNEHMEN gespeichert bleiben. Ergibt sich dann für die Polizei im Rahmen einer konkreten Fahndung nach einer oder mehreren Personen die Notwendigkeit, deren Telefondaten zu überprüfen, geht der zuständige Staatsanwalt zu einem Richter und beantragt unter Darstellung des konkreten Verdachts, in diesen Telefondaten bei der ganz konkreten Fahndung Einsicht nehmen zu dürfen. Der Richter prüft dann und ggf. genehmigt er. Und dann darf die Polizei die Übersicht der geführten Telefonate bei einer konkreten verdächtigen Person in einem konkreten Fall einsehen. Wer das allen Ernstes für eine Einschränkung unserer Grundrechte in Deutschland hält, sollte mal ein paar Minuten kalt duschen.




Habt Ihr sie eigentlich noch alle?

Inzwischen ist also bestätigt und belegt, dass die große Solidaritätsshow der Staatschefs, die entschlossen an der Spitze der Demonstration des Volkes am Sonntag in Paris marschierten, nur ein Fake war. In einer Seitenstraße aufgestellt für die Fotografen und nach ein paar Minuten wieder in die Limousinen und ab. Ja, man könnte sagen, bei 1,5 Millionen Demonstranten und in aufgeladener Stimmung kann niemand die Sicherheit der hochrangigen Politgäste garantieren. Gut, aber dann muss man mit offenen Karten spielen. Warum habt ihr nicht gesagt, dass Ihr nach Paris fahrt, um Solidarität zu zeigen, doch nicht in der großen Demo mitgehen könnt? Viele Menschen hätten das verstanden. Aber jetzt? Wieder ein Stück der verbliebenen Glaubwürdigkeit zum Teufel und wieder Wasser auf die Mühlen der Systemkritiker und der „Lügenpresse“-Krakeeler. So, wie derzeit ständig.
Da muss ich nicht einmal diesen RTL-Typen bemühen, der sich unter die Pegida-Demonstranten gemischt hat und natürlich aufgeflogen ist. Gestern Abend war ich in Baden-Württenberg im Auto unterwegs und hörte die Nachrichten des dortigen öffentlich-rechtlichen Grundversorgers. In Deutschland, so erfuhr ich, demonstrieren gerade Zehntausende gegen Fremdenfeindlichkeit und Pegida. Und in Villingen-Schwenningen, so erfuhr ich weiter, hatte es erstmals auch eine Pegida-Demo gegeben. Mit 100 Teilnehmern, die allerdings – O-Ton SWR 3-Nachrichten – „von 200 Gegendemonstranten niedergebrüllt“ worden waren. Die Pegida-Demo in Dresden mit ihren 25.000 Teilnehmern wurde nicht einmal in einem Nebensatz erwähnt. Da aber natürlich jeder Zeitungsleser im Land inzwischen weiß, dass diese Aufmärsche montags in Dresden stattfinden, fragt sich der unbedarfte Zuhörer: Warum sagen die das nicht, wenn sie über Pegida berichten? Und genau das ist der Stoff, aus dem die Verschwörungstheorien wachsen.
Ich empfinde die „Lügenpresse“-Sprechchöre und die Beiträge über die große Medien-Verschwörung im Internet als absurd, denn durch meine 30-jährige Tätigkeit als Journalist für eine Reihe von Medien weiß ich, dass es die große Verschwörung nicht gibt. Aber es gibt schlechtes journalistisches Handwerk, und es gibt Helden in Redaktionsstuben, die heutzutage – da es völlig gefahrlos ist – noch mal zu einer Art Widerstandskämpfer wachsen wollen. Was sie nicht begreifen, ist, dass sie und ihre glattgebürsteten Beiträge die Ursache dafür sind, dass die Ablehnung gegenüber den etablierten Medien in Deutschland immer größer wird. Das Vertrauen in die Medien sinkt dramatisch und ebenso das Vertrauen in die etablierte Politik. Deshalb meine herzliche Bitte: Führt eine harte und offene Debatte, streitet Euch – gern auch lautstark. Aber hört auf mit diesen kindischen Inszenierungen und der Volkserziehung, und macht einfach Eure Arbeit ordentlich!




Seid Ihr wirklich dort gewesen?

In den sozialen Netzwerken kursiert derzeit ein Foto von der Aufstellung der Staatsgäste bei der großen Demonstration am Sonntag in Paris. Wir alle haben die Bilder gesehen von Hollande, eingehakt mit Merkel, von Netanjahu und Abbas und all den anderen, die Solidarität mit dem französischen Volk zeigen wollten. Nun mehren sich Hinweise darauf, dass es sich bei der Aufnahme nicht nur um die aus Sicherheitsgründen notwendige vorherige Aufstellung der VIPs handelte, die dann anschließend geschlossen zur Demo gegangen sind, sondern um einen reinen Fototermin, nach dem außer Hollande alle wieder abgereist sind. Sollte sich das bewahrheiten, wäre es eine Frechheit. Jeder versteht, dass Sicherheitserfordernisse für Staatschefs bestehen. Und ich denke, fast jeder begreift auch, dass Staatschefs nicht drei Stunden durch die Straßen ziehen. Aber wenn keiner dieser Spitzenpolitiker wirklich bei der großen Versammlung des französischen Volkes anwesend war, würde das eine Kaltschnäuzigkeit dokumentieren, die selbst mir den Atem verschlägt.




Die Botschaft ist angekommen

Liberale Muslime? Die gibt es in Deutschland nur als „kleine Minderheit“. Das sagte jetzt die frühere Islambeauftragte der SPD im Bundestag, Lale Akgün, in einem Interview beim Deutschlandfunk. „Wie sollen wir denn hier in Europa einen Euroislam schaffen, wenn gleichzeitig aus der Türkei Erdogan tönt, Euroislam wäre eine Erfindung des Westens, um den Islam zu untergraben?“, sagt Akgün und bezeichnet Erdogan als „mächtigen Gegner“. Wohlgemerkt, Frau Akgün ist eine Sozialdemokratin. Wolfgang Bosbach von der CDU redet Klartext, wie man es von ihm gewohnt ist, wenn er fordert, den Sicherheitsbehörden endlich mehr Möglichkeiten zu geben, den gewaltbereiten Islamismus in den Griff zu bekommen. Bei der FDP fordert Dr. Gerhard Papke, stv. Präsident des nordrhein-westfaläischen Landtags und enger Vertrauter von Parteichef Lindner, Abschied von den Multikulti-Träumen zu nehmen und kritisiert in harschen Worten die Fehler, die alle etablierten Parteien in der Vergangenheit aus Naivität und falsch verstandener Toleranz gemacht haben. Und sein Parteifreund Kubicki äußert unmissverständlich sein Verständnis für die Pegida-Demonstranten, die sich Sorgen um dieses Land machen. Niemand, der die Dinge vorurteilsfrei beobachtet, kann sagen, dass sich nicht bei den etablierten Parteien in dieses Tagen etwas bewegt – wenn man Grüne und SED mal außen vor lässt.
Dasselbe gilt – vielleicht noch stärker – für die Medien in Deutschland. Der unsägliche Vergleich eines FAZ-Herausgebers von Pegida und Terroristen in Paris ist ein Tiefpunkt in der Kommentierung deutscher Leitmedien gewesen. Das ist wahr. Aber wie viele objektive Beiträge und wie viel sachliche Auseinandersetzung großer Medien hat es in den vergangenen Wochen insbesondere mit Pegida gegeben – was ja gar nicht einfach ist, wenn deren Köpfe jeglichen Dialog mit den Medien verweigern. Gute Kommentare – zuletzt von Martenstein und Kissler – in etablierten Medien, viele Blogger soweso – Bettina Röhl fällt mir als erste ein. Auch mein jüngster Beitrag zum Terror in Paris hat meinem kleinen Blog ein paar Tausend neue Leser und einen Besucherrekord beschert. Das System funktioniert, das Wort von der „Lügenpresse“ ist eine Frechheit, die mich zunehmend ärgert. Der Wert freier Medien bemisst sich nicht daran, ob sie jedem Unzufriedenen nach dem Mund reden. Kritik und manchmal auch Unfairness muss man aushalten. Aber dass die Bedrohung durch den aggressiven Islam in Deutschland vom Establishment noch ignoriert wird, ist schlicht nicht wahr.




Ein Streifen in Pink

Im politischen Zirkus ist es gut und wichtig, eine liberale Stimme zu haben. Dieser Meinung bin ich nach wie vor, und warum sollte das in der Bundesrepublik nicht in Zukunft wieder die FDP sein? Die traditionsreiche Partei hat bittere Niederlagen kassiert und fristet derzeit ein eher bescheidenes Dasein außerhalb der großen Berliner Bühne. Und sie hat sich ihren derzeitigen Tiefflug in den Jahren 2010 bis 2013 redlich verdient, da gibt es keine Krokodilstränen zu weinen. Aber ich würde mir dennoch wünschen, dass die Liberalen die Kurve wieder kriegen, denn in einer weitgehend sozialdemokratisierten deutschen Parteienlandschaft, sollte es eine Kraft geben, die gegen die Allgegenwärtigkeit des Staates steht, die dafür sorgt, dass die Bürgerrechte nicht in Vergessenheit geraten, und die bisweilen daran erinnert, dass erfolgreiches Wirtschaften auch mit Freiheit für Unternehmen und Unternehmer zusammenhängt. Heute Morgen beim Frühstück haben wir wieder einmal über die FDP gesprochen. Nicht über all‘ das gerade Beschriebene, sondern über die Farbe Magenta, unsere Jüngste würden sagen „pink“. Die FDP hat sich nämlich in einem monatelangen Entwicklungsprozess mit sicher vielen Marketingprofis und Präsentationen entschieden, dem bekannten FDP-Logo einen pinkfarbenen Streifen hinzuzufügen. Wow! Viele von Ihnen werden jetzt reflexartig sagen: Was für ein Quatsch, die sollen lieber mal anständige Politik machen. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Dass alle Nachrichtensendungen der Republik über den pinkfarbenen Streifen berichten, manche kommentieren, der WDR einen Psychologen zur Wirkung der Farbe Magenta auf die Menschen interviewt und, ja, auch dass an vielen Frühstückstischen heute Morgen wie bei Kelles über diesen dämlichen, belanglosen Streifen diskutiert wird, sagt viel darüber aus, warum der Begriff „Polit-Zirkus“ keine Abwertung, sondern eine Beschreibung ist. Und es zeigt, dass die FDP etwas Richtiges getan hat, denn sie hat mal wieder breite Aufmerksamkeit gefunden – und das ist der Sinn von Marketing. Ob es um einen Streifen Magenta geht, ob sie einen grünen Bauklotz oder eine Milchkanne ins Parteilogo genommen hätten, ist völlig egal. Hauptsache Aufmerksamkeit.




Zum Patriotismus gehört auch Stil

Ein Patriot ist jemand, der eine emotionale Beziehung zu seinem Land hat. Ein Nationalist ist jemand, der sein Land für höherwertiger als andere Länder hält. Geht man von dieser allgemeinen Definition aus, würde ich mich selbst als Patrioten bezeichnen. Ich würde nicht sagen, dass ich mein Land liebe, diesen Begriff behalte ich meiner Frau, meinen Kindern und meinen Eltern vor. Aber ich bin gern Deutscher und lebe gern in diesem Land, auch wenn ich nichts dafür kann, zufällig hier geboren zu sein und im Alltag jede Menge Dinge entdecke, die mir nicht gefallen. Deutschland hat einen beachtlichen Beitrag zur Weltkultur geleistet, ist technologisch und wirtschaftlich eine der führenden Nationen. Wenn ich politische Themen betrachte, dann unter der Prämisse, was ist gut für mein Land und die Menschen, die hier leben? Ich denke, so weit, werden wir hier große Einigkeit feststellen können. Wenn ich dann aber zu dem Ergebnis komme, dass es aus meiner Sicht für mein Land gut ist, zu einem vereinten Europa zu gehören (als selbständiger Nationalstaat) und „zum Westen“ insgesamt, wird es Widerspruch geben – und das ist auch gut so, denn die Freiheit zum Widerspruch gehört eben auch zu den Voraussetzungen, die das Leben in Deutschland so großartig macht.
Was mich in letzter Zeit zunehmend stört, ist jedoch das Verhalten von anderen Deutschen, die sich als „Patrioten“ bezeichnen, aber kein gutes Haar an unserem Land lassen. Ich meine nicht die Sachkritik, die dringend geboten ist, sondern das herablassende Gerede von der „Baanenrepublik BRD“, vom „System“, von der „zweiten DDR“ und das Verächtlichmachen von den Organen unseres Staates und vor allem seinen Repräsentanten. Niemand muss Frau Merkel mögen oder sie gar wählen, aber sie ist die frei gewählte Regierungschefin Deutschlands. Wird sie nächstes Mal abgewählt – fein, das gehört zu einer Demokratie dazu. Aber die Beleidigungen und der Hohn, der bisweilen ausgegossen werden, sind unwürdig. Besonders von Menschen, die behaupten, Patrioten zu sein.




Die Bundeswehr ist keine Operetten-Armee

Deutschlands führendes Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ ist zum Jahresende nochmal richtig empört. Unter Bezug auf „Geheimdokumente“, die der BILD vorliegen, schreiben die Autoren: „Diese legen nahe, dass sich das von Deutschland geführte Regionalkommando Nord (RC-N) in Afghanistan und auch der Bundesnachrichtendienst (BND) viel intensiver als bisher eingeräumt an der Verfolgung von Verdächtigen beteiligten. Aus den Dokumenten geht hervor, dass wichtige Daten wie Telefonnummern von Zielpersonen an die Nato übermittelt wurden. Diese konnten für gezielte Tötungen benutzt werden.“ Und erwartungsgemäß sind die Grünen auf Knopfdruck empört. So weit also Alltag in Deutschland.
Aber betrachten wir doch, um was es geht. Die Bundeswehr ist nicht zu einem Polizeieinsatz in Afghanistan, sondern führt Krieg. Dass dieser Fakt, der jedem Zeitungsleser klar war, auch beim Namen genannt wird, verdanken wir übrigens dem früheren Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, das sei nur kurz angemerkt. Der zum Jahresende auslaufende Kampfeinsatz der NATO war genau das: ein Kampfeinsatz. Und in einem Krieg sterben Menschen, die von anderen Menschen getötet werden. Und glauben Sie mir, ich bedauere das zutiefst. Wie schön wäre eine Welt, in der wir auf all das Leid, auf all das Töten, auf Panzer und Minen verzichten könnten? Wenn man das per Abstimmung beschließen könnte, ich würde vorneweg gehen und für unbedingte Zustimmung werben. Aber die Welt ist nicht so. Menschen sterben in Terroranschlägen, begangen um des vermeintlichen Willens von Allah. Menschen sterben in Kriegen, die gewissenlose Herrscher in andere Länder tragen. Menschen sterben, weil sie das vermeintlich Falsche glauben, weil sie zum falschen Stamm gehören oder weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind. Um das möglichst zu verhindern, zur Not mit Gewalt, haben wir im Innern eine Polizei und für das Äußere eine Armee und einen Geheimdienst. Unsere Armee ist Teil eines Bündnisses, der NATO. Unsere Sodaten leisten viel Gutes. Wenn irgendwo in Deutschland die Deiche brechen, sind sie da und transportieren Sandsäcke. Wenn irgendwo auf der Welt deutsche Staatsbürger und bisweilen auch Menschen anderer Nationen in Gefahr sind, holen sie diese bedrohten Seelen raus. Doch – und damit komme ich zum Kern – unsere Soldaten sind ausgebildet, um uns zu schützen, um im Notfall zu kämpfen und als ultima ratio auch um Feinde, die uns nach dem Leben trachten, gewaltsam zu stoppen, sprich zu töten. So etwas sagt man heute nicht so gern, wo sich doch alle über Schulbauten und gebohrte Brunnen freuen – ich auch. In Zeiten, in denen die Bundeswehr mit Werbespots junge Menschen sucht, die schöne Berufe lernen oder studieren wollen. Aber es ist die Wahrheit. Die NATO und damit die Bundeswehr haben Krieg geführt in Afghanistan. Krieg gegen fanatisierte Irre, mit denen nichts zu verhandeln ist, weil sie töten und herrschen wollen. Und weil sie uns dafür hassen, wie wir leben und was wir glauben. Und in diesem Krieg haben unsere Soldaten und hat unser Geheimdienst genau das getan, was in einem Krieg getan werden muss. Auch wenn es dem Spiegel und den Grünen nicht passt.




Afghanistan muss nun auf eigenen Beinen stehen

Der Kampfeinsatz der NATO in Afghanistan ist also nun beendet. Ab 1. Januar 2015 bilden die westlichen Staaten nur noch Sicherheitskräfte aus und unterstützen diese, wenn es mal brenzlig wird. War’s das also? Kommen die Taliban zurück? Jeder Tote, jeder Verletzte, jede Milliarde – alles umsonst? Ich weiß es nicht, aber ich glaube es auch nicht. Der Gradmesser für meine Beurteilung sind nicht die deutschen Politiker, die von Anfang an gegen die Einsatz waren. Auch nicht die Kommentatoren jener Medien, die schon die mörderischen Anschläge vom 11. September 2001 auf die USA mit einem zynischen „selbst schuld“ begleiteten. Und schon gar nicht die notorischen Amerika-Hasser, die wir auch in diesen Wochen und Monaten wieder erleben. Nein, was mir ein wenig Optimismus vermittelt, sind die Aussagen jener Bundeswehrsoldaten, die dort waren. Die ein oder mehrmals am Hindukusch im Einsatz waren, oft unter Gefahr für Leib und Leben. Trotz beängstigender Erlebnisse, trotz toter Kameraden und manche sogar trotz selbst erlittener Verletzungen physischer und psychischer Art: Mit einer Ausnahme haben mir alle, mit denen ich sprechen konnte, gesagt: Es ist gut und richtig, dass wir dort sind und dem Land helfen. Manche reden ja gern abfällig über die jungen afghanischen Frauen, die nun zur Schule gehen dürfen. Aber es ist ein wichtiger Fortschritt, von dem ich glaube, dass es nicht mehr zurückzudrehen sein wird. Ja, die Taliban werden nun verstärkt Gewalt anwenden, und niemand weiß sicher, ob die afghanischen Sicherheitskräfte willens und in der Lage sind, dem standzuhalten. Und ja, Afghanistan wird in 100 Jahren noch nicht eine Demokratie sein, wie wir im Westen uns das vorstellen. Wer das angenommen hat, versteht sowieso nichts. Aber auch Afghanistan hat nun eine Chance, sich selbst zu entwickeln.
Fraglich ist, ob der massive Abzug der NATO-Soldaten nicht zu früh kommt. Wir erleben gerade im Irak, was passieren kann, wenn ein Machtvakuum entsteht. Ich denke, wenn man einen „Nation building“-Prozess beginnt, muss man auch konsequent sein und diese Entwicklung so weit voran treiben, bis sie sicher unumkehrbar ist. Ob das in Afghanistan bereits der Fall ist, wird die Zukunft zeigen.




Von Entschleunigung kaum noch eine Spur

Weihnachten, also das Fest der Geburt Jesu, ist für mich jedes Jahr auch ein besonderer Quell der Ruhe. Keine Termine, keine Anrufe, nichts außer meiner Familie. Doch Jahr für Jahr stelle ich fest, dass die Ruhepause kürzer wird. Selbst am Heiligen Abend finden sich zwischen Weihnachtskarten und bisweilen Geschenkpäckchen für die Kinder Geschäfts- und Behördenbriefe und am Morgen des 24. Dezember gab es in diesem Jahr einen geschäftlichen Anruf – so, als wäre ein ganz normaler Tag. Ich muss zugeben, dass mich diese Banalisierung des Weihnachtsfestes zunehmend nervt. Das beginnt bei lieblosen Weihnachtsmärkten, die ja mancherorts inzwischen „Wintermärkte“ genannt werden, auf denen man mir Pfannen und Holzlöffel verkaufen will. Das setzt sich fort in den nachmittäglichen Gottesdiensten, die zu Versammlungen von Menschen werden, die ihren Glauben längst verloren haben aber traditionell oder „wegen der Kinder“ alljährlich einmal eine Stunde in der Kirchenbank „absitzen“, Handklingeln und Dauergequatsche inklusive. Und das endet beim Ausflug am zweiten Weihnachtstag zum Beispiel in einen Vergnügungspark im rücksichtslosen Gedränge um die besten Plätze in der Achterbahn. Meiner Schwiegermutter, die uns gestern in einen solchen eingeladen hatte, wurde dabei das Handy geklaut. Frohe Weihnachten.
Am Besten, man geht an diesen Tagen gar nicht mehr raus, außer vielleicht sehr früh am Morgen oder sehr spät am Abend in eine Messe, wenn der Anteil der Gläubigen deutlich überwiegt. Gott sei Dank ist das Fernsehprogramm an diesen Tagen durchgehend dermaßen belanglos und unattraktiv, dass man dann wirklich einfach ein wenig SkipBo mit den Kindern spielen, ein gutes Buch lesen und die ein oder andere Flasche Rotwein öffnen kann, ohne abgelenkt zu sein. Ich frage mich nur, wann, wenn nicht an diesen Tagen, wollen Menschen in unserer Gesellschaft überhaupt noch zur Ruhe kommen?