Lieber Herr Bundespräsident, Antisemitismus und Dummheit gibt es nicht nur rechts
Ich habe Respekt vor jedem unserer Bundespräsidenten, weil ich Respekt vor unserem Staat, unserer Verfassung und ihren Institutionen habe. Und persönlch mag ich diejenigen Staatsoberhäupter am liebsten, die politisch denken und reden, und die ihrem Staatsvolk auch hin und wieder klare Worte zumuten.
Richard von Weizsäcker war so einer, der mit seiner Rede zum Kriegsende (8. Mai) 1985 weltweite Beachtung fand. Oder Roman Herzog, der 1996 forderte, „durch Deutschland muss ein Ruck gehen“. Eine Aussage, die man eigentlich jeden Morgen wiederholen sollte auch in unserer Zeit.
Ich persönlich finde politische Präsidenten besser als die, die uns durch Wanderungen und Volkslieder in Erinnerung geblieben sind, wenngleich ich auch vor denen Respekt verspüre. Und natürlich gibt es auch Bundespräsidenten, über die ich mich maßlos geärgert habe, etwa Joachim Gauck, der viel Richtiges und Gutes gesagt und außerdem einen beeindruckenden Lebenslauf hat. In einer Weihnachtsansprache mahnte er mal sinngemäß, die Ängste von Flüchtlingen und Migranten zu respektieren, wenn sie nachts auf einem U-Bahnhof auf den Zug warten. Leider vergaß er zu erwähnen, wie viele seiner eigenen Mitbürger nachts Angst verspüren, wenn sie auf einem Bahnsteig stehen. Angst vor Migranten mit Messern zum Beispiel. Da hätte ich mir von meinem Staatsoberhaupt ein wenig mehr Differenzierung gewünscht.
Nun also Frank-Walter Steinmeier, wie ich im schönen Lippe geboren, was schon einmal einen zusätzlichen Vertrauensvorschuss bringt. Er kritisierte jetzt das Erstarken des Antisemitismus in Deutschland, allerdings ohne ausdrücklich zu benennen, dass dieser massgeblich durch die unkontrollierte Massenzuwanderung der vergangenen drei Jahre aus dem islamischen Kulturkreis nach Deutschland befördert wird. Stattdessen geißelte er – gefahrlos – die AfD. In der rechtskonservativen Partei gibt es immer wieder Politiker, die öffentliche Aufregung provozieren, in dem sie mit der Nazizeit und dem Holocaust zündeln, wie zum Beispiel die Herren Gauland, Höcke und Gedeon. Der eine nennt die Hitler-Barbarei einen „Vogelschiss“ vor der deutschen Geschichte, der andere will den „Schuldkult“ abschaffen, der dritte bezieht sich in seinen politischen Betrachtungen allen Ernstes auf einen Schwachsinn namens „Protokolle der Weisen von Zion“. Sowas kann man sich gar nicht ausdenken, dass man heute im Jahr 2018 so etwas ernsthaft in die politische Debatte einführt.
Also: Bundespräsident Steinmeier tut gut daran, solche widerwärtigen Aussagen zu geißeln und auch Ross und Reiter zu nennen. Nur, lieber Herr Bundespräsident: Es gibt da noch weitere „Rote Linien“, die im politischen Betrieb unseres Landes überschritten werden. Etwa wenn die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) auf einem Foto zu sehen ist, wo sie in einer Demo hinter einem Transparent herläuft auf dem steht „Deutschland du mieses Stück Scheiße“. Sicher hat sie das Transarent nicht selbst gemalt, aber hätte sie nicht laut protestieren oder wenigstens diese unappetitliche Veranstaltung verlassen müssen?
Oder nehmen sie Inge Höger, Bundestagsabgeordnete der Partei Die Linke, die immer wieder bei Veranstaltungen von radikalislamischen Hams-nahen Vereinen auftritt und bei einem Treffen 2011 in Wuppertal einen Schal trug, der die Landkarte des Nahen Ostens ohne Israel zeigte. Ein Einzelfall, meinen Sie? Keineswegs. So rief etwa der Bremer Landesverband der SED-Nachfolgepartei zu einem Boykott israelischer Produkte auf. So etwas gab es lange nicht mehr in Deutschland und erinnert stark an „Kauf nicht bei den Juden“. Nur wüsste ich nicht, dass Bundespräsident Steinmeier sich in einer Rede mal kritisch mit linken Antisemiten oder muslimischen Antisemiten oder mit Frau Roth beschäftigt hätte. Warum eigentlich nicht?