Meine Deutschlandreise durch die Union

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben. Als Journalist sowieso. Aber wenn die Reise auch noch durch die Unionsparteien führt, dann ist es in diesen Tagen besonders spannend. Unionsparteien – Sie erinnern sich! Volksparteien, die unsere Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg entscheident geprägt haben. Kanzler wie Adenauer und Kohl, die die Weichen richtig stellten, als die politische Konkurrenz noch – vielleicht in diesem Zusammenhang unpassend formuliert – im Schützengraben saß. Die Union traf die richtigen Entscheidungen für ein demokratisches und rechtsstaatliches System, für eine (damals) freie und (heute noch) soziale Marktwirtschaft. Für die Westbindung, für Europa, für die Einheit… Die Bilanz kann sich sehen lassen, auch wenn es natürlich Fehler gab, wie etwa Frau von der Leyen zur Bundesfamilienministerin zu machen. Schwamm drüber, jetzt sorgt sie für Schminktische in Kasernen, und als Familienministerin war sie bei den Deutschen überaus populär. Man darf mit Fug und Recht annehmen, dass sie bei roten und grünen Wählern eine Menge Zustimmung mit ihrem Krippenausbau gefunden hat. Weniger im eigenen Lager. Und damit kommen wir zu Angela Merkel.

Ich war die ganze Woche unterwegs, in Berlin, München, Düsseldorf und anderswo. Und meine Hauptbeschäftigung war, mich mit Abgeordneten von CDU und CSU zu treffen, um zu erfahren, wie die Stimmung hinter den Kulissen eine gute Woche vor dem nächsten Bundesparteitag wohl sein wird. Es liegt in der Natur der Sache, dass ich niemanden mit Namen zitieren darf. Wer sich also nicht für die Union interessiert oder nicht glaubt, dass Politiker mit einem wie mir sprechen, dem empfehle ich, an dieser Stelle auszusteigen und etwas anderes zu lesen.

Den verbleibenden Leserinnen und Lesern (bei Bedarf auch den anderen 60 Geschlechtern) möchte ich erzählen von einem Abgeordneten und Kreisvorsitzenden, der am Montag, also einen Tag nach der Ankündigung Angela Merkels, sie werde erneut als Bundeskanzlerin kandidieren, 17 Parteiaustritte in seinem Briefkasten vorfand. Begründung unisono: jetzt reicht’s uns endgültig! Ich möchte Ihnen erzählen von Abgeordneten, die dem Defätismus frönen, also der Mutlosigkeit. Die seit #wirschaffendas am Telefon und an Straßenständen beschimpft werden. Deutschland kann seine Grenzen nicht mehr schützen? Kann doch wohl nicht angehen.

Ich möchte Ihnen von Unions-Abgeordneten erzählen, die mir sagten, dass ihnen der sogenannte „Modernisierung-Kurs“ besonders der CDU nicht behagt, die sinnfreie Aufgabe von als unerschütterlich angesehenen Überzeugungen. Aber die auch klar sagen: Jetzt ist Wahlkampf, jetzt müssen wir erstmal gewinnen. Und dann sehen wir weiter. Und überhaupt: wer soll es denn machen, wenn nicht die Angela? Und wenn Rot-Rot-Grün gewinnt, wird es doch alles noch schlimmer.

Doch es gibt auch noch andere, einen Mann zum Beispiel, der eine Menge Einfluss hat in seiner Partei. Er sagte mir: Bis zur Flüchtlingskrise hatte ich ein distanziertes Verhältnis zu Merkel, aber vergangenes Jahr hat sie endlich mal klar einen Standpunkt bezogen. Und Horst Seehofer aus Bayern und Julia Klöckner aus Rheinland-Pfalz, die eine Woche vor der Landtagswahl die Richtung änderte, um dann zu verlieren – bei diesen beiden Parteifreunden steigt sein Blutdruck: „Man muss auch mal Kurs halten, wenn Gegenwind kommt…“