Neues aus der Neidgesellschaft: Christian Lindner heiratet Franca – und bezahlt die Sause selbst. So what?

In den Sozialen Netzwerken hagelt es seit Tagen harsche Kritik und Häme, weil Bundesfinanzminister Christian Lindner die Journalistin Franca Lehfeld heiratet. Oder sagen wir: Wie die Beiden heiraten.

Am Donnerstag auf dem Standesamt, heute in einer evangelischen Kirche auf Sylt. Und weil das so exklusiv ist, und die Politprominenz der Republik dabei ist. Und weil weder Lindner noch seine Frau einer christlichen Kirche angehören, aber der Tradition folgend – nicht Wenige sagen, wegen der schönen Fotos – vor dem Altar und damit vor Gott den Bund der Ehe schließen.

Es gibt viel, was dazu zu sagen sein wird im Folgenden, aber bitte. Wenn zwei Menschen sich das Eheversprechen geben, ihre Bereitschaft bekunden, in guten wie in schlechten Zeiten füreinander einzustehen, sich zu lieben, bis der Tod sie scheidet, und dann ausdrücklich bekennen, möglichst viele Kinder bekommen zu wollen, dann gibt es erstmal nur eine Reaktion zivilisierter Menschen: Von ganzem Herzen zu gratulieren und Glück zu wünschen.

Ich tue das hier ausdrücklich, und ich hoffe und glaube, die allermeisten von Ihnen auch!

Wenn zwei Menschen sich lieben und heiraten und gemeinsam Nachkommen zeugen wollen – das ist doch phantastisch. Und natürlich kann niemand garantieren, dass es für ein ganzes Leben reichen wird. Die Hälfte der Paare in Deutschland schafft es, die andere Hälfte scheitert. Und wenn man so ein Scheitern erlebt in der eigenen Familie und im Freundeskreis, dann schmerzt das auch das mitfühlende Umfeld sehr.

So eine Ehe, das ist nichts, das man einfach wegwirft, wenn der Wind stürmisch bläst, wenn mal „etwas passiert“ ist oder wenn sich Hürden im Alltag auftürmen. Das sind oft ernste Dinge, die weit über den ständig hochstehenden Klodeckel und die nicht geschlossene Zahnpastatube oder herumliegende Socken hinausreichen. Um eine Beziehung kämpft man, aber für eine Ehe, eine Familie wird man zum Löwen, wenn man halbwegs bei Verstand ist. Aber ich will Sie nicht mit romantischen Gefühlsaufwallungen langweilen.

Als Bundesminister verdient Lindner knapp 300.000 Euro im Jahr. Vielleicht halten Sie das für zu viel, vielleicht finden Sie das für so einen Job auch angemessen. Aber bevor Sie Ihrer Abneigung auf Politiker im Allgemeinen und Mitglieder der Bundesregierung im Besonderen freien Lauf lassen: Denken Sie daran, dass auch Frau Lambrecht und Herr Lauterbach in dieser Gehaltsklasse spielen. Und wenn die das bekommen, hat Christian Lindner das Gehalt sicher verdient.

300.000 im Jahr und alle regen sich auf, dass er Schicki-Micki auf Sylt feiert, vermutlich gibt es etwas Ordentliches zu essen und Champagner zu trinken. Und? Wenn er es selbst bezahlt, was – liebe Freunde – geht uns das an? Jeder auch von uns Normalbürgern, der schon eine Hochzeit ausgerichtet hat, weiß, wie teuer eine solche Party ist. Und was erwarten Sie jetzt von einem Bundesminister? Dass er Kanzler und VW-Chef auf einen Döner an einem Stehtisch in Bottrop einlädt?

Wir können infrage bstellen, ob unsere Minister so gut bezahlt werden sollten. Ich denke ja, wenn Sie ihre Arbeit gut machen. Ich habe auch kein Problem mit den Diäten der Abgeordneten, die für die Verantwortung, die sie tragen, angemessen sind. Das Problem ist: Es sind viel zu viele. Viel zu viele. Halbiert den Deutschen Bundestag und gebt den verbliebenen 370 Abgeordneten 2000 Euro mehr, davon haben alle was. Sie und ich als Steuerzahler ebenso wie der politische Betrieb in Berlin.

Ja, und diese ganzen Sicherheitsleute da, muss dieser Aufwand denn sein? Haben Sie in den vergangenen Tagen Zeitung gelesen? Japan? Der feige Mord am früheren konservativen Regierungschef Shinzo Abe, bei einer Wahlkampfrede von einem Irren in den Rücken geschossen. Olof Palme schon vergessen und Ronald Reagan? Oskar Lafontaine und Wolfgang Schäuble? Natürlich muss unser Land dafür sorgen, dass unsere gewählten Anführer geschützt werden.

Schließlich Friedrich Merz, heute großes Thema überall im Netz. Der CDU-Chef hat einen Flugschein und – macht Sinn – auch ein eigenes Flugzeug, mit dem er nach Sylt zur Party geflogen ist. Und bestimmt nimmt er nachher etwas vom Lachs auf dem Buffet bei den Lindners, dass der Minister privat bezahlt. Und Merz hat von seinem selbst verdienten Geld eine Pilotenlizenz und ein Flugzeug erworben. Was haben wir damit zu tun?

Deren Geld, deren alleiniges Verfügen darüber. Punkt.

Ich verdiene nicht einmal ansatzweise so viel, wie diese beiden Herren und ihre Gäste heute, und ich bin alle paar Jahr mal auf Sylt für einen Abend, eingeladen. Was ist los, dass so viele Leute von Neid zerfressen anderen ihr Geld und ihren Erfolg neiden? Ich kann so nicht denken, auch nicht bei Politikern und Unternehmen, die ich nicht mag – und da nehme ich Lindner ausdrücklich aus. Es ist einfach nicht unsere Sache.

Und ja, mir persönlich gefällt an der Hochzeit von den Beiden auch etwas nicht. Dass sie heute kirchlich getraut werden, sich aber beide bewusst von den christlichen Kirchen durch Austritt abgewandt haben. Lindner von der katholischen, der er einst angehörte, seine Frau von der evangelischen. Beide verstehen sich als „liberale Freigeister“. Kann man machen, aber warum dann die Folklore heute? Die Bochumer Theologieprofessorin Isolde Karle hält die Trauung zweier Nichtmitglieder für „erstaunlich und ungewöhnlich“.

Und das finde ich auch.

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