Russlands wachsende Probleme mit Heimkehrern aus dem Krieg
Russische Soldaten und Söldner kommen in der umkämpften Stadt Bachmut nach wochenlangen erbitterten Kämpfen voran. Das behaupten britische Geheimdienste in ihrer täglichen Lagebeurteilung
Nach Einschätzung der Briten hängt das auch damit zusammen, dass die reguläre Armee und die Gruppe Wagner nach wochenlanger Rivalität wieder gemeinsam vorrücken und sich gegenseitig unterstützen.
Die Söldnerarmee Wagner ist in diesem Krieg mit inzwischen 50.000 Kämpfern aktiv. Viele von ihnen haben ihr Leben verloren. Und den Überlebenden ist der Dank des Vaterlandes keinefalls gewiss.
Viele der Wagner-Söldner wurden in russischen Gefängnissen rekrutiert
Schwerverbrecher, die nichts mehr zu verlieren haben. Denn Mörder und Vergewaltiger haben nach einer Haft in der russischen Gesellschaft keine Perspektive auf ein normales ziviles Leben. Und wenn ein Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin höchstpervönlich vor den angetretenen Häftlingen im Gefängnishof eine Ansprache hält, und im Gegenzug zum Kampf für Mütterchen Russland in der Ukraine danach die Freiheit verspricht, dann hat das eine Wirkung auf die Männer. Die kleine Vorbehaltsklausel: Sie müssen mindestens sechs Monate in der Ukraine kämpfen…und überleben. Tausende habe das nicht geschafft.
Und die, die lebend in die Heimat zurückkehren, sind vielerort nicht willkommen
Das ist durchaus vergleichbar mir den aus dem Vietnam-Krieg zurückkehrenden GI’s in den 80er Jahren in Amerika, wo die jungen Soldaten als „Babymörder“ beschimpft wurden.
Das (russische) «System gibt ihnen keine Gelegenheit, zu einem normalen Leben zurückzukehren», sagt Jewgeni Prigoschin erbost, gerichtet an die russischen Eliten. Seine Soldaten hätten mit dem Kriegseinsatz in der Ukraine „ihre Schuld gegenüber dem Land beglichen“.
«Ihre Begnadigung ist eine direkte Bedrohung für die Sicherheit und das Leben der Frauen und ihrer Kinder», heißt es in einem Aufruf einer Antikriegsgruppe in Moskau. Und Frauen befürchten, dass durch „die Kriegstraumata“ der Heimkehrer das Risiko der Gewalt steige. Auch das ist durchaus realistisch, wie wir auch von Bundeswehr-Heimkehrern aus Afghanistan wissen, von denen viele an posttraumatischen Störungen leiden und in medizinischer Behandlung sind.
Das Thema hat inzwischen längst die russische Staatsführung erreicht. Eva Merkatschowa vom Russischen Menschenrechtsrat, der von Putin selbst eingerichtet wurde, sagt, dass Russland ein Rehabilitierungswesen brauche. Die «oft so schon gestörten» Straftäter hätten nun zusätzlich noch die Kriegstraumata. Ein Kriegsorden helfe ihnen nicht, im Leben anzukommen, Arbeit zu finden. In Russland fehle bisher ein System, um Straftäter auf ein Leben in Freiheit vorzubereiten.
Prigoschin ist ein Mann der Tat, nicht nur auf dem Schlachfeld. Er plant, auf einem Grundstück im bei Reichen beliebten Moskauer Vorort Barwicha den Bau eines psychologischen Rehabilitationszentrums für Kriegsteilnehmer, darunter ehemalige Strafgefangene. Man darf gespannt sein, wie die Nachbarn das finden…