Das Böse und den Bösen – gibt es sowas?

Für mich ist die Geschichte vom Leben, Leiden, Sterben und der Wiederauferstehen von Jesus Christus die gewaltigste Geschichte aller Zeiten. Wenn Sie „religiös unmusikalisch“ sind, wie der Philosoph Jürgen Habermas sich eins selbst beschrieb, bleibe Sie dennoch hier, liebe Leserinnen und Leser, denn es geht auch um ganz weltliche Dinge heute.

Gestern gedachten die meisten der nominell mehr als zwei Milliarden Christen auf der Welt, wenigstens die, die ihren Glauben tatsächlich leben, der Geschichte vom letzten Abendmahl und vom Verrat des Judas. Damit beginnt das furchtbare Leiden des Jesus von Nazareth, den viele für Gottes Sohn halten, und der am Kreuz zunächst stirbt. Mich beschäftigt diese Geschichte immer wieder intensiv und fast immer berührt sie mich in der Abendmesse des Gründonnerstags emotional sehr. Der Freund, der mit am Tisch sitzt, mit dem man über wichtige Themen spricht, dem man uneingeschränktes Vertrauen schenkt, mit dem man lacht und Spaß hat. Und der dann zum Verräter wird, der mit einem Satz oder einer Handlung alles zerstört, was man für Gewissheit gehalten hat. Kennen Sie so etwas auch? Ich habe es in meinem Leben immer wieder erlebt. Es muss gar nicht ein Familienmitglied oder ein wirklich enger Freund sein, einfach jemand, den man mag und dem man vertraut. Und der sich dann als echtes A….. herausstellt.

Warum passiert so etwas? Menschen, die im Gegensatz zu Habermas religiös musikalisch sind, führen das oftmals auf „das Böse“ zurück. Gibt es das überhaupt? Oder sind das Gute und das Böse in jedem von uns grundsätzlich angelegt, um uns in der Balance zu halten? So wie im chinesischen Daoismus mit Ying und Yang?

Das Böse? Gibt es das? Vielleicht sogar DEN Bösen? Für uns aufgeklärte Menschen schwer vorstellbar, auch wenn es in den christlichen Kirchen fester Bestandteil des Glaubens ist. Bei der Taufe eines Kindes und jetzt auch wieder in der Osternacht gehört es in jeder katholischen Messe dazu, dem Bösen zu widersagen.

Aber ein Böser, der in unser Leben eingreift? Einer mit Hörnern und Pferdefuß? Teuflische Besessenheit? Ich bitte Sie… Der WDR-Journalist Marcus Wegner schrieb vor Jahren ein spannendes Buch mit dem Titel „Exorzismus heute: der Teufel spricht Deutsch“. Darin erzählt er unglaublich skurrile Geschichten, die hier und heute in diesem Land jeden Tag passieren. Was für ein Quatsch, denkt man an vielen Stellen unwillkürlich. Wie kann man an so einen Firlefanz glauben? Doch dann erzählt auch Wegner im letzten Kapitel ein persönliches Erlebnis, das er offenbar selbst nicht rational einordnen kann.

Papst Franziskus hat übrigens jüngst in der italienischen Zeitung „La Repubblica“ gesagt: „Die Hölle gibt es nicht, was es gibt, ist die Auslöschung der sündhaften Seelen.“ Vor wenigen Stunden korrigierte der Vatikan diese bahnbrechende Aussage des Pontifex. Er sei falsch zitiert worden, und die Hölle gibt es doch. Wenn die sich da in Rom nicht einmal einig sind…

Ihnen allen wünsche ich gesegnete Ostertage!