Aus der gesellschaftlichen Mehrheit wieder eine Gestaltungs-Mehrheit machen

Der 22. September 2013 war für das bürgerliche Deutschland ein nahezu traumatisches Erlebnis. Am Tag der Bundestagswahl stimmten 21,6 Millionen Wähler für CDU/CSU, FDP und AfD, nur 19,6 Millionen für SPD, Grüne und Linkspartei. Selbst wenn man die 922.946 Piraten-Wähler zum „linken Block“ hinzuzählt, gab es eine klare Mehrheit in Deutschland für bürgerliche, christliche, liberale und konservative Überzeugungen. Im Deutschen Bundestag spiegelte sich das Ergebnis nicht wieder, weil FDP und AfD den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde nicht schafften. Natürlich ist es so einfach nicht, Politik ist nicht gleich Mathematik. Union und FDP wollen nicht mit der AfD kooperieren, Teile der AfD würden vielleicht gern, aber Dauerbeschimpfungen der angeblichen „Blockparteien“ und von „IM Erika“, wie man in diesen Kreisen gern redet, werden auf absehbare Zeit keine realistische Machtperspektive für „Bürgerliche“ (müsste man auch genauer definieren) in Deutschland bieten. Außerdem hat die Union Erfolg mit ihrem scharfen Abgrenzungskurz zu den rechtskonservativen „Republikanern“ in den 90er Jahren gehabt. Warum sollten Sie jetzt eine andere Strategie favorisieren?

Das Problem ist doch: wie macht man aus einer bürgerlichen Mehrheit in der Bevölkerung eine bürgerliche Mehrheit in den Parlamenten? Nicht nur eine Verhinderungsmehrheit, damit unwissenschaftlicher Schwachsinn wie der Gender-Kreationismus nicht Staatsziel wird. Und damit sich siebenjährige Kinder im Unterricht nicht mit der sachgerechten Organisation eines Bordells auseinandersetzen müssen. Und damit frühere Stasi-Spitzel nicht mit Geld und Auftrag staatlicher Institutionen darüber entscheiden dürfen, was in diesem Land geredet, geschrieben und diskutiert werden darf. Es gibt vielen Themen, die in der bürgerlichen Mitte zu diskutieren wäre, damit es auch einmal wieder eine Gestaltungs-Mehrheit in Parlamenten gibt. Eine, die auf eigenen Überzeugungen und Ideen fußt und nicht nur die Übernahme von jahrzenhntelang bekämpften Flausen der politischen Linken ist. Eine Metamorphose, wie sie Teile der CDU unter der Vorsitzenden Merkel hinter sich gebacht hat.

Als mich mal ein Freund fragte, warum ich mich selbst im bürgerlichen Lager und nicht bei den Linken sehe, antwortete ich: Weil ich finde, dass diejenigen, die arbeiten, mehr Geld bekommen müssen, als diejenigen, die nicht arbeiten. Weil Ehepaare, die Kinder bekommen und großziehen, mehr Unterstützung vom Staat bekommen sollten, als die, die solche Verantwortung nicht wollen. Und weil ich denke, dass jemand, der eine Straftat begeht, angemessen dafür büßen sollte. Reicht das, um eine programmatische Plattform für ein politisch denkendes Bürgertum in Deutschland zu formulieren, das sich auch einmischt? Wohl kaum. Aber irgendwer muss mal einen Anfang machen und das Gespräch mit Gleichgesinnten darüber suchen, was uns verbindet und was uns trennt. In der deutschen Geschichte hat es – sehr vorsichtig formuliert – Zeiten gegeben, die auch deshalb so grauenhaft wurden, weil die bürgerliche Mitte komplett versagte. Was wir heute in Deutschlands Mitte brauchen, sind weniger Club-Urlaub, Cabrio und Golfspiel, sondern mehr politisches und gesellschaftliches Engagement.

Ich freue mich darauf, morgen bei unserem Treffen mit 130 unserer Blog-Leser über solche und ähnliche Fragen zu diskutieren.




Ein Niqab von der AfD und die kaum noch zu ertragende Scheinheiligkeit der Grün_*Innen

Die AfD-Abgeordnete Wiebke Muhsal erschien heute früh vollverschleiert in Schwarz in einem sogenannten Niqab an ihrem Arneitsplatz im Landtag von Erfurt. Das sorgte verständlicherweise für beachtliches Aufsehen. Landtagspräsident Christian Carius (CDU) verpasste ihr direkt einen Ordnungsruf, Muhsal legte daraufhin den Schleier ab und erklärte nur noch, sie haben mit ihrem Nikab-Auftritt „gegen die Entwürdigung der Frau durch die Vollverschleierung“ demonstrieren wollen. So weit so …sagen wir grenzwertig. Derartige politische Aktionen gehören aber in unserer aufgeheizten Medien-Landschaft zum Alltagsgeschäft. Besonders wenn sich neue politische Kräfte zu Wort melden, die von einem großen Teil der meinungsführenden Medien gern stigmatisiert werden. Erst vor wenigen Tagen kletterten Aktivistäten der rechten „Identitären Bewegung“ aufs Brandenburger Tor und sorgten für beträchtliches Aufsehen. In den Medien wurde breit berichtet, in BILD online sogar auf Seite 1. Wie gesagt: Klappern gehört zum Handwerk, und das gilt auch für politische Organisationen und Parteien. Nun also Frau Muhsal und ihr Niqab. Ich persönlich mag solche Happenings nicht, zu viel Achtung habe ich vor der Würde eines Parlaments mit frei gewählten Volksvertretern. Aber regt es mich auf? Kein Stück. Meine Frau, die Buchautorin und Frauenrechtlerin Birgit Kelle, war mal an gleicher Stelle im Landtag von Thüringen zu einer Anhörung eingeladen, als sich zwei aufgeregte junge Damen bedauerlicherweise entblößten und ein paar Minuten rumkreischten. Die Abgeordneten aller Parteien und Birgit auch blieben völlig locker. Kasperle-Theater von politischen Aktivisten, die argumentativ nichts drauf haben und sich selbst zum Affen machen, damit sie vielleicht mal in der Zeitung erwähnt werden. „In der Zukunft wird jeder Mensch mal 15 Minuten berühmt sein“, hat der amerikanische Maler Andy Warhol einmal prognostiziert. Diese beiden „Femen“-Kreischerinnen von damals sicher nicht, dass wage ich zu prognostizieren.

Aber nun zurück zum Vorfall heute in Erfurt und der kaum noch zu ertragenden Scheinheiligkeit mancher Medien und Parteien. „Eklat im Landtag“, so lesen wir. Ja, das war es ja irgendwie. Steffen Dittes von der SEd-Nachfolgepartei, die jetzt das schöne Thüringen führend regieren darf, schrieb in einem sozialen Netzwerk, Muhsals Verschleierung sei „nicht Ausdruck von Religiosität, sondern Ausdruck von Dummheit“. Gut, dass ein Politiker der Linke den Begriff Dummheit zur Sprache bringt, freut mich grundsätzlich schon. Aber die Heuchelei der Grünen macht einen echt sprachlos, für mich das eigentlich Bemerkenswerte an dem Ereignis. Dirk Adams, „Fraktionsvorsitzender_*In“ nannte den Auftritt der AfD-Frau „unterirdisch“. Die parlamentarische Geschäftsführerin der Öko-Truppe, Astrid Rothe-Beinlich nannte es „einen unwürdigen Auftritt“ und schrieb auf Twitter, die AfD „missbrauche das Plenum als billige Bühne“. Hä? Man denkt spontan: Könnt Ihr nicht einfach mal die Schnauze halten? Schon beim ersten Auftritt grüner Politiker 1983 im Deutschen Bundestag wurden – parlamentarisch unüblich – Blümchen auf den Tischchen im Parlament aufgestellt, es folgten verdorrte Bäume, die an Bundeskanzler Helmut Kohl im Plenum überreicht wurden. Über den Turnschuh-Minister aus Hessen wollen wir gar nicht reden, der dem Parlamentpräsidenten entgegenschleuderte: „Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch.“ Und solches politisches Personal_*Innen – man will ja gar nicht an Pädo-„Programm“-Debatten oder jüngst die Iran-Reise der Grün*Innen Jugend erinnern – fordern jetzt die „Würde des Hauses“ ein. Kein Wunder, das sich immer mehr Bürger diesen politischen Firlefanz nicht mehr antun.




Die CDU im Sinkflug: Wenigstens reicht es für Schwarz-Grün nicht mehr

Wer wissen möchte, wie die Zukunft der CDU aussehen wird, der sollte nach Österreich gehen. Das empfahl mir ein österreichischer Journalisten-Kollege, als ich vor einigen Wochen nach einer Podiumsdiskussion in Wien mit ihm am Buffett stand. Eigentlich müsste man die ÖVP unterstützen, philosophierte er, da sie in der Alpenrepublik die einzige Partei sei, in der noch rudimentär christliche Überzeugungen zu finden sei. So wie in der CDU, wenn man mal ins Programm schaut. Aber wer tut das schon? Die ÖVP ist in einem trostlosen Zustand, bei der chaotischen Bundespräsidentenwahl zuletzt, die ja wiederholt werden muss, standen sich die Kandidaten der Grünen und der FPÖ in der Stichwahl gegenüber. Die Traditionsparteien SPÖ und ÖVP saßen beim Wahlvolk in den hinteren Reihen. Wer die Zeichen der Zeit nicht erkennt, wer mit Arroganz auf insbesondere die eigenen, treuesten Wähler herabschaut, wer auf Shicki-Micki-Berater hört, die abends beim Rotwein ihren Klienten aus der Politik ihre Selbstverwirklichungsträume vom bunten Gender-Deutschland nahebringen, den bestraft das Leben. Definitiv!

In Berlin und „Meck-Pom“ wird demnächst gewählt. In aktuellen Umfragen liegt die CDU im Nordosten bei 26 Prozent und in Berlin bei 18. Das gilt heutzutage in der Partei Konrad Adenauers und Helmut Kohls schon als guter Wert. Ist es aber nicht. Hätte die CDU ihren Job gemacht, hätte man neben Modernisierung und Klimawandel auch wenigstens ein Stück weit auf den konservativen Flügel gehört, ich bin überzeugt, dass es die AfD gar nicht gäbe. Aber viele der Treuesten der Treuen aus der CDU haben nach den Merkel-Jahren die Nase gestrichen voll. Und dabei hatte alles so gut angefangen. Eine Parteivorsitzende aus Ostdeutschland, Frau und Ossi, pragmatisch, klug, unideologisch. Ich fand sie gut, schon als die meisten meiner Freunde noch Edmund Stoiber bei der Kanzlerkandidatur den Vorzug gaben. Und ich bewunderte „Angie“ sogar hin und wieder, besonders für ihre Auftritte auf internationaler Bühne. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz bürstete sie den iranischen Außenminister einmal in harschen Worten ab, wie man es auf diplomatischem Parkett in Deutschland wohl nur selten erlebt hat. Ja, die ersten Jahre Merkel waren gute Jahre. Für Deutschland, nicht für die CDU. Denn unter Merkels Führung schlug die Partei, die die Bundesrepublik über Jahrzehnte entscheidend geprägt hat, einen verhängnisvollen Marsch nach links ein.

Ohne Frage: eine Volkspartei muss mit der Zeit gehen, wenn sie Volkspartei bleiben will. Die Welt wächst zusammen, neue Lebensstile entstehen, mehr individuelle Freiheit bringt auch für manche Menschen neue Probleme mit sich. Und wenn mehr Krippenplätze gewünscht werden, muss eine Regierung diese zur Verfügung stellen. Aber muss man bei der „Modernisierung“ einer Partei seine Grundsätze über Bord werfen? Heißt Modernisierung, dass man die Überzeugungen, die man über Jahrzehnte taper verteidigt hat, über Nacht aus dem fenster schmeißt – manchmal ohne Beschluss eines Parteitags oder der Fraktion, einfach par ordre de mufti? Hat man die CDU-Mitglieder gefragt, ob sie die Grenzen für eine Million Menschen aus dem muslimischen Kulturraum öffnen wollen? Hat man sie gefragt, als 11.000 Kilometer entfernt ein Erdbeben war, ob sie die deutschen Atomkraftwerke, diese Technologie, die kurz vorher von der CDU noch als so sauber und sicher gepriesen wurde, abschalten wollen? Hat man sie gefragt, ob sie wirklich Grundschüler in unserem Land mit dem unwissenschaftlichen Gender-Schwwachsinn konfrontieren soll, sexuelle Vielfalt für Achtjährige? Das mag bei den Grünen ein ernsthaftes Thema sein, da gibt es so eine Tradition. Aber in der CDU? Oh ja, und nicht nur dort. Selbst der zuständige CSU-Minister in Bayern fällt dieser Tage mit seinem Herz für GenderGaga an den Schulen auf. Im katholischen BAYERN, wo die Christsozialen mit absoluter Mehrheit regieren. Man fasst sich an den Kopf.

Und das bringt uns zur aktuellen Lage. Wolfgang Bosbach, CDU-Urgestein aus dem rheinischen Bergisch-Gladbach, kandiddiert im kommenden Jahr nicht wieder für den Deutschen Bundestag. „WoBo“, wie ihn seine zahlreichen Fans liebevoll nennen, leidet seit langem an einer schweren Krankheit. Nun will er nicht mehr, und wer könnte ihm das übelnehmen? Aber er will auch politisch nicht mehr mitmachen, nicht mehr eine Politik aktiv unterstützen, an die er selbst nicht mehr glaubt. Bei der Euro-Rettung ging es los, zuletzt beklagte er in Interviews den „Kontrollverlust unseres Staates“ in der Flüchtlingsfrage. Wolfgang Bosbach, eine unüberhörbare Stimme der alten CDU, ich sage der Kohl-CDU, tritt ab. So wie Erika Steinbach, die unbequeme konservative Politikerin und frühere Präsidentin des Bundes der Vertriebenen. Auch ihre Stimme wird der CDU fehlen, jedenfalls vielen Mitgliedern und Wählern, wohl weniger den Funktionären im Adenauer-Haus in Berlin. Man könnte weitere markante CDU-Politiker nennen, die keine Lust mehr haben, etwa Thomas Dörflinger aus dem Schwarzwald. 51 Jahre jung ist er, seit 19 Jahren im Bundestag und eine der beeindruckendsten Stimmen in der jüngsten Stammzellen-Debatte. Nun sucht er eine andere berufliche Herausforderung. Einfach so, losgelassen von der Droge Politik.

Die CDU wird ohne Bosbach, Steinbach, Dörflinger und andere klarkommen. Die „Modernisierer“, ich nenne sie gern die „Verwässerer“, werden es mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen. Sie träumen von schwarz-grünen Koalitionen, vergessen dabei aber, einen Blick auf ihre Taschenrechner zu werfen. Denn der Aderlass an Wählern, die der Merkel-CDU den Rücken kehren und zu AfD, ins Nichtwähler-Lager oder übrigens auch wieder zur FDP abwandern, machen Schwarz-Grün zukünftig bei den meisten Wahlen rechnerisch unmöglich. Und das ist die gute Nachricht dieses ganzen Trauerspiels.




Schmeißt diesen schrecklichen Mann endlich aus der AfD-Fraktion!

Der AfD-Landtagsabgeoprdnete Wolfgang Gedeon sollte wegen Antisemitismus-Vorwürfen aus seiner Partei und Fraktion fliegen. Doch nun gab es nur eine Light-Lösung. Der Mann, der die ekelhaften und – historisch belegt – gefälschten „Protokolle der Weisen von Zion“ über eine Weltverschwörung der Juden zur Erlangung der Weltherrschaft, mit den Worten sie seien zwar „moralisch die unterste Schublade“, aber „intellektuell hochwertig, ja genial“ kommentierte, lässt sein Mandat erst einmal ruhen. Ist ja nett von ihm. Seine AfD-Landtagsfraktion, die Bundespartei, sie hatten bisher nicht die Kraft, Gedeon rauszuschmeißen. Das ist schäbig. Ja, auch ein Juden-Hasser, hat in einem Rechtsstaat Anspruch auf Anhörung und ein faires Verfahren. Gerade. Aber im Fall Gedeon liegen alle Fakten auf dem Tisch. Die industrierelle Massenvernichtung von Juden in Hitler-Deutschland nannte er „gewisse Schandtaten“, Hetzer, die den Holocaust leugnen, sind für den AfD-Herren „Dissidenten“, also Menschen, die in autoritären Diktaturen für ihre Überzeugungen verfolgt werden. Autoritäre Diktaturen – so etwas wie unser Land, meint er wohl.

All das geht gar nicht. Dass diese solche gruselige Gestalt 71 Jahre „danach“ in einem deutschen Parlament auftreten darf, ist nicht zu akzeptieren. Klar, er ist gewählt, und wenn vor der Wahl bekannt gewesen wäre, wie Gedeon denkt, wäre er – davon bin ich überzeugt – jetzt nicht im Landtag von Baden-Württemberg. Da darf er nun sitzen und sich über üppige Diäten freuen, der Herr Gedeon. Dass muss das Parlament, das muss diese Gesellschaft aushalten. Aber das Mindeste ist, dass die AfD klare Kante zeigt. Natürlich, es gibt auch gedultete Antisemiten bei der Linken und wahrscheinlich in anderen Parteien. Aber eine Partei, die für Transparenz und für einen neuen Politikstil antritt, ja, die konservativ und damit mit dem latenten Vorwurf, rechtsextrem zu sein, leben muss, kann sich keinen Herrn Gedeon leisten.

Dieser Mann muss aus seiner Partei fliegen, lieber heute als morgen. Und er muss im Landtag größtmögliche Ächtung aller anderen Abgeordneten erfahren. Für solche Leute wie Wolfgang Gedeon ist kein Platz in einer freiheitlichen Demokratie.




So, und jetzt: Anpfiff!

Endlich hat mal wieder ein Interview in einer deutschen Qualitätszeitung für Furore gesorgt. Die beiden Redakteure Eckart Lohse und Markus Wehner führten es vergangenen Mittwoch in Potsdam mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der Alternative für Deutschland (kurz: AfD), wobei wir hier – anders als in anderen Medien – den Zusatz „rechtspopulistischen“ heute mal weglassen, weil wir ja bei Frau Wagenknecht von der Linken auch nicht penetrant „linkspopulistischen“ hinzufügen.

Die beiden genannten Journalisten stehen in Lohn und Brot beim Verlag Frankfurter Allgemeine Zeitung, der damit wirbt, dass hinter seiner Tageszeitung immer ein kluger Kopf stehe oder sitze. Wie man außerdem im Umfeld von Herrn Gauland hörte, soll es sich bei dem Gespräch in Potsdam eigentlich um ein „Hintergrundgespräch“ gehandelt haben, das so genannt wird, weil man sich zwar offen die Meinung sagt, aber nicht anschließend darüber berichtet. Nun, sei’s drum. Was als „Gauland beleidigt Boateng“ durch Veröffentlichungen landauf, landab durch die Gazetten waberte, wurde aus einem einzigen Satz destilliert, den Gauland gesagt haben soll: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ Peng! Das saß. Aber hatte der Politiker das wirklich gesagt? Nach eigener Stellungnahme nicht, denn – so Gauland – er habe gar keine Ahnung von Fußball. Auch die FAZ-Redakteure räumten später ein, dass sie selbst es wohl gewesen sind, die den Namen Boateng ins Spiel brachten. Und „Aufzeichnungen“ habe es auch gegeben, versicherte die FAZ, was den Eindruck hinterließ, es habe sich um Aufzeichnungen mit einem Bandgerät gehandelt. Erst später stellte sich heraus, dass die Aufzeichnungen mit einem Kugelschreiber angefertigt wurden. Der ganze Vorgang dokumentiert eindrucksvoll, warum so viele Menschen in Deutschland den Medien nicht mehr vertrauen, warum „Lügenpresse“-Sprechchöre bei Demonstrationen „besorgter Bürger“ in Deutschlands Straßen inzwischen zum Alltag gehören.

In gut einer Woche beginnt übrigens die Fußball-Europameisterschaft mit dem Spiel zwischen Frankreich und Rumänien in Paris. Die Sicherheitslage dort wäre wahrlich ein Thema, das mehr Beachtung finden sollte, als die Posse um Gauland und den Nationalspieler Jerome Boateng. Der ist als Ziel rassistischer Attacken nämlich wirklich völlig ungeeignet. Deutscher Staatsbürger mit deutscher Mutter, in Deutschland aufgewachsen, keine Integration nötig, und Christ ist er auch noch. Warum also um alles in der Welt sollte man nicht neben ihm wohnen wollen? Und warum sollte ein Politiker so dämlich sein, kurz vor dem großen Turnier einen unserer deutschen Spieler zu beleidigen? Gestern traf ich unsere Nachbarin. Sie hatte einen Cowboy-Hut in Schwarz-Rot-Gold auf dem Kopf und diverse Fußball-Devotionalien in der Einkaufs-Tüte. Millionen Deutsche freuen sich, dass der Ball endlich wieder rollt. Wer will da diesen Schwachsinn hören?

Der frühere deutsche Nationalspieler Gerald Asamoah setzte am Wochenende den überaus launigen Schlusspunkt in der Debatte um Gauland und Boateng. Der dunkelhäutige Fußballer (darf man das eigentlich sagen?) zwitscherte im Internet: „War gestern irgendwas mit Jerome Boateng & Gauland? Hab nix mitbekommen, war den ganzen Tag bei meinem Nachbarn.“ So, und jetzt: Anpfiff!

Zuerst erschienen als „Tagespost-ing“ in der Tagespost vom 2. Juni 2016 (www.die-tagespost.de)




„Wenn wir diese 2.000 Menschen beseitigt haben…“

Mit mindestens 100 Millionen Euro wird in diesem Land aus Steuergeldern der „Kampf gegen Rechts“ pro Jahr subventioniert. Der Kampf gegen Rechtsextremismus ist in Deutschland Staatsraison, und das ist aus unserer Geschichte erklärbar und auch sinnvoll. Rechtsextremismus! Das ist nicht Patriotismus, das ist nicht konservatives Denken, das sind Rassenhass und Herrenmenschen-Gehabe. Und deshalb ist eine Unverschämtheit, dass der Begriff „Rechts“ von Politikern und Medien geradezu inflationär benutzt wird, um politische Gegner zu diskreditieren. Zu den dunklen Jahren unserer deutschen Geschichte gehörten einst auch Nazi-Aufmärsche vor den Wohnhäusern politisch Andersdenkender, gehörten Drohungen, gehörte nackte Gewalt.

An diesem Wochenende konnte man in Stuttgart Linksextremisten bei der „Arbeit“ sehen, die mit Eisenstangen auf AfD-Mitglieder losgehen wollten. Delegierte der Partei bekamen vorher Verhaltensregeln, nicht einzeln zum Veranstaltungsort zu gehen, sondern nur in Gruppen. Ein bestimmtes Parkhaus wurde für AfD-Delegierte („nur in Gruppen gehen“) reserviert und von starken Polizeikräften bewacht. Heute wurde bekannt, dass die Namen, Adressen und Telefonnummern der 2.100 AfD-Mitglieder beim Bundesparteitag von einer linksextremen Webseite im Internet veröffentlicht wurden. Auf der linksradikalen Plattform „Indiymedia“ schrieb ein „Nutzer“: „Wenn wir diese 2000 Menschen beseitigt haben, dann können wir endlich in Frieden leben.“ Gemeint sind die AfD-Funktionäre beim Parteitag.

Das ist kein Spaß, keine Satire – das ist öffentlicher Aufruf zur Gewalt gegen politisch Andersdenkende. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig sagte noch vor wenigen Monaten, Linksradikalismus sei kein ernstes Problem in Deutschland. Sie irrt. Es sind die Methoden von Faschisten, die hier ihre hässliche Fratze zeigen. Und es sind linke Faschisten, die Zu Gewalt aufrufen und die Gewalt ausüben. Justiz und Polizei, der demokratische Rechtsstaat sind gefragt, massiv gegen dieses Pack vorzugehen. Pack? Ja, Pack! Politische Gewalt ist auch dann nicht legitim, wenn sie von links kommt.




SWR: Das rot-grüne Possenspiel wird nach hinten losgehen

Der Südwestrundfunk (SWR) ist also eingeknickt. Zu den im Fernsehen übertragenen Diskussionen zur Landtagswahl im März darf die Alternative für Deutschland (AfD) nicht kommen. Die Regierungsparteien Grüne und SPD hatten gedroht, andernfalls nicht an den Gesprächsrunden teilzunehmen. Was für ein jämmerliches Schauspiel. Wie steht es also mit der Unabhängigkeit der Staatssendeanstalten in Deutschland? Und mit den Argumenten der rot-grünen Mehrheit im Lande? Angst vor den konservativen Newcomern, die nach Umfragen in Baden-Württemberg derzeit mit zehn bis elf Prozent rechnen können? Die AfD ist in Deutschland augenblicklich die Partei, die den deutlichsten Gegenkurs zur etablierten Politik insbesondere in der Flüchtlingsfrage vertritt. Warum lassen Rote und Grüne die Chance verstreichen, ihre Herausforderer mal so richtig argumentativ zu entzaubern? Was soll die Ausschließeritis? Hofft man, dass die Wähler bis Mitte März vergessen, dass es die AfD gibt, wenn man ihre Kandidaten nicht zu Diskussion kommen lässt? Es ist eine lächerliche Farce, die sich da vor unser aller Augen abspielt. Und die einzige Partei, die davon profitiert, wird die AfD sein, der Grüne und SPD nun gewissermaßen zu einer Märtyrerrolle verhelfen.




Wer stabile Verhältnisse wünscht, darf Alternativlosigkeit nicht akzeptieren

Das Wesen der Demokratie ist das Ringen um die besten Lösungen, das Auswählen können zwischen unterschiedlichen Politikkonzepten. Das muss man in Erinnerung rufen, wenn man in diesen Wochen über das starke Anwachsen sogenannter rechtspopulistischer Parteien bei Wahlen überall in Europa klagt. Ich möchte ganz sicher nicht, dass Marine Le Pen nächstes Jahr zur französischen Präsidentin gewählt wird. Doch statt über die dummen, dummen Bürger zu lamentieren, empfehle ich, einfach mal Ursachenforschung zu betreiben. Das kann man in Österreich tun, wo die FPÖ einst unter Jörg Haider ihren Siegeszug begann. Das fing keineswegs mit Ausländerfeindlichkeit an, sondern es geschah in einem Umfeld, in dem sich zwei Parteien – die SPÖ und die ÖVP – ein ganzes Land untereinander aufgeteilt hatten. Ganz egal, wer gerade regierte: Da gab es hochdotierte Versorgungspöstchen in öffentlichen Bereichen immer schön abwechselnd, hier ein Roter, da ein Schwarzer. Haider hat das zu seinem großen Thema gemacht und den Bürgern eine Alternative angeboten, die heute – viele Jahre später – unter HC Strache offenbar stärkste Partei im Nachbarland ist, ganz sicher bei den Jungwählern. Auch die Geschichte der SVP in der Schweiz, der ehemaligen Fortschrittsparteien in den skandinavischen Ländern oder eben des FN in Frankreich ist begleitet vom Bestreben, den Wählern eine auch konzeptionelle Alternative zum Einheitsbrei des etablierten Politikbetriebs anzubieten. Das ist übrigens kein Merkmal nur rechtskonservativer Parteien, denn auch die Grünen und all die Öko-Parteien weltweit haben damit begonnen, eingefahrene Politik und etablierte Unbeweglichkeit radikal in Frage zu stellen, Politik anders und neu zu denken. Wenn einst der CDU-Bundestagsabgeordnete Herbert Gruhl auf Parteitagen davor warnte, mit den natürlichen Ressourcen des Planeten Schindluder zu betreiben, gingen bei vielen Delegierten demonstrativ die FAZ-Freiexemplare in die Höhe, um absolutes Desinteresse zu bekunden. Was hat Gruhl gemacht? Er hat eine neue Partei gegründet, die seine Gedanken ernst nahm. Im Versagen der CDU, das eigentlich konservative Thema Umwelt- und Naturschutz zu erkennen und aufzugreifen, liegt eine Ursache, warum dieses Land heute mit Spitzenpolitikern wie Claudia Roth und Volker Beck gesegnet ist, die uns immer wieder in Parlament und TV-Talkshows erfreuen.

Und das führt uns zur Alternative für Deutschland, kurz AfD. Die befindet sich im Umfragehoch, irgendwo zwischen acht und 10,5 Prozent – je nach Institut und Fragestellung. Hat sie die Lösung für die großen Probleme des Landes? Hat sie mitreißende Köpfe an ihrer Spitze? Muss jeder selbst entscheiden. Ich glaube, ihr derzeitiger Zuspruch speist sich hauptsächlich aus der demonstrativen Ignoranz insbesondere der beiden großen Parteien in Deutschland gegenüber real vorhandenen Sorgen und Ängsten in der Bevölkerung. Ob diese – wie ich glaube – begründet sind oder nicht, lassen wir an dieser Stelle mal dahingestellt. Aber wenn in einem niedersächsischen 600-Seelen-Dorf praktisch über Nacht 2.000 Flüchtlinge aufgenommen werden sollen, ohne dass die Politik vorher mal mit den Einheimischen spricht, finde ich das mehr als volksfern. „Seit wann muss man die Leute fragen, ob sie neue Einwohner akzeptieren?“, fragte mich diese Woche sinngemäß ein Facebook-Freund. Und klar, muss man nicht, jedenfalls gibt es kein Gesetz, das so etwas vorschreibt. Aber in jedem Kaff wird eine Bürgerversammlung abgehalten, wenn ein Radweg angelegt werden soll. Wäre es da nicht einfach geboten, dass die verantwortlichen Politiker in einem solchen Fall das Gespräch mit dem Bürger suchen?

Jüngst beschäftigte sich der Bundestag endlich einmal mit dem Flüchtlings-Thema. Bundestag, muss ich vielleicht für die Jüngeren erklären, ist unser Parlament. Da sitzen die Leute, die unsere Interessen vertreten und den Regierenden auf die Finger schauen sollen. Und der Regierung soll eine starke Opposition gegenüber stehen, die eigene Konzepte entwickelt und sich als Regierung von Morgen profilieren kann. Ungefähr die Hälfte der Deutschen ist nun nach Umfragen skeptisch in Bezug auf die derzeit stattfindende Masseneinwanderung in dieses Land. Und was sehe ich, wenn ich mir die jüngste Bundestagsdebatte anschaue? Alle finden es toll, was Frau Merkel und ihre Regierung tun. Alle. Beifall des Hohen Hauses von der Linken über Grüne und SPD bis zu Union. Nun werden Sie vielleicht sagen, das ist der momentanen Ausnahmesituation geschuldet, schließlich geht es um Menschen in Not. Ja, geht es. Auch. Aber das Phänomen ist nicht neu. Bei der „Griechenland-Rettung“ ging es in erster Linie um Banken und um Geld. Auch da waren mindestens 50 Prozent der Deutschen dagegen, während unser Parlament mit 500 von 600 Stimmen zustimmte. Immer wieder. Alternativlos und so. Aber wie lange macht ein Wahlvolk das mit, bevor es sich entweder vom „System“ durch Wahlenthaltung verabschiedet oder sich ein Ventil, sprich: eine neue Partei, sucht, um ihren Unmut auszudrücken?

Und deshalb verdient der bevorstehende Bundesparteitag der CDU auch alle Beachtung. Und bitte verschonen Sie mich mit „Scheiss-CDU“ und „ohnehin abgemerkelt“ und „linksgewendet“-Mails. Ob allen das gefällt oder nicht – die Union ist derzeit die stärkste politische Kraft im Land, die Partei mit der Bundeskanzlerin. Keine Politikänderung kann im Augenblick ohne die Union stattfinden. Ich denke, dass dieser Parteitag für den weiteren Weg der CDU und damit auch für die weitere Entwicklung anderer Parteien entscheidende Bedeutung haben wird. Werden die Delegierten willens und fähig sein, die Fehlentwicklungen beim Namen zu nennen, ja mit Mehrheit Kurskorrekturen durchzusetzen? Bemerkenswerte Anträge dazu gibt es reichlich, von der Jungen Union bis zur Mittelstandsvereinigung. Oder werden sie sich zum üblichen Ritual wieder mit Stehenden Ovationen um ihre Parteivorsitzende scharen und so lange Beifall klatschen, bis die beobachtende Journaille mit ihren Stoppuhren zufrieden ist? Ich habe mich seit Jahren nicht mehr für diese weitgehend inhaltsleeren Partei-Hochämter voller Selbstbeweihräucherung interessiert. Dieses Mal werde ich aufmerksam zuhören und zuschauen, ob sich da eine traditionsreiche Partei ihrer Verantwortung stellt oder das Feld freiwillig räumt, auf dem andere Parteien wachsen wollen.




Sturmgeschütz der Demokratie? Das war einmal….

„Deutschland erlebt eine Welle der politisch motivierten Gewalt. Flüchtlinge werden überfallen, ehrenamtliche Helfer angegriffen, Polizisten, Politiker und Journalisten attackiert.“ So beginnt ein umfangreicher Beitrag heute auf spiegel-online (SPON). Akribisch listen die Spiegel-Schreiber viele beschämende gewalttätige Angriffe auf Flüchtlinge, Helfer, Polizisten und Journalisten auf, die sich in den vergangenen vier Wochen in Deutschland ereignet haben. Politisch motivierte Gewalt wird hierzulande zunehmend zum Alltag in einer Art und einem Umfang, wie ich es noch vor einem Jahr nicht für möglich gehalten hätte. (Text hier) Und es ist gut, wenn ein großes Medium dieses Problem aufgreift. „Neue deutsche Gewalt“ ist der Artikel überschrieben. Doch leider haben sie beim „Spiegel“ ein paar Ereignisse übersehen. Den Pegida-Teilnehmer, zum Beispiel, der vor eineinhalb Wochen von Linksextremisten in Dresden krankenhausreif geprügelt wurde. Die AfD-Europaabgeordnete Beatrix von Storch, deren Auto nachts von der sogenannten „antifa“ angezündet wurde. Den AfD-Landesvorsitzenden von Sachsen-Anhalt, dessen Wohnräume von Einbrechern aus dem linksextremistischen Umfeld komplett verwüstet wurden, und die Frankfurter AfD, der Linksextremisten am hellichten Tag den Infostand kurz und klein schlugen. Den „Autonomen“, dessen Foto wir auf der ZDF-Homepage sahen, wie er in Köln mit einer Axt (!) nach einem rechten „Hogesa“-Demonstranten schlug. Die Polizeibeamten aus Köln, die nach derselben Demo berichteten, dass die Gewalt eindeutig von den linken Gegendemonstranten ausging. Und auch Hedwig von Beverfoerde, die mutige Organisatorin der Elternproteste in Stuttgart, deren Auto und Teile eines Gebäudes in Flammen aufgingen – als Folge eines linksterroristischen Anschlags. Und dann der Überfall einer Horde Linksextremisten auf das Haus einer Burschenschaft in Freiburg, inklusive gefährlicher Körperverletzung. Sie alle kommen in dem spiegel-online-Text nicht vor, obwohl sie gerade Opfer politisch motivierter Gewalt von Links waren. Aber das passt nicht ins Bild, wonach Gewalt immer irgendwie rechts ist. spiegel-online verzerrt die Wirklichkeit und liefert den „Lügenpresse“-Schreiern neue Nahrung. Sie sind kein Nachrichtenmedium mehr, sondern sie agitieren und wiegeln Menschen auf. Sturmgeschütz der Demokratie? Das war einmal.




Wer nicht mitspielt, wird plattgemacht

„Wer keine Hitze verträgt, hat in der Küche nichts verloren“, hat der 33. Präsident der Vereinigten Staaten, Harry S. Truman, einmal gesagt. Er wollte damit zum Ausdruck bringen, dass Politik ein hartes – manche sagen schmutziges – Geschäft und nichts für Sensibelchen ist. Und das ist wahr. Wer eine politische Haltung vertritt, weiß von vornherein, dass er oder sie dafür geschmäht, beschimpft und beleidigt wird. Und dabei ist vollkommen gleichgültig, welche Position vertreten wird. Auch die etablierten Parteien sind davon nicht ausgenommen – Merkel, Roth oder früher Guido Westerwelle haben Schmähungen ertragen müssen, die weit über jedes akzeptable Maß hinausgehen. Das Mitleid der Bevölkerung hält sich in Grenzen. „Ist im Preis mit drin“, heißt es lapidar, wenn man fragt, warum wir unsere politischen Repräsentanten so behandeln, wie „wir“ es bisweilen tun.

Was mir in jüngster Zeit zunehmend Sorgen macht, ist, dass es mit der Solidarität der Demokraten in unserem Land nicht mehr weit her ist, sobald es um den „Kampf gegen Rechts“ geht. Ich meine damit nicht die Rassisten, die Brandsatz-Werfer oder diese armseligen, ekelhaften Gestalten, die in einer Berliner U-Bahn Migrantenkinder angepinkelt haben. Solchen widerwärtigen Figuren kann kaum genug abgrundtiefe Verachtung ihrer Mitmenschen entgegenschlagen. Ich meine diejenigen, die im politischen Diskurs Positionen vertreten, die vom Mainstream der Mehrheits-Gesellschaft abweichen. Die politisch Unkorrekten, die sogar bei manchen Themen die Mehrheit hinter sich haben. Vor kurzem wurde innerhalb weniger Tage zunächst ein Infostand der AfD von Linksextremisten in Frankfurt kurz und klein geschlagen. Das Auto der AfD-Europaabgeordneten Beatrix von Storch wurde nachts abgefackelt (Foto) und ins Haus des AfD-Vorsitzenden von Sachsen-Anhalt brachen Unbekannte ein und schlugen die Einrichtung kurz und klein. Die Medien meldeten das kurz, mehr als ein Schulterzucken rief es nicht hervor. Selbst schuld, wird mancher gedacht haben. Warum sind sie denn auch in einer konservativen – sprich: rechten – Partei? Den Vogel schoß SPD-Vizechef Ralf Stegner ab, der mittels Internet zwar mitteilte, Gewalt sei nicht akzeptabel, aber diese Rechtspopulisten sollten mal besser aufhören „hier die Opferrolle zu markieren“. So, als würde Frau von Storch nachts durch Kreuzberg schleichen und Autos von Linkspolitikern anzünden. Ich finde diese Relativierung von Gewalt gegen Andersdenkende geht in einer freien und sich weltoffen gebenden Gesellschaft überhaupt nicht. Und ich schreibe dies, Leser meiner Beiträge wissen das, als jemand, der der AfD nicht nahesteht und sie auch nicht wählt. Es geht um das hohe Gut der Meinungsfreiheit, eines der wichtigsten Grundrechte, das wir haben.

Werfen wir einen Blick auf den „Fall Pirincci“. Seine politischen Texte haben mir nie gefallen, das Vokabular noch weniger. Und seine Rede letztens in Dresden bei „Pegida“ war selten dämlich, in Teilen unsäglich, und rief auch lautstarken Protest bei den Demonstranten selbst hervor. Darf man in einem freien Land dämliche Reden halten? Nun verschwinden seine Bücher aus den Regalen der führenden Buchhändler in Deutschland, auch bei amazon ist Pirincci ein Ausgestoßener. Es soll sogar einzelne Buchhändler gegeben haben, die ankündigten, Pirinccis Bücher öffentlich zu schreddern. Verbrennen hätte wohl nicht so gut geklungen. Nun können in einem freien Land Verlage und Buchhändler natürlich selbst entscheiden, wessen Bücher sie verlegen oder zum Verkauf feilbieten wollen. Und wenn ein liberales Haus wie Bertelsmann zu dem Schluss kommt, dass Titel wie „Die große Verschwulung“ oder Texte, in denen neben „der, die, das“ dem Wort „ficken“ eine zentrale Bedeutung zukommt, nicht zum Image passt, dann ist das deren Entscheidung, die zu respektieren ist. Aber Katzenkrimis? Mit den Katern Francis und Blaubart und ihren Abenteuern? Diese höchst erfolgreichen Frühwerke von Pirincci sind inzwischen auch verbannt. Und wohl kaum wegen politischer Unbotmäßigkeit. Ganz offenbar geht es hier darum, jemanden wirtschaftlich zu vernichten, weil er das Falsche denkt, schreibt und sagt. Ganz bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang ein Aufsatz des bekannten Homo-Aktivisten David Berger, der sich mit dem Thema beschäftigt: „Warum es unklug ist, wenn sich Schwule an der Zerstörung der Meinungsfreiheit beteiligen“. Berger weist gekonnt auf Paralleln zwischen Pirincci und seinen Kritikern hin, wenn es im Forum eines Schwulenmagazins über Pirincci heiße: „Der Autor leide an einem ’schweren Dachschaden‘, sei ein „braunes Arschloch‘, ein ‚Kanacken-Nazi‘, dem man ’nicht nur mit Worten … immer wieder auf die Fresse schlagen müsse‘.“ Dann fragt Berger zu recht: „Was wird sein, wenn Schwule irgendwann zu Sündenböcken werden?“ Wenn sich der Wind einmal dreht, wird dann der „Fall Pirincci“ die Büchse der Pandorra geöffnet haben, mit der unliebsame Meinungen aus den Regalen verbannt werden dürfen? Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden, hat Rosa Luxemburg gesagt. Die hatte es begriffen – ebenso wie David Berger.

Man muss in diesen Tagen nicht suchen, um Beispiele zu finden, die belegen, wie unbotmäßige Personen hierzulande zerstört und unter Druck gesetzt werden sollen. An der Schaubühne Berlin wird gerade eine Aufführung gezeigt, die den Titel „Fear“ trägt. Falk Richter hätte seinem neuen Stück im chronischen klammen Theater besser den Titel „Hate“ gegeben, denn in einem wüsten Mix aus Beate Tschäpe vom „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) über besorgte Bürger und Pegida bis hin zur Gender-Kritikerin Birgit Kelle wird dort alles in einen Topf geworfen, was Herrn Richter nicht gefällt. Hätte er auch noch Werder Bremen oder die bemannte Weltraumfahrt mit hineingenommen, wäre es genauso sinnfrei gewesen, wie das aktuelle Stück. Pegida in einen Topf mit der NSU? Eine des Terrorismus und der Beihilfe zum Mord angeklagte Frau Tschäpe und Birgit Kelle? Dümmlicher geht es nicht, und selten hat jemand aus dem Kulturbetrieb seine Denk- und Differenzierunfähigkeit dermaßen eindeutig dokumentiert, wie dieser Herr Richter. Im Fall von Birgit ist das hilflose Agieren sogar nachvollziehbar, denn inzwischen hat sich in der Bevölkerung herumgesprochen, was für eine menschenverachtende, ja groteske Ideologie dieses Gender Mainstreaming ist. Eigentlich könnte man nur lachen über diese Gender-Tanten, wenn sie nicht gleichzeitig versuchen würden, sich Zugriff auf das Denken unserer Kinder zu veschaffen. Ein kritisches Theater würde das aufspießen, würde mit den Mitteln der Kunst bloßstellen, dass Genderisten eine Art Sekte sind, deren Wissenschaftlichkeit sich auf einer Höhe mit dem Kreationismus befindet. Aber unser deutscher Kulturbetrieb ist enteiert, er bringt inzwischen nur noch selten Überraschendes oder Kreatives auf die Bühne. Glattgebügelt und sakrosankt. Mit Subventionen der Steuerzahler gut versorgt.

In diesen Tagen habe ich immer mal wieder an die Weimarer Republik denken müssen. Die ist aus einer ganzen Reihe von Gründen gescheitert, aber eben auch daran, weil das Bürgertum zugelassen hat, dass Extremisten mit Gewalt und dem Verächtlichmachen von Überbringern ungewünschterr Ansichten und Institutionen die junge Demokratie von innen heraus zerstörten. Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht Weimar, nicht einmal in der Nähe. Aber was man in dieser Zeit großer Herausforderungen für unser Land und sicher auch deutlicher Fehlentwicklungen im politischen Betrieb ohne Zweifel festhalten kann, ist: Hass und Hetze finden wieder in einem beunruhigenden Maße statt. Wer nicht mit dem Strom schwimmt, läuft Gefahr, verleumdet, beleidigt, bedroht und seiner wirtschaftlichen Existenz beraubt zu werden. Die etablierte Politik und die Mehrheitsgesellschaft schauen mit wenigen Ausnahmen ungerührt zu oder wenden sich desinteressiert ab. Und die Gralshüter der Political Correctness, die Gedankenpolizei und ihrer Helfershelfer in politischen Stiftungen und einigen Medien bereiten mit bisweilen unfassbar dümmlichen „Analysen“ den Weg für die Hetzer und Hasser.

Wer nicht mitspielt, wird plattgemacht. Und diese Haltung konzentriert sich längst nicht mehr auf die sogenannten Rechtspopulisten. Dieser Tage erlebt das Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer. Der hatte öffentlich festgestellt, dass es so etwas wie ein Diskursverbot in Deutschland gibt. Er treffe zur Zeit viele Menschen, die fürchten, sie würden „in eine rechte Ecke gestellt“, wenn sie ihre Ängste und Sorgen angesichts der Flüchtlingskrise öffentlich äußern. Inzwischen werden aus seiner Partei heraus Stimmen laut, Palmer bei den Grünen auszuschließen. Das bunte Deutschland im Jahr 2015.