Die Wagenburg steht: Die AfD macht weiter wie bisher

Reden kann sie ja, die Frau Weidel. Das ist keine Überraschung für alle, die ihre teilweise grandiosen Auftritte im Deutschen Bundestag verfolgt. Oft ist es dann die 44-Jährige, aus dem ostwestfälischen Gütersloh stammende, AfD-Frau, die den Job des Oppositionsführers im Hohen Haus wirklich ausfüllt. Dann nämlich, wenn CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz wieder einmal aus Rücksicht auf Heckenschützen in den eigenen Reihen oder die aufmerksame Pressestelle der Grünen Seiltänze aufführt, um medial bloß nicht in die Nähe der bösen, bösen AfD gerückt zu werden.

Dabei ist es gar nicht einmal eine politische, sondern eher eine mathematische Denksportaufgabe.

Wer eine andere Politik für unser Land will, wer die Massenmigration aus islamischen Ländern nach Deutschland stoppen, das dämliche Gender abschaffen oder neue Atomkraftwerke bauen will, der kommt gar nicht daran vorbei, das Undenkbare zu denken. Nur Union und AfD hätten zumindest das Potential, echte Veränderungen einzuleiten. Wenn sie es denn wollten…

Und das ist nicht der Fall

Die Merz’sche „Brandmauer“ steht, zumindest bei Funktionären und Bundestagsabgeordneten der Union. In der Fläche ist das anders, da lässt sich kaum noch jemand vorschreiben, mit wem er oder sie über was sprechen darf oder nicht.

Beim Bundesparteitag der AfD in Magdeburg hat Alice Weidel heute wieder geliefert.

Europa müsse zu einer «Festung» gegen die Massenmigration werden, fordert sie, und auch als Nicht-Parteigänger der AfD kann ich da nur ohne Einschränkung zustimmen. Wer kein Recht hat, in die Staaten der Europäischen Union einzureisen, der muss an den Außengrenzen konsequent abgewiesen werden. Und wer drin ist und von einem Gericht abgelehnt wurde, der muss konsequent abgeschoben werden.

Was ist eigentlich so schwer daran, dass Union, SPD und FDP nicht in der Lage sind, sich zu den von ihnen selbst getragenen Gesetzen und Spielregeln zu bekennen?

Eine Festung Europa «zum Schutz unserer Heimat, und das machen wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern», rief Weidel heute in Magdeburg unter tosendem Applaus ihrer Parteifreunde in den Saal und hatte – wie man das in meiner ostwestfälischen Heimat so kalauert – die Show wieder im Kasten.

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Gleichzeitig wählten die Delegierten den sächsischen Europaabgeordneten Maximilian Krah zum Spitzenkandidaten für die Europawahl – und das mit mehr als 60 Prozent Zustimmung. Krah, Rechtsanwalt und bis 2016 noch Mitglied der CDU, ist das, was man in den Medien als „schillernde Figur“ bezeichnet. Er tritt smart auf, trägt Einstecktuch und veröffentlich völlig schräge Videos zum Beispiel über China und chinesische Themen. Gut möglich, dass sich mancher in Peking heute über das Votum in Magdeburg für Krah als Nummer 1 der AfD in der EU freut.

Dort ist er selbst in rechten Kreisen das, was man wohl „umstritten“ nennt. So suspendierte ihn die rechtsnationale Fraktion Identität und Demokratie (ID) zu Beginn des Jahres für drei Monate. Der Vorwurf: Krah habe die Vergabe eines PR-Auftrags der Fraktion manipuliert.

Seine Mitgliedschaft in der Fraktion war auch 2022 schon einmal für mehrere Monate ausgesetzt worden. Damals wurde ihm vorgeworfen, dass er im französischen Präsidentschaftswahlkampf nicht Marine Le Pen von der ID-Mitgliedspartei Rassemblement National, sondern öffentlich die Partei des Rechtsextremen Éric Zemmour unterstützte.

Natürlich gilt auch für Maximilian Krah die Unschuldsvermutung, selbst wenn inzwischen Ermittlungen der belgischen Staatsanwaltschaft gegen ihn laufen sollten, wie es in Brüssel heißt. Er selbst wirft seinen innenparteilichen Gegnern vor, eine monatelange anonyme Schmutzkampagne gegen ihn geführt zu haben.

Sei es, wie es ist. Die Causa Krah belegt die weit verbreitete Wagenburgmentalität in der AfD. Gibt es öffentliche Vorwürfe oder persönliche Angriffe gar durch Staatsfunk, Medien und politische Gegner, dann schließt die Partei erst recht ihre Reihen. Über 60 Prozent Zustimmung für Maximilian Krah, das ist ein deutliches Signal in die politische Republik. Da ist nichts hinein zu interpretieren. Die Mehrheit der AfD will keine Gestaltungsmehrheiten, keine Kompromisse mit anderen, keine Realpolitik. Sie vertraut darauf, dass ihr Höhenflug bei den Wählern noch nicht am Ende der Fahnenstange angekommen ist.

CSU-Generalsekretär Martin Huber sagte heute: «Die AfD ist keine Alternative, sondern eine Gefahr für Deutschland.» Nach neuen Bündnissen für andere Mehrheiten in Deutschland klingt das irgendwie nicht…




Wie geht es mit der AfD nach der Sommerpause weiter?

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) sieht «extremistische Strömungen» in der AfD wachsen. Seit dem Bundesparteitag im Juni gäbe es im Bundesvorstand keinen dezidierten Kritiker des offiziell aufgelösten „Flügel“-Netzwerks um den Thüringer Björn Höcke mehr. Deshalb, so Haldenwang, gehe seine Behörde davon aus, dass die Parteiführung zukünftig nicht mehr offensiv gegen Rechtsextremisten in der Partei vorgehen werden.
Seit dem Bundesparteitag im sächsischen Riesa wird der 14-köpfige Bundesvorstand der AfD von Tino Chrupalla und Alice Weidel als Doppelspitze geführt. Beide stehen auch an der Spitze der Bundestagsfraktion. Von den Kandidaten des gemäßigten Lagers wurde in Riesa nicht ein einziger gewählt, stattdessen die Höcke-Vertraute Christina Baum.Es rumort hinter den Kulissen der AfD, politischer Streit und persönliche Animositäten sind an allen Ecken und Enden mit Händen zu greifen. Immer wieder sind in Hintergrundgesprächen Gerüchte zu hören über eine bevorstehende neue Austrittswelle und über Pläne, ganz neue Strukturen aufzubauen. Wie konkret das wirklich ist, kann ich als Beobachter von außen schwer einschätzen. Und die Beispiele LKR (Lucke) und Die Blauen (Petry) dürften solchen Plänen eher keinen Auftrieb geben.Der Verfassungsschutz werde „politisch instrumentalisiert, um eine Oppositionspartei noch und nöcher zu verunglimpfen“, sagte am Wochenende Parteisprecherin Alice Weide im „Sommerinterview des ZDF. Und wenn man Haldenwangs Agieren seit Amtsantritt beim Verfassungsschutz verfolgt, ist dieser Vorwurf (leider) nicht ohne weiters vom Tisch zu wischen.Weidel sprach auch den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, an, der vor dem Wechsel nach Karlsruhe für die CDU im Bundestag gesessen hat. Beim Verfassungsgericht, so Weidel, gebe es einen ehemaligen CDU-Abgeordneten, «der über die Gesetze heute als Richter entscheiden soll, über die er vorher entschieden habe.»

Und da hat sie absolut recht. Das gibt es so nirgendwo anders, so weit ich weiß.

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Wundertüte AfD: Von „Deals“, Chatgruppen und einem prominenten Rücktritt

Sie war seit der Gründung der AfD im Jahr 2013 dabei, sie leitete viele Jahre das Bundesschiedsgericht ihrer Partei – nun hat sie hingeschmissen. Die Münchner Rechtsanwältin Monica-Ines Oppel  ist zum Monatsende aus der AfD ausgetreten, wie die Süddeutsche Zeitung heute meldet. Zu den Gründen ihrer Entscheidung hat sich Oppel bisher noch nicht geäußert, die Bundespartei wollte sich zu dem Vorgang bisher auch nicht äußern. In der Partei ist aber zu hören, dass ihre Entscheidung mit den Ergebnissen und dem Verlauf des jüngsten Bundesparteitag in Riesa zusammenhänge

Im neugewählten Bundesvorstand der AfD wurde kurzer Prozess mit der Ära Meuthen gemacht, der vor Monaten – für viele überraschend – unvermittelt als Bundessprecher hingeschmissen und seinen Austritt erklärt hatte. Kein Einziger aus seiner damaligen Vorstandsriege sitzt heute noch im neuen Bundesvorstand. Stattdessen zogen Vertraute des rechten AfD-Fügelmanns Björn Höcke ein wie Harald Weyel, Christina Baum und Maximilian Krah, der gerade von der eigenen AfD-Delegation im EU-Parlament einstimmig suspendiert wurde und bis Ende September aus der ID-Fraktion ausgeschlossen ist. Wie die Süddeutsche schreibt, habe Frau Baum in Riesa in ihrer Bewerbungsrede gefordert, einen Schlussstrich unter die Aufarbeitung des Nationalsozialismus zu ziehen. Die „Trümmer einer jahrzehntelangen Schuldhaftigkeit“ müssten „endlich beiseite“ geräumt werden. Na, wunderbar, da wird der Verfassungsschutz eifrig mitgeschrieben haben.

Die AfD dieser Zeit ist wie eine Wundertüte, aus der täglich Überraschungen geholt werden…oder auch nicht. Der Verlauf des Bundesparteitages in Riesa und das Ergebnis der Vorstandswahlen waren nämlich wenig überraschend. Um den nach Meuthens Abgang alleinigen Bundessprecher Tino Chrupalla bastelte man eine Namensliste, die durchgewählt wurde. Alice Weidel ist jetzt auch Bundessprecherin neben Chrupalla, nachdem beide auch schon die Bundesfraktion führen. Der Kandidat der Gemäßigten, Norbert Kleinwächter aus Brandenburg, hielt eine starke Bewerbungsrede und holte immerhin noch 36 Prozent der Delegiertenstimmen, was respektabel ist, wenn man weiß, dass das Chrupalla-Lager und Höckes Leute vor dem Parteitag einen Deal eingefädelt hatten, der Chrupallas Vorstandsliste damit eine deutliche Mehrheit sicherte.

Der Deal sah vor, dass der Thüringer AfD-Chef auf eine eigene Kandidatur für den BuVo verzichtet, im Gegenzug aber Vorsitzender  einer neuen Kommission „zur Vorbereitung einer Parteistrukturreform“ werden sollte. Und – Parteifreunde halt – damit nicht…zufällig…die Absprache noch scheitert, wollte Höckes Truppe, dass die Strategiekommission noch vor den Vorstandswahlen beschlossen wird, also bevor seine Freunde der Doppelspitze Chrupalla/Weidel zum Erfolg verhilft. Man weiß ja nie, was so Absprachen noch wert sind, wenn die Wahlgänge erst einmal vorbei sind.

Und woher wissen wir das alles? Der Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider aus Magdeburg, ein Höcke-Vertrauter vom rechten Parteirand, hat es öffentlich gemacht, was in einer internen Chat-Gruppe mit zahlreichen AfD-Funktionären vereinbart und diskutiert wurde. Er resümierte nach dem Parteitag:

„Was Teile der Führung zusammen mit der Parteitagsleitung am Sonntag in Riesa abgezogen haben, war nichts anderes als die Fortsetzung des Krieges gegen die eigene Partei. Ich vermute hinter dem Geschehen ein Kalkül.“

Der Parteitag in Riesa wurde übrigens nicht wie geplant zu einem versöhnlichen Abschluss gebracht, sondern vorzeitig abgebrochen. Wegen eines heftigen öffentlich ausgetragenen Streits um eine EU-Resolution. Aber das ist eine andere Geschichte aus der AfD-Wundertüte…

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Tino Chrupalla mit nur 53,4% wieder AfD-Bundessprecher – das ist schwach

Nichts Neues beim Bundesparteitag der AfD im sächsischen Riesa. Tino Chrupalla setzte sich mit mageren 53,4 Prozent gegen den stellvertretenden Vorsitzenden der Bundestagsfraktion, Norbert Kleinwächter, durch, der als Kandidat der Gemäßigten in der latent rechts eingeordneten AfD mit einem guten Drittel wenigstens ein anständiges Ergebnis erzielte.

Fakt ist aber auch: die bürgerlich-konservative Mitte dieser Partei, die sich hauptsächlich im Westen Deutschlands findet, verliert deutlich an Boden. Mit Chrupalla, Weidel (67,3%) und den Stellvertretern Stephan Brandner, Peter Boehringer und Mariana Harder-Kühnel – alle drei Bundestagsabgeordnete – wurden die Wunschkandidaten Chrupallas durchgewunken. Alles im Griff auf dem blauen Schiff.

Chrupalla sprach nach der Wahl von einem «Aufbruch», doch seine Kandidatenliste 1:1 durchzudrücken, zeugt nicht von Integrationswillen und ausgestreckter Hand zu seinen Kritikern, was wenigstens ein kleines bisschen Größe bewiesen hätte. Vor allen Dingen aber ist es politisch dumm. Denn die alten Frontlinien bestehen weiter, und nichts deutet darauf hin, dass diese AfD zur Ruhe kommt oder wieder in die Erfolgsspur zurückkehrt.

Ein Bundessprecher, der bloß im Amt bestätigt werden muss, und der dann nur knapp über die Hälfte der Delegierten hinter sich versammeln kann, der ist ein schwacher Anführer. Also genau das, was ihm seine Kritiker nach einer langen Reihe verlorener Wahlen immer wieder vorgeworfen haben. „Er kann es einfach nicht“, ist immer wieder von Abgeordneten und Parteifunktionären zu hören.

Wie es mit der AfD weitergeht, das kann ich heute natürlich nicht einschätzen. Das werden im Zweifel die nächsten Wahlen zeigen, demnächst in Niedersachsen. Aber die politische Karriere von Tino Chrupalla ist vorbei, auch wenn er es noch einmal knapp ins Amt an der Parteispitze geschafft hat.

 




Zeitenwende in der AfD: Die Ära Meuthen ist vorbei – doch was folgt jetzt?

Letztlich war es keine Überraschung mehr. Prof. Jörg Meuthen, lange das bürgerliche Gesicht an der Spitze der AfD, schmeißt hin. Beim Bundesparteitag im Dezember wird er nicht mehr für den Vorsitz antreten. Wer ihm nachfolgt, ist noch unklar. In den rechten Zirkeln von Schnellroda (Sachsen-Anhalt) und Thüringen hat man da zweifellos genaue Vorstellungen.

Was nun genau passieren wird, bleibt erstmal völlig offen. Ein Jörg Meuthen hätte vielleicht noch das Potential gehabt, das Ruder im Dezember haarscharf rumzureißen, denn im Westen der Republik hat der bodenständige und bürgerliche Politiker durchaus noch viele Unterstützer. Aber im Osten ist es ganz dunkel für ihn, im Bundestagswahlkampf gab es kaum AfD-Wahlveranstaltungen, zu denen er noch eingeladen wurde. Kann das aus Dauer gut gehen? Ich denke nicht. So macht Meuthen Platz für andere und wird selber, ja, was eigentlich?

Es werden Namen genannt, natürlich, die aber – jedenfalls von mir – nicht auf den offenen Markt getragen werden. Auch überraschende Namen sind dabei. Aber, egal wer antritt, das Rennen ist vollkommen offen.

Und unübersehbar ist, dass die AfD keine homogene Partei ist, vielleicht war sie es nie. Die Kameraden im Osten, viele kamen in Scharen von den linksextremen SED-Nachlassverwaltern, ticken in der Breite ganz anders als die West-Riege, die sich im Wesentlichen aus früheren CDUlern rekrutiert hat, die enttäuscht über den stetigen Linkskurs der Merkel-Union irgendwann der Partei Adenauers und Kohls den Rücken gekehrt haben.

Ist die AfD wirklich eine Partei mit einem gemeinsamen Ziel? Ich habe große Zweifel. Viele AfDler im Osten träumen von der „guten alten Zeit“, bejubeln unreflektiert jeden Winkelzug Putins gegen Deutschland, Europa und den Westen, halten den Sozialismus eigentlich für eine gute Idee, wenn man patriotisch oder völkisch davor schreibt. So ähnlich wie bei den Grünen übrigens, bei denen der Sozialismus auch viel netter aussieht, wenn man öko davor schreibt. So wächst zusammen, was….aber lassen wir das.

Wenn die AfD als Gestaltungskraft überleben will, braucht sie einen neuen bürgerlichen Kopf, der eingebunden wird an der Spitze. Setzen sich die Rechtsaußen durch, dann ist die AfD in wenigen Jahren mausetot. Denen, die einfach nur zur Beutegemeinschaft gehören, wird das egal sein, für unsere Gesellschaft ist das schlecht, wenn es überhaupt kein konservatives Angebot an die Bürger mehr gibt. Und konservativ oder auch patriotisch ist ganz etwas anderes als rechtsextrem. Das sind keine natürlichen Verbündeten, sondern erbitterte Gegner.

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AfD-Politiker Junge fordert Rücktritt von Gauland und Weidel

Die AfD kommt nicht zur Ruhe. Uwe Junge, ehemaliger Stabsoffizier der Bundeswehr und jetzt Fraktionsvorsitzender seiner Partei im Landtag von Rheinland-Pfalz, hat heute in einem Brief an alle AfD-Bundestagsabgeordneten den Rücktritt der beiden Fraktionssprecher im Bundestag, Alexander Gauland und Alice Weidel, gefordert. Junge schreibt:

„Mit Seilschaften, Intrigen, Niederträchtigkeiten und Verleumdungen stehen wir letztlich nicht besser da, als das Konstrukt der Altparteien, gegen das wir ursprünglich angetreten sind.“

Aktueller Anlass des Schreibens Junges sind die widerwärtigen Äußerungen des früheren Sprechers Christian Lüth, der in einem heimlich aufgezeichneten Gespräch von „erschießen“ und „vergasen“ im Zusammenhang mit Flüchtlingen gesprochen hatte. Junge nahm weiter Bezug auf die „Ereignisse in Niedersachsen und Schleswig-Holstein“, sowie die „Dauerquerelen in Bayern und Baden-Württemberg“.

Weiter schreibt er:

„Die vier Kardinalstugenden nach von Moltke, nämlich Redlichkeit, Tapferkeit, Großmut und Höflichkeit sind kaum noch anzutreffen.“

 




Baden-Württemberg dokumentiert das große Problem der AfD

Das Partei-Establishment gab sich beim Landesparteitag der AfD in Baden-Württemberg redlich Mühe, den rechten Narrensaum in der Partei in die Schranken zu weisen. Am deutlichsten wurde Parteichef Jörg Meuthen als er sagte: „Wer hier seine gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ausleben möchte, dem sage ich ganz klar: Sucht euch ein anderes Spielfeld für eure Neurosen!“ Und die Fraktionschefin im Bundestag Alice Weidel wehrte sich gegen Versuche, die AfD von außen aber auch von innen zu zerstören. Meuthen hatte zuvor noch von – so wörtlich – „einigen komplett rücksichtslosen Radikalen“ in den eigenen Reihen sowie von „Intrigen und innerparteilichen Kleinkriegen“ gesprochen.

Die gute Nachricht: Der in Heidenheim neugewähte Vorsitzende Bernd Gögel, bisher Fraktionschef im Stuttgarter Landtag, grenzte sich klar von den Rechtsaußen in seiner Partei ab – anders übrigens als sein Vorsitzkollege Dirk Spaniel, Mitglied des Bundestages. Der verkündete, man wolle alle mitnehmen und auch die Interessen des rechten Randes berücksichtigen.

Der Landtagsabgeordnete Emil Sänze, der gegen Gögel scheiterte, bot das rechtsnationale Alternativprogramm. Er bekam auf dem Landesparteitag 320 Stimmen (!) und widerlegte damit eindrucksvoll alle Beschwichtiger, die gern so tun, als gäbe es in der AfD nur eine Handvoll Rechtsaußen. Nach seiner Niederlage wetterte er im SWR, nach der Wahl des Landesvorstands im Südwesten seien die Gräben in der Partei noch „größer geworden“. Sänze und „die nationalkonservativen Kräfte in der Partei“ erwarten jetzt von Gögel und AfD-Bundeschef Meuthen „eine Entschuldigung für die unsäglichen Entgleisungen auf dem Parteitag“. Richtige Parteifreunde halt…

Der Verlauf des Parteitages in Heidenheim, der übrigens am Sonntagabend abgebrochen wurde, bevor der Landesvorstand komplett war, zeigt, welch  gnadenloser Machtkampf derzeit in der größten Oppositionspartei im Deutschen Bundestag tobt.

Baden-Württemberg zeigt außerdem, dass nicht nur die AfD im Osten ein Problem mit dem völkischen Narrensaum hat, sondern dass es auch in mehreren Westverbänden der Partei ein erbittertes Ringen zwischen Realos und den für Bürgerliche nicht wählbaren Funktionären gibt. Ein wenig ähneln sich die Szenarien bei CDU und AfD, den in beiden so unterschiedlichen Parteien tobt ein Kampf um die Seele der jeweiligen Partei. Nur dass in der AfD mit wesentlich härteren Bandagen gekämpft wird.

Auch ein Zurück von Rechts in die Mitte ist nicht so leicht, wie derzeit der parteilose Landtagsabgeordnete Steffen Königer in Brandenburg erlebt. Als Realo in einer durch und durch rechten Landtagsfraktion an den Rand gedrängt, bewarb er sich erfolglos um eine Kandidatur fürs Europaparlament. Dann zog er persönlich die Notbremse, kritiserte den Rechtskurs der AfD und trat aus.

Nun ist Königer wirklich ein politisches Naturtalent, selbst Politiker von Union und SPD in Brandenburg nennen ihn einen „prima Kerl“, nur sei er eben in der falschen Partei. Doch da ist er jetzt auch nicht mehr, und einige aus der Brandenburger CDU boten ihm an, als Parteiloser auf der Liste der CDU für den Kreistag zu kandidieren. Binnen Stunden bracht ein Sturm der Entrüstung über Königer herein, CDU-Ortsunionen drohten damit, ihre Kandidaten zur Wahl zurückzuziehen, wenn aus Königer einer der ihren werde. Und natürlich und wenig überraschend knickte die Union ein. Jetzt wird Königer nicht Kandidat und wohl auch nicht Parteimitglied. Obwohl an ihm nichts radikal, nichts völkisch und nichts „böse“ ist, außer, dass er die unwissenschaftliche Gender-Ideologie für den größten Schwachsinn überhaupt hält. So wie ich auch…

 

 

 




Alice Weidel und die Parteispenden aus dem Ausland

Der Kreisverband der AfD-Politikerin Alice Weidel am Bodensee hat eine Großspende von 130.000 Euro von einem Unternehmen aus der Schweiz (PWS Pharmawholesale International AG), angenommen, gestückelt in mehrere kleinere Teile und „treuhänderisch für einen Geschäftsfreund“. Genau genommen hat die AfD in Weidels Kreis sogar zwei Großspenden aus dem Ausland angenommen. Denn im Februar 2018 überwies die „Stichting Identiteit Europa“ (Stiftung Identität Europa) auch noch 150.000 Euro. Floris Berkhout, einer der Stiftungsgründer, erklärte gegenüber Medien, er teile Weidels Ansichten über das Thema Migration.

Bei dieser Überweisung fiel der AfD schnell auf, dass Spenden über 50.000 Euro der Bundestagsverwaltung gemeldet werden müssen. Spenden für Parteien aus einem EU-Land sind legal, Europa wächst schließlich zusammen. Das Geld aus den Niederlanden wurde zurücküberwiesen und auch als abgebrochener Jurastudent kann ich mir nicht vorstellen, dass aus diesem Vorgang strafrechtliche Konsequenzen für Frau Weidel entstehen könnten.

Anders ist es bei dem Geld aus Zürich, mit dem von der AfD offenbar erstmal gearbeitet wurde, bevor es zurückfloß. Ein Verstoß gegen das Parteiengesetz liegt hier eindeutig vor. Da kommt eine saftige Strafzahlung auf die rechtskonservative Partei zu.

Und natürlich lassen sich Rote und Grüne diesen Anlass nicht entgehen, draufzuhauen, dass es nur so kracht. Von „dubiosen Großspenden“ und „zwielichtigen Stiftungen“ ist die Rede, von einem „System“ und von „Verschleierung“, von „Verschwörung und Vertuschung“. „Die Finanzierung der AfD durch Spenden aus dem Ausland im großen Stil muss durchleuchtet werden“, schallt es aus der SPD, und die baden-württembergische SPD-Chefin Leni Breymaier, deren Namen ich (als politischer Journalist) bis heute Morgen noch nie gehört hatte, schoss den Vorgel ab, als sie dem „Handelsblatt“ bezogen auf Weidel sagte: „Die Strenge, die sie so gern als Monstranz vor sich herträgt, sollte sie nun selbst beherzigen und als Fraktionsvorsitzende der AfD zurücktreten – und besser ganz auf ihr Mandat verzichten.“ Super, oder? Solche wunderbaren Formulierungen gab es bisher nur im Zusammenhang mit Sarah Wagenknecht, der man ja auch eine gewisse „Strenge“ nachsagt, zumindest im Umgang mit missliebigen Parteifreunden.

Apropos missliebige Parteifreunde: die Geschichte, die öffentlich „durchgestochen“ wurde (so nennen wir Journalisten das), kommt wohl von lieben Parteifreunden Weidels aus der baden-württembergischen AfD, die ihr den politischen Todesschuss versetzen wollen. Die beliebte Steigerung „Freund, Parteifreund, Todfeind“, die man aus der CDU kennt, hat auch anderswo ihre Berechtigung.

Fassen wir zusammen:

1) Es kommt alles raus, immer.
2) Spendenaffären von Politikern und Parteien sind so alt, wie es Politiker und Parteien gibt.
3) In Deutschland gibt es Gesetze und Regeln, die ernst genommen werden. Und das ist gut so.
4) Beim Zeitungslesen fällt auf, dass Rote und Grüne – die wenig Spenden von Unternehmen erhalten – ordentlich auf die AfD draufhauen, während sich insbesondere der CDU – die viele Spenden aus der Wirtschaft kassiert – auffallend zurückhält. Aus gutem Grund, Bimbes und so…
5) Auch wenn meine AfD-Freunde auf Facebook schockiert sind: Die AfD ist eben auch nur eine ganz normale Partei wie die anderen…




Der Deutsche Bundestag lebt wieder – und das ist auch gut so

Politik – für mich ist das nicht Häppchen essen am Lobbyisten-Stehtisch oder üppige Altersversorgung sichern. Politik – das ist Kampf, das ist Bluthochdruck, das ist Leindenschaft. Für mich jedenfalls, und von Bluthochdruck verstehe ich einiges.

Alice Weidel, Sprecherin der AfD-Bundestagsfraktion, hat gestern eine leidenschaftliche Rede im Deutschen Bundestag gehalten. Manches darin war gut, manche Passagen sorgten für Aufregung, weil man im Hohen Haus gar nicht mehr gewohnt ist, dass da über solche Themen mit Leidenschaft – oder auch Berechnung – geredet wird. Ja, Berechnung, denn bekanntermaßen setzt die AfD auf bewusste Provokation und Grenzüberschreitungen.

Die Politikerin hatte gesagt: „Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse werden unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern.“ Dafür kassierte sie vom Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU) wie ich finde zu Recht eine Rüge. Ob der Begriff „Kopftuchmädchen“ wirklich eine Diskriminierung ist, da habe ich allerdings Zweifel. Aber indirekt quasi alle Flüchtlinge hierzulande als „Taugenichtse“ zu brandmarken, das entspricht nicht der Wirklichkeit, und auf solches Niveau sollte soch Frau Weidel nicht begeben, die übrigens gegen den Ordnungsruf angehen will.

Um was es mir aber hier geht, das ist die politische Leidenschaft. Das sind diese Debatten, wo mit markigen Worten die weltanschaulichen Unterschiede der Parteien deutlich werden. Die Grünen konnten sowas früher auch, bevor sie sich in feinem Zwirn an den bereits erwähnten Lobbyisten-Stehtischen einfanden.

Volker Kauder, Fraktionschef der CDU/CSU, setzte rhetorisch nach Weidel noch einen drauf – für seine Verhältnisse übrigens auch leidenschaftlich. Er sprach der AfD schlichtweg ab, irgendetwas mit Christentum zu tun haben. Mein Freund und Blogger-Kollege Martin D. Wind verwies dazu heute Morgen zu recht auf die Haltung der linksgrün-modernisierten CDU zu Homo-„Ehe“ und Abtreibung, die auch nur noch bedingt noch als christlich anzusehen sei.

Die gute Nachricht: Der Deutsche Bundestag, unser Parlament, die Vertretung des Volkes, lebt wieder. Frei nach Wowereit: Und das ist auch gut so…




Über einen aufgeblasenen Skandal

Endlich mal wieder ein „Skandal“, der unsere Medienlandschaft erschüttert und wahrscheinlich sonst keinen Menschen interessiert. In einem Berliner Restaurant hat gestern die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel den chinesischen Künstler Ai WeiWei darum gebeten, ein „Selfie“ machen zu dürfen – und er willigte ein. Und weiter?

Ich weiß auch nicht.

Im Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlichte sie das Foto und seitdem tobt der Kulturkampf. Darf sich ein Menschenrechtsaktivist, der für die Aufnahme von Flüchtlingen streitet, mit einer konservativen Politikerin, die gegen unbeschränkte Massenzuwanderung kämpft, öffentlich zeigen? Weidel sagt: „Ich schätze und bewundere seine Kunst seit Jahren. Ai Weiweis Einsatz für die Freiheit und sein Kampf gegen staatliche Repressionen zolle ich größten Respekt.“ Und Weiwei bestätigt, er habe gewusst, dass es sich bei der Frau um eine Politikerin handele: „Obwohl ihre Ansichten völlig gegensätzlich zu meinen sind, hat niemand das Recht, über sie persönlich zu richten.“

Ja, dann ist doch alles gut.