Super Bowl: Was deutsche Sportfans von den Amis unterscheidet

Am Sonntag ist es wieder so weit: In Tampa startet das globale Sportevent der Extraklasse. Der Super Bowl ist auch in Deutschland zunehmend ein Ereignis, das nicht nur Sportfans vor die Bildschirme zieht, sondern auch diejenigen, die den American Way of Life lieben. Gegen Mitternacht versammeln sich Freunde des Footballs, um das Finale zwischen den Tampa Bay Buccaneers und den Kansas City Chiefs anzuschauen. Besonders wichtig dabei: die „Half Time Show“, und für Menschen wie mich: Burger, Chicken Wings und so Zeugs…

Ich muss zugeben, es hat eine Weile gedauert, bis ich begriffen habe, um was es geht und was wichtig ist. Nahezu drei Stunden dauert das Aufeinandertreffen der starken Männer, das alle paar Sekunden unterbrochen wird. Aber wenn man es versteht, ist es cool. Morgen hält die Familie Kelle zu den Bucs, weil wir vor 20 Jahren regelmäig in der Tampa Bay Area Urlaub gemacht und es sehr genossen haben. Aber eigentlich ist egal, zu wem man hält, dabei sein ist alles.

Während unser europäischer Fußball inzwischen in den USA mächtig an Boden gewonnen hat, fristet die deutsche Football-Liga ein Schattendasein. Die American Football League (AFL) hat vor 20 Jahren versucht, eine Europa-Liga ins Leben zu rufen und viel Geld investiert. Aber sie sind gescheitert, obwohl es in Frankfurt, Düsseldorf und Berlin Teams gab, zu deren  Wettkämpfen oft 25.000 und mehr Zuschauer kamen. Nicht wenige wahrscheinlich wegen Burger, Rockmusik und Cheerleadern.

Das Problem ist die unterschiedliche Art, wie Amis und Deutsche Sport konsumieren. Die AFL schickte jeder Saison Nachwuchsspieler nach Deutschland (England, Spanien), die niemand kannte. Nach ein paar Wochen flogen sie wieder zurück, und wenn sie hier positiv aufgefallen waren, bekamen sie drüber einen Profivertrag. Und nächstes Jahr kamen dann andere, die hier auch wieder keiner kannte. Und das funktioniert nicht in Deutschland und Europa, wo man die Sporthelden anbeten will, Autogramme sammeln, die Hobbys und die Spielerfrauen kennen und ihre Geburtsdaten. Wenn ab und an mal ein deutscher Spieler ins Team integriert wurde, reichten vier, fünf Spiele nicht aus, um eine persönliche Beziehung als Fan aufzubauen, wie Millionen Deutsche Fußballhelden wie Bastian Schweinsteiger oder Thomas Müller sich Poster zu Hause in der Wohnung aufhängen.

So freue ich mich auf die Nacht von Sonntag auf Montag, wenn es um 0:30 Uhr losgeht. Wir werden dann schon American Food hinter uns haben, freuen uns auf die Half Time mit The Weekend und wenn Tampa gewinnt, ist es gut. Und wenn nicht, auch. Einfach Amerika zelebrieren, Das reicht.




4th of July – Nachdenken über Amerika

Die Amerikaner feiern heute ihren Unabhängigkeitstag – und die Voraussetzungen sind suboptimal. Das Land ist gespalten, und es ist nicht abzusehen, wann oder ob es überhaupt jemals wieder das geeinte Land of the Free sein wird, das es mal war. An so einem Tag bietet es sich an, nachzudenken über die USA, darüber zu schreiben, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Aber, ganz ehrlich: Tun wir das nicht sowieso jeden Tag?

Niemand kann die Weltmacht, die allen Stürmen und Präsidenten zum Trotz, in Wirtschaft, Geld und militärischer Macht immer noch das Maß aller Dinge ist, einfach ignorieren. Amerika ist allgegenwärtig in unserem Alltag, selbst dann wenn wir kein McDonalds-Kunde sind (was für mich angesichts des real existierenden McRib nicht zu verstehen ist), wenn wir auch bei Sommerhitze Cola und Pepsi meiden, kein Facebook nutzen und kein IPhone haben. Selbst dann wenn wir nicht wissen, wer Eminem ist oder Dean Martin war, wenn wir „Star Wars“ nie gesehen und nichts von Ernest Hemmingway oder Dan Brown gelesen haben.

Amerika ist das Maß aller Dinge auf diesem Planeten. Immer noch, aber seine Macht wird angekratzt und in Frage gestellt von vielen anderen Spielern. Von Russland und China zum Beispiel, die trotz vieler unterschiedlicher Interessen immer intensiver zusammenarbeiten gegen den Giganten, der unter Trump den Kurs „America First“ verfolgt. Von den lateinamerikanischen Staaten im „Hinterhof der USA“, die die Dominanz der großen und in ihren Augen arroganten Nachbarn ätzend finden – gern aber am Wohlstand dort teilhaben wollen. Und einer ignoranten Europäischen Union und von einem hochnäsigen Deutschland, das jedem Hinterhof-Despoten auf der Welt zur Amtseinführung gratuliert, aber den frei gewählten Präsidenten belehrt, was er aus deutscher Sicht zu tun habe. Ausgerechnet wir, ausgerechnet die Regierung Merkel.

Amerika hat in seiner Geschichte oft das Richtige getan, aber leider auch oft das Falsche. Die Landung zusammen mit den Alliierten 1944 in der Normandie war das Richtige, der erste Irakkrieg war richtig, der zweite Irakkrieg falsch. Korea war richtig, Vietnam war falsch. Und so weiter und so weiter. Und Frank Sinatra war mit der Mafia verbandelt und John F. Kennedy hatte dauernd Frauengeschichten und Soros hat den großen Plan und Gates will uns alle impfen.

Genau das meine ich: Amerika kann keinen kalt lassen, weder im Guten noch im Bösen.

Ich war in meinem Leben sicher 20 mal „drüben“, beruflich und privat. Ich könnte ein Buch über diese Reisen schreiben, vielleicht mache ich es irgendwann. Über mein erstes wunderbares Abendessen im „Chez Josephine“ in Manhattan, über drei dunkelhäutige „junge Männer“, die mich an einer Straßenkreuzung in Miami um mein Bargeld erleichterten, über eine erstaunliche Begegnung spätabends im 88. Stockwerk des Empire State Buildings oder in Las Vages den Boxkampf zwischen Axel Schulz und George Foreman 1995 inmitten von 1500 Landsleuten aus Ostdeutschland in brasilianischer Ekstase. Wenn ich jetzt daran denke – alleine über diese Begegnung zwischen Deutschen Ost und Deutschen West im MGM in Vegas könnte ich ein ganzes Buch schreiben.

Doch letztlich sind es nicht die Wolkenkratzer oder Disneyland, die die Vereinigten Staaten ausmachen. Es ist nicht Trump, und es war nicht Clinton. Es ist diese für uns Deutsche nicht zu begreifende Überzeugung in jedem Kopf dort, dass man die Guten sind, auf der richtigen Seite, God’s own Country. Ich weiß noch 1984 bei den Olympischen Spielen in Los Angeles, als ich in Zeitungsberichten davon las, wie selbst Obdachlose in den Straßen Sternenbanner schwenkten, wenn es wieder mal Gold gegeben hatte. Selbst arm, am unteren Rand der Gesellschaft, aber eben bei den Guten, die Number One.

Ich liebe den ansteckenden Optimismus dort und den unbedingten Freiheitswillen, der inzwischen aber eher im Heartland zu finden ist als an Ost- und Westküste. Die letzte überzeugte Marxistin, die ich in den vergangenen 20 Jahren persönlich kennengelernt habe, war eine Studentin, die ich in einem Jazzclub in Boston traf.

Amerika kann sich nur selbst besiegen, der latent spürbare Rassismus in Teilen der Gesellschaft, der tiefe politische Riss in der Gesellschaft schwächen die derzeit einzige Weltmacht massiv. Und wer nächster Präsident wird, werden wir im November sehen.

God bless you, my Friends! God bless the United States of America!

 

Auf Amerika einschlagen ist leicht. Die Vereinigten Staaten differenziert betrachten, ist zumindest in diesen Zeiten schwieriger. Wenn SIE in der Lage und willens sind, unabhängigen Journalismus und meine Arbeit hier zu unterstützen, freue ich mich über irgendeine Ihnen mögliche Spende zum Beispiel über PAYPAL hier