Rentner im Endkampf – was ist los mit den Amok-Senioren?

Der Putsch-Plan einer Gruppe Rentner aus der Reichsbürger-Szene um den verhinderten neuen Monarchen Heinrich XIII. Prinz Reuß hatte unsere Republik für ein paar Stunden in Aufregung versetzt. Obwohl, wenn wir kurz darüber nachden, eher die Medien und die herrschenden Parteien. Die Sicherheitsbehörden – Verfassungsschutz und BKA – natürlich auch, aber das ist deren Job, jegliche Bedrohung ernstzunehmen und unsere Gesellschaft vor Irren zu schützen. Insofern: die haben alles erstmal richtig gemacht.

Gott sei Dank, verlief der deutsche Revolutionsplan unblutig, wenn auch in 50 von 125 durchsuchten Wohnungen Waffen gefunden wurden. Weniger  Sturmgewehre, mehr Kleinkaliberwaffen und eine Armbrust. Staatsstreich können wir in Deutschland nicht, und das ist auch gut so.

Weniger erheiternd als der Zwergenaufstand hierzulande verlief am Freitag in Paris die Tat eines Mannes, der mit einer Pistole in ein kurdisches Kulturzentrum eindrang und drei Menschen erschoss sowie weitere durch Schüsse verletzte. Eine wehrte sich und überwältigte den 69-jährigen Terroristen, der 40 Schuss Munition dabei hatte und verbauchen wollte.

Reuß 71, der Mörder von Paris 69 Jahre – was passiert da mit Leuten auf der Zielgerade ihres Lebens?

Warum diese Lust, die herrschenden Verhältnisse mit Gewalt in die eigene Hand zu nehmen?

Ich meine, die linken Umstürzler von heute, die Tomatensuppe verschütten und sich auf Straßen festkleben, sind ja ganz offenkundig eher schlichte Gemüter. Aber Reichsrentner und Amok-Senioren, die Tötungsphantasien haben und manchmal ausleben – was läuft da falsch in diesen Köpfen?

Ist es eine Radikalisierung aufgrund Frustration? Weil viele unerfreuliche Entwicklungen im Staat aufgrund des Wahlverhaltenss einer Mehrheit nicht zu stoppen sind? Oder vielleicht ist es das Wissen, um die eigene Endlichkeit des Lebens und dass man nicht mehr viele Jahre zu verlieren hätte, wenn der Putsch oder die Revolution scheitern? Zumal deutsche Gefängnisse deutlich erträglicher sind als marokkanische.

Ich weiß es nicht, aber tatsächlich nehme ich bei einigen Leuten, die ich kennenlerne im politischen Alltagsleben, manchmal auch eine gewisse verbale Radikalisierung wahr. Und das macht mir Sorgen.

 




Der amerikanische Alptraum lebt

Die Nachrichten, die wir derzeit aus den Vereinigten Staaten hören, sind beunruhigend. Erst erschießen Polizisten innerhalb von 48 Stunden zwei junge schwarze Männer. Als Bedrohung waren sie zuvor nicht zu erkennen, die Freundin eines der Opfer streamt mit ihrem Smartphone das Sterben den Mannes ins Internet. Die ganze Welt konnte zuschauen.

Gestern Abend dann Dallas, dort, wo Präsident John F. Kennedy am 22. November 1963 von wem auch immer erschossen wurde. Aus dem Nichts fielen Schüsse. Die Opfer: weiße Polizeibeamten. Fünf von ihnen sterben, sechs sind verletzt, zwei von diesen schweben nach wie vor in Lebensgefahr. Die Täter sind mutmaßlich Afro-Amerikaner, Schwarze, so einer, der inzwischen selbst von der Polizei erschossen wurde, die möglichst viele Weiße umbringen wollten. Ein Wahnsinn.

Woher kommt diese Hass? Man muss das wirklich fragen, auch wenn die Rassentrennung und die Sklaverein keineswegs vergessen sind. Die USA haben einen Präsidenten mit dunkler Haut, gewählt von einer klaren Mehrheit der Amerikaner. Und dennoch erklären uns Experten im Fernsehen, dass die Kluft und die Abneigung zwischen Schwarzen und Weißen in dem Land, in dem an einem ganz normalen Sonntag über 60 Prozent der Bürger in eine christliche Kirche zum Gottesdienst gehen, so groß ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

Andere kochen ihr politisches Süppchen, in dem sie die furchtbaren Ereignisse damit erklären, dass es in amerikanischen Haushalten 310 Millionen Feuerwaffen gibt. Ja, man kommt dort deutlich einfacher an Schusswaffen als beispielsweise hier. Aber ist das der Grund für den Ausbruch an Gewalt? Zwischen Weißen und Schwarzen? Oder sind es nicht diese Ereignisse, die Menschen erst dazu bringen, sich Waffen anzuschaffen, um sich im Norfall verteidigen zu können?




Macht den Wilden Westen endlich dicht!

Es ist also wieder passiert. Ein offenbar durchgeknallter Ami geht in eine Kirche in Charleston und erschießt neun Menschen. Auch wenn ich die amerikanische Tradition und den Wunsch von Bürgern, sich selbst verteidigen zu können, gut verstehen kann, ist hier eine rote Linie längst überschritten. Präsident Obama fand heute die richtigen Worte, als er seine Trauer öffentlich ausdrückte und sagte: „Diese Art von Gewalt passiert in anderen Ländern nicht. Nicht in dieser Häufigkeit. Ich musste solche Statements viel zu häufig abgeben.“ Offenbar gibt es eben doch einen Zusammenhang zwischen den hundert Millionen Feuerwaffen, die in amerikanischen Privathaushalten zirkulieren, und den immer wieder stattfindenden Amokläufen. National Rifle Association hin oder her, die amerikanischen Medien und die Bevölkerung müssen in dieser Frage umdenken. Tausende ihrer Mitbürger sterben jedes Jahr durch Schussverletzungen. Die Waffengesetze müssen deutlich restriktiver werden, die Kontrollen sowieso. Das wird nicht einfach in einem Land wie den Vereinigten Staaten. Aber es ist alternativlos.